Urteil des LG Aachen vom 28.11.2002

LG Aachen: verfassungskonforme auslegung, mietrecht, mietsache, erwerb, meinung, reform, rechtsstaatsprinzip, rückwirkung, datum

Landgericht Aachen, 2 S 216/02
Datum:
28.11.2002
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 S 216/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Düren, 45 C 200/02
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 26. Juni 2002 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Düren - 45 C 200/02 - teilweise abgeändert und
insgesamt - wie folgt - neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich derjenigen der Berufung
haben die Kläger zu tragen.
Entscheidungsgründe
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Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung des Beklagten hat auch in der Sache
Erfolg.
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Anders als das Amtsgericht hält die Kammer einen Anspruch der Kläger gegen den
Beklagten auf Rückgewähr der an die Tochter des früheren Vermieters entrichteten
Mietsicherheit in Höhe von 715,81 EUR nicht für gegeben.
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Nach Einschätzung der Kammer ist auf den vorliegenden Fall nicht - wie das
Amtsgericht angenommen hat - § 566a BGB n.F. anzuwenden, sondern § 572 S. 2 BGB
a.F., wonach eine an einen Vorvermieter geleistete Mietsicherheit seitens des
Erwerbers nur dann zurückzugewähren ist, wenn der Erwerber die Mietsicherheit
seinerseits vom Veräußerer und Vorvermieter erhalten hat, woran es hier allerdings
eben fehlt.
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Dem Amtsgericht ist zwar insoweit zu folgen, als die einschlägige Übergangsregelung
des Art. 229 § 3 EGBGB nach ihrem Wortlaut - "(1) Auf ein am 1. September 2001
bestehendes Mietverhältnis..." - den vorliegenden Fall nicht regelt und deshalb die
Anwendung neuen Rechts möglich erscheinen läßt. Indessen ist über den Wortlaut
hinaus zu berücksichtigen, daß durch die Reform des Mietrechts bei dieser Auslegung
ein längst abgeschlossener Sachverhalt eine Neuregelung zu Lasten eines Beteiligten
erfahren würde und demzufolge eine echte - gegen das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art.
20 Abs. 3 GG verstoßende - Rückwirkung vorläge. Das aber kann nicht Sinn der
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Neuregelung sein. Deshalb hält es die Kammer unter den gegebenen Umständen im
Einklang mit der überwiegenden Meinung in der Literatur (vgl.
Börstinghaus/Eisenschmidt, Arbeitskommentar Neues Mietrecht, zu § 566a BGB n.F., S.
440 f.; Rips/Eisenschmidt, Neues Mietrecht, zu § 566a BGB n.F., S. 187;
Blank/Börstinghaus, Neues Mietrecht, Zussatzband, § 566a BGB n.F. Rn. 8) für geboten,
eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 229 § 3 EGBGB dahingehend
vorzunehmen, daß § 566a BGB n.F. lediglich solche Fälle erfaßt, bei denen der Erwerb
der Mietsache in der Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, also in der Zeit ab dem 1.
September 2001, stattgefunden hat. Das aber bedeutet, daß im Streitfall nicht § 566a
BGB n.F. Anwendung findet, sondern § 572 S. 2 BGB a.F.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Berufungsstreitwert:
7
B S R
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