Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.03.2017

LArbG Schleswig-Holstein: betriebsrat, stand der technik, schreibmaschine, verfügung, software, zubehör, ausstattung, geschäftsführung, handschriftlich, beschwerdekammer

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Gericht:
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 TaBV 31/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 40 Abs 1 BetrVG, § 40 Abs
2 BetrVG
Ausstattung des Betriebsratsbüros - Erforderlichkeit eines
PC
Leitsatz
1. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat einen PC nebst Zubehör zur Verfügung zu
stellen, wenn er diese Technik bei der Wahrnehmung jedenfalls einzelner
betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben selbst anwendet.
2. Ein neunköpfiger Betriebsrat kann zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nicht darauf
verwiesen werden, seine Schriftstücke mit der Hand oder mit einer - teilweise defekten -
alten elektrischen Schreibmaschine mit Korrekturband zu erstellen. Das ist angesichts
des Umfangs der anfallenden Aufgaben im Zeitalter der EDV unzumutbar und
degradierend.
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel
vom 16.07.2009 – 1 BV 26 c/09 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren nur noch um die Verpflichtung
des Antragsgegners, dem Betriebsrat einen PC nebst Peripheriegeräten und
Software zur Verfügung zu stellen.
Der Arbeitgeber (Antragsgegner und Beteiligter zu 2) betreibt als
Einzelhandelsunternehmer bundesweit in ca. 10.000 Verkaufsstellen
Drogeriemärkte. Die einzelnen Verkaufsstellen sind jeweils einzelnen Bezirken
zugeordnet. Ihnen steht immer ein Bezirksleiter vor. Die einzelnen Bezirke
wiederum unterstehen bundesweit organisatorisch den insgesamt vier
Vertriebsbüros, die mit ihren Verkaufsleitern für durchschnittlich jeweils 100
Bezirke bzw. für 2500 Verkaufsstellen zuständig sind. Hierarchisch sind die
Verkaufsleiter der Geschäftsführung unterstellt. Im Vertriebsbüro D... ist der
Geschäftsführer K... letztendlich für die Bezirke des antragstellenden Betriebsrates
zuständig.
Der antragstellende Betriebsrat besteht aus neun Mitgliedern. Er ist gewählt für
den Bezirk K... und R... (Bezirk 227/414). In diesem Bereich sind ca. 319
Arbeitnehmer/innen in derzeit 69 Filialen beschäftigt, die in einem Radius von
durchschnittlich 150 km angesiedelt sind. Alle Betriebsratsmitglieder sind in
unterschiedlichen Verkaufsstellen tätig (Bl. 127 – 135).
Bereits seit Jahren streiten die Arbeitgeberin und verschiedene in den jeweiligen
Bezirken gewählte Betriebsräte um die Ausstattung der jeweiligen
Betriebsratsbüros mit einem handelsüblichen PC. Zu dieser Problematik haben die
Beteiligten des vorliegenden Verfahrens zahlreiche Beschlüsse von
Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten zu den Gerichtsakten gereicht. Auf
diese Beschlüsse wird Bezug genommen.
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Ansprechpartner jedes Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten
ist zunächst und regelmäßig der für ihn zuständige Bezirksleiter, der die in seinem
Bezirk befindlichen Verkaufsstellen betreut. Auf Bezirksleiterebene werden keine
PCs verwandt. Schreib- und Verwaltungsangelegenheiten erledigen sie regelmäßig
handschriftlich. Auf Bezirksleiterebene werden die tatsächliche Arbeitseinteilung
vor Ort und der weitere organisatorische Ablauf der Verkaufsstellen, wie
Urlaubsplanung und Pausenplanung bestimmt.
Die dem Bezirksleiter übergeordneten Verkaufsleiter/innen sind mit einem Laptop
und einem Dienstwagen ausgestattet. Auf Geschäftsführungsebene existiert ein
Sekretariat. Die vier Vertriebsbüros und die Geschäftsführung der Arbeitgeberin
sind jeweils mit PC mit Internetzugang ausgestattet.
