Urteil des LG Arnsberg vom 09.03.2006

LG Arnsberg: vergütung, wechsel, umkehrschluss, beschwerdekammer, datum

Landgericht Arnsberg, 6 T 18/06
Datum:
09.03.2006
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 18/06
Vorinstanz:
Amtsgericht Arnsberg, 11 XVII 138/04
Tenor:
wird auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1.der Beschluss
des Amtsgerichts Arnsberg abgeändert. Der Beteiligten zu 1. steht für die
Betreuung der Betroffenen im Zeitraum vom 01.07.2005 bis 30.09.2005
eine Vergütung in Höhe von 462,00 € zu.
Der Anspruch richtet sich in voller Höhe gegen die Staatskasse gemäß
§§ 1908 i, 1836 Abs. 1 BGB sowie § 4 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 VBVG.
Die sofortige weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe:
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Für die Betroffene ist mit Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg vom 26.08.2004 im
Wege der einstweiligen Anordnung eine Betreuung eingerichtet worden. Zum
ehrenamtlichen Betreuer wurde Herr H bestellt. Mit Beschluss vom 31.03.2005 wurde
anstelle des Herrn H die Beteiligte zu 1. als Berufsbetreuerin bestellt.
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Die Beteiligte zu 1. hat mit Antrag vom 30.09.2005 einen Vergütungsantrag für den
Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2005 über insgesamt 462,00 € gestellt. Dabei hat sie für
drei Monate jeweils einen Stundensatz von 44,00 € und eine pauschale Stundenanzahl
von 3,5 Stunden zugrunde gelegt.
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Das Amtsgericht hat den Beteiligte zu 2. angehört. Auf dessen Stellungnahme vom
13.12.2005 wird verwiesen.
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Mit Beschluss vom 14.12.2005 hat das Amtsgericht die Vergütung für die Beteiligte zu 1.
für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 26.08.2005 auf insgesamt 246,40 € festgesetzt. Da
die Betroffene mittellos ist, ist der Anspruch gegen die Staatskasse festgesetzt worden.
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Das Amtsgericht führt zur Begründung aus, bei der Berechnung der Quartale sowie bei
der Berechnung des pauschalen Stundenansatzes sei nicht auf den Beginn der
Bestellung der Beteiligten zu 1. zur Betreuerin abzustellen, sondern auf den Beginn der
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Betreuung an sich. Da die Betreuung bereits am 26.08.2004 eingerichtet worden sei
umfasse das vierte Betreuungsquartal die Zeit vom 27.05. bis zum 26.08.2005. Gemäß §
5 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3 VBVG sei daher nur ein pauschaler Zeitaufwand von 3 Stunden
im Monat anzusetzen. Im Hinblick darauf, dass die Beteiligte zu 1. eine Vergütung erst
ab dem 01.07.2005 beantragt hat, hat das Amtsgericht die Vergütung dann auch nur
vom 01.07. bis 26.08.2005 festgesetzt. Das Amtsgericht führt aus, bei der Berechnung
der Betreuungsquartale sei auf den Beginn der Betreuung an sich und nicht auf den
Beginn der Betreuerbestellung der Beteiligten zu 1. abzustellen. Der Gesetzgeber
gestehe einem Berufsbetreuer bei einem Wechsel zu einem ehrenamtlichen Betreuer in
§ 5 Abs. 5 VBVG eine zusätzlich Vergütung zu. Wenn der Gesetzgeber Anlass gesehen
hätte, dem Berufsbetreuer bei einem Wechsel von einem ehrenamtlichen zu einem
Berufsbetreuer einen höheren Stundensatz zu zubilligen, hätte er dies gesondert regeln
können.
Die Beteiligte zu 1. hat gegen den am 19.12.2005 zugestellten Beschluss mit Schreiben
vom 27.12.2005, eingegangen am 28.12.2005, sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hält
ihren ursprünglichen Vergütungsantrag aufrecht und vertritt die Ansicht, bei der
Berechnung des pauschalen Stundenansatzes sei auf den Zeitpunkt ihrer Bestellung,
mithin auf den 31.03.2005 abzustellen. Die Betreuungsarbeit sei zu Beginn sehr
mühsam und zeitaufwendig gewesen. Es sei daher nicht sachgerecht, die
ehrenamtliche Betreuungszeit mit anzurechnen.
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Der Beteiligte zu 2. vertritt die Ansicht, es sei auf den Beginn der Betreuung an sich
abzustellen dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 5 VBVG.
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Das Amtsgericht hat das Beschwerdeverfahren dem Landgericht Arnsberg -
Beschwerdekammer - zur Entscheidung vorgelegt.
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Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist gemäß § 59 g FGG zulässig und auch
begründet.
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Nach Ansicht der Kammer ist § 5 VBVG dahin gehend auszulegen, dass für die
Berechnung des pauschalen Zeitansatzes auf den Beginn der Betreuung durch den
jeweiligen Betreuer abzustellen ist, jedenfalls dann, wenn die Betreuung erstmals von
einem Berufsbetreuer übernommen wird. Die Vorschrift des § 5 VBVG enthält für den
vorgenannten Fall keine eindeutige Regelung. Da § 5 VBVG aber die Vergütung von
Berufsbetreuern regelt, ist diese Vorschrift so auszulegen, dass mit dem Beginn der
Betreuung der Beginn der Berufsbetreuung gemeint ist. Darüber hinaus ist es Sinn und
Zweck der pauschalen Zeitregelung, dem Berufsbetreuer zu Beginn der Übernahme der
Betreuung eine erhöhte Stundenzahl zuzubilligen und zu vergüten, da sich der
Berufsbetreuer erst einarbeiten und Kontakt zu dem Betroffenen herstellen muss. Dieser
zu Beginn der Betreuung notwendige höhere Arbeitsaufwand soll den Berufsbetreuer
vergütet werden. Dieser erhöhte Arbeitsaufwand entsteht aber auch dann, wenn zuvor
die Betreuung von einem ehrenamtlichen Betreuer geführt worden ist.
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§ 5 Abs. 5 VBVG steht dieser Auslegung nicht entgegen, da dort lediglich die Vergütung
bei einem Wechsel von einem Berufsbetreuer zu einem ehrenamtlichen Betreuer
geregelt ist. Ein Umkehrschluss lässt sich daraus nicht ziehen.
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Nach Sinn und Zweck der Regelung des VBVG ist daher auf den Beginn der
Berufsbetreuung abzustellen.
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Die Beteiligte zu 1. wurde im vorliegenden Fall am 31.03.2005 zur Berufsbetreuerin
bestellt. Das zweite Quartal lief daher vom 01.07. bis 30.09.2005. Gemäß § 5 Abs. 2
Satz 1 Ziffer 2 kann sie daher bei der Berechnung ihrer Vergütung einen Stundenansatz
von 3 ½ Stunden zugrunde legen. Bei einem Stundensatz von 44,00 € steht ihr daher
ein Betrag von 154,00 € im Monat, mithin insgesamt ein Betrag von 462,00 € zu.
Dementsprechend ist auch die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. der
angefochtene Beschluss abzuändern.
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Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wird die sofortige weitere
Beschwerde zugelassen.
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Arnsberg, den 09.03.2006
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Landgericht, 6. Zivilkammer
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