Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 02.04.2017

LArbG Schleswig-Holstein: arbeitsausfall, vergütung, arbeitsgericht, baugewerbe, kündigung, tarifvertrag, vergleich, abfindung, auflösung, auszahlung

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Gericht:
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Sa 5/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 611 Abs 1 BGB, § 1 TVG, §
4 Nr 6.1 S 2 BauRTV, § 175
Abs 1 SGB 3, § 615 BGB
Tarifauslegung - Saison-Kurzarbeitergeld im Baugewerbe
nach § 4 Nr 6.1 S 2 BauRTV
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom
22.11.2007 – 5 Ca 917 a/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger
Vergütung für Zeiten zu zahlen, in denen im Betrieb wegen Kurzarbeit nicht
gearbeitet wurde.
Der Kläger ist am … 1967 geboren, verheiratet und einer Person
unterhaltspflichtig. Bei der Beklagten war er seit dem 7.8.1999 beschäftigt. Das
Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem Bundesrahmentarifvertrag für das
Baugewerbe (BRTV Bau). Die Beklagte, die einen Kleinbetrieb i. S. des § 23 KSchG
unterhält, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31.1.2007 zum
31.3.2007. In dem deshalb geführten Rechtsstreit (5 Ca 344 a/07 ArbG Kiel)
verglichen sich die Parteien am 12.3.2007 dahingehend, dass das
Arbeitsverhältnis mit dem 31.3.2007 ende, die Beklagte sich verpflichte, an den
Kläger eine Abfindung i. H. v. 1.500 EUR zu zahlen und der Kläger unter
Fortzahlung der Vergütung, aber ohne Anrechnung auf Urlaub für die letzte
Märzwoche freigestellt wird.
Die Mitarbeiter der Beklagten hatten seit Februar 2007 Kurzarbeitergeld bezogen.
Für den Kläger hatte die Beklagte für Februar 2007 Saison-Kurzarbeitergeld i.H.v.
1.133,47 EUR abgerechnet (Bl. 16 d. A.) und ausgezahlt. Mit der Abrechnung für
März 2007 (Bl. 17, 133 d. A.) brachte sie diesen Betrag wieder in Abzug. Für die
Zeit vom 1. bis 12.3.2007 zahlte sie keine Vergütung. Vom 13. bis 26.3.2007 war
der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und erhielt Entgeltfortzahlung. Für die Zeit vom
27. bis 31.3.2007 rechnete die Beklagte 31 Normalstunden ab. Mit Schreiben vom
17.4.2007 hat der Kläger seine Forderung auf Zahlung von 1.133,42 EUR für
Februar und 382,12 EUR für März geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Zahlung des
Saison-Kurzarbeitergeldes. Nach § 4 Ziffer 6.1 BRTV Baugewerbe sei der
Arbeitgeber verpflichtet, das Saison-Kurzarbeitergeld in der gesetzlichen Höhe mit
der nächsten Lohnabrechnung zu zahlen, soweit der Lohnausfall in der
gesetzlichen Schlechtwetterzeit nicht durch die Auflösung von Arbeitsguthaben
ausgeglichen werden könne. Die zentrale Anspruchsnorm der Wintergeldregelung
ab dem 1.5.2006 sei § 4 Nr. 6.1 BRTV. Die Tarifvertragsparteien hätte in der
Tarifrunde 2004/2005 versucht, die Winterarbeitslosigkeit im Baugewerbe durch die
tarifliche Vorschrift so zu verändern, dass der Wegfall des Saisonarbeiter-Privilegs
nicht dazu führen sollte, dass ein Großteil der Beschäftigten alle 2 Jahre an Stelle
eines Anspruchs nach Arbeitslosengeld I nur Ansprüche nach Arbeitslosengeld II
hätten. Daher sei das neue Saison-Kurzarbeitergeld, das nicht nur für
witterungsbedingten Ausfall, sondern nach § 175 SGB III auch für Auftragsmangel
gezahlt werde, in das System des Kurzarbeitergeldes eingegliedert worden.
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gezahlt werde, in das System des Kurzarbeitergeldes eingegliedert worden.
