Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 14.03.2017

LArbG Schleswig-Holstein: ordentliche kündigung, örtliche zuständigkeit, überwiegendes interesse, unwirksamkeit der kündigung, arbeitsort, behörde, betriebsübergang, funktionelle zuständigkeit

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Gericht:
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
6. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 Sa 358/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 2 KSchG, § 1 KSchG
Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vor
Ausspruch einer Änderungskündigung
Leitsatz
1. Die im Zuge einer Änderungskündigung angebotenen Vertragsänderungen müssen
geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrages den geänderten
Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Sie dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des
bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten
Zwecks erforderlich ist.
2. Bestehen mehrere geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, hat der
Arbeitgeber grundsätzlich den Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen
sich am wenigsten weit von den bisherigen entfernen. Fallen mehrere Arbeitsplätze
weg, hat der Arbeitgeber zunächst eine Reihung der Arbeitnehmer vorzunehmen, um
sie sodann den freien Arbeitsplätzen zuzuordnen. Bei der Auswahlentscheidung sind die
Grundsätze der Sozialauswahl heranzuziehen.
3. Stets sind alle Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in die Prüfung einzubeziehen. Es
dürfen nicht vorab Arbeitsplätze besetzt werden, mit der Folge, dass sie bei Prüfung
und Zuordnung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die von der (Änderungs-
)Kündigung bedrohten Arbeitnehmer unberücksichtigt bleiben.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom
08.07.2008 – 6 Ca 1156/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufung noch über die Wirksamkeit einer Kündigung,
sowie um Weiterbeschäftigung.
Der am ... 1954 geborene Kläger absolvierte ab dem 01.08.1971 bei der
Deutschen Bundespost, der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Ausbildung
zum Fernmeldehandwerker. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung war der
Kläger ab dem 01.07.1974 als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T… bei der
D… B… beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Arbeitsvertrag für
Arbeiter vom 08.07.1974 über eine Tätigkeit beim Fernmeldeamt L… zugrunde
(Anlage K 1 = Bl. 8 d. A.). Danach galten die Bestimmungen des Tarifvertrags für
die Arbeiter der D… B… in ihrer jeweiligen Fassung als unmittelbar zwischen den
Parteien vereinbart. Der Arbeitsvertrag wurde mehrfach verändert, zuletzt durch
Schreiben vom 09.08.2006 (Anlage K 2 = Bl. 9 d. A.). In dem Schreiben heißt es:
„Sie werden daher wie geplant zum 07.08.2006 als Monteur
(Dienstleistungsmonteur/N… Communica) mit der ATNr. 33… entsprechend Ihrer
arbeitsvertraglichen Eingruppierung in die Technische Infrastruktur Niederlassung
Nord am Standort L… versetzt“.
Der Kläger war zuletzt in der Entgeltgruppe T 3 eingruppiert. Während zweier
aufeinander folgender Versetzungen, die jeweils zeitlich befristet waren, insgesamt
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aufeinander folgender Versetzungen, die jeweils zeitlich befristet waren, insgesamt
vom 01.01.2007 bis einschließlich 30.09.2007, war der Kläger auf Dienstposten
eingesetzt, die mit Entgeltgruppe T 5 nach dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV)
bewertet waren.
Der Kläger ist verheiratet und hat ein Kind. Sein durchschnittlicher
Bruttomonatsverdienst beträgt 3.035,88 EUR. Mit Schreiben vom 06.05.1994
(Anlage K 6 = Bl. 25 d. A.) hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger
mitgeteilt, dass er die Voraussetzungen der Unkündbarkeit nach § 26 a Abs. 1
Buchst. t des Tarifvertrags für die Arbeiter der D… B… (TV Arb) am 21.05.1994
erfülle.
Die Beklagte unterhielt in der Vergangenheit bundesweit acht Betriebe als
Technische Infrastruktur Niederlassungen für die Festnetzsparte. Aufgabe der
Betriebe war es, die technische Infrastruktur des Unternehmens zu bauen und zu
betreiben. Auch die 100%ige Tochter der Beklagten, die V… T… Services GmbH
(VTS) war in diesem Bereich tätig. Der Kläger war der Technischen Infrastruktur
Niederlassung Nord mit Sitz in H… als Monteur im Außendienst zugeordnet.
Die Beklagte gliederte zum 25.06.2007 den Tätigkeitsbereich des Klägers, die
Serviceeinheit für Technische Infrastruktur, auf eine neu gegründete
Tochtergesellschaft, die D… T… Netzproduktion GmbH (DT NP), aus. Die
operativen Einheiten, also die Tätigkeiten und die damit zusammenhängende
Lenkung sowie die hierzu erforderlichen Betriebsmittel wurden der neuen
Gesellschaft übertragen. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der sog.
Migrationsübersicht, der Verlautbarung der Beklagten vom 06.06.2007, dem
Schaubild über den Bereichsvorstand T-COM1 (vgl. Anlagen K 11 – 13 = Bl.105 ff.
d. A.) und der Darstellung des Klägers auf Seiten 5 und 6 seines Schriftsatzes vom
04.06.2008. Die DT NP hat mit der Gewerkschaft ver.di eigenständige Tarifverträge
geschlossen, die inhaltlich von den von der Beklagten, ebenfalls mit ver.di
geschlossenen abweichen.
Die Beklagte informierte den Kläger über den – aus ihrer Sicht – anstehenden
Betriebsübergang (Anlage B 1 = Bl. 61 ff. d. A.). Dem möglichen Übergang seines
Arbeitsverhältnisses widersprach der Kläger am 13.08.2007. Die Beklagte bot ihm
daraufhin an, das Arbeitsverhältnis ab dem 15.11.2007 in K… fortzusetzen (Anlage
K 8 = Bl. 28 d. A.). Nachdem der Kläger das Angebot abgelehnt hatte, kündigte die
Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.03.2008 (Anlage K 7 = Bl. 26
f. d. A.), zugegangen am 27.03.2008, ordentlich zum 31.10.2008. Das Angebot,
den Kläger in K… weiter zu beschäftigen, hielt sie mit der Maßnahme aufrecht,
dass die Änderung der Arbeitsbedingungen zum 01.11.2008 erfolgen solle. Im
Kündigungsschreiben wird auf das Änderungsangebot vom 17.10.2007 Bezug
genommen. In diesem Angebot werden als Änderungen des Arbeitsverhältnisses
folgende Bedingungen angegeben und durch Fettdruck hervorgehoben:
Der Kläger lehnte dieses Änderungsangebot ab.
