Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 21.04.2005

LArbG Mainz: anweisung, versandhandel, zentralbank, begriff, ausbildung, schlüsselgewalt, zahl, arbeitsgericht, urlaub, anforderung

LAG
Mainz
21.04.2005
4 Sa 1001/04
Eingruppierung einer ersten Kassiererin
Aktenzeichen:
4 Sa 1001/04
1 Ca 1277/04
ArbG Trier
Entscheidung vom 21.04.2005
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 10.11.2004 - 1 Ca 1277/04 -
unter Aufrechterhaltung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu
gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 505,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.08.2004 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.07.2004 Gehalt nach der
Gehaltsgruppe III Stufe 5 des Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel Rheinland-Pfalz
2003/2004 zu zahlen.
Die weitere Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin 4/5, der Beklagten 1/5 auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um tarifgerechte Eingruppierung und die sich hieraus ergebende
Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Die Klägerin ist am 05.01.1964 geboren und durchlief gemäß
Prüfungszeugnis vom 23.01.1985 erfolgreich eine Ausbildung zur Verkäuferin. Seit 01.03.1995 ist sie bei
der Beklagten als Kassiererin beschäftigt. Mit Datum 21.01.2004 legte die Beklagte der Klägerin einen
Änderungsvertrag vor. Dieser lautet in § 1 wörtlich wie folgt:
"Die Angestellte trat am 01.03.1995 in die Dienste der Firma und übernimmt seit dem 01.02.2003 am
Arbeitsort Tr als Grundtätigkeit die Aufgaben einer Erstkassiererin. In dieser Eigenschaft obliegen ihr
insbesondere folgende Aufgaben und Verantwortungen:
Alle anfallenden Tätigkeiten, die mit dem eigenen Kassieren und zusätzlichen, die Kassenführung
betreffenden Aufgaben verbunden sind sowie sämtliche Nebenarbeiten, die ausführlich besprochen
wurden."
Als tarifliche Einstufung wurde die Tarifgruppe III genannt und ein derzeitiges Bruttogehalt von 2.114,00
Euro.
Die Klägerin unterzeichnete diesen Vertrag zunächst nicht, erst im Verlaufe des hier anhängigen
Rechtsstreits. Sie hatte mit Schreiben vom 31.03.2004 geltend gemacht, sie sei als Kassenaufsicht nach
der Gehaltsgruppe G IVb, 5. Stufe der aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit anwendbaren
Tarifverträge des Einzelhandels Rheinland-Pfalz zu vergüten. Sie verlangte die monatliche Differenz von
499,00 Euro seit September 2003.
Sie hat vorgetragen, sie führe selbständig die Personalplanung, d.h. den Einsatz der 17 ihr unterstellten
Kassiererinnen durch. Sie habe hinsichtlich der Schicht- und Urlaubspläne eigene
Entscheidungsbefugnis. Außerdem nehme sie die Tresorzählung vor, führe den Kassenbericht und mache
auch allgemeine Bürotätigkeiten. Wenn alle anderen Kassen mit Kunden stark frequentiert seien, arbeite
sie auch als Kassiererin an der Infothekenkasse. Dort würden Kassiervorgänge erledigt, die an den
übrigen Kassen zuviel Zeit beanspruchen würden. Die Tätigkeit an dieser Kasse mache ca. 60 % ihrer
Arbeitszeit aus.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.990,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der
Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit, das ist seit 03.08.2004, zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab 01.07.2004 nach der Gehaltsgruppe IVb des
Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz 2003/2004 zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin führe eine Mischtätigkeit aus. Sie übe zu ca. 70 % ihrer
Tätigkeit Kassiertätigkeiten an der Infothekenkasse aus. Zum anderen habe sie in Zusammenarbeit mit
anderen Kassiererinnen gewisse organisatorische Aufgaben übernommen, wie die Urlaubsplanung und
in Abstimmung mit der Marktleitung die Schichtplanung. Zudem sei sie für die Tresorzählung zuständig.