Gerade die Kombination des Wegfalls eines Anspruches einer Lohnersatzleistung
im Falle einer Kündigung im Schlechtwetterzeitraum und des Wegfalls von
Lohnansprüchen nach dem BRTV Bau habe dazu geführt, dass die
Tarifvertragsparteien sich auf eine Ergänzung des § 4 Ziffer 6.1. BRTV verständigt
hätten. Mit der Formulierung des § 4 Ziffer 6.1. Satz 2 BRTV hätten die
Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass der Arbeitgeber nach den
Tarifvertrag auf jeden Fall verpflichtet sei, an den Arbeitnehmer eine Zahlung in
Höhe des Saison-Kurzarbeitergeldes zu leisten. Diese Formulierung sei
unabhängig von den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des SGB III und
bewusst gewählt worden, um den Arbeitnehmer zu schützen. Es handele sich um
eine materiell-rechtliche Anspruchsnorm.
Die Beklagte hat Zahlungsansprüche des Klägers geleugnet. Sie hat vorgetragen,
grundsätzlich stehe Arbeitnehmern in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit bei
einem Arbeitsausfall, der auf wirtschaftlichen oder witterungsbedingten Gründen
beruhe, gemäß § 175 SGB III Saison-Kurzarbeitergeld zu. Das gelte aber nur,
solange das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Auflösungsvertrag
aufgelöst sei. Demzufolge könnten Arbeitnehmer ab dem Tag des Zugangs der
Kündigung nicht mehr Saison-Kurzarbeitergeld erhalten.
Die Beklagte sei aber als Arbeitgeberin in diesen Fällen nicht zur Lohnzahlung
verpflichtet. Bei § 4 Nr. 6. 1 Satz 2 BRTV Bau handele es sich lediglich um eine
deklaratorische Auszahlungsvorschrift, nicht um eine materielle
Anspruchsgrundlage für Verzugslohnansprüche des Arbeitnehmers. Diese
Regelung sei auf Wunsch der Gewerkschaft, der IG Bau, in den
Bundesrahmentarifvertrag aufgenommen worden, um zu gewährleisten, dass der
Arbeitgeber auch tatsächlich für den jeweiligen Lohnabrechnungszeitraum, in dem
ein Arbeitsausfall eingetreten sei, das Saison-Kurzarbeitergeld bei der
Bundesagentur für Arbeit beantrage. Die Auszahlungsverpflichtung bestehe jedoch
nur dann, wenn auch die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für das Saison-
Kurzarbeitergeld erfüllt seien. Liege die persönliche Voraussetzung eines
ungekündigten Arbeitsverhältnisses nicht vor, könne der betroffene Arbeitnehmer
sich auch nicht an den Arbeitgeber halten. Da dem Kläger am 31.1.2007 gekündigt
worden sei, sei mit diesem Tag die persönliche Voraussetzung eines
ungekündigten Arbeitsverhältnisses für ihn entfallen.
Im Übrigen bestreite sie den Anspruch der Höhe nach.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.11.2007 die Klage abgewiesen. Gegen
dieses am 7.12.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4.1.2008 Berufung
eingelegt und diese begründet.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er
vor, das Arbeitsgericht habe sich nicht ausreichend mit den historischen
Hintergründen der tarifvertraglichen Regelung auseinander gesetzt. Er, der Kläger,
stütze sich nicht auf § 615 BGB, der durch § 4 BRTV Bau bei Schlechtwetter
abbedungen sei. Auch berufe er sich nicht auf § 4 Nr. 6.1 S. 1 BRTV Bau. Jedoch sei
der Anspruch durch § 4 Nr. 6.1 S. 2 BRTV Bau begründet. Es handele sich nicht um
eine rein deklaratorische Festschreibung. Vielmehr werde hier der
Nettozahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber definiert, der nur hinsichtlich der
Höhe und Berechnung auf das Saison-Kurzarbeitergeld abstelle. Voraussetzung
für die Zahlung sei, dass der Arbeitsausfall nicht mehr durch die Auflösung von
Arbeitszeitguthaben ausgeglichen werden könne. Hieraus folge, dass in allen
anderen Fällen, sowohl bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall als auch bei
Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen das Saison-Kurzarbeitergeld mit der
nächsten Lohnabrechnung auszuzahlen sei. Zweck der Regelung sei gewesen, die
winterbedingten Kündigungen zu vermeiden. Der Arbeitgeber solle verpflichtet
sein, in jedem Fall, auch bei einer Kündigung, eine Nettoauszahlung in Höhe des
Saison-Kurzarbeitergeldes zu leisten. Dafür, dass es sich nicht um eine rein
deklaratorische Wiedergabe handele, spreche auch die Tatsache, dass der
Arbeitgeber in Vorleistung gehen müsse. Denn der Antrag auf Saison-
Kurzarbeitergeld könne noch innerhalb von 3 Monaten nach dem Monat, für den es
beantragt werde, gestellt werden. Auch sei nicht ausreichend berücksichtigt, dass
der Arbeitgeber sich schadenersatzpflichtig mache, wenn er den Antrag nicht
stelle.