Der Kläger ist einer schwerbehinderten Person gleichgestellt (Bescheid vom
17.11.2006, Anlage K 5 = Bl. 23 f. d. A.). Auf Antrag der Beklagten vom
10.12.2007 hatte der Landschaftsverband R… mit Bescheid vom 17.03.2008
(Anlage B 7= Bl. 76 ff. d. A.) der beabsichtigten Kündigung zugestimmt.
Der Kläger hat gemeint, die Kündigung sei aus verschiedenen Gründen unwirksam:
Es fehle bereits an einer wirksamen Zustimmung des Integrationsamtes. Der
Landschaftsverband R… sei unzuständig, die erteilte Zustimmung deshalb nichtig
im Sinne von § 40 Abs. 1 SGB X. Zuständig sei das Landesamt für soziale Dienste
in N… mit der Außenstelle L…. Zudem gelte die Zustimmung als erteilt, weil die
entsprechende Fiktionsfrist abgelaufen sei. Nach der fingierten Zustimmung habe
die Beklagte die Kündigung jedoch nicht rechtzeitig erklärt.
Die Beklagte habe nicht beachtet, dass der Kläger entsprechend des
seinerzeitigen Hinweises ihrer Rechtsvorgängerin unkündbar sei. Nicht nur die
ordentliche Kündigung des Klägers sei durch § 26a TV Arb in der am 24.05.1994
geltenden Fassung ausgeschlossen. Durch § 27 Abs. 2 TV Arb sei sogar die
außerordentliche Kündigung auf solche Tatbestände reduziert, welche sich auf
einen außergewöhnlichen, in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers
liegenden wichtigen Grund beziehen lassen. Auch die betriebsbedingte
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liegenden wichtigen Grund beziehen lassen. Auch die betriebsbedingte
außerordentliche Kündigung sei ausgeschlossen. Auf § 26 Manteltarifvertrag D…
T… (MTV DT AG) könne sich die Beklagte nicht berufen. Diese Norm entzöge dem
Kläger die Rechtsposition der Unkündbarkeit und sei daher auf ihn nicht
anwendbar. Der Kläger habe den Kündigungsschutz durch die arbeitsvertragliche
Bezugnahme auf den TV Arb erlangt, so dass sie ihm nicht auf tariflichem Wege
entzogen werden könne. Zudem setze die Regelung im TV Arb nachfolgenden
Regelungen Grenzen. Fest erworbene Rechtspositionen der Unkündbarkeit
könnten nicht (mehr) entzogen werden. Die Unkündbarkeit werde auch dann
entzogen, wenn für vormals der ordentlichen Kündigung entzogene Tatbestände
nachträglich wieder die Kündigung ermöglicht werde. Der einmal erlangte
Kündigungsschutz dürfe also nicht mehr eingeschränkt werden.
Die Änderungskündigung sei überdies sozial nicht gerechtfertigt. Der Arbeitsplatz
des Klägers sei nicht weggefallen. Es sei schon zweifelhaft, ob überhaupt ein
Betriebsübergang auf die Tochtergesellschaft stattgefunden habe. Die bisherigen
T… Betriebe blieben bestehen, denn die in ihnen beschäftigten Beamten
verblieben dort. Diese würden den neuen Servicegesellschaften nur zur
Dienstleistung zugewiesen. Überdies fehle es an einem Inhaberwechsel. Die
Beklagte habe ihre Arbeitgeberbefugnisse in den betroffenen Betriebsbereichen
nach dem 01.07.2007 beibehalten. Dafür spreche, dass die Geschäftsführer der
Tochtergesellschaften gleichzeitig leitende Mitarbeiter der Beklagten seien. Die
Beklagte nehme über die wirtschaftlichen Zielvorgaben, die Bedarfsermittlung und
Planung erheblichen Einfluss. Sie generiere die Arbeit, nicht die T…-Gesellschaften,
ihr gehöre das Telekommunikationsnetz und die daran angeschlossenen Kunden
seien ihre Kunden. Es sei von einem Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten und der
Tochtergesellschaft auszugehen. Die Beklagte vergebe bei ihr anfallende
Tätigkeiten und Beschäftigungsmöglichkeiten an die DT NP.
Die Beklagte müsse wegen der ihr gegenüber dem unkündbaren Kläger
obliegenden Pflichten alles unternehmen, um eine Beschäftigungsmöglichkeit für
ihn zu finden. Sie sei verpflichtet, im Wege einer Umorganisation eine
Weiterbeschäftigung des Klägers innerhalb des Konzerns zu versuchen.
Insbesondere müsse sie auf ihre 100%ige Tochter, die DT NP Einfluss nehmen,
dass diese den Kläger im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung beschäftige
(Konzernleihe). Sie sei zur konzernweiten Weiterbeschäftigung verpflichtet. Bei der
DT NP bestehe der Arbeitsplatz fort.
Die Beklagte habe die Möglichkeiten einer unternehmensweiten
Weiterbeschäftigung des Klägers nicht hinreichend geprüft. Die Jobbörse erfasse
nicht alle freien bzw. frei werdenden Arbeitsplätze, sondern nur diejenigen, die
nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht betriebsintern besetzt werden konnten.
Ein Teil der Jobangebote sei nur „geschlossenen Benutzergruppen“ zugänglich.
Zudem habe die Beklagte während der Ankündigungsfrist für den
Betriebsübergang freie Arbeitsplätze an weniger schutzwürdige Arbeitnehmer
vergeben. Dabei handele es sich um 400 neu geschaffene Arbeitsplätze im neu
gegründeten Betrieb ZT QA. Ggf. hätte die Beklagte für den Kläger einen
Arbeitsplatz frei machen müssen.
Die Beklagte habe keine ausreichende Sozialauswahl durchgeführt, da nur die
Verteilung der Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer Arbeitsplätze widersprochen
haben, auf vorhandene freie Arbeitsplätze nach den Grundsätzen einer
Sozialauswahl durchgeführt worden sei. In der fortbestehenden Niederlassung der
Beklagten seien Beschäftigte tätig. Auch die bei den Tochtergesellschaften
beschäftigten Arbeitnehmer hätten in die Sozialauswahl einbezogen werden
müssen.
Schließlich sei die Kündigung mangels Betriebsratsanhörung unwirksam. Anders
als die Beklagte meine, gebe es durchaus einen zuständigen Betriebsrat, der
(insoweit unstreitig) nicht angehört worden sei.
Wegen Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung könne der Kläger
Weiterbeschäftigung verlangen, und zwar am Arbeitsort L…. Denn dort habe ihn
die Beklagte im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der Tochter eingesetzt.
