Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 26.06.2007

LArbG Mainz: chemische industrie, werk, arbeitsgericht, form, wirtschaftliche einheit, vergleichbare leistung, niederlassung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, teilzeitbeschäftigung, mitbestimmung

LAG
Mainz
26.06.2007
9 Sa 920/06
Anspruch auf Altersteilzeit in der chemischen Industrie
Aktenzeichen:
9 Sa 920/06
4 Ca 2591/05
ArbG Koblenz
Entscheidung vom 26.06.2007
Tenor:
1. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.09.2006, Az.: 4 Ca
2591/05 werden jeweils zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte zu 70 % und der Kläger zu 30 %.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob und in welcher Form der Kläger gegenüber der Beklagten einen
Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags nach Maßgabe des "Tarifvertrages zur
Förderung der Altersteilzeit" der Chemischen Industrie in der Fassung vom 14.05.2004 (TV ATZ) hat.
Der am...1948 geborene Kläger ist Mitglied der IG und seit dem 01.01.2000 als Außendienstmitarbeiter bei
der Beklagten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der "Einstellungsfragebogen und
Einstellungsvereinbarung" vom 13.09.1999 (Bl. 92 d. A.). Der Kläger übt seine Tätigkeit vom Werk L. aus.
Dort steht ihm für seine Tätigkeit ein Schreibtisch zur Verfügung, den er sich mit einem weiteren
Außendienstmitarbeiter teilt. Die vom Kläger vertriebenen Produkte der Beklagten werden über die
Niederlassung L. abgerechnet. Der durchschnittliche Bruttomonatsarbeitsverdienst des Klägers beträgt
4.331,88 €.
Der Kläger ist seit Januar 2004 mit Bescheid des Versorgungsamtes A-Stadt als schwerbehinderter
Mensch mit einem GdB von 70, seit 01.07.2005 mit einem solchen von 60 bis 31.12.2006 anerkannt. Ein
weiteres Feststellungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Im Werk L. werden insgesamt 9 Arbeitnehmer beschäftigt. In einem weiteren Werk der Beklagten in D.
werden ca. 150 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte ist kraft Verbandszugehörigkeit an die
Tarifverträge der Chemischen Industrie gebunden.
Unter dem 22.03.2005 richtete der Kläger ein Schreiben folgenden Wortlauts an die Beklagte:
"Hiermit beantrage ich für meine Position Altersteilzeitanspruch zum 01.06.2005."
Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben des Werksleiters des Werkes D. vom 15.04.2005 ab.
Der genannte Tarifvertrag (Bl. 6 ff. d. A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 1 Geltungsbereich
Der Tarifvertrag gilt
1. r ä u m l i c h :
für die Bundesrepublik Deutschland,
2. p e r s ö n l i c h :
für die den Tarifvertragsparteien angehörenden Mitglieder, nämlich Arbeitgeber und in deren Betrieben
tätige Arbeitnehmer, nicht aber für Arbeitnehmer, deren Aufgabengebiet höhere Anforderungen stell als
die höchste tarifliche Beschäftigungsgruppe verlangt und deren Entgelt und allgemeine
Arbeitsbedingungen im Ganzen gesehen die tariflichen Mindestbestimmungen überschreiten, wenn sie
durch Einzelvertrag aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages unter Mitbestimmung des Betriebsrates
gem. §§ 99 ff. BetrVG herausgenommen worden sind.
3. f a c h l i c h :
für den jeweiligen manteltarifvertraglichen Geltungsbereich.
§ 2
Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben und innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der
Altersteilzeitarbeit mindestens 1.080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach
dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, können vom Arbeitgeber eine
Teilzeitbeschäftigung (Altersteilzeitarbeitsverhältnis) von bis zu 6 Jahren Dauer verlangen. Kein Anspruch
Auf Altersteilzeit besteht, wenn nach Halbierung der Arbeitszeit keine versicherungspflichtige
Beschäftigung i. S. des SGB III vorliegt.
Der Arbeitgeber kann ein Teilzeitverlangen des Arbeitnehmers auf das Altersteilzeitarbeitsmodell I aus
betriebsbedingten Gründen ablehnen, wenn er ihm stattdessen eine Beschäftigung nach dem
Altersteilzeitarbeitsmodell II anbietet.
§ 3
Ausschluss des Anspruchs
Der Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ist ausgeschlossen, wenn und solange 5
% der Arbeitnehmer des Betriebes von einer Altersteilzeitregelung Gebrauch machen oder diese Grenze
durch den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages überschritten würde.
