Urteil des LG Aachen vom 23.02.2007

LG Aachen: abtretung, durchsuchung, austritt, handelsregister, akteneinsicht, stundung, satzung, adresse, bankgeheimnis, rangrücktritt

Landgericht Aachen, 6 T 37/07 und 6 T 39/07
Datum:
23.02.2007
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 37/07 und 6 T 39/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, 92 IN 9/07
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 09. Februar 2007 gegen
den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 06. Februar 2007
(vorläufiger In-solvenzverwalter, etc.) 6 T 37/07 - wird auf ihre Kosten
zurück gewiesen.
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin und der Beschwerdeführer zu
2) und 3) vom 13. Februar 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Aa-chen vom 12. Februar 2007 (Durchsuchung) 6 T 39/07 wird auf ihre
Kos-ten zurück gewiesen.
Gründe
1
I.
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Wegen des Sachverhalts kann zunächst auf den Beschluss der Kammer vom 06.
Februar 2007 (Bl. 554 ff d. GA.) verwiesen werden.
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Mit Beschluss vom 06. Februar 2007 hat das Amtsgericht zur Sicherung der künftigen
Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhalts den vorläufigen
Insolvenzverwalter bestellt und - unter anderem - der Schuldnerin ein allgemeines
Verfügungsverbot auferlegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss
(Bl. 576 f. d. GA.) verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 09. Februar 2007 hat die Schuldnerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts vom 06. Februar 2007, mit welchem verschiedene Sicherungsmaßnahmen
angeordnet wurden, Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, der
Insolvenzantrag liege der Schuldnerin bislang nicht in vollständiger Form vor, da die
Anlage 6 zum Antrag nicht übermittelt worden sei; bei einer Akteneinsicht am 02.
Februar 2007 hätten sich nicht alle Aktenstücke in der Akte befunden; die Forderung der
XXX XXX werde bestritten; zwischen der XXX und der Schuldnerin sei ein
Stillhalteabkommen abgeschlossen worden; ein "Wettlauf der Gläubiger" sei daher nicht
zu befürchten, so dass kein besonderes Sicherungsbedürfnis bestehe; die
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Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, Inhaberin der
Darlehensforderung in Höhe von 1.786.114,46 € zu sein; im Rahmen der Abtretung
seien zwingende Formvorschriften nicht eingehalten worden; zudem sei die Abtretung
wegen Verstoßes gegen das Bankgeheimniss nicht möglich. Wegen der Einzelheiten
wird auf die Beschwerdeschrift (Bl. 689 ff. d. GA.) verwiesen.
Darüber hinaus wurde mit weiterem Schriftsatz vom 09. Februar 2007 geltend gemacht,
dass nunmehr bei Durchsicht der Unterlagen der Schuldnerin zum Zwecke der
Herausgabe an den vorläufigen Insolvenzverwalter aufgefallen sei, dass im Rahmen der
Gesellschafterversammlung der Schuldnerin vom 25. November 2006 beschlossen
wurde, dass die Kommanditisten ..., ... und ... aus der Gesellschaft austreten;
dementsprechend hätten Herr ... und Frau ... Ende November 2006 bei dem Notar ... den
Austritt der Kommanditisten zum Handelsregister angemeldet, allerdings sei die Sache
bei Herrn ... und bei Frau ... in Vergessenheit geraten, so dass die entsprechende
Anmeldung bisher nicht in Auftrag gegeben worden sei. Es wird daher die Auffassung
vertreten, dass die XXX KG seit dem 23. Dezember 2006 nicht mehr existiere, so dass
der Insolvenzantrag bereits aus diesem Grund unzulässig und das
Insolvenzeröffnungsverfahren unverzüglich durch Einstellung zu beenden sei.
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Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat das Amtsgericht den vorläufigen
Insolvenzverwalter ermächtigt, die Bücher und Geschäftspapiere sowie ähnliche
Unterlagen der Schuldnerin, die für die Aufklärung der schuldnerischen
Vermögensverhältnisse von Bedeutung sein können, in Besitz zu nehmen; den
zuständigen Gerichtsvollzieher hat es angewiesen, die Geschäftsräume der Schuldnerin
und die Privaträume des Komplementärs ... (...) nach Unterlagen zu durchsuchen, die für
die Aufklärung der schuldnerischen Vermögensverhältnisse von Bedeutung sein
können. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 740 ff d. GA.)
verwiesen.
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Ausweislich eines Vermerks der Abteilungsrichterin vom 13. Februar 2007 hat der Notar
..., Mönchengladbach, an diesem Tag auf fernmündliche Anfrage mitgeteilt, dass am 27.
November 2006 die ersten und am 12. Januar 2007 die letzten Unterschriften zur
Anmeldung des Ausscheidens der Kommanditisten geleistet worden seien und er die
Anmeldung nun beim Handelsregister einreichen werde. Allerdings hat der Notar mit
Schreiben vom 15. Januar 2007 Frau ... und Herrn ... angeschrieben und auf die noch
vorzunehmende Unterzeichnung hingewiesen. Die Beglaubigung der Unterschriften
datiert alsdann vom 12. Februar 2007.
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Mit Beschluss vom 13. Februar 2007 hat das Amtsgericht der Beschwerde gegen den
Beschluss vom 06. Februar 2007 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur
Entscheidung vorgelegt. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss (Bl. 752 ff d.
GA.) verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2007 (Bl. 772 ff d. A.) hat der Verfahrensbevollmächtigte
der Schuldnerin - rein vorsorglich auch im Namen von Herrn und Frau ... - gegen den
Beschluss vom 12. Februar 2007 sofortige Beschwerde eingelegt und geltend gemacht,
ein zulässiger Insolvenzantrag liege - mangels Insolvenzgrund - nicht vor; die
Durchsuchungsanordnung sei mangels Rechtsgrundlage grob fehlerhaft; zudem verfüge
Herr ... unter der angegebenen Adresse über keine Privaträume, vielmehr handele es
sich faktisch um die Räumlichkeiten von Frau ... .