Dies könne die Beklagte weiterhin durchführen, jedenfalls für den Zeitraum des
Kündigungsschutzprozesses.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die
Kündigung der Beklagten vom 20.03.2008 nicht aufgelöst wird;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit
01.10.2007 gemäß Entgeltgruppe T 5 des Entgeltrahmentarifvertrages der D… T…
AG (ERTV) zu vergüten und die nachzuzahlenden Bruttodifferenzbeträge zu der
erfolgten Vergütung gemäß Entgeltgruppe T 3 seit jeweiliger Fälligkeit in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen;
hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 3 Erfolg hat:
4. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des
zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 06.07.1974 in der
zuletzt geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 09.08.2006 als
Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T… mit Tätigkeiten gemäß der
Entgeltgruppe T 5 ERTV am Arbeitsort L… (hilfsweise ohne diese Konkretisierung
des Arbeitsortes) bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits weiter zu
beschäftigen,
hilfsweise für den Fall der Abweisung des Klagantrags zu 3.,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den Bedingungen des zwischen
den Parteien bestehenden Arbeitsvertrages vom 06.07.1974 in der zuletzt
geänderten Fassung des Änderungsvertrages vom 09.08.2006 als
Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T… mit Tätigkeiten gemäß der
Entgeltgruppe T 3 ERTV am Arbeitsort L… (hilfsweise ohne diese Konkretisierung
des Arbeitsortes) bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits weiter zu
beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, der Beschäftigungsbetrieb des Klägers sei zum 25.06.2007
vollständig auf die DT NP übergegangen. Sie habe sich entschieden, keine eigene
Netzproduktion mehr zu betreiben, sondern diesen Bereich in eine
Tochtergesellschaft auszulagern.
Die Zustimmung des Landschaftsverbandes R… sei wirksam. Der Verband am Sitz
der beklagten Arbeitgeberin sei örtlich zuständig, nachdem der Kläger wegen des
Betriebsübergangs auf die D… N… keinem Betrieb mehr zuzuordnen sei.
Jedenfalls führe ein entsprechender Fehler nicht zu einer vom Arbeitsgericht zu
berücksichtigenden Nichtigkeit der Zustimmung zur Kündigung. Die Fiktion des §
88 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 88 Abs. 3 SGB X greife nicht, denn es liege kein Fall des §
89 Abs. 1, 3 SGB X vor. Ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang sei keine
Betriebsstilllegung. Folglich habe die Beklagte die Kündigung rechtzeitig nach
erteilter Zustimmung ausgesprochen.
Der Kläger sei nicht entsprechend des 1995 geltenden Tarifvertrages unkündbar.
Vielmehr sei lediglich § 26 Abs. 3 litt. a MTV DT AG einschlägig, der § 26 a TV Arb
abgelöst habe. Dessen Voraussetzungen für eine betriebsbedingte
Änderungskündigung lägen jedoch vor. Änderungen des tariflichen besonderen
Kündigungsschutzes verstießen regelmäßig nicht gegen die Grundsätze des
Vertrauensschutzes.
Infolge des Betriebsübergangs sei bei der Beklagten die
Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger weggefallen. Sie habe die dem
Betriebsübergang widersprechenden Arbeitnehmer gesammelt und auf die
vorhandenen Arbeitsplätze aus der internen Jobbörse verteilt. Im Zuge dessen
habe sie dem Kläger das in der Kombination von Wohnortnähe, Bezahlung,
Verantwortung und Qualifikation für ihn zumutbarste Angebot unterbreitet,
zunächst mit Schreiben vom 17.10.2007 und später erneut im Rahmen der
streitgegenständlichen Änderungskündigung. Die Arbeitsplätze bei der ZT QA
hätten bereits im Mai 2007 zur Besetzung angestanden, also vor Gründung der
Servicegesellschaften. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass der Kläger die
dortigen Arbeitsplätze hätte besetzen können.
Sie, die Beklagte, sei nicht verpflichtet, den Kläger an ein Tochterunternehmen
auszuleihen oder in anderer Weise konzernweit weiter zu beschäftigen. Der Kläger
könne eine unbefristete Konzernleihe zur D… N… nicht verlangen, um dort
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könne eine unbefristete Konzernleihe zur D… N… nicht verlangen, um dort
dauerhaft zu den Konditionen der Beklagten zu arbeiten. Eine Weiterbeschäftigung
bei der D… N… im Wege des Arbeitgeberwechsels strebe der Kläger selbst gar
nicht an; dem Betriebsübergang habe er widersprochen. Die Beklagte könne auch
nicht bestimmend in die Personalentscheidungen ihrer Tochtergesellschaften
eingreifen, Rahmenvorgaben für Umsatzziele usw. berührten einzelne
Personalentscheidungen nicht. Die Personal-Einzelentscheidungen seien
ausschließlich bei dem Geschäftsführer Personal der T-Servicegesellschaften und
den Niederlassungsleitern angesiedelt. Bei der D… N… sei das Herr P…. Bei der
Beklagten seien nicht sämtliche administrativen Geschäftsbereiche verblieben, so
dass von dort die Personalentscheidungen „durch gesteuert“ werden können. Der
Einsatz der Beamten bei der D… N.. spreche nicht gegen den Betriebsübergang
oder für das Vorliegen eines Gemeinschaftsbetriebs der Beklagten und der D…
N... Bei Einsatz eines Beamten in einer Tochtergesellschaft sei es notwendig,
sowohl dessen Dienstposten weiterzuführen als auch die haushaltsrechtliche
Planstelle dort abzubilden. Die mit dem Dienstposten hinterlegte Tätigkeit sei aber
tatsächlich übergegangen. Bei der Beklagten seien keine operativen Tätigkeiten
verblieben; es gebe keine zweite operative „T… Niederlassung“ des bisherigen
Betriebes mit dem Leiter S…. Seine Bezügemitteilungen erhalte der Kläger von
der PST, einer reinen Vollzugseinheit ohne jede Leitungsmacht (vgl.
Geschäftsauftrag, Anlage B 11 = Bl. 151 d. A.).
Einer Betriebsratsanhörung habe es nicht bedurft, weil ein Betriebsrat für den
Kläger nicht mehr zuständig gewesen sei. Bei Kündigungsausspruch sei der Kläger
keinem Betrieb zugeordnet gewesen. Die Zuordnung habe durch die
Änderungskündigung vorgenommen werden sollen.