Der Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages für die Altersjahrgänge der 55-Jährigen
bis 58-Jährigen ist ferner ausgeschlossen, wenn
mehr als 30 % des Jahrgangs der 50-Jährigen,
mehr als 40 % des Jahrgangs der 56-Jährigen,
mehr als 50 % des Jahrgangs der 57-Jährigen oder
mehr als 60 % des Jahrgangs der 58-Jährigen
ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis abgeschlossen haben.
Für die Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer ist der Durchschnitt der letzten 12 Kalendermonate vor
dem Beginn der Altersteilzeit des Arbeitnehmers maßgebend. Schwerbehinderte und Gleichgestellte im
Sinne des Schwerbehindertengesetzes sowie Auszubildende werden nicht mitgezählt.
Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20
Stunden sind mit 0,5 und mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu
berücksichtigen.
Soweit die 5 %-Grenze oder die Grenzen des Absatzes 2 erreicht oder überschritten werden würden,
haben die Arbeitnehmer Vorrang, die einem früheren Geburtsjahrgang angehören, bei gleichem
Geburtsjahrgang die Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit, bei gleichem Geburtsjahrgang und
gleicher Betriebszugehörigkeit die älteren Arbeitnehmer. Andere Auswahlkriterien finden keine
Anwendung.
§ 4
Antrag
1.
Der Antrag auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages ist beim Arbeitgeber schriftlich zu stellen. Er
kann frühestens drei Monate, muss jedoch spätestens zwei Monate vor dem vom Arbeitnehmer
angestrebten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gestellt werden.
2.
Innerhalb einer Frist von zwei Monaten seit Eingang des Antrages hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
schriftlich mitzuteilen, ob er dem Antrag entspricht oder einer der Ausschlussgründe des § 3 vorliegt.
3.
Durch Betriebsvereinbarung können das Antragsverfahren und die Antragsfrist abweichend geregelt
werden.
§ 5
Dauer und Endes Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
1.
Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis darf die Dauer von 24 Kalendermonaten nicht unterschreiten. Die
Mindestdauer kann jedoch unterschritten werden, wenn der Arbeitnehmer vorher Anspruch auf eine
ungeminderte Altersrente hat.
Aufgrund einer freiwilligen Betriebsvereinbarung oder mit Zustimmung des Betriebsrates einzelvertraglich
können Altersteilzeitarbeitsverhältnisse mit mehr als 6 Jahren Dauer vereinbart werden. Dabei darf im
Durchschnitt eines Zeitraumes von 6 Jahren, der innerhalb des Gesamtzeitraums der vereinbarten
Altersteilzeitarbeit liegen muss, die wöchentliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers die Hälfte seiner
bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht überschreiten.
2.
Es endet mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer eine Rente
wegen Alters, eine Knappschaftsausgleichsleistung, eine ähnliche Leistung öffentlich-rechtlicher Art oder,
wenn er von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, eine
vergleichbare Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder eines
Versicherungsunternehmens beanspruchen kann; dies gilt nicht für Renten, die vor dem für den
Arbeitnehmer maßgebenden Rentenalter in Anspruch genommen werden können. Es endet ferner mit
Ablauf des Kalendermonats, in dem der Arbeitnehmer die Altersteilzeit beendet, spätestens jedoch, wenn
er das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Ein abweichender Zeitpunkt für die Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses kann unter
Berücksichtigung der Mindestdauer von 24 Kalendermonaten vereinbart werden, jedoch zu keinem
späteren Zeitpunkt als nach Absatz 1.
Durch diese Regelung wird der gesetzliche Kündigungsschutz nicht erweitert. Beim
Altersteilzeitarbeitsmodell II (§ 6 Ziffer 4) darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, ab
dem der Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt ist, nicht kündigen.
Bei Abschluss des Altersteilzeitarbeitsvertrages ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine
Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung zu einem der nach Absatz 1
oder Absatz 2 zulässigen Zeitpunkte zu treffen, in dem der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Rente nach
Altersteilzeitarbeit hat.
3.
Endet ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach dem Altersteilzeitarbeitsmodell II vorzeitig, hat der
Arbeitnehmer Anspruch auf eine etwaige Differenz zwischen der erhaltenen Vergütung und dem Entgelt
für den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung, das er ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte.
Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge bleiben hierbei außer Betracht.
Bei Tod des Arbeitnehmers steht dieser Anspruch seinen Erben zu.
§ 6
Arbeitszeit
1.
Die wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers in Altersteilzeitarbeit beträgt die Hälfte seiner
bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Soweit vor Beginn der Altersteilzeitarbeit die
Arbeitszeit nach § 2 I Ziffer 3 MTV geregelt war, beträgt die wöchentliche Arbeitszeit die Hälfte der
vereinbarten Arbeitszeit.