Der antragstellende Betriebsrat hat vorliegend aufgrund seines
Zuständigkeitsbereiches mit drei Bezirksleitern zu kommunizieren. Er führt
außerdem mit der für ihn zuständigen Verkaufsleiterin (Frau P...) unstreitig
regelmäßig Gespräche. Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte, u.a. das
Aushandeln von Betriebsvereinbarungen, erfolgt aber über D.... Die
Geschäftsführungsebene hat z. B. an der zwischen den Beteiligten eingerichteten
letzten Einigungsstelle teilgenommen und die dabei zustande gekommene
Betriebsvereinbarung unterzeichnet. Kündigungen werden durch das Sekretariat in
D... geschrieben, komplexe Betriebsratsanhörungen auch (Bl. 33 d.A.).
Der Betriebsrat verfügt über ein ca. 15 Quadratmeter großes Betriebsratsbüro, in
dem auch ein Kopiergerät steht. Er kommuniziert mit dem Arbeitgeber zurzeit
über Telefon und Fax. Zur Erledigung von Büroarbeiten steht dem Betriebsrat eine
elektrische Schreibmaschine mit Korrekturband der Marke Olympia, Typ „Gabriele“
zur Verfügung. Vieles schreibt er auch mit der Hand, z.B. wenn er auf
formularmäßige Einstellungs-/Versetzungsanhörungen reagieren muss. Die
elektrische Schreibmaschine ist ca. 22 Jahre alt. Die Umschalttaste der
Schreibmaschine von Groß- auf Kleinschreibung ist defekt. Sie hakt. Die
Betriebsratsvorsitzende, die das 10-Finger-System nicht beherrscht, schreibt
überwiegend mit Großbuchstaben, um das Problem zu umgehen. Führt eine
andere Betriebsratskollegin, die mit dem 10-Finger-System schreibt,
Schreibarbeiten für den Betriebsrat durch, hakt die Schreibmaschine dauernd, weil
sie intuitiv die Groß- und Kleinschreibfunktion benutzt.
Will der antragstellende Betriebsrat die ihm zur Verfügung gestellten
Arbeitszeitlisten der 319 Arbeitnehmer überprüfen, schiebt er die beiden Tische im
Betriebsratsbüro zusammen, um die Unterlagen auswerten zu können und
genügend Fläche zu haben. Dann beginnt er auszuwerten und zu rechnen.
Den in R... und S... neu gewählten Betriebsräten wurde im Zusammenhang mit der
Einrichtung eines Betriebsratsbüros ein PC zur Verfügung gestellt, weil eine
vergleichbare Schreibmaschine nicht mehr käuflich ist.
Nach vorangegangener Beschlussfassung auf der Betriebsratssitzung vom
25.11.2008 (Anlage Ast. 3 – Ast. 5, Bl. 127-137 d.A.) verlangte der Betriebsrat mit
Schreiben vom gleichen Tage, gerichtet an die Verkaufsleiterin, ihm einen
Personalcomputer nebst Peripheriegeräten, notwendiger Software und
Internetanschluss zur Verfügung zu stellen. (Anl. Ast. 1, Bl. 9 d.A.). Der
Arbeitgeber lehnte dieses Begehren zuletzt mit Schreiben vom 14.04.2009 durch
die Verkaufsleiterin ab (Anl. Ast. 2, Bl. 10 d.A.). Mit Schriftsatz vom 07.05.2009 hat
der Betriebsrat dann nach vorangegangener Beschlussfassung (Anlagenkonvolut
Ast. 6 – bis Ast. 8, Bl. 138 – 149 d.A.) das vorliegende Beschlussverfahren
eingeleitet.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass er gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG
einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von Informations- und
Kommunikationstechnik nebst Internetzugang habe. Dies beinhalte einen PC nebst
entsprechender Peripheriegeräte und Software. Internet und PC zählten heute zu
den gängigen Informationsmedien. Der Schriftverkehr per Hand oder alter
elektrischer Schreibmaschine sei inneffektiv und unzumutbar.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Beteiligte zu 2. zu verpflichten, dem Betriebsrat nachstehend aufgeführte
sachliche Mittel zur Verfügung zu stellen:
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1. Bereitstellung eines handelsüblichen PC mittlerer Art und Güte, versehen
mit Betriebssystem Microsoft Vista oder höher sowie versehen mit
Wechseldatenspeichermöglichkeit (CD/DVD/Brenner-Laufwerk) nach dem aktuellen
Stand der Technik;
2. Bereitstellung notwendiger Peripheriegeräte, namentlich TFT-Monitoren (17
Zoll) nebst Tastatur, Maus, Laserdrucker (schwarz-weiß), mittlerer Art und Güte
sowie Druckerkabel nach dem aktuellen Stand der Technik;
3. betriebssystemkonforme Software für den unter Ziff. 1 genannten PC,
namentlich Microsoft Word und Microsoft Excel in der aktuell gängigen Version;
4. Bereitstellung eines Internetanschlusses nach dem Digital Subscriber Line
Standard (DSL), soweit technisch möglich;
hilfsweise,
Bereitstellung eines Internetanschlusses nach dem Integrated Services Digital
Network-Standard (ISDN).