Sowohl der individuelle Urlaub als auch die Schichtplanung bedürften stets der verantwortlichen
Genehmigung durch die Marktleitung. Hier mache die Klägerin lediglich eine Vorplanung. Der Klägerin
seien darüber hinaus nicht mehr als 4 vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer unterstellt. Sie habe keine
Ermahnungs- und Abmahnungsbefugnis gegenüber Mitarbeitern der Kasse. Außerdem sei die Einstufung
in das 5. Berufsjahr bzw. Tätigkeitsjahr nicht gerechtfertigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des
Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 10.11.2004 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat in diesem Urteil der Klage entsprochen und im Wesentlichen ausgeführt, die
Klägerin übe keine Mischtätigkeit aus. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung übe sie die Tätigkeit
einer 1. Kassiererin aus. Ihr seien auch 17 Kassiererinnen durch die Personalplanung unterstellt, insoweit
erstelle die Klägerin Schichtpläne und die Urlaubsplanung. Auf den Umstand, dass die Klägerin keine
Ermahnungs- oder Abmahnungsbefugnis habe, komme es nicht an. Es könne insoweit auf die
Heraushebung der Klägerin als 1. Kassiererin hinsichtlich der weiteren 17 Kassiererinnen abgestellt
werden. Die Klägerin erfülle die tariflichen Voraussetzungen zur Eingruppierung in das 5. Berufsjahr, weil
sie eine Ausbildung als Verkäuferin habe und zumindest seit 1995 bei der Beklagten als Kassiererin
entsprechend ihrer Ausbildung eingesetzt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung
verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 25.11.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.12.2004 eingelegte
Berufung. Die Beklagte hat ihre Berufung, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung bis 22.02.2005
verlängert worden war, mit am 18.02.2005 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte greift das
Urteil aus Tatsachen- und Rechtsgründen an. Die Klägerin habe den Vertrag nicht in angemessener Zeit
unterschrieben. Sie arbeite im Schichtbetrieb, so dass zwangsläufig auch Verwaltungsarbeiten an der
Kasse von anderen Schichtmitarbeitern in den übrigen Schichten mit erledigt werden müssten.
Kassenberichte würden von den übrigen Kassiererinnen in den jeweiligen Schichten ebenfalls erstellt.
Die Schichtplanung erfolge unter Zuhilfenahme eines Planungsmodules, was die Arbeitszeiten der
Mitarbeiter/innen und die jeweiligen Urlaubszeiträume vorgebe. Nach eigenem Vortrag übe die Klägerin
60 % ihrer Tätigkeit (nach Auffassung der Beklagten 70 % ihrer Tätigkeit) als Kassiererin an der
Retourenkasse aus.
Das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung nicht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu
Regelbeispielen und vorangegangenen Tätigkeitsbeispielen angewendet. In der Gehaltsgruppe IV
handele es sich bei dem Begriff zusätzliche Verantwortung und zusätzliche kassentechnische und/oder
buchhalterische Aufgaben bzw. vergleichbare Tätigkeiten um allgemeine unbestimmte Begriffe, die der
Auslegung und Wertung zugänglich seien. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale müsse
zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel unbestimmte Rechtsbegriffe enthalte. Der Begriff der
Erstkassiererin sei aus sich heraus nicht auslegbar. Die Klägerin übe keine selbstständige Tätigkeiten im
Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender Verantwortung aus, welche eine
Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV rechtfertigen würden.
Die Beklagte beantragt,
auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 10.11.2004 - 1 Ca 1277/04 -
aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 10.11.2004 kostenpflichtig
zurückzuweisen und unter Aufrechterhaltung der erstinstanzlichen Entscheidung
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4.990,00 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 03.08.2004 zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab dem 01.07.2004 nach der Gehaltsgruppe IVb des
Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz 2003/2004 zu vergüten,
hilfsweise:
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.610,00 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 03.08.2004 zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab 01.07.2004 nach der Gehaltsgruppe IV b (Stufe 3) des
Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz 2003/2004 zu vergüten.
weiter hilfsweise:
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.010,00 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 03.08.2004 zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab 01.07.2004 nach der Gehaltsgruppe III (Stufe 5) des
Gehaltstarifvertrages für den Einzel- und Versandhandel für Rheinland-Pfalz 2003/2004 zu vergüten.