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Mit Beschluss vom 14. Februar 2007 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht
abgeholfen und auch insoweit die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Insoweit wird auf den Beschluss des Amtsgerichts (Bl. 777 ff. d. GA.) Bezug genommen.
11
II.
12
1.
13
a)
14
Die statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 21 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2, 6,4 InsO
i.V.m. §§ 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den
Beschluss des Amtsgerichts vom 06. Februar 2007 (Bestellung des vorläufigen
Insolvenzverwalters, etc.) – geführt unter 6 T 37/ 07 - ist unbegründet. Das Amtsgericht
hat die in dem Beschluss enthaltenen Sicherungsmaßnahmen zu Recht angeordnet.
15
Soweit beanstandet wird, die Anlage 6 zum Insolvenzantrag sei nicht beigefügt
gewesen, kann auf den Beschluss des Landgerichts vom 06. Februar 2007 verwiesen
werden. Die bei der Akteneinsicht fehlenden Aktenstücke waren für die Frage der
Zulassung des Insolvenzantrages irrelevant.
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Die Gläubigerin zu 1) hat die Insolvenzforderung nach Einschätzung der Kammer - auch
weiterhin - hinreichend glaubhaft gemacht. Der von der Schuldnerin angeführte Verstoß
gegen Formvorschriften (§ 4 Abs. 4 der Satzung der Gläubigerin) ist nicht ersichtlich,
weil die Vorschrift hinsichtlich des Forderungskaufs nicht einschlägig ist. Auch ist die
Abtretung nicht unwirksam, weil gegen das Bankgeheimnis verstoßen wurde. Schon in
der von der Schuldnerin zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt ist der Hinweis
enthalten, dass ein etwaiger Verstoß bei Geschäften unter Kaufleuten i.S. von § 343
HGB - wie hier vorliegend - eben nicht zur Unwirksamkeit führt.
17
Soweit sich die Schuldnerin erneut auf die Stundung der Darlehensforderung beruft,
kann auf den Beschluss der Kammer vom 06. Februar verwiesen werden. Eine - erfüllte
- Vereinbarung konnte die Schuldnerin nicht darlegen. Die Anzeige der Abtretung der
Forderung wurde jedenfalls - veranlasst durch das Amtsgericht unter dem 13. Februar
2007 - nachgeholt. Der von der Schuldnerin angeführte Rangrücktritt betrifft andere
Darlehensforderungen, nicht die aus Forderungskauf in Höhe von 1.786.114,46 €. Die
Schuldnerin hat auch mit ihrem Berufen auf Zahlungsunwilligkeit keinen Erfolg, weil
nicht im Ansatz ersichtlich ist, wie die Schuldnerin - bei unterstellter Zahlungswilligkeit -
die Forderung begleichen wollte.
18
Im Hinblick auf den nunmehr angeführten Austritt der Kommanditisten aus der
Gesellschaft teilt die Kammer die Einschätzung des Amtsgerichts, dass insoweit
zunächst die - auch zeitlichen - Verhältnisse zu klären sind.
19
b)
20
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 ZPO.
21
2.
22
a)
23
Die statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 21 Abs. 1 S. 2, 6, 4 InsO i.V.m. §§ 567 ff
ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts vom 12. Februar 2007 (Durchsuchung der Geschäftsräume der
Schuldnerin) – geführt unter 6 T 39/ 07 – ist nicht begründet. Insoweit kann
vollumfänglich auf den Nichtabhilfebeschluss des Amtsgerichts vom 14. Februar 2007,
den Beschluss der Kammer vom 06. Februar 2007 und die vorstehenden Ausführungen
(Ziff. 1.) verwiesen werden.
24
b)
25
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 4 InsO, 97 ZPO.
26
3.
27
Beschwerdewert:
28
6 T 37/07 (vorläufiger Insolvenzverwalter, etc.):
50.000,00 €
29
6 T 39/07 (Durchsuchung):
5.000,00 €
30
Die Festsetzung des Beschwerdewert richtet sich vorliegend nach § 28 Abs. 3 RVG. Für
andere als die in § 58 GKG aufgeführten Beschwerden, stellt sich die Frage nach einem
Wert für die Gerichtsgebühren nicht, weil hier Festgebühren anfallen (Nr. 2361, 2364 KV
GKG). Der Wert für die Anwaltsgebühren ist - soweit nicht ein Fall des § 58 GKG
gegeben ist - unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses, dass der
Auftraggeber im Verfahren verfolgt, nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu bestimmen (vgl. § 28
Abs. 1 und 3 RVG). Maßgeblich ist also nicht das rechtliche, sondern das wirtschaftliche
Interesse, das der Auftraggeber im Verfahren verfolgt (vgl. Gerold/Schmidt/von
Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Auflage, § 28 Rn. 11 und Schneider/Herget,
Streitwertkommentar, 12. AL, Rn 2955). Für die Gebühren in
Insolvenzbeschwerdeverfahren, die nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
betreffen, ist der Gegenstandswert nach § 28 Abs. 3 i.V.m. § 23 Abs. 3 S. 2 unter
Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses an dem vom Beschwerdeführer im
Beschwerdeverfahren verfolgten Ziel nach billigem Ermessen zu bestimmen (vgl.
Riedel/Sußbauer-Keller, RVG, § 28 Rn 7 a.E.).
31
Vor diesem Hintergrund war der Beschwerdewert für die hier zur Entscheidung
stehenden zwei Beschwerden entsprechend § 287 ZPO zu schätzen.
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X S Q
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