Der Arbeitgeber hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, die Ausstattung des
Betriebsratsbüros mit einem PC sei nicht erforderlich, da eine elektrische
Schreibmaschine zur Verfügung stehe. Der Betriebsrat könne den Schriftverkehr
ohne weiteres handschriftlich oder mit dieser Schreibmaschine erledigen. Einen PC
müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat erst dann zur Verfügung stellen, wenn
ohne seinen Einsatz andere Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt
werden müssten. Das sei vom Betriebsrat nicht dargelegt worden.
Durch Beschluss vom 16.07.2009 hat das Arbeitsgericht den Anträgen des
Betriebsrats auf Zurverfügungstellung eines PC nebst Peripheriegeräten und
Software stattgeben, nicht jedoch dem Antrag, ihm einen Internetzugang zu
gewähren. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, ausgehend
von den konkreten Arbeitsabläufen und Arbeitsbedingungen sowie den
regelmäßigen Kontakten zur ebenfalls mit EDV ausgestatteten
Verkaufsleiterebene und zur Geschäftsführung habe der Betriebsrat mit seinem
Begehren seinen Ermessensspielraum bei seiner Beschlussfassung nicht
überschritten. Einen Internetzugang sei ihm aber unter anderem schon mangels
entsprechender Beschlussfassung nicht zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren
Vorbringens wird auf die angefochtene Entscheidung des Arbeitsgerichts Kiel vom
16.07.2009 – Az. 1 BV 26 c/09 – verwiesen.
Gegen diesen dem Arbeitgeber am 29.07.2009 zugestellten Beschluss hat er am
05.08.2008 Beschwerde eingelegt, die am 29.9.2009 begründet wurde. Der
Betriebsrat seinerseits hat kein Rechtsmittel eingelegt.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, der Betriebsrat sei mit der elektrischen
Schreibmaschine unter Berücksichtigung der betrieblichen Gepflogenheiten
ausreichend ausgestattet. Das sei dem Grunde nach auch schon in einer Vielzahl
ihren Betrieb betreffender gerichtlicher Entscheidungen ausgeurteilt worden. Für
die Durchführung einer Personalplanung bedürfe es ebenso wenig eines PC, wie für
die Überprüfung der Einhaltung der Mitbestimmungsrechte bzgl. der Arbeitszeiten
etc.. Der Betriebsrat bekomme die Arbeitszeitlisten und sonstige Formulare und
könne sie handschriftlich auswerten / handschriftlich rechnerisch überprüfen. Das
sei nicht unzumutbar. Einladungsschreiben und monatliche Informationsblätter
könnten ebenfalls mit der Hand oder auf der elektrischen Schreibmaschine mit
Korrekturband geschrieben werden.
Der Arbeitgeber beantragt,
1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 16.07.2009, Az. 1 BV 26 c/09
wird abgeändert.
2. Die Anträge werden insgesamt zurückgewiesen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher
Hinsicht für zutreffend. Die Arbeit mit der noch nicht einmal voll funktionierenden
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Hinsicht für zutreffend. Die Arbeit mit der noch nicht einmal voll funktionierenden
elektrischen Schreibmaschine oder per Hand sei ineffektiv und unzumutbar. Wenn
der Betriebsratsausschuss diese Überprüfungen vornehme, „gehe im
Betriebsratsbüro auf Grund der Papiermassen und der zusammengeschobenen
Tische praktisch gar nichts mehr“. Allein schon für die Auswertung der
Arbeitszeitkonten und Pausenzeiten der 319 Arbeitnehmer/innen benötige er
dringend Programme wie Excel, die auch fortgeschrieben werden könnten und
Rechenarbeiten zuverlässig verrichten. Der Arbeitgeber arbeite in wesentlichen
Dingen schließlich auf der Ebene der Verkaufsleiter und der Geschäftsführung auch
mit einem PC. Außerdem müsse er den Betriebsräten, die einen PC hätten,
gleichgestellt werden.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt
der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie die Protokolle Bezug
genommen.