Die Klägerin verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Sie nimmt Bezug auf ihre Zuständigkeit zur Erstellung
der Schicht- und Urlaubsplanung von etwa 17 Kassiererinnen. Darüber hinaus nehme sie die
Tresorzählung zu. Die Tresorkombination sei nur ihr und ihrer Vertreterin bekannt. Es sei ihre Aufgabe,
Geld aus dem Tresor zu entnehmen, um die Kassen zu bestücken. Es handele sich hierbei keinesfalls nur
um eine reine Botentätigkeit. Sie erstelle in eigener Verantwortung Kassenberichte und erledige
allgemeine Büroarbeiten. Im Falle von Storno verfüge nur die Klägerin als Mitarbeiterin an der Infokasse
über die Schlüsselgewalt, sofern ein Bonstau eintrete. Auch bei Kassendifferenzen zähle sie als
zuständige Erstkassiererin mit der betroffenen Kassiererin den Kassenbestand durch, trage eventuelle
Differenzen nach Prüfung in ein hierzu vorgesehenes Formular ein, sofern die Kassendifferenz sich nicht
klären lasse. In einer Telefonliste werde sie als Kassenaufsicht geführt. Die von ihr erstellten Schichtpläne
würden im Regelfall von der Marktleitung übernommen. Sie nehme auch die Urlaubsplanung
eigenständig vor und müsse zunächst hierbei im Vorfeld gewährleisten, dass es zu keinen vermeidbaren
Überschneidungen komme, auch im Blick auf den von ihr zu fertigenden Schichtplan. Im Falle von
Überschneidungen habe sie den Einsatz von Aushilfen zu koordinieren. Von ihr werde in diesem
Zusammenhang eine Vorarbeit erwartet, die einen reibungslosen Betriebsablauf sicherstelle. Lediglich
insofern bedeute die Gegenzeichnung der Urlaubs- und Schichtplanung durch die Marktleitung eine
Letztkontrolle, welche die Klägerin ihrer Verantwortlichkeit hierfür jedoch nicht enthebt. Sie verrichte keine
Mischtätigkeit. Insofern sei es unerheblich, ob die ihr genannte Zahl von 60 % für reine
Kassiererinnentätigkeit oder die von der Beklagten genannte Zahl von 70 % zutreffe. Wenigstens nahezu
zu einem Drittel verrichte sie Arbeiten, die neben der reinen Kassiererinnentätigkeit zusätzliche Aufgaben
umfassen. Ihr seien auch mehr als vier vollbeschäftigte Arbeitnehmer unterstellt. Unterstellung bedeutet
dabei die Übertragung von Aufsichts- und Weisungsbefugnissen. Eine dienstrechtliche
Vorgesetztenstellung sei hierbei nicht zu fordern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird
auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 21.04.2005.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).
Das Rechtsmittel der Berufung hat zum Teil Erfolg.
II.
Aufgrund ihrer Tätigkeit ist die Klägerin in die Gehaltsgruppe G III des Gehaltstarifvertrages vom
18.07.2003 eingruppiert. Sie kann ab 01.02.2004 gemäß § 4 des vorbezeichneten Tarifvertrages in der
Stufe 1 2.215,00 Euro beanspruchen. Ihren Zahlungsantrag hat die Klägerin bis einschließlich 30.06.2004
gestellt, so dass die Erhöhung der Vergütung in der Stufe 2 des vorbezeichneten Tarifvertrages ab
01.08.2004 noch nicht im Zahlungsantrag berücksichtigt werden konnte.
Demgemäß steht der Klägerin für die Monate Februar bis Juni 2004 (5 Monate) jeweils eine Differenz von
101,00 Euro brutto zu.
Weiterhin ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin nachfolgend ab 01.07.2004 Gehalt nach der
Vergütungsgruppe G III 5. Stufe zu zahlen. Hierüber verhält sich die ausgeurteilte Feststellung.
Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu.
III.
Die Eingruppierung der Klägerin richtet sich nach dem Gehaltstarifvertrag vom 18.07.2003. Danach
werden die Angestellten entsprechend ihrer Tätigkeit in eine der in § 3 aufgeführten Gehaltsgruppen
werden die Angestellten entsprechend ihrer Tätigkeit in eine der in § 3 aufgeführten Gehaltsgruppen
eingruppiert (§ 2 Nr. 1 GTV). Für die Bemessung der zeitbedingten Erhöhungen der Vergütungen (Stufe)
ist in den Gehaltsgruppen für II nicht auf die Berufs- sondern auf die Tätigkeitsjahre abzustellen. Nach § 9
Nr. 7 des Manteltarifvertrages vom 18.07.2003 sind im Falle einer Höhergruppierung Angestellte in das
Tätigkeitsjahr einzustufen, dessen Tarifgehalt über dem bisher gezahlten Tarifgehalt liegt. Die
entsprechenden Jahre der Tätigkeit gelten als abgeleistet.
Dies hat zur Folge, dass der Klägerin, welche, wie noch nachfolgend ausgeführt werden wird, die Tätigkeit
einer Kassiererin mit höherer Anforderung übertragen wurde und zwar ab 01.02.2003, diese in die
Gehaltsgruppe G III 4. Tätigkeitsjahr einzugruppieren ist, weil dessen Tarifgehalt mit 2.049,00 Euro über
dem bisher gezahlten Tarifgehalt von 1.946,00 Euro lag. Ab dem 01.02.2004 ist die Klägerin dann in die 5.
Stufe mit der Bruttovergütung von 2.215,00 Euro brutto eingruppiert.
