Urteil des LG Aachen vom 20.02.2003
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Landgericht Aachen, 6 S 176/02
Datum:
20.02.2003
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 S 176/02
Vorinstanz:
Amtsgericht Heinsberg, 16 C 239/02
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 25.10.2002 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Heinsberg - 16 C 239/02 - wird das
angefochtene Urteil abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
G2
C
Dr. N
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung führt auch in der Sache selbst zum
Erfolg.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein (weitergehender) Schadensersatzanspruch
gemäß §§ 7 StVG, 823 Abs. 1 BGB aus dem Verkehrsunfallereignis vom 20.02.2002 zu.
Vielmehr hat die Beklagte den dem Kläger entstandenen Sachschaden zutreffend unter
Berücksichtigung des Restwertangebots der Firma ....... vom 05.03.2002 mit dem Betrag
von 2.640,00 EUR abgerechnet.
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Zutreffend ist freilich der Ausgangspunkt des Amtsgerichts, wonach in der Regel der in
dem Gutachten eines Sachverständigen ausgewiesene Wert eine Grundlage für die
Bemessung auch desjenigen Betrages bietet, in dessen Höhe dem Geschädigten durch
den Unfall - wegen verbleibenden Restwerts - kein Vermögensnachteil entstanden ist
(vgl. BGH, NJW 1992, 903, 904; BGH, NJW 2000, 800, 801; OLG Düsseldorf
Versicherungsrecht 1998, 518). Das schließt freilich nicht aus, dass besondere
Umstände dem Geschädigten Veranlassung geben können, günstigere
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Verwertungsmöglichkeiten wahrzunehmen, um seiner sich aus § 254 Abs. 2 BGB
ergebenden Verpflichtung zu Geringhaltung des Schadens zu genügen. Indessen
müssen derartige Ausnahmen, deren Voraussetzungen zur Beweislast des Schädigers
stehen, in engen Grenzen gehalten werden, weil andererseits dem Geschädigten die
nach § 249 S. 2 BGB zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde. Nach dem
gesetzlichen Bild des Schadens ist der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens.
Diese Stellung darf ihm durch eine zu weite Ausnahmehandhabung nicht genommen
werden. Insbesondere dürfen ihm bei der Schadensbehebung die von der Versicherung
gewünschten Verwertungsmodalitäten nicht aufgezwungen werden (vgl. BGH, NJW
2000, 800, 802). Die Abrechnung auf der Grundlage eines vom Haftpflichtversicherer
des Unfallgegners beigebrachten höheren Restwertangebots setzt daher voraus, dass
es sich um seriöses und bindenden Angebot handelt (vgl. BGH, NJW 2000, 800, 802;
OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1998, 518, 519 f.; LG Aachen, Urteil v, 29.08.2002
- 6 S 5/02 - ).
In diesem Zusammenhang ist zunächst zu konstatieren, dass es sich bei dem Angebot
der Firma ....... vom 05.03.2002 - im Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof in NJW
2000, 800, 802 entschiedenen Fall - um ein bindendes Angebot handelte. Ausweislich
der Restwertgebote vom 05.03.2002 (Bl. 21 GA) hielt sich die Firma ....... bis
einschließlich 25.03.2002 an ihr Gebot gebunden. Die Beklagte selbst hatte mit
Schreiben vom 06.03.2002 (Bl. 10 GA) die Verbindlichkeit dieses Angebots bestätigt
und zugleich mitgeteilt, dass evtl. entstehende Kosten von ihr übernommen werden
würden, so dass - gleichfalls im Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof
entschiedenen Fall - dem Kläger weitere Kosten nicht entstanden wären.
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Schließlich ist der Kammer aus anderen Verfahren bekannt, dass die auf der
Internetplattform "B" auftretenden Anbieter von dieser Firma auf ihre Bonität geprüft
werden. Danach findet eine Bonitätsprüfung unter Zuhilfenahme einer Auskunfttei statt
und der Aufkäufer muss seit mindestens 2 Jahren im Kfz.-Bereich tätig sein. Der
Kammer ist des Weiteren bekannt, dass bei der Firma B solche Aufkäufe von der
weiteren Gebotsabgabe ausgeschlossen werden, die für die Firma B erkennbar nicht zu
ihren Geboten stehen bzw. die aufgekauften Fahrzeuge nicht abholen. Vor dem
vorstehenden Hintergrund bestehen daher gegen die Bonität der Firma ....... sowie
gegen deren Seriosität keine durchgreifenden Bedenken; solche werden auch von dem
Kläger nicht aufgezeigt.
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Ein gegen das Angebot der Firma ....... sprechendes durchgreifendes Argument kann -
entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Umstand hergeleitet
werden, dass das Angebot der Firma ....... mehr als dreimal so hoch ist wie der von dem
Sachverständigen .... mit 300,00 EUR ausgewiesene Restwert. Hiergegen spricht
bereits der Umstand, dass zwei weitere Firmen Angebote abgegeben haben, die
ihrerseits um mehr als das Doppelte über dem von dem Sachverständigen ....
ausgewiesenen Restwert liegen. Der Kammer ist des Weiteren bekannt, dass den auf
der Plattform der Firma P GmbH auftretenden Bieter regelmäßig
Sachverständigengutachten über die verunfallten Fahrzeuge zur Verfügung stehen, so
dass auch von daher kein Anlass besteht, an der Seriosität der Angebots der Firma .......
zu zweifeln.
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Schließlich vermag der Kläger auch nicht mit seiner Behauptung durchzudringen, er
habe zu dem Zeitpunkt, da ihm das Restwertangebot der Firma ....... zugegangen sei,
bereits den Entschluss gefasst, das Fahrzeug reparieren zu lassen und diesen Weg der
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Schadensbeseitigung zu diesem Zeitpunkt auch bereits "eingeleitet". Dieser seitens der
Beklagten bestrittene Sachvortrag des Klägers steht nämlich nicht zu Beweis, ist im
übrigen auch vage und unsubstantiiert.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Berufungsstreitwert:
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