II.
A. Die Beschwerde ist zulässig.
1. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der
Beschwerdebegründungsfrist auch begründet worden.
2. Der Antrag des Betriebsrats ist auch nicht wegen etwaiger Mängel in der
Beschlussfassung des Betriebsrates hinsichtlich der Zurverfügungstellung des PCs
oder der Einleitung und Durchführung des Beschlussverfahrens als unzulässig
zurückzuweisen. Der Betriebsrat hat durch Vorlage entsprechender Schreiben und
Protokolle detailliert nachgewiesen, dass alle notwendigen Formalien eingehalten
wurden.
B. Die Beschwerde des Arbeitgebers ist nicht begründet. Er ist verpflichtet, dem
Betriebsrat einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software zur
Verfügung zu stellen. Das hat das Arbeitsgericht Kiel in dem angefochtenen
Beschluss zutreffend festgestellt. Dem folgt das Beschwerdegericht. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Beschlusses verwiesen. Lediglich ergänzend wird Folgendes
ausgeführt:
1. Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende
Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu
stellen. In § 40 Abs. 2 BetrVG in der ab 28.07.2001 geltenden Fassung ist
ausdrücklich bestimmt, dass hierzu auch Informations- und
Kommunikationstechnik in erforderlichem Umfang gehört. Die Prüfung, ob das
verlangte Sachmittel für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und
deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Er
darf diese Entscheidung aber nicht allein an seinem subjektiven Bedürfnis
ausrichten. Vielmehr wird von ihm verlangt, dass er bei seiner
Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden
Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer
sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamtes und berechtigte Interessen des
Arbeitgebers, auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht
gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (ständige Rspr. des BAG, s. z. B. BAG,
Beschluss vom 03.09.2003 – 7 ABR 8/03 – AP 79 zu § 40 BetrVG 1972 = NZA
2004, 280; BAG, Beschluss vom 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 – n. v.). Die
Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels
unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt,
ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der
Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und der Betriebsrat
bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt,
sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat.
Dabei steht dem Betriebsrat im Rahmen der Interessenabwägung ein
Beurteilungsspielraum zu. Das Gericht kann die Entscheidung des Betriebsrats
nicht durch seine eigene ersetzen (ständige Rspr. des BAG, s. z. B. BAG,
Beschluss vom 03.09.2003 – 7 ABR 8/03 – AP 79 zu § 40 BetrVG 1972 = NZA
2004, 280; BAG, Beschluss vom 23.08.2006 – 7 ABR 55/05 – n. v.).
2. In Anwendung dieser Grundsätze hat der Betriebsrat Anspruch darauf, dass ihm
der Beteiligte zu 2 einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software
zur Verfügung stellt. Unter Berücksichtigung dieses Beurteilungsspielraumes des
antragstellenden Betriebsrates kann die Erforderlichkeit eines PC nebst Zubehör
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antragstellenden Betriebsrates kann die Erforderlichkeit eines PC nebst Zubehör
im vorliegenden Fall nicht verneint werden.
a) Allerdings ergibt sich die Erforderlichkeit der Anschaffung und Nutzung eines PC
nicht allein daraus, dass ein PC heutzutage zur Grund- bzw. Normalausstattung
gehört. § 40 Abs. 2 BetrVG beschränkt den Anspruch des Betriebsrates auf
Sachmittel in erforderlichem Umfang. Die Vorschrift gewährt keine nicht näher
definierte "Normalausstattung" (BAG, 11.03.1998 - 7 ABR 59/96 - AP BetrVG 1972
§ 40 Nr. 57; BAG, 12.05.1999- 7 ABR 36/97 - AP BetrVG 19972 § 40 Nr. 65; BAG,
16.05.2007 - 7 ABR 45/06 -AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 90, Rn. 25; LAG Hamm vom
21.08.2009, 10 TaBV 33/08 – zitiert nach JURIS, Rz. 85). Erforderlichkeit im Sinne
des § 40 Abs. 2 BetrVG verlangt mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit
(BAG, 11.11.1998 - 7 ABR 57/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64; LAG Hamm,
15.07.2005 - NZA-RR 2005,638 m.w.N.). Die fortschreitende technische
Entwicklung und der Verbreitungsgrad erlangen nur dann Bedeutung, wenn sie sich
in den konkreten betrieblichen Verhältnissen niederschlagen (BAG vom
03.09.2003 - 7 ABR 8/03, zitiert nach JURIS)
b) Der Betriebsrat durfte aber im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes
angesichts der konkreten betrieblichen Verhältnisse und der sich ihm stellenden
Aufgaben einen PC nebst Peripheriegeräten und entsprechender Software für
erforderlich halten, um bestimmte betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben
überhaupt sachgerecht wahrnehmen zu können.