Gegen eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung des Klägers spreche auch, dass
eine derartige Beschäftigung insbesondere in L… für die Beklagte nach Übergang
des entsprechenden Betriebes nicht mehr möglich sei. Die Beklagte beschäftige
keine Fernmeldehandwerker bzw. Betriebstechniker, auch nicht in L…. Für die
Beklagte sei es nicht möglich, entsprechenden Einfluss auf ihre 100%igen Töchter
auszuüben, insbesondere habe der dortige Personalverantwortliche eigene
Vorgaben, die er sich selbst setze. Hierauf könne die Beklagte keinen Einfluss
nehmen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung
der Beklagten vom 20.03.2008 nicht beendet worden ist. Ferner hat es die
Beklagte zur Weiterbeschäftigung als Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T…
mit Tätigkeiten gemäß der Entgeltgruppe T 3 ERTV am Arbeitsort L… verurteilt. Im
Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, die Kündigung sei wegen fehlender Zustimmung des örtlich
zuständigen Integrationsamts unwirksam. Der zustimmende Verwaltungsakt des
Landschaftsverbands R… sei nichtig. Zudem hätte die Beklagte von ihrem
Direktionsrecht Gebrauch machen können, anstatt eine Änderungskündigung
auszusprechen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die
Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 22.09.2008 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die
Beklagte am 30.09.2008 Berufung eingelegt und nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 22.12.2008 am 10.12.2008 begründet.
Die Beklagte behauptet, sie erbringe in ihrem Unternehmen keine
Netzinfrastrukturleistungen mehr. Folglich sei der Beschäftigungsbedarf auf dem
ehemaligen Arbeitsplatz des Klägers weggefallen. Die in den ehemaligen acht
Niederlassungen erledigten Aufgaben seien mit allen Arbeitsplätzen auf die D…
N… übertragen worden. Immaterielle und materielle Betriebsmittel (Gebäude und
bewegliche Güter) seien übergegangen. Der vormalige Beschäftigungsbetrieb des
Klägers bestehe weder fort, noch sei er auf die ZT QA übergegangen. Die D… N…
führe die wirtschaftliche Betätigung in dem ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des
Klägers als „Inhaber“ fort. Alle Befugnisse in personellen Angelegenheiten seien
der D… N… zur selbständigen Erledigung übertragen. Die Beklagte und die D…
N… führten keinen gemeinsamen Betrieb, denn der Einsatz der menschlichen
Arbeitskraft bei dieser Gesellschaft werde nicht von einem einheitlichen
Leitungsapparat der D… N… und der Beklagten gesteuert. Die Service-
Gesellschaft verfüge über einen Geschäftsführer Personal, in den Betrieben gebe
es zudem Leiter Personal und Organisation.
Alternative, den Kläger weniger belastende Beschäftigungsmöglichkeiten als mit
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Alternative, den Kläger weniger belastende Beschäftigungsmöglichkeiten als mit
der Änderungskündigung angeboten, hätten nicht bestanden. Der Kläger
behaupte „ins Blaue hinein“, dass bei der Beklagten nicht alle freien bzw. frei
werdenden Arbeitsplätze von der Jobbörse erfasst würden.
Der Kündigungsschutz sei grundsätzlich nicht konzernbezogen; auch liege kein
Ausnahmefall vor. Weder trete ein Konzernunternehmen der Beklagten als
Mitarbeitgeber auf oder habe sich vertraglich zur Übernahme des Klägers bereit
erklärt, noch sei zwischen dem Kläger und der Beklagten eine
Konzernversetzungsklausel oder Übernahmeverpflichtung im Konzern vereinbart.
Die Beklagte habe auch keinen bestimmenden Einfluss auf die Übernahme durch
die D… N…. Die D… N… sei weder zur Übernahme des Klägers bereit, noch
bestehe bei ihr die Notwendigkeit oder Bereitschaft, den Kläger im Wege der
Leiharbeit zu beschäftigen.
Der Kläger missverstehe den tariflichen Sonderkündigungsschutz. Er habe keine
unabänderliche Rechtsposition erworben. Denn sowohl § 26 MTV DT AG als auch
die Vorgängerregelungen hätten Ausnahmetatbestände enthalten. § 26 Abs. 3a)
MTV DT AG lasse ausdrücklich eine ordentliche Änderungskündigung zum Zwecke
der Änderung des Arbeitsvertrags zu, wenn eine Beschäftigung des Arbeitnehmers
zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden betrieblichen Gründen
nicht mehr möglich ist. Die Neuregelung des § 26 Abs. 3 MTV DT AG habe die
vorhandenen Ausnahmetatbestände lediglich modifiziert und den
Sonderkündigungsschutz nicht abgeschafft.
Die Beklagte meint, mit dem Landschaftsverband R… sei das örtlich zuständige
Integrationsamt beteiligt worden, nachdem der Kläger dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses wirksam widersprochen hatte. Infolge des Widerspruchs sei
der Kläger keinem Betrieb der Beklagten mehr zuzuordnen gewesen, so dass die
Auffangzuständigkeit des Sitzes des Arbeitgebers maßgeblich sei. Im Übrigen
führe die örtliche Unzuständigkeit regelmäßig nicht zur Nichtigkeit des
Verwaltungsaktes.
Hinsichtlich der Entscheidung des Integrationsamts liege eine
Ermessenreduzierung auf null vor. Deshalb könne die erteilte Zustimmung nicht
nichtig sein.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Änderungskündigung
erforderlich gewesen. L… sei als Arbeitsort vertraglich festgelegt worden. Weder
der Arbeitsvertrag noch § 6 MTV DT AG enthalte eine Versetzungsermächtigung.
Einer Betriebsratsanhörung habe es nicht bedurft. Der vormalige
Beschäftigungsbetrieb des Klägers, die Technische Infrastruktur-Niederlassung
Nord für die T… der D… T… AG, bestehe nicht – auch nicht teilweise – fort.
Die Kündigung sei wirksam, so dass der Kläger nicht Weiterbeschäftigung
verlangen könne. Der Beklagten sei die Beschäftigung des Klägers als
Fernmeldehandwerker/Betriebstechniker T… mangels entsprechender
Arbeitsplätze unmöglich. Zudem fehle eine Rechtsgrundlage dafür, dass die
Beklagte den Kläger bis zum Abschluss des Rechtsstreits bei einem Dritten (DT
NP) im Rahmen der Konzernleihe weiterbeschäftigen müsse.
Die Beklagte beantragt,
1. auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Lübeck vom 08.07.2008 mit dem Aktenzeichen 6 Ca 1156/08
abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zutreffend habe das Arbeitsgericht die Zustimmung des Landschaftsverbands R…
als nichtig angesehen. Dem Verband habe neben der örtlichen Zuständigkeit auch
die Verbandskompetenz für die Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung
des Klägers gefehlt. Die Zuständigkeit der Integrationsämter knüpfe nicht an den
Unternehmenssitz an. Zuständig sei vielmehr das für den Ausgangsbetrieb
zuständige Integrationsamt. Selbst bei einer Ermessensreduzierung auf null
entfalte der nichtige Verwaltungsakt keine Rechtswirkung. Der Kläger meint, § 89
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entfalte der nichtige Verwaltungsakt keine Rechtswirkung. Der Kläger meint, § 89
Abs. 1 Satz 1 SGB IX sei anwendbar. Deshalb sei die Kündigung zu spät
ausgesprochen worden.