IV.
Die Klägerin ist nicht eingruppiert in die Gehaltsgruppe IV.
Wie von der Beklagten zutreffend dargestellt, handelt es sich bei den Tätigkeitsmerkmalen und
Beispielstätigkeiten der Gehaltsgruppe IV Gehaltstarifvertrag um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die
Gehaltsgruppen bauen hinsichtlich der Kassierertätigkeit aufeinander auf. In der Gehaltsgruppe 2 sind
einfache Kassiertätigkeiten genannt unter dem Oberbegriff der Angestellten mit einfacher kaufmännischer
und/oder technischer Tätigkeit. In der Gehaltsgruppe 3 sind als Tätigkeitsbeispiele Kassierer/in mit
höherer Anforderung genannt als Regelbeispiel von Angestellten mit einer Tätigkeit, die erweiterte
Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordern. Demgegenüber ist in der Gehaltsgruppe IV als
vorangestelltes allgemeines Tätigkeitsmerkmal die selbständige Tätigkeit im Rahmen allgemeiner
Anweisung mit entsprechender Verantwortung für den Tätigkeitsbereich, jeweils unterteilt nach Zahl der
unterstellten Mitarbeiter beschrieben und als Regelbeispiel die Kassenaufsicht und das Kassieren mit
zusätzlicher Verantwortung (z.B. mit zusätzlichen kassentechnischen und/oder buchhalterischen
Aufgaben, Kassenaufsicht bzw. vergleichbare 1. Kassiererinnen). In der Gehaltsgruppe IV werden nicht
durchgängig Tätigkeitsbeispiele benannt, sondern eine Vielzahl von Beispielen mit allgemeinen
Tätigkeitsmerkmalen. Das hier einschlägige Tarifmerkmal ist lediglich das Kassieren mit zusätzlicher
Verantwortung, z.B. mit zusätzlichen kassentechnischen und/oder buchhalterischen Aufgaben,
Kassenaufsichten bzw. vergleichbare 1. Kassiererin. Es handelt sich um allgemeine unbestimmte Begriffe,
die der Auslegung und Wertung zugänglich sind und nicht um klare und eindeutige Tätigkeitsbeispiele.
Daher muss auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale zurückgegriffen werden, wenn das Tätigkeitsbeispiel
unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können. Der Begriff der
Erstkassiererin ist wie der Begriff des Erstverkäufers nicht von sich heraus auslegbar. Das Klagebegehren
der Klägerin wäre nur dann begründet, wenn ihr die Tätigkeit des Kassierens mit zusätzlicher
Verantwortung im Sinne einer der Kassenaufsicht vergleichbaren 1. Kassiererin übertragen wurde und sie
dabei selbstständig im Rahmen allgemeiner Anweisung mit entsprechender Verantwortung für den
Tätigkeitsbereich handelt. Ihre Tätigkeiten müsste also vergleichbar der einer Kassenaufsicht sein. Die
Tätigkeit einer Kassenaufsicht beinhaltet eine beaufsichtigende Tätigkeit. Sie besteht darin, die Aufsicht
über mehrere Kassen auszuüben. Dazu muss der Kassenaufsicht die Verantwortung über den
reibungslosen Ablauf mehrerer Kassen übertragen sein.
Hierzu bietet der Sachvortrag der insofern darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin keinerlei
Anhaltspunkte. Die Klägerin selbst trägt nicht vor, dass sie dafür Sorge zu tragen hat, dass die Kassen
durchgängig besetzt sind, dass sie in der Lage ist, durch Weisungen einen ordnungsgemäßen Kassenlauf
sicherzustellen. Sie hat auch im Unterschied zu dem vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Urteil
vom 03.09.2002 - 5 Sa 545/02 - zu behandelnden Sachverhalt nicht die Kassiererin in die einzelne
Schicht einzusetzen, sie ist nicht berechtigt und verpflichtet gegebenenfalls Kritikgespräche mit den
Kassiererinnen zu führen. Sie hat nicht die Befugnis, bei auffälligen Kassendifferenzen die jeweilige
Kassiererin zu ermahnen und aufzufordern, in Zukunft sorgfältiger und konzentrierter zu kassieren. Sie
sichert nicht die optimale Kassenbesetzung einschließlich der Pauseneinteilung und gewährleistet nicht
Ordnung und Sauberkeit in, an und um die Kassen einschließlich des Kassenvorplatzbereiches.