aa) Die Arbeit mit der elektrischen Schreibmaschine, Typ „Gabriele“ ist dem
Betriebsrat nicht zumutbar. Dieses ca. 22 Jahre alte Modell ist nach dem Ergebnis
der Erörterungen im Anhörungstermin noch nicht einmal voll funktionsfähig. Die
Schreibmaschine hakt ständig beim Wechsel zwischen Groß- und Kleinschreibung.
Von der Richtigkeit dieser Angaben hat sich die Beschwerdekammer durch
Einsichtnahme in die zum Nachweis der ordnungsgemäßen Beschlussfassung zur
Akte gereichten Unterlagen überzeugt. Allein schon deshalb durfte der Betriebsrat
die Ausstattung eines PC nebst Zubehör und Software für erforderlich halten.
bb) Die handschriftliche Abfassung des Schriftverkehrs des Betriebsrats ist
jedenfalls heutzutage einem Betriebsrat unzumutbar, - auch wenn dieses im
Anhörungstermin von der Vertreterin der Arbeitgeberseite teilweise anders
gesehen wurde. Derartiges gehört zur Steinzeit der Bürokommunikation. Das gilt
auch im Umgang mit Betriebsräten der Antragsgegnerin. Niemand schreibt
heutzutage mehr - längere - Texte per Hand oder gar mit Federkiel.
cc) Die Benutzung eines PC durch den Betriebsrat ist vorliegend nicht nur nützlich
und dient auch nicht nur einer nicht notwendigen Arbeitserleichterung. Sie ist
vielmehr hier für einen vernünftigen und angemessenen Einsatz menschlicher
Arbeitskraft unabdingbar. Der Betriebsrat hält einmal wöchentlich
Betriebsratssitzungen ab. Hierzu sind schriftliche Einladungen an die einzelnen
Betriebsratsmitglieder nebst Mitteilung der jeweiligen Tagesordnung, die
Anfertigung von schriftlichen Sitzungsprotokollen und der gefassten
Betriebsratsbeschlüsse erforderlich. Die Beschwerdekammer hat sich durch
Einsichtnahme in die zum Nachweis der ordnungsgemäßen Einleitung dieses
Beschlussverfahrens zur Akte gereichten Unterlagen davon überzeugt, dass die
sachgerechte Aufgabenerfüllung durch den Betriebsrat eine Anschaffung und
Nutzung eines PC erforderlich macht. Es ist unzumutbar, dass allein schon für
Einladungen neunmal das gleiche Schreiben, versehen mit unterschiedlichen
Anschriften und unterschiedlicher Anrede aufgesetzt werden muss. Der Einwand
fehlender Effizienz ist dem Antragsgegner hier bereits insoweit verwehrt, als er
dem Betriebsrat in Bezug auf sein Begehren die Möglichkeit der Berufung auf
bessere Effizienz ebenfalls abspricht. Ungeachtet dessen hat die
Betriebsratsvorsitzende in der Verhandlung dargetan, dass auch oftmals noch
individuelle Zusätze für die weit verstreuten, oft schlecht erreichbaren
Betriebsratsmitglieder hinzugefügt werden müssen.