Zur Berechnung des Anspruchs wird auf den Schriftsatz vom 13.2.2008 (Bl. 122 ff.
d. A.) verwiesen.
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Der Kläger beantragt jetzt nur noch,
das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Kiel - 5 Ca 917 a/07 - vom 22
.11 .2007 zu ändern und
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.515,59 Euro netto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen
Zentralbank seit dem 01.05.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres
erstinstanzlichen Vorbringens. Sie bestreitet weiterhin den Anspruch dem Grunde
und der Höhe nach und trägt vor, auch jetzt habe der Kläger nicht überzeugend
dargelegt, warum § 4 Nr. 6.1 S. 2 BRTV Bau eine Anspruchsnorm für
Verzugslohnansprüche in Höhe des Saison-Kurzarbeitergeldes im gekündigten
Arbeitsverhältnis sein solle. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Saison-
Kurzarbeitergeld seien in §§ 172 ff. SGB III geregelt. Jedoch verpflichtet § 4 Nr. 6.1
S. 2 BRTV Bau den Arbeitgeber zur monatlichen Auszahlung. Hier sei eine
gegenüber den gesetzlichen Vorschriften verschärfte Auszahlungspflicht
niedergelegt. Der Arbeitgeber sei vorleistungspflichtig. Diese Auszahlungspflicht
bestehe aber nur dann, wenn auch ein gesetzlicher Anspruch auf das Saison-
Kurzarbeitergeld dem Grunde nach bestehe. Eine darüber hinausgehende
Regelung sei von den Tarifvertragsparteien nicht gewollt gewesen und sei auch von
der IG Bauen-Agrar-Umwelt in den Tarifgesprächen nicht gefordert worden. Soweit
der Kläger auf eine Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers verweise, übersehe er,
dass ein Schadenersatzanspruch nur dann entstehen könne, wenn auch dem
Grunde nach Anspruch auf das Saison-Kurzarbeitergeld bestehe.
Soweit der Kläger vortrage, Sinn und Zweck der Neuregelung sei die Vermeidung
von Entlassungen gewesen, treffe dies nicht zu, da die Tarifvertragsparteien bei
den Gesprächen über die Neufassung des BRTV Bau zu keinem Zeitpunkt die
Problematik des Anspruchs auf Saison-Kurzarbeitergeld im gekündigten
Arbeitsverhältnis angesprochen hätten.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen
Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg.
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Klage unbegründet. Der
Kläger hat weder aus dem Vergleich vom 12.3.2007 einen Anspruch auf Zahlung
noch aus dem Tarifvertrag. Da die Klage unbegründet ist, kommt es nicht darauf
an, ob die Berechnung des für März geforderten Betrages – der für Februar war
von der Beklagten selbst errechnet worden – richtig erfolgt ist. Indes ist nach dem
Ergebnis der Berufungsverhandlung davon auszugehen, dass die Beklagte die
Berechnung nicht mehr bestreitet.