Im Übrigen sei der Kläger nicht „betriebslos“. Sein bisheriger
Beschäftigungsbetrieb, die Technische Infrastruktur-Niederlassung Nord für die T…
der D… T… AG mit Sitz in H…, bestehe fort. Denn diesem Betrieb gehörten
weiterhin dienstrechtlich die der DT NP (gem. § 4 Abs. 4 PostPersRG)
zugewiesenen Beamten an. Für den Fortbestand des Beschäftigungsbetriebs
sprächen auch die Bezügemitteilungen. Der dort genannte Betrieb OZT 2501
entspreche dem Betrieb TI NL Nord. Allenfalls der Betriebszweck sei reduziert.
Im bisherigen Beschäftigungsbetrieb des Klägers gebe es weiterhin einen
Betriebsrat. Die in die DT NP übergegangenen Betriebsratsmitglieder seien durch
Ersatzmitglieder aus den Reihen der Beamten ersetzt worden. Jedenfalls bleibe der
Betriebsrat zur Wahrnehmung der Abwicklungsaufgaben im Amt. Dieser
Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen.
Selbst wenn der bisherige Beschäftigungsbetrieb infolge Betriebsübergangs nicht
mehr bestünde, könne die Beklagte den Kläger weiter in L… beschäftigen. In
Betracht komme die Personalgestellung, die Konzernleihe oder eine anderweitige
Organisation der bisherigen Beschäftigung.
Der Kläger betont, dass die Beklagte alleinige Gesellschafterin der DT NP sei. Herr
F…, der Geschäftsführer der DT NP, gehöre zur Leitung der Beklagten. Die D… N…
werde nur für die Beklagte tätig. Liege aber – wie hier – wirtschafts- und
steuerrechtlich eine unselbständige Organgesellschaft vor, so stehe das
arbeitsrechtlich einem Betriebsübergang entgegen.
Der Kläger ist weiter der Auffassung, sowohl die ordentliche Kündigung als auch die
außerordentliche Kündigung sei infolge der arbeitsvertraglichen Verweisung auf
den Tarifvertrag ausgeschlossen. Zu einer Ablösung bzw. Modifizierung der vom
Kläger erworbenen Position sei es nicht gekommen.
Die Weiterbeschäftigung sei möglich, wie die tatsächliche Beschäftigung des
Klägers in Konzern-Leiharbeit bei der D… N… in L… zeige. Die Beklagte könne ihn
aber auch anders beschäftigen: Nach wie vor gehöre ihr das
Telekommunikationsnetz, das unterhalten und gewartet werden müsse. Die
angeschlossenen Kunden seien ihre Kunden, die zu betreuen seien. Wenn die
Beklagte die bei ihr anfallenden Arbeiten, auch die des Klägers, an die D… N… als
ihre Tochtergesellschaft vergebe, sei das gegenüber dem Kläger unzulässig. Sie
müsse die Beschäftigung dem externen Auftragnehmer entziehen und sie im
erforderlichen Umfang dem Kläger zugänglich machen. Die Pflicht zur
konzernweiten Weiterbeschäftigung folge auch daraus, dass die Beklagte den
unverändert bestehenden Beschäftigungsbedarf auf ein anderes
Konzernunternehmen verlagert habe. Der Bedarf werde durch die übergeleiteten
und auf dem freien Markt angeworbenen Arbeitnehmer gedeckt. Die Beklagte
könne ihn, den Kläger, wie die Beamten, unter Beibehaltung der vertraglichen
Bindung zu ihr, der D… N… zuweisen. Der Kläger meint, die Beklagte hätte ihm
einen Arbeitsplatz in der ZT QA anbieten müssen.
Im Berufungstermin ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugin H…
sowie der Zeugen G… und K…. Wegen der Beweisbeschlüsse und des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. c, 66 Abs. 1 ArbGG; §
519 ZPO.
B. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Berufungskammer folgt
dem Arbeitsgericht im Ergebnis, nicht aber in der Begründung.
I. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht schon wegen Fehlens der
vorherigen Zustimmung des Integrationsamts unwirksam.
1. Vor jeder Kündigung eines Schwerbehinderten oder gleichgestellten
Arbeitnehmers benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes.
Eine ohne vorherige Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, § 85
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Eine ohne vorherige Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, § 85
SGB IX. Der Arbeitgeber hat den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung gemäß §
87 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bei dem für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle
zuständigen Integrationsamt schriftlich zu stellen. Stellt der Arbeitgeber den
Antrag bei einer örtlich unzuständigen Behörde, ist diese gemäß § 16 Abs. 2 Satz
1 SGB I verpflichtet, den Antrag unverzüglich an das zuständige Integrationsamt
weiterzuleiten (APS/Vossen § 87 Rdn. 7).
2. Die Beklagte hat am 10.12.2007 schriftlich die Zustimmung zur Kündigung des
Klägers beim Landschaftsverband R… beantragt. Erst am 20.03.2008, also nach
der am 17.03.2008 erteilten Zustimmung, hat sie die streitgegenständliche
Kündigung ausgesprochen.
3. Es kann offen bleiben, ob es sich bei dem Landschaftsverband R… tatsächlich
um das örtlich zuständige Integrationsamt gehandelt hat. Denn gemäß § 40 Abs.
3 Nr. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nicht deshalb nichtig, weil Vorschriften über
die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind. Ein Verstoß gegen die
örtliche Zuständigkeit führt nicht zur Nichtigkeit. Die bloße Fehlerhaftigkeit des
Verwaltungsaktes ist im Widerspruchsverfahren und einem sich ggf.
anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären.
4. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts folgt die Nichtigkeit der
Zustimmung des Landschaftsverbands R… nicht aus dessen fehlender
Verbandskompetenz. Während die örtliche, sachliche und die instanzielle
Zuständigkeit bei der Behörde ansetzen und die funktionelle Zuständigkeit bei
einzelnen Funktionsträgern innerhalb einer Behörde, knüpft die
Verbandszuständigkeit nicht an die Behörde an, sondern setzt bei dem
Rechtsträger an, dem sie angehört. Die Verbandszuständigkeit bzw.
Verbandskompetenz betrifft die Zuweisung von Aufgaben zu Trägern öffentlicher
Verwaltung, etwa dem Bund, einem bestimmten Land oder einer bestimmten
Gemeinde (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz 8. Auflage § 3 Rdn.