Die Erstellung eines handschriftlichen Sitzungsprotokolls in gut lesbarer Schrift
stellt ebenso wie die Übertragung eines handschriftlichen Protokolls mit einer
elektrischen Schreibmaschine eine unvertretbare, degradierende Verschwendung
der Arbeitskraft der Betriebsratsvorsitzenden eines neunköpfigen Betriebsrates
oder der Schriftführerin dar. Sie bringt erhebliche Verzögerungen mit sich und
bindet in einem Umfang menschliche Arbeitskraft, für die der Arbeitgeber
vorliegend keinerlei konkrete Rechtfertigung vorgebracht hat. Den neunköpfigen
Betriebsrat gleichwohl hierauf zu verweisen, ist entwürdigend. Die Kammer hat
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Betriebsrat gleichwohl hierauf zu verweisen, ist entwürdigend. Die Kammer hat
keinen Zweifel, dass die Erledigung dieses Schreibwerkes inklusive Vervielfältigung
und Versandvorbereitung ohne Zuhilfenahme eines PC mit Zubehör um ein
vielfaches mehr Zeit in Anspruch nimmt, als wenn der Betriebsrat mit einem dem
heute üblichen Bürostandard entsprechenden PC ausgestattet wäre (so auch LAG
Köln, 09.01.2008- 7 TaBV 25/07 - Rn. 46; LAG Hamm 21.08.2009 - 10 TaBV 33/08
zitiert nach JURIS, Rz. 92).
dd) Für die Erstellung derartiger Dokumente bei Einladungen zu
Betriebsratssitzungen mit der jeweiligen Tagesordnung, bei der Anfertigung von
Betriebsratsprotokollen und der Abfassung von Betriebsratsbeschlüssen ist gerade
vorliegend besondere Sorgfalt geboten. Es ist gerichtsbekannt, dass der
Arbeitgeber das ordnungsgemäße Zustandekommen von
Betriebsratsbeschlüssen zu bestreiten pflegt. Das zeigt allein eine Durchsicht der
Vielzahl der zur Akte gereichten und auch der in JURIS dokumentierten
Entscheidungen, die den Beteiligten zu 2 betreffen. Das macht eine lückenlose
Dokumentation des Schriftverkehrs erforderlich. Auch im vorliegenden Verfahren
ist die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates zur Einleitung des
vorliegenden Verfahrens bestritten worden. Dies macht deutlich, dass der
Betriebsrat einen erheblichen Aufwand betreiben muss, um in einem
Beschlussverfahren das ordnungsgemäße Zustandekommen eines
Betriebsratsbeschlusses dokumentieren zu können. Ein Abspeichern der
Dokumente auf der Festplatte eines PC ist danach nicht nur nützlich, sondern
erforderlich, will der Betriebsrat nicht in Papier und Leitzordnern versinken. Auch
insoweit durfte der Betriebsrat die Überlassung eines PC nebst Zubehör und
Software zur Erledigung der sich ihm stellenden betriebsverfassungsrechtlichen
Aufgaben für erforderlich halten (vgl. LAG Hessen, 07.02.2008 - 9 TaBV 247/07 -
Rn. 25; LAG Hamm vom 21.08.2009 - 10 TaBV 33/08 zitiert nach JURIS, Rz. 92).
ee) Darüber hinaus hat der Betriebsrat nachvollziehbar dargelegt, dass er auch
zur Überprüfung der Arbeits- und Pausenzeiten der Mitarbeiter einen PC benötigt,
der ihm die Möglichkeit zur Schaffung von Tabellenkalkulationen mit
entsprechender Datenauswertung und Erstellen von Statistiken gibt. Allein schon
bei der Größenordnung seines Zuständigkeitsbereiches ist es dem Antragsteller
unzumutbar, von 319 Mitarbeiter/innen Arbeitszeit- und Pausenpläne sowie
Zeiterfassungsnachweise nebeneinander zu legen und sodann stets neu,
handschriftlich und mit Taschenrechner und mit hoher möglicher Fehlerquote, die
Einhaltung der Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 BetrVG zu
kontrollieren. In Anbetracht der sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BetrVG
ergebenden Mitbestimmungsrechte stellt der Wille des Betriebsrates,
entsprechende Arbeitszeit- und Überstundenübersichten mit Excel aufzustellen
und fortzuschreiben, ein legitimes Interesse im Rahmen des dem Betriebsrat
gesetzlich übertragenen Aufgabenspektrums dar. Er muss sich bei diesem
Umfang anfallender Informationen nicht auf ein sich ständig wiederholendes
Wühlen in Papierbergen und manuelles Ausrechnen verweisen lassen. Eine
computerunterstützte Überprüfung und Bearbeitung von Zeiterfassungsbögen zur
Kontrolle der Arbeitszeiten mittels entsprechender Tabellen führt nicht nur zur
starken Erleichterung der Erledigung dieser Aufgaben im Vergleich zu
handgefertigten Übersichten. Sie erscheint der Kammer angesichts des
Papierwustes geradezu notwendig.
