Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

LArbG Schleswig-Holstein: arbeitsgericht, ordentliche kündigung, vertreter, fax, postsendung, form, verfügung, unternehmen, laden, abgabe

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Gericht:
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ta 37/05
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 141 Abs 3 S 2 ZPO, § 56
Abs 1 Nr 1 ArbGG
Ordnungsgeld gegen persönlich geladene und
unentschuldigt nicht erschienene Partei
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom
17.01.2005 - 4 Ca 4109/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Wert: 250 EUR.
Gründe
I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Verhängung eines
Ordnungsgeldes, die aus Anlass seines persönlichen Fernbleibens im Termin vom
22.12.2004 erfolgt ist.
Der Kläger hat am 01.07.2004 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben, mit der er
sich gegen die ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses vom 15.06.2004
zum 30.06.2004 gewendet hat. Das Arbeitsverhältnis war in dem Unternehmen
der Beklagten entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 28.02.2000 mit Wirkung vom
01.04.2000 als Maschinenführer begründet worden. Das Arbeitsgericht hat mit
Verfügung vom 02.07.2004 Termin anberaumt auf den 06.08.2004 und das
persönliche Erscheinen des Klägers zur Aufklärung des Sachverhaltes und zur
gütlichen Einigung angeordnet. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben
mit Schriftsatz vom 07.07.2004 Terminsverlegung wegen Urlaubs beantragt.
Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die besondere
Förderungspflicht für Kündigungssachen abgelehnt. Mit Fax vom 02.08.2004 haben
die Prozessbevollmächtigten vorgetragen:
„Hat der Kläger telefonisch mitgeteilt, dass eine außergerichtliche Einigung erfolgt
sei.
Es wird daher darum gebeten, den Termin am 06.08.2004 aufzuheben.
Klagrücknahme wird erfolgen, sobald die Einigung in schriftlicher Form vorliegt.“
Das Arbeitsgericht hat hierauf den Termin aufgehoben. Mit Schriftsatz vom
30.11.2004 haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt:
„ist eine einvernehmliche Reglung bislang noch nicht erzielt worden.
Es wird daher um Terminierung gebeten, jedoch nicht mehr im Jahr 2004.“
Das Arbeitsgericht hat Termin auf den 22.12.2004, 10.45 Uhr bestimmt und das
persönliche Erscheinen des Klägers und des gesetzlichen Vertreters der Beklagten
zur Aufklärung des Sachverhalts und zur gütlichen Einigung angeordnet. Es hat in
diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf § 61 a ArbGG
und das Annahmeverzugslohnrisiko der Beklagten eine Erstterminierung im Jahr
2005 nicht in Betracht komme. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers haben
daraufhin um Terminsverlegung aufgrund der Weihnachtsferien gebeten. Die
Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass die Weihnachtsferien in Schleswig-
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Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass die Weihnachtsferien in Schleswig-
Holstein erst am 23.12.2004 beginnen. Weiter hat es unter Hinweis auf die
Ladungsverfügung mitgeteilt, der Termin bleibe bestehen. Die Klägervertreter
haben mit Schriftsatz vom 15.12.2004 ihren Verlegungsantrag wiederholt. Dieser
ist erneut abgelehnt worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2004 ist der persönlich geladene Kläger
nicht erschienen. Die Klägervertreterin hat erklärt, sie wisse nicht, wo sich ihr
Mandant befinde. Unter Hinweis auf die mögliche Festsetzung eines
Ordnungsgeldes ist sie aufgefordert worden, innerhalb von zwei Wochen das
Fehlen des Klägers hinreichend zu entschuldigen. Die Parteien haben sodann
einen Widerrufsvergleich geschlossen, den der Kläger widerrufen hat.
Mit Fax vom 05.01.2005 haben die Klägervertreter mitgeteilt, es sei mit der
Beklagtenseite besprochen gewesen, dass beide Parteien nicht zum Termin am
22.12.2004 erscheinen würden. Zwischen 16:00 und 17:00 Uhr am 21.12.2004
habe sich eine Vertreterin der Beklagten gemeldet und mitgeteilt, die Beklagte
werde doch zum Termin erscheinen. Es sei versucht worden, den Kläger
telefonisch zu erreichen, was jedoch nicht möglich gewesen sei. Auch eine
Postsendung sei nicht möglich gewesen. Die Bevollmächtigte des Klägers sei
ausreichend informiert gewesen und auch instruiert gewesen, Vergleiche
abzuschließen.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17.01.2005 gegen den Kläger ein
Ordnungsgeld in Höhe von 250 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger
sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers hat nicht Erfolg.