6). Handeln absolut unzuständige Behörden, d. h. solche, die unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt für den Verwaltungsakt zuständig bzw. zu seinem Erlass
befugt sein können, sind entsprechende Verwaltungsakte nichtig. Nichtigkeit ist
regelmäßig auch anzunehmen bei offensichtlich fehlender Verbandskompetenz, d.
h. bei Entscheidung der Behörde eines anderen Rechtsträgers im Vollzug von
Recht, für dessen Vollzug die handelnde Behörde unter keinem denkbaren
Gesichtspunkt zuständig sein kann (BVerwG 16.04.1971 – IV C 36.68 - DÖV 1972,
173; Kopp/Ramsauer a. a. O. § 44 Rdn. 14). Diese zur Nichtigkeit führende
Voraussetzung liegt nicht vor, wenn die Behörde eines Bundeslandes anstelle der
Behörde eines anderen Bundeslandes Bundesrecht vollzieht (BVerwG 20.02.1992
– 5 C 66/88 - BVerwGE 90, 35). Auch im vorliegenden Fall haben die
Integrationsämter der Bundesländer N…-W… und S…-H… jeweils Bundesrecht
anzuwenden, nämlich das SGB IX. Damit liegt kein Fall der offenkundig fehlenden
Verbandskompetenz vor.
II. Die Änderungskündigung vom 20.03.2008 ist nicht unverhältnismäßig und
deshalb unwirksam, weil es sich um eine überflüssige Kündigung handelt.
1. Nach dem im Kündigungsschutzrecht geltenden Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit darf der Arbeitgeber erst dann eine Änderungskündigung
aussprechen, wenn keine Möglichkeit besteht, die beabsichtigte Kündigung mit
weniger einschneidenden Mitteln zu erreichen. Sofern der Arbeitgeber deshalb
seinen Änderungswunsch auch durch Ausübung seines Direktionsrechts umsetzen
kann, verstößt er gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn er
stattdessen eine Änderungskündigung ausspricht. Eine solche
Änderungskündigung ist wegen der damit verbundenen Bestandsgefährdung
unwirksam, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht unter Vorbehalt
annimmt (BAG 11.10.1995 – AP Nr. 45 zu § 611 BGB Direktionsrecht).
2. Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte den Kläger jedoch nicht im Wege des
Direktionsrechts von L… nach K… versetzen können. Im Allgemeinen braucht sich
der Arbeitnehmer nicht an einen anderen als den vertraglich vereinbarten
Arbeitsort versetzen zu lassen, sofern dies nicht ausdrücklich oder stillschweigend
vorbehalten ist. Der Ort der Arbeitsleistung ergibt sich im vorliegenden Fall aus
dem Arbeitsvertrag des Klägers vom 08.07.1974. Dort ist ausdrücklich von der
Tätigkeit beim Fernmeldeamt L… die Rede. Auch zuletzt war zwischen den
Parteien L… als Arbeitsort vereinbart. So heißt es in dem Schreiben vom
09.08.2006 (Anlage K 2 = Blatt 9 d. A.), dass der Kläger als Monteur „in die
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09.08.2006 (Anlage K 2 = Blatt 9 d. A.), dass der Kläger als Monteur „in die
technische Infrastrukturniederlassung Nord am Standort L…“ versetzt wird. Im
Arbeitsvertrag des Klägers findet sich kein Versetzungsvorbehalt. Die
Versetzungsbefugnis folgt auch nicht aus § 6 MTV DT AG. Diese Tarifbestimmung
beschreibt nur, was bei der Ausübung einer anderweitig begründeten
Versetzungsbefugnis zu beachten ist. Sie begründet aber nicht selbst für den
Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort
zuzuweisen. Hierüber besteht zwischen den Parteien im Übrigen Einigkeit.
III. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts erweist sich jedoch aus einem anderen
Grund als richtig. Die Kündigung vom 20.03.2008 ist rechtsunwirksam und hat das
Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2008 beendet, weil sie gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verstößt.
1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des Kündigungsausschlusses sowohl des
§ 26 a TV Arb als auch des § 26 MTV DT AG. Gemäß Mitteilung der
Rechtsvorgängerin der Beklagten lagen die Voraussetzungen für die
Unkündbarkeit nach § 26 a Abs. 1 Buchst. t TV Arb am 21.05.1994 beim Kläger
vor. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erlangung des
Sonderkündigungsschutzes sind zwar mit Inkrafttreten des MTV DT AG verschärft
worden, denn bei einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren setzt der Schutz nach
§ 26 MTV DT AG erst mit Vollendung des 50. und nicht bereits des 40.
Lebensjahres ein. Der 1954 geborene Kläger erfüllt aber auch diese
Voraussetzung.
2. Es kann offen bleiben, ob die rückwirkende Einschränkung des
Sonderkündigungsschutzes nach § 26 a TV Arb durch § 26 MTV DT AG zulässig ist,
weil – so die Beklagte – lediglich bestehende Ausnahmen der Tatbestände zum
Sonderkündigungsschutz modifiziert worden sind. Auch bei Anwendung des § 26
MTV DT AG und insbesondere des dort in Absatz 3 geregelten
Ausnahmetatbestands erweist sich die streitgegenständliche Kündigung als
unwirksam. § 26 Abs. 3 lit. a) MTV DT AG lässt die Änderungskündigung zu, wenn
für den dem besonderen Kündigungsschutz unterliegenden Arbeitnehmer die
Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dringenden
betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
a) Selbst wenn mit der Beklagten davon ausgegangen wird, dass der
Beschäftigungsbedarf für den Kläger infolge des Übergangs seines bisherigen
Beschäftigungsbetriebs auf die D… N… entfallen ist, musste der Kläger die ihm
angebotene Vertragsänderung, die eine Tätigkeit in K… mit sich gebracht hätte,
billigerweise nicht annehmen. Mit diesem Angebot hat die Beklagte gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die angebotenen Änderungen
müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den
geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Sie dürfen sich nicht weiter
vom Inhalt des bisherigen Arbeitsverhältnisses entfernen, als es zur Erreichung
des angestrebten Zwecks erforderlich ist. Bestehen mehrere geeignete
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich den
Arbeitsplatz anzubieten, dessen Arbeitsbedingungen sich am wenigsten weit von
den bisherigen entfernen. Denn nur dann ist das konkrete Änderungsangebot
erforderlich (BAG 22.09.2005 – 2 AZR 519/04 – BAGE 116,7). Fallen – wie hier –
mehrere Arbeitsplätze weg, hat der Arbeitgeber zunächst eine Reihung der
Arbeitnehmer vorzunehmen, um sie sodann den freien Arbeitsplätzen zuzuordnen.