1.
die Parteien vereinbart, dass der Kläger in der letzten Woche des März freigestellt
wird, wobei ihm die Vergütung gezahlt wird. Wie sich aus der Lohnabrechnung für
März 2007 ergibt, hat die Beklagte die Vergütung für die letzte Woche voll gezahlt.
2.
Abrede stellt, kommt ein Anspruch aus § 615 BGB nicht in Betracht. § 615 BGB ist
dispositiv (Joussen in Beck-OK, Rn 9 zu § 615 BGB m.w.N.; Henssler/MüKo BGB Rn.
10 zu § 615 BGB). In § 4 BRTV Bau ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen
bei Arbeitsversäumnis und Arbeitsausfall Lohn gezahlt wird. Nach § 4 Ziff. 1 BRTV
Bau wird grundsätzlich der Lohn nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit
gezahlt, soweit nicht eine der im Folgenden abschließend aufgezählten
Ausnahmen vorliegt. Diese ausschließende Vereinbarung ist hinreichend deutlich
und klar. Das gilt auch für die Schlechtwetterzeit, wie § 4 Nr. 6.1 BRTV Bau zeigt.
Ein Anspruch des Klägers aus § 615 BGB kommt auch nicht aus dem
Gesichtspunkt in Betracht, dass die Abbedingung unbillig wäre. Grenze der
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Gesichtspunkt in Betracht, dass die Abbedingung unbillig wäre. Grenze der
Abbedingung des § 615 BGB ist die Billigkeit (Joussen in Beck-OK, rn. 10 zu § 615
BGB; Henssler/MüKo BGB, Rn. 11). Unbillig wäre es, Wirtschafts- und Betriebsrisiko
gänzlich auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Die Kammer hält es zwar für höchst
problematisch, dass der Kläger für den Februar und einen Teil des März keine
Vergütung oder andere Leistungen bezogen hat und, hätte er nicht entsprechend
dem Vergleich vom 12.3.2007 noch Anspruch auf eine Abfindung von 1.500 EUR
gehabt, keine Möglichkeit gehabt hätte, seinen Lebensunterhalt aus seiner
Tätigkeit zu bestreiten. Andererseits handelt es sich hier nicht um eine
einzelvertragliche, sondern eine tarifvertragliche Regelung. Vorliegend ist mit § 4
Nr. 6.1 BRTV Bau ein Regelungspaket geschaffen worden, in dem die Risiken
verteilt werden sollten.
Sollte der vorliegende Fall nicht von diesem Regelungspaket erfasst worden sein,
käme eine tarifvertragliche Lücke in Betracht. Angesichts der Tatsache, dass
schon vor der Änderung des Tarifvertrages und Einführung des Saison-
Kurzarbeitergeldes Kurzarbeitergeld nur zustand, wenn das Arbeitsverhältnis nicht
gekündigt worden war, müssen die Tarifvertragsparteien gesehen haben, dass
auch Saison-Kurzarbeitergeld im Fall der Kündigung entfällt. Die frühere
Ermessensregelung in § 65 Abs. 1 S. 3 AFG war in das SGB III nicht übernommen
worden. Das Entgeltrisiko sollte bei gekündigtem Arbeitsverhältnis nicht auf die
Arbeitsverwaltung verlagert werden. Dagegen, dass es sich um eine unbewusste
Lücke handelte, spricht auch die E-Mail vom 10.3.2006 (Bl. 46, 47 d.A.), in der
ausdrücklich eine Formulierung als Schadenersatzanspruch vorgeschlagen wird.
Dies hat indes nicht Eingang in den Tarifvertrag gefunden. Damit wäre die
Ausfüllung einer etwaigen – beabsichtigten - Lücke durch die Arbeitsgerichte
wegen Verstoßes gegen die Tarifautonomie unzulässig.
3.
Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat und der Kläger auch nicht beanstandet.