Die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Fernbleibens des Klägers durch das
Arbeitsgericht ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 51 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 141
Abs. 3, § 380 ZPO besteht die Möglichkeit, gegen eine persönlich geladene Partei
die dem Termin fernbleibt, ein Ordnungsgeld zu verhängen.
§ 51 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der
Parteien in jeder Lage des Rechtsstreits anordnen kann. Im Übrigen wird auf § 141
Abs. 2 u. 3 ZPO verwiesen. Danach ist das Gericht gehalten, Parteien persönlich,
nicht nur über einen Prozessbevollmächtigten, zu laden. Das gilt auch dann, wenn
die Partei einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat. Wie sich aus der
Terminsbestimmung des Arbeitsgerichts vom 03.12.2004 ergibt, ist die Ladung
zum persönlichen Erscheinen an den Kläger und den gesetzlichen Vertreter der
Beklagten abgesandt worden. Dass dieser die Ladung nicht erhalten hätte, hat er
nicht behauptet.
Bleibt die Partei in dem Termin aus, so kann gegen sie ein Ordnungsgeld wie
gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt
werden. Das gilt allerdings dann nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen
Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur
Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss,
ermächtigt ist. Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts war dies nicht der Fall.
Dabei reicht es i.d.R. nicht aus, wenn der Prozessbevollmächtigte für die Partei
erscheint. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei ist regelmäßig nicht als
Vertreter i. S. des § 141 Abs. 3 ZPO anzusehen. In der Regel verfügt er nicht
unmittelbar über eigene Sachkenntnis (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-
Glöge, Rnr. 20 zu § 51 ArbGG; LAG Schl.-Holst. Beschl. vom 24.11.2003 - 2 Ta
250/03 - NZA -RR 2004, 153).
Entgegen der Auffassung des Klägers reicht der Abschluss eines
Widerrufsvergleichs durch seine Prozessbevollmächtigte nicht aus, um
ausnahmsweise das Vorliegen der Voraussetzungen des § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO zu
bejahen. Zweck der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Partei war nicht
nur das Erreichen einer gütlichen Einigung, sondern auch die Aufklärung des
Sachverhalts. Das ergibt sich zweifelsfrei aus der Terminsbestimmung des
Arbeitsgerichts. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens soll nicht als Zwang
zum Vergleichsabschluss ausgeübt werden. Wichtig ist, dass der Sach- und
Streitstand der Parteien erörtert wird, ohne dass deshalb die weitere
schriftsätzliche Vorbereitung überflüssig wird. Die Erörterung dient der besseren
Transparenz für alle Prozessbeteiligten. Der Vorsitzende hat dadurch die
Möglichkeit, gezielte Auflagen zur weiteren Vorbereitung der streitigen
Verhandlung zu erteilen. Dies sieht § 56 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG ausdrücklich vor.
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Verhandlung zu erteilen. Dies sieht § 56 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG ausdrücklich vor.
Dadurch wird den Parteien die weitere Bearbeitung des Falles erleichtert. Es kann
ihnen deutlich gemacht werden, welche Gesichtspunkte nach Auffassung des
Gerichts bedeutsam sind. Es lassen sich dadurch auch Ausführungen, die nach
Auffassung des Gerichts überflüssig sind, vermeiden. Auch die Beratung zwischen
dem Prozessbevollmächtigten und der Partei kann dadurch erleichtert werden
(LAG Schl.-Holst. Beschl. v. 18.12.2000 - 3 Ta 166/00 -). Diesen Zweck der
Anordnung hat der Kläger durch sein unentschuldigtes Fernbleiben verhindert.
Dass der Kläger von seinen Prozessbevollmächtigten am 21.12.2004 telefonisch
oder schriftlich nicht mehr erreicht werden konnte, kann nicht als ausreichende
Entschuldigung angesehen werden. Die Partei war persönlich durch das Gericht
geladen. Der Kläger war dementsprechend auch gehalten, dem Gericht rechtzeitig
mitzuteilen, wenn er aus zwingenden Gründen nicht erscheinen konnte. Weshalb er
nicht am Termin teilgenommen hatte, ist bis heute nicht ersichtlich.
Die Beschwerde ist auch unbegründet, soweit der Kläger sich gegen die Höhe des
verhängten Ordnungsgeldes wendet. Nach Art. 6 Abs. 1 EGStGB kann ein
Ordnungsgeld in Höhe von 5 EUR bis 1.000 EUR festgesetzt werden. Das
Arbeitsgericht hat hier ein Vierteil des Höchstbetrages gewählt. Dies ist nicht zu
beanstanden.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass nach Durchsicht der Akte der Eindruck
entstehen muss, dass auf Klägerseite ein erhebliches Interesse daran bestehen
könnte, den Rechtsstreit zu verzögern.
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Gegen
diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.