Die Kammer verkennt nicht, dass die Klägerin gegenüber einer einfachen Kassiertätigkeit
herausgehobene Funktionen wahrnimmt. Diese sind aber mit der auch in der Gehaltsgruppe III schon
geforderten Tätigkeit einer Kassiererin mit höheren Anforderungen erfasst. Dem Sachvortrag der Klägerin
ist nämlich nicht zu entnehmen, dass über die bereits in Gehaltsgruppe III geforderten allgemeinen
erweiterten Fachkenntnisse und größere Verantwortung hinaus selbstständige Tätigkeiten im Rahmen
allgemeiner Anweisung mit entsprechender Verantwortung für den Tätigkeitsbereich im Sinne einer mit
einer Kassenaufsicht vergleichbaren 1. Kassiererin erledigt werden müssen.
Der Gesamttätigkeit der Klägerin, das Gepräge geben ihr besonderen Funktionen im Rahmen der
Retourenkasse. Die Klägerin selbst hat darauf hingewiesen, dass mehr als die Hälfte ihrer Tätigkeit mit
reinen Kassiertätigkeiten befasst sind, dabei kommt es entscheidend nicht darauf an, dass diese
Kassiertätigkeiten Sonderheiten im laufenden Geschäftsbetrieb darstellen, wie Retouren und andere
zeitaufwändigere Kassiervorgänge.
Für die Tätigkeit einer Kassenaufsicht ist es nicht ausreichend, dass die Klägerin für das Herbeischaffen
des Geldes der Kolleginnen an der Kasse zuständig ist. Es ist auch nicht entscheidend, dass die Klägerin
in der Lage ist, mithilfe des Schlüssels und der Kenntnis der Kombination den Tresor zu öffnen. Dies ist sie
im Übrigen, wie sie selbst vorgetragen hat, nicht allein.
Dass die Klägerin die "Schlüsselgewalt" für den Stornoschlüssel hat, ergibt sich ebenfalls aus der
tatsächlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes. Der Stornoschlüssel befindet sich eben an der Infokasse und
die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass die Klägerin nicht allein diese Schlüsselgewalt besitzt,
sondern in den Fällen, in denen sie während der Ladenöffnungszeiten keine Arbeitsleistung zu erbringen
hat, die Ladungsöffnungszeiten sind länger als die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Klägerin,
der Stornoschlüssel eben von anderen Mitarbeitern, die sich an der Infokasse befinden und
entsprechende Befugnisse haben, eingesetzt wird.
Der Umstand, dass die Klägerin bei Kassenstürzen mitarbeitet und diese auch unterzeichnet, bedeutet
nicht, dass sie insofern als eine die Kassiererin beaufsichtigende Person angesehen werden kann, weil
hier lediglich durch einfaches Zählen und Kontrolle einer, wenn auch vertrauenswürdigen Klägerin,
allenfalls eine Kassiertätigkeit mit erhöhter Verantwortung angenommen werden kann. Eine
Verantwortung für den reibungslosen Ablauf sämtlicher Kassiervorgänge ist für die Klägerin hiermit nicht
verbunden.
Schließlich kann auch das Erstellen der Schichtpläne nicht dazu führen, dass die Klägerin im Sinne der
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und
entsprechender Verantwortung als Kassenaufsicht tätig wird.
Unstreitig ist, dass die Klägerin eine Vorplanung erstellt, die, wenn sie richtig erfasst wurde, in der Regel
auch übernommen wird. Damit trägt die Klägerin aber letztendlich nicht die Endverantwortung für die
Schichteinteilung und die Urlaubsplanung, letztendlich sichert sie nicht durch Personalbesetzung eine
optimale Kassenbesetzung.
Auf die Frage, ob der Klägerin weniger oder mehr als 4 vollzeitbeschäftigte Angestellte unterstellt sind,
kam es entscheidungserheblich nicht an. Im Übrigen kann nicht davon ausgegangen werden, dass allein
mit der Erstellung einer Vorplanung für Urlaub bzw. einer Schichteinteilung der Klägerin vollbeschäftigte
Mitarbeiter unterstellt sind, sieht man als Tatbestandsmerkmal der Unterstellung an, dass ein gewisses
Maß an Weisungs- und Aufsichtsbefugnis in dieser Unterstellung mit enthalten sein muss.
Lässt sich somit aus dem eigenen Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen, dass sie die
Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe IV des Gehaltstarifvertrages erfüllt, konnte ihr auf die
entsprechende Eingruppierung gestütztes Feststellungsbegehren insoweit nicht erfolgreich sein. Auf die
Berufung der Beklagten war daher das arbeitsgerichtliche Urteil zum Teil abzuändern. Die weitergehende
Berufung der Beklagten musste erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
Die Entscheidung ist daher für beide Parteien mit der Revision nicht anfechtbar.