Nach der Vorschrift entfällt der Lohnanspruch, wenn die Arbeitsleistung entweder
aus zwingenden Witterungsgründen oder in der gesetzlichen Schlechtwetterzeit
aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich wird. Da in der Fassung des BRTV Bau in §
4 Nr. 6.1 nur „zwingende Witterungsgründe“ als Grund für den Lohnausfall
akzeptiert wurden, während jetzt auch Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen
in der Schlechtwetterzeit einen Grund darstellt, ist die Vorschrift eindeutig. Da der
Arbeitsausfall in der Schlechtwetterzeit i.S. des § 175 Abs. 1 SGB III stattfand,
ergibt sich kein Anspruch nach § 4 Nr. 6.1 S. 1 BRTV Bau.
4.
Arbeitgeber verpflichtet ist, mit der nächsten Lohnabrechnung das Saison-
Kurzarbeitergeld in der gesetzlichen Höhe zu zahlen, gestützt werden. Insoweit
wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen, denen sich die
Berufungskammer anschließt.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Vorschrift des § 4 Ziff. 6.1 S. 2 BRTV
Bau ihrem Wortlaut nach voraussetzt, dass überhaupt ein Anspruch auf Saison-
Kurzarbeitergeld besteht, so dass der Arbeitgeber lediglich als Zahlstelle tätig wird.
Er kann zwar das Saison-Kurzarbeitergeld erst später beantragen. Diese Tatsache
reicht aber nicht aus, eine eigenständige Anspruchsgrundlage zu begründen. Aus
dieser Regelung folgt lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit der
Auszahlung in Vorlage zu treten.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch nicht aus der Formulierung
„in der gesetzlichen Höhe“, dass ein eigenständiger Anspruch begründet werden
sollte, dessen Höhe damit definiert wird. Hiergegen spricht die Tatsache, dass die
zu erbringende Leistung ausdrücklich als „Saison-Kurzarbeitergeld“ bezeichnet
wird. Sonst wäre eine andere Formulierung, etwa „eine der Höhe des Saison-
Kurzarbeitergeldes entsprechende Leistung“ gewählt worden, wobei dann aber
ungeklärt wäre, wie Steuern und Sozialversicherungsabgaben zu berechnen wären.
Durch die ausdrückliche Bezeichnung der Leistung als „Saison-Kurzarbeitergeld“
wird aber klargestellt, dass der Arbeitgeber nur das leisten soll, was auch dem
Arbeitnehmer gegenüber der Bundesagentur für Arbeit persönlich zusteht.
Der Hinweis des Klägers auf eine Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers, wenn er
den Antrag nicht stellt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zwar kann ein
Anspruch auf Schadenersatz erwachsen, wenn der Arbeitgeber trotz Vorliegens
der Leistungsvoraussetzungen den Antrag auf Saison-Kurzarbeitergeld nicht stellt.
Voraussetzung eines Schadenersatzanspruchs ist aber in jedem Fall, dass
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Voraussetzung eines Schadenersatzanspruchs ist aber in jedem Fall, dass
überhaupt ein Anspruch bestanden hatte. Nur dann kann dem Arbeitnehmer ein
Schaden entstehen.
Dem Arbeitsgericht ist ferner zuzustimmen, dass auch die historische Entwicklung
für die obige Auslegung spricht. Entgegen der Meinungen beider Parteien kommt
es bei der Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften nicht darauf an, was beide
Tarifvertragsparteien sich gedacht haben, solange diese Gedanken nicht ihren
Niederschlag in der Regelung gefunden haben. Zweck der tarifvertraglichen
Regelung war der Erhalt der Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer und der
eingearbeiteten Arbeitskräfte für den Betrieb (BT Drucks. 16, 429, S. 11 ff.). Im
Zusammenhang damit stand die Einführung des Saison-Kurzarbeitergeldes
(Gesetz zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung, BGBl. I 2006, 926). Beide
Regelungen waren aufeinander abgestimmt. Dabei ist ein Verbot von Kündigungen
aus wirtschaftlichen Gründen in der Schlechtwetterzeit nicht in § 12 Ziff. 2 BRTV
Bau aufgenommen worden. Dort wird weiterhin nur der Ausspruch wetterbedingter
Kündigungen in der Schlechtwetterzeit untersagt.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
ZPO.
Die Revision ist nach § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen
Bedeutung der Streitsache zuzulassen.