Bei der Auswahlentscheidung sind die Grundsätze der Sozialauswahl nach § 1 Abs.
4 KSchG heranzuziehen (vgl. BAG 22.09.2005 - 2 AZR 544/04 – NZA 2006, 558).
Dem sozial schutzwürdigen Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber einen für diesen
Arbeitnehmer objektiv geeigneten Arbeitsplatz anzubieten, dessen
Arbeitsbedingungen sich am wenigsten weit von den bisherigen entfernen. Nach
diesem Muster sind sodann den nächst sozial schutzwürdigen Arbeitnehmern die
verbleibenden Arbeitsplätze anzubieten.
In jedem Fall sind aber alle Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten einzubeziehen. Es
dürfen nicht vorab Arbeitsplätze besetzt werden, so dass sie bei Prüfung und
Zuordnung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die von der (Änderungs-
)Kündigung bedrohten Arbeitnehmer unberücksichtigt bleiben. In dem Fall lässt
sich nämlich nicht feststellen, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich das zumutbarste
Änderungsangebot unterbreitet worden ist.
Bezüglich der Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung gilt im
Kündigungsschutzprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der
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Kündigungsschutzprozess eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Der
Arbeitgeber ist nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG beweispflichtig; er trägt die
Feststellungslast. Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er
vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Im
vorliegenden Fall hat die Beklagte behauptet, außer den in der Jobbörse
gesammelten Stellen habe es im Unternehmen keine freien Stellen gegeben. Auf
diesen allgemeinen Vortrag hin war es Sache des Klägers, konkrete Vorstellungen
zur Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung zu äußern, ohne allerdings einen
konkreten freien Arbeitsplatz benennen zu müssen (BAG 25.02.1988 – 2 AZR
500/87 -; 15.08.2002 – 2 AZR 195/01 – AP BGB § 613 a Nr. 241). Der Kläger hat
hinreichend bestimmt dazu vorgetragen, wie im Unternehmen der Beklagten freie
Stellen außerhalb der Jobbörse ausgeschrieben und besetzt werden. Weil diese
Ausschreibungen an ihm vorbeigingen, ihn nicht erreichten, könne er zu einzelnen
Arbeitsplätzen nicht weiter vortragen. Die Beklagte hat demgegenüber an ihrem
Vortrag festgehalten.
b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht für die Kammer fest, dass die
Beklagte nicht sämtliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien
Arbeitsplätzen in ihre Entscheidung einbezogen hat. Sie durfte sich nicht darauf
beschränken, die in der Jobbörse gesammelten Stellenangebote auf ihre Eignung
für den Kläger zu prüfen. Vielmehr musste sie, ohne dass der Kläger auf konkrete
Stellen hinwies, von sich aus sämtliche freien Stellen in die Prüfung zumutbarer
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten einbeziehen, die in dem Unternehmen im
streitgegenständlichen Zeitraum zur Besetzung anstanden. Die Beklagte hat nicht
widerlegen können, dass sich bei Einbeziehung sämtlicher Jobangebote, auch
solcher, die nicht in die Jobbörse gelangt sind, eine dem Kläger eher zumutbare
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergeben hätte. Nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass nicht sämtliche frei
werdenden Stellen in die Jobbörse gelangen und dass dies auch im maßgeblichen
Zeitraum so war. Nur die dort gesammelten Stellen hat die Beklagte aber in ihre
Prüfung einbezogen, als sie ermittelt hat, welches die aus ihrer Sicht für den Kläger
zumutbarste Beschäftigungsmöglichkeit ist. Es kann somit nicht ausgeschlossen
werden, dass bei umfassenderer Prüfung, unter Einbeziehung nicht in die Jobbörse
gelangter Stellen, sich für den Kläger eine weniger belastende
Beschäftigungsmöglichkeit ergeben hätte. Weil diese internen Ausschreibungen
den Kläger nicht erreichten, konnte er zu den einzelnen Arbeitsplätzen nicht
vortragen.
c) Die Zeugin H… hat zwar die Sammlung der internen und externen
Beschäftigungsmöglichkeiten im IT-Pool anschaulich geschildert und erläutert, wie
und auf welche Weise über das System Stellen angeboten werden können. Auch
hat sie erklärt, sie gehe davon aus, dass keine Stelle besetzt wird, die nicht vorher
in der Jobbörse ausgeschrieben sei. Diese Aussage hat sie aber eingeschränkt,
indem sie bekundet hat, dass etwas anderes gelten mag, wenn die Parteien im
Betrieb etwas anderes vereinbaren, also keine Ausschreibung verlangen. Bereits
daraus folgt, dass zumindest die Möglichkeit besteht, und auch im
streitgegenständlichen Zeitraum bestanden hat, dass frei werdende Stellen schon
auf betrieblicher Ebene besetzt worden sind, ohne dass sie in die Stellenbörse
gelangt sind und somit bei der Prüfung der zumutbaren
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger unberücksichtigt blieben. Die
Zeugin hat zwar weiter bekundet, dass ihr kein Fall bekannt sei, in dem die
Stellenbesetzungsrichtlinie nicht angewandt worden sei und sie zudem davon
ausgehe, dass eine organisationsinterne Besetzung ohne Ausschreibung nicht
stattfinde. Das spricht zusammengenommen dafür, dass bei strikter Einhaltung
der Richtlinien und der allgemein geforderten Ausschreibung sämtliche freien
Stellen in die Jobbörse gelangen müssten. Dem stehen aber die
übereinstimmenden Aussagen der Zeugen G… und K… entgegen. Damit wird der
Zeugin H… keineswegs ihre Glaubwürdigkeit abgesprochen. Sie hat auf die
Kammer einen überzeugenden Eindruck gemacht und in freier Form den Umgang
mit der Jobbörse aus ihrer Perspektive geschildert. Es ist durchaus nachvollziehbar,
dass sie davon ausgeht, dass die Richtlinien in der Praxis befolgt werden und auf
diese Weise sichergestellt wird, dass tatsächlich sämtliche Stellen in die Jobbörse
gelangen. Weil die Zeugin in diesem Bereich tätig ist, ist ihre Aussage auch
glaubhaft. Allerdings konnte sie letztlich nicht ausschließen, dass es in der Praxis
Ausnahmen von der von ihr geschilderten Regel gibt. Davon, dass die
Besetzungsrichtlinie nicht nur im Einzelfall, sondern systematisch umgangen wird,
ist die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen G… und K… überzeugt. Beide
haben bekundet, dass es neben der Vermittlung freier Stellen über die Jobbörse
ein weiteres Verfahren gibt, mit dem Mitarbeitern freie Stellen angeboten werden.
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ein weiteres Verfahren gibt, mit dem Mitarbeitern freie Stellen angeboten werden.