ff) Dem kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Bezirksleiter
seien ebenfalls nicht mit einem Personalcomputer ausgestattet. Zum einen
bestimmt sich der erforderliche Umfang eines Sachmittels nicht ausschließlich
nach dem Ausstattungsniveau des Arbeitgebers (LAG Niedersachsen vom
09.03.2007, 3 TaBV 47/06 – Rz. 23; LAG Schleswig-Holstein vom 22.07.2009 – 6
TaBV 15/09, Rz. 32).
Zum anderen kann dahingestellt sein, wie viel Schreibarbeit den Bezirksleitern
konkret durch die mit PC arbeitende Verkaufsleiterin und/oder durch die
Geschäftsleitung im Büro in D... abgenommen wird. Jedenfalls beträgt der
diesbezügliche Arbeits- und Auswertungsumfang des antragstellenden
Betriebsrats vorliegend das Dreifache des Pensums, das „seine“ Bezirksleiter im
Umgang mit der Arbeitseinteilung, Pausenfestlegung und Überstundenanordnung
zu bewältigen haben. Dem Tätigkeitsbereich dieses Betriebsrats sind drei
Bezirksleiter zugeordnet.
Vor allem aber fällt ins Gewicht, dass Ansprechpartner des Betriebsrats in anderen
wichtigen Angelegenheiten, etwa beim Ausspruch von Kündigungen, insbesondere
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wichtigen Angelegenheiten, etwa beim Ausspruch von Kündigungen, insbesondere
aber beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, der Geltendmachung von
Ausstattungsmaterial, der Führung von rechtlichen Auseinandersetzungen, die
Verkaufsleiterin, das übergeordnete Vertriebsbüro, ggf. sogar die
Geschäftsführerebene ist. Diese sind aber unstreitig u.a. mit einem PC nebst
Zubehör und Software ausgestattet. Unstreitig und unzweifelhaft werden dort
Kündigungen, Betriebsvereinbarungen, außergerichtliche Korrespondenz zu Fragen
nach §§ 37 Abs. 6 und Abs. 7, 40 BetrVG oder gar erstinstanzliche
arbeitsgerichtliche Schriftsätze nicht mit der Hand oder mittels einer
elektronischen Schreibmaschine geschrieben. Das zeigt allein auch schon ein Blick
der Beschwerdekammer in die aus dem Hause des Beklagten stammenden
erstinstanzlichen Schriftsätze und die sonstigen zur Akte gereichten Unterlagen.
Der Arbeitgeber war erst im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten.
gg) Auch Kostenargumente stehen der Entscheidung des Betriebsrates, eine
Ausstattung mit PC für erforderlich zu halten, nicht entgegen. Angesichts der
heutigen Preise von PC-Massenware sind unter dem Gesichtspunkt der
Verhältnismäßigkeit keine Umstände ersichtlich, die vom Kostenaufwand der
begehrten Ausstattung entgegenstehen. Der Beschwerdekammer erschließt sich
allerdings ein Kostenargument vorliegend angesichts der Vielzahl der nun schon
seit einem Jahrzehnt bundesweit mindestens durch zwei Instanzen immer wieder
durchgeführten gleichgelagerten Beschlussverfahren mittlerweile per se nicht –
mehr.
gg) Eine Unternehmensphilosophie der Arbeit mit altertümlichem Handwerkszeug
ist ebenfalls nicht erkennbar. Der Arbeitgeber verfügt in eigenen Belangen über ein
modernes Rechenzentrum und ein onlinevernetztes Kassensystem, vertreibt
sogar PCs nebst Zubehör. Neu gewählte Betriebsräte – wie z.B. die für R... und S...
– sind ebenfalls mit PCs ausgestattet.
3. Der Beschwerde war daher der Erfolg versagt. Der Betriebsrat des Bezirks
227/414 hat einen Anspruch darauf, dass ihm der Arbeitgeber einen
Personalcomputer nebst Peripherie und Software zur Verfügung stellt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Es handelt sich ausschließlich um
eine Einzelfallentscheidung.