Urteil des LG Arnsberg vom 12.01.2004

LG Arnsberg: gemeinde, verkäuferin, kaufpreis, präsident, vorkaufsrecht, erfüllung, verwaltungsakt, grundstück, beurkundungsgebühr, urkunde

Landgericht Arnsberg, 2 T 69/03
Datum:
12.01.2004
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 T 69/03
Tenor:
Die Kostenberechnung des Beteiligten zu 1.) vom 28.11.2001 zu UR-
Nr.74/2001 in der berichtigten Fassung vom 29.12.2003 wird
dahingehend abgeändert, daß ein Betrag in Höhe von 1.825,00 DM
zuzüglich Mehrwertsteuer in Höhe von 292,00 DM abgezogen wird.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
1
I.
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Am 28.11.2001 beurkundete der Beteiligte zu 1.) einen Vertrag zwischen den
Beteiligten, in dem die Beteiligte zu 2.) der Beteiligten zu 3.) mehrere näher bezeichnete
Grundstücke zum Kaufpreis von 853.840,- DM verkaufte (Teil A). In § 8 wurde der
Beteiligte zu 1.) beauftragt, die gemäß § 24 BauGB und gemäß § 32 DSchG
erforderlichen Verzichtserklärungen oder das Negativattest einzuholen.
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In der gleichen Urkunde (Teil B) verkaufte die Beteiligte zu 2.) der Beteiligten zu 4.)
mehrere Miteigentumsanteile zum Kaufpreis von 1.501.500,- DM. In § 16 stimmte die
Beteiligte zu 4.) als Verwalterin der Veräußerung der Kaufobjekte zu.
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Für seine Tätigkeit erstellte der Beteiligte zu 1.) eine Kostenberechnung für die
Beurkundung des Vertrages. Darin enthalten ist eine 5/10-Vollzugsgebühr gemäß §§
32, 146 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. KostO.
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Nach einer Geschäftsprüfung beanstandete der Präsident des Landgerichts den Ansatz
der Vollzugsgebühr mit der Begründung, die Einholung einer Bescheinigung nach § 28
BauGB sei nicht erforderlich gewesen, weil die Beteiligte zu 2.) selbst als Verkäuferin
aufgetreten sei. Darüber hinaus sei hinsichtlich der Zustimmung der Verwalterin der
Wohnungseigentumsanlage keine Vollzugstätigkeit erfolgt, da diese bereits in § 16 des
Vertrages erklärt worden sei. Anweisungsgemäß hat der Beteiligte zu 1.) die
Entscheidung des Landgerichts beantragt.
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Der Beteiligte zu 1.) ist der Ansicht, die Gebühr sei dadurch entstanden, daß er die
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Der Beteiligte zu 1.) ist der Ansicht, die Gebühr sei dadurch entstanden, daß er die
Bescheinigung nach § 28 Abs. 1 BauGB eingeholt habe. In dem Vertrag über die
Veräußerung des Teileigentums habe er auftragsgemäß die Zustimmung des
Verwalters eingeholt.
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Der Präsident des Landgerichts hat am 04.11.2003 eine Stellungnahme abgegeben. Im
Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1.) seine Kostenberechnung in
formeller Hinsicht berichtigt.
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II.
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Die Anweisungsbeschwerde der Beteiligten zu 1.) ist zulässig und führt zur Abänderung
der Kostenberechnung in dem tenorierten Umfang.
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Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Vollzugsgebühr nach § 146 Abs. 1 Satz 1
Alt. 1 KostO liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift erhält der Notar neben der Entwurfs-
oder Beurkundungsgebühr die Hälfte der vollen Gebühr, wenn er bei der Veräußerung
von Grundstücken (...) auf Verlangen der Beteiligten zum Zwecke des Vollzuges des
Geschäfts tätig wird. Beschränkt sich die Tätigkeit des Notars auf die Einholung des
Zeugnisses nach § 28 Abs. 1 BauGB, so erhält er nur ein Zehntel der vollen Gebühr, §
146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 KostO. Diese Regelung erklärt sich mit dem "Routinecharakter
des Geschäfts", vgl. Rohs/Wedewer, KostO, § 146 RN 15. Sind neben der Einholung
des Negativzeugnisses der Gemeinde noch weitere gebührenpflichtige
Vollzugstätigkeiten durchzuführen, fällt für die gesamte Vollzugstätigkeit die Hälfte der
vollen Gebühr an.
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Die Tätigkeit des Beteiligten zu 1.) könnte aufgrund dieser klaren gesetzlichen
Regelung allenfalls eine Gebühr nach § 146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 KostO, nicht aber eine
Gebühr nach § 146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KostO ausgelöst haben. Denn die Gebühr nach
§ 146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KostO entsteht nur dann, wenn der Notar eine weitergehende
Tätigkeit ausübt als die in der 2. Alternative erfasste Tätigkeit, vgl. Rohs/Wedewer, §
146, Rn 18. Dazu ist nichts ersichtlich.
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Eine Gebühr nach § 146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 KostO ist aber ebenfalls nicht entstanden.
Denn die vorkaufsberechtigte Gemeinde war selbst als Verkäuferin an dem Vertrag
beteiligt. Die Einholung eines Negativzeugnisses nach § 28 Abs. 1 BauGB war daher
überflüssig. Denn mit der Veräußerung des Grundstücks durch die beteiligte Gemeinde
ist der gleichzeitige Verzicht auf die Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts
verbunden. Eine besondere Verzichtserklärung brauchte nicht eingeholt zu werden.
Ausweislich der Handakte des Beteiligten zu 1.) ist eine solche Erklärung von der
beteiligten Gemeinde auch tatsächlich nicht abgegeben worden. Da das Vorkaufsrecht
gemäß § 28 Abs. 2 BauGB nur durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer
ausgeübt wird, müßte die beteiligte Gemeinde bei Ausübung des Vorkaufsrechts einen
entsprechenden Bescheid an sich selbst als Verkäuferin richten. Der Unsinn einer
solchen theoretischen Konstruktion liegt damit auf der Hand. Entgegen der Auffassung
des Beteiligten zu 1.) führt die Möglichkeit der Gemeinde, ihr Vorkaufsrecht gemäß § 27
a BauGB für einen Dritten auszuüben, zu keiner anderen Beurteilung. In einem solchen
Falle könnte die Gemeinde ihr Grundstück direkt an den Dritten veräußern.
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Eine Vollzugsgebühr gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KostO ist auch nicht dadurch
entstanden, daß die Beteiligte zu 4.) als Verwalterin in § 16 Abs. 10 des Vertrages ihre
Zustimmung zu der Veräußerung der Miteigentumsanteile erklärt hat. Denn nach dem
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Wortlaut kann eine "Vollzugstätigkeit" zu einer Grundstücksveräußerung nur eine
Tätigkeit beinhalten, die zur Erfüllung des von beiden Vertragsparteien beabsichtigten
Vertragszweckes erforderlich ist. Das können schon systematisch nur solche Tätigkeiten
sein, die zeitlich nach dem Vertragsschluß noch herbeizuführen sind. Die Zustimmung
der Verwalterin ist jedoch bereits in dem Vertrag erklärt worden. Ein darüber
hinausgehender Vollzugsauftrag ergibt sich aus der Vertragsurkunde nicht. Ausweislich
der Handakte ist eine besondere Zustimmungserklärung nach Vertragsschluß nicht
eingeholt worden. Es ist vielmehr auf § 16 Abs. 10 des Vertrages verwiesen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 156 Abs. 5 KostO.
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Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Sache nicht von grundsätzlicher
Bedeutung ist, § 156 Abs. 2 KostO.
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