Dieses Verfahren findet statt, bevor die freie Stelle in die Jobbörse gelangt. Der
Zeuge G… hat anschaulich berichtet, dass er in einem von ihm geführten
Kündigungsschutzverfahren eine Reihe interner Jobangebote vorlegen konnte.
Beide Zeugen haben die als Anlage K 16 vorgelegte Stellenausschreibung als ein
solches internes Jobangebot identifiziert. Derartige Angebote werden nach
übereinstimmender Aussage der Zeugen in einzelnen Einheiten per E-Mail
versandt, so dass sich die dort Beschäftigten auf die freien Stellen bewerben
können. Erst dann, wenn sich auf diese „Ausschreibung“ niemand meldet,
gelangen die Stellen in die Jobbörse. Übereinstimmend haben die Zeugen
ausgesagt, dass dieses Verfahren seit geraumer Zeit, zumindest seit Ende der
neunziger Jahre, durchgehend praktiziert wird. Auch ihre Aussagen sind glaubhaft,
denn zum einen konnte der Zeuge G… in einem von ihm geführte
Kündigungsschutzverfahren mit Erfolg auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in
dieser zweiten Jobbörse verweisen. Zum anderen haben beide Zeugen über ihre
verbandliche Tätigkeit Einblick in eine Vielzahl von Fällen, in denen um
Beschäftigungsmöglichkeiten gestritten worden ist. Die Kammer hält die Zeugen
auch für glaubwürdig. Sie haben über das Stellenvergabeverfahren anschaulich
und widerspruchsfrei berichtet. Sie haben auch erklären können, warum die
Betriebsräte gegen diese Praxis bislang nichts unternommen haben. Hierzu haben
sie darauf hingewiesen, dass die Betriebsräte dabei das Interesse der in ihrer
Einheit Beschäftigten im Auge haben. Sind Einheiten nämlich von Personalabbau
bedroht, billigen die Betriebsräte es, wenn freie Stellen zunächst an Mitarbeiter der
Einheit vergeben werden, bevor sie allgemein ausgeschrieben und möglicherweise
durch externe Arbeitnehmer besetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist
nachvollziehbar, dass die Betriebsräte nicht versuchen, die Praxis gerichtlich
überprüfen zu lassen, und sich vielmehr auf Protest beschränken.
IV. Der Kläger hat auch Anspruch auf vorübergehende Weiterbeschäftigung zu den
im Antrag genannten Bedingungen. Der Anspruch besteht bis zum rechtskräftigen
Abschluss dieses Rechtsstreits.
Ist die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam, so besteht dennoch nach der
Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts ein
Weiterbeschäftigungsanspruch, wenn ein die Unwirksamkeit der Kündigung
feststellendes Instanzurteil ergeht und keine besonderen Umstände vorliegen, die
ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht
weiter zu beschäftigen. Hervorzuheben ist, dass der hier streitbefangene
Weiterbeschäftigungsanspruch die Beklagte gerade nur zur vorübergehenden
Weiterbeschäftigung als Folge der Tatsache verpflichtet, dass der Kläger im
Kündigungsschutzverfahren obsiegt hat.
Die Beklagte stützt ihre Berufung gegen den Weiterbeschäftigungsantrag
maßgeblich darauf, ihr sei es nicht möglich, den Kläger zu arbeitsvertraglichen
Bedingungen in L… zu beschäftigen. Sie habe keine Arbeit mehr für ihn. Sie
beschäftige keine Fernmeldehandwerker bzw. Betriebstechniker. Bei ihr gebe es
daher keinen Arbeitsplatz mehr, den der Kläger besetzen könne. Im Rahmen eines
vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruches sei sie auch nicht verpflichtet, den
Kläger irgendwo innerhalb des Konzerns einzusetzen. Soweit gehe der
Weiterbeschäftigungsanspruch nicht, dafür fehle jegliche vertragliche und
rechtliche Grundlage. Sie setze den Kläger im Wege der echten Konzernleihe
während des anhängigen Rechtsstreites nur deshalb bei der D… N… ein, um sich
der vom Kläger betriebenen Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil
zu beugen.
Grundsätzlich ist der Ansatz der Beklagten zutreffend, wonach als überwiegendes
Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers auch
nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zum
Weiterbeschäftigungsanspruch beispielsweise die fehlende Möglichkeit zur
tatsächlichen Beschäftigung gehört (APS/Koch, § 102 BetrVG Rnr. 240). Besteht
also für den Vertragsarbeitgeber keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr, so kann
er dies dem Weiterbeschäftigungsanspruch grundsätzlich entgegenhalten. Bei
ihrer Argumentation lässt die Beklagte jedoch außer Acht, dass es bei dem
Weiterbeschäftigungsanspruch nicht um die rechtliche Prüfung der
Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung geht, sondern um die Frage,
ob es dem Arbeitgeber tatsächlich - also objektiv – nicht möglich ist, den
Arbeitnehmer vertragsgemäß einzusetzen. Bietet sich für ihn die Möglichkeit,
seiner Beschäftigungspflicht im Wege der Konzernleihe zu entsprechen, so kann
nicht von einer tatsächlichen Unmöglichkeit der vorläufigen Weiterbeschäftigung
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nicht von einer tatsächlichen Unmöglichkeit der vorläufigen Weiterbeschäftigung
ausgegangen werden. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn es tatsächliche und
rechtliche Hinderungsgründe für eine Beschäftigung im Wege der Konzernleihe
gebe. Anhaltspunkte dafür bestehen jedoch nicht. Es mag in den unterschiedlich
zu behandelnden Einzelfällen solche tatsächlichen oder rechtlichen
Hinderungsgründe geben. Hier sind solche jedoch nicht erkennbar. Der Kläger wird
tatsächlich von der Beklagten im Wege der Konzernleihe eingesetzt. Das haben
die Parteien in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Selbst wenn dies im
Hinblick auf ein (mögliches) Zwangsvollstreckungsverfahren erfolgt, zeigt die
tatsächliche Beschäftigung des Klägers, dass es der Beklagten in diesem konkret
zu beurteilenden Sachverhalt jedenfalls möglich war und ist, ihrer
Beschäftigungspflicht auf der vertraglichen Grundlage – wenn auch im Wege der
Konzernleihe – nachzukommen. Da der Kläger einer solchen Beschäftigung im
Wege der Konzernleihe auch zugestimmt hat, kann nicht davon ausgegangen
werden, seine Weiterbeschäftigung sei objektiv unmöglich.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen,
weil Fragen grundsätzlicher Bedeutung nicht entscheidungserheblich waren. Auch
die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ArbGG liegen nicht vor.