Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

LArbG Schleswig-Holstein: arbeitsgericht, auszahlung, abrechnung, bestandteil, abfindungsbetrag, ratenzahlung, verordnung, kündigung, härte, notlage

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Gericht:
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 Ta 69/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 120 Abs 4 ZPO, § 115 Abs
3 ZPO, § 90 Abs 3 SGB 12, §
90 Abs 2 Nr 9 SGB 12, § 1
SGB12§90Abs2Nr9DV
Prozesskostenhilfe - Beteiligung an den Kosten des
Rechtsstreits mit Teilen einer Abfindung für den Verlust
des Arbeitsplatzes
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck
vom 8.11.2005 in Gestalt des Beschlusses vom 4.4.2006 - 5 Ca 563/05 - wird auf
ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Mit seiner Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Entscheidung des
Arbeitsgerichts, derzufolge sie sich mit einem Betrag von 600 an den Kosten des
Rechtsstreits zu beteiligen habe.
Die Klägerin war in dem Betrieb des Beklagten seit dem 1.8.2001 beschäftigt
gewesen. Am 15.2.2005 hat sie Klage erhoben, mit der sie sich gegen eine
fristlose und vorsorglich fristgerechte Kündigung gewehrt hat. Der Klägerin ist mit
Beschluss vom 17.5.2005 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt worden.
Am 21.9.2005 haben die Parteien sich streitbeendend dahingehend verglichen,
dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.4.2005 geendet hat und die Klägerin
als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes einen Betrag von 3.200 EUR
erhalte. Dem beigeordneten Rechtsanwalt sind aus der Landeskasse 912,34 EUR
erstattet worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 8.11.2005 den Bewilligungsbeschluss
dahingehend abgeändert, dass sich die Klägerin an den Kosten der
Prozessführung mit einer Sonderzahlung von 600 EUR zu beteiligen habe.
Hiergegen hat die Klägerin rechtzeitig Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend
macht, sie habe von dem Abfindungsbetrag lediglich eine Auszahlung von 776,94
EUR erhalten. Ihr Arbeitgeber habe mehrere Pfändungen bedient. Eine Abrechnung
über die Pfändungen habe sie noch nicht erhalten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde teilweise abgeholfen, nämlich insoweit, als
die Klägerin sich nur mit einem Betrag von 320 EUR zu beteiligen habe und im
Übrigen das Verfahren dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht
vorgelegt.
2. Die zulässige sofortige Beschwerde hat, nachdem das Arbeitsgericht den
Beteiligungsbetrag auf 320 EUR herabgesetzt hat, nicht Erfolg.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht bestimmt, dass der Kläger sich an den Kosten
der Führung des Rechtsstreits mit einem einmaligen Betrag zu beteiligen hat. Eine
Abfindung ist als Vermögen i.S. des § 115 ZPO zu berücksichtigen. Nach § 115
Abs. 3 ZPO hat die Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, ihr Vermögen
einzusetzen, soweit es zumutbar ist.
Die Abfindung ist als Bestandteil seines Vermögens bei der Prüfung der
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (BAG Beschluss
vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 - ). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare
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vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 - ). Nach § 90 SGB XII ist das gesamte verwertbare
Vermögen einzusetzen. Eine als Abfindung für den Verlust eines Arbeitsplatzes
geleistete Summe fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziff.
1 bis 8 SGB XII. Die Summe ist nicht zu berücksichtigen, wenn es sich um einen
kleineren Barbetrag oder einen sonstigen Geldwert handelt, § 90 Abs. 2 Ziff. 9 SGB
XII. Die Höhe des kleineren Barbetrags ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur
Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII und beträgt bei Personen, die anderen
nicht unterhaltspflichtig sind, 2.600 EUR. Für unterhaltsberechtigte Kinder kommen
je 256 EUR hinzu. Die Abfindung ist mit 3.200 EUR vereinbart worden. Sie
übersteigt mithin den kleineren Barbetrag um 344 EUR.
Würde der Einsatz des Vermögens für den Betroffenen eine Härte bedeuten,
können weitere Beträge unberücksichtigt bleiben, § 90 Abs. 3 SGB XII. Ob der
Einsatz zuzumuten ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des
Einzelfalles. Dabei kommt es entscheidend auf die Höhe der Abfindung, die Dauer
der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Chancen des Arbeitnehmers
auf dem Arbeitsmarkt an (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 24.9.1997 - 5 Ta
153/97 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -). Bei
einer Abfindung ist der besondere Zweck der Leistung zu berücksichtigen. In der
Regel wird, sofern der Freibetrag überschritten wird, ein Betrag von 10% der
Abfindung einzusetzen sein (LAG Köln Beschluss vom 30.1.2002 - 7 Ta 220/01 -
NZA-RR 2005, 217; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 28.4.2005 - 2 Ta 92/05
-; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05; LAG Schleswig-
Holstein Beschluss vom 27.5.2005 - 2 Ta 126/05; LAG Schleswig-Holstein
Beschluss vom 4.1.2006 - 2 Ta 268/05 -). Das sind die vom Arbeitsgericht
genannten 320 EUR.
Der Kostenbeitrag von 10% der Abfindungssumme kann ausnahmsweise dann
reduziert oder ganz fallen gelassen werden, wenn der Antragsteller glaubhaft
macht, dass die Abfindung zur Behebung einer aktuellen Notlage gebraucht wird
(BAG Beschluss vom 22.3.2003 - 2 AZB 23/03 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss
vom 22.4.2005 - 1 Ta 15/05 -; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 25.5.2005 -
1 Ta 93/05 - ). Dies ist hier aber nicht ersichtlich. Die Klägerin hat zwar angegeben,
sie habe von ihrer Abfindung nur eine Auszahlung von 776,94 EUR erhalten, dies
aber nicht belegt. Darüber hinaus haben die Gläubiger, das Vorbringen der
Klägerin als richtig unterstellt, nicht die gesamte Abfindung erhalten. Der Klägerin
ist ein Betrag verblieben, der doppelt so hoch ist wie der vom Gericht festgesetzte
Beteiligungsbetrag.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.