Für Arbeitnehmer, deren Arbeitszeit sich nach § 5 I MTV richtet, ist die regelmäßige wöchentliche
Gesamtarbeitszeit so festzulegen, dass sie der Hälfte der Gesamtarbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer
in Vollzeitarbeit entspricht.
Für Arbeitnehmer, deren höchstens 24-stündige Anwesenheitszeiten im Betrieb sich unterteilen in Arbeit,
Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsruhe, halbiert sich die Zahl der jährlich nach § 5 II Ziffer 1 Abs. 2 MTV
vorgesehenen Anwesenheitszeiten.
2.
Die manteltarifvertraglichen Vorschriften über Altersfreizeiten finden keine Anwendung.
3.
Durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich können alle Formen eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vereinbart werden, die den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes
entsprechen (Altersteilzeitarbeitsmodell I).
4.
Durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich kann vereinbart werden, dass die während der
Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses anfallende Arbeitszeit so verteilt wird, dass sie in der
ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geleistet und der Arbeitnehmer anschließend
entsprechend der von ihm erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit freigestellt wird
(Altersteilzeitarbeitsmodell II).
5.
In den Fällen der Ziffern 3 und 4 gilt für § 7 d Abs. 1 Ziff. des Sozialgesetzbuches IV ein Zeitraum von 36
Monaten.
Mit seiner am 01.09.2006 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst
ausschließlich einen Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im sogenannten
Blockmodell für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis maximal 31.05.2011 begehrt. Mit Schriftsatz vom
13.02.2006, der Beklagten zugestellt am 20.02.2006 hat der Kläger seine Klage um mehrere Hilfsanträge
erweitert, wobei sich diese u. a. auch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach dem
sogenannten Altersteilzeitarbeitsmodell I (Herabsetzung der täglichen/wöchentlichen Arbeitszeit)
richteten.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, er sei Tarifangestellter i. S. des § 1
Bundesentgelttarifvertrag der Chemischen Industrie. Er sei nicht lediglich für das Werk L., sondern auch
für das Werk D. als Außendienstmitarbeiter angestellt. Das Werk L. sei auch nicht selbständig, sondern
dem Werk D. zuzuordnen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte wird verpflichtet, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011 ein
befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis abzuschließen nach den Bedingungen des Tarifvertrages zur
Förderung der Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 dahingehend,
dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.2005 - 31.05.2008 die volle Arbeitszeit zu erbringen hat und sich in
der Zeit ab 01.06.2008 - 31.05.2011 die Freistellungsphase anschließt.
hilfsweise,
Die Beklagte wird verpflichtet, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011 ein
befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis abzuschließen nach den Bedingungen des Tarifvertrages zur
Förderung der Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 dahingehend,
dass in der Form des Altersteilzeitmodells II nach § 6, Ziffer 4 des Tarifvertrages zur Förderung der
Altersteilzeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ab 2005 die Gesamtdauer der
anfallenden Arbeitszeit zu leisten ist und danach die Beklagte den Kläger entsprechend der von ihm
erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit freizustellen hat.
Die Beklagte wird verpflichtet, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011 ein
befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den Bedingungen des Tarifvertrages zur Förderung der
Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 abzuschließen dergestalt, dass
die Arbeitszeit in der Form des sich aus § 6 Ziffer 3 des Tarifvertrages ergebenden
Altersteilzeitarbeitsmodells I vom Kläger abzuleisten ist.
Die Beklagte wird verpflichtet, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011 ein
befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den Bedingungen des Tarifvertrages zur Förderung der
Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 abzuschließen.
Die Beklagte wird verpflichtet, zu den Bedingungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit für
die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 eine Teilzeitbeschäftigung
(Altersteilzeitarbeitsverhältnis) von bis zu 6 Jahren Dauer, beginnend 01.06.2005, abzuschließen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, der Kläger sei aufgrund seines Gehaltes und der Vertragsgestaltung
außertariflicher Angestellter. Ein Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses sei
auch aufgrund des tariflichen Überforderungsschutzes ausgeschlossen. Insoweit müsse auf die Anzahl
der im Werk L. beschäftigten Arbeitnehmer abgestellt werden. Bei dem Werk L. handele es sich um einen
betriebsverfassungsrechtlich eigenständigen Betrieb nach Maßgabe der §§ 4, 1 BetrVG.
Das Arbeitsgericht hat über die Frage der Selbständigkeit des Werkes L. nach Maßgabe seines
Beweisbeschlusses vom 20.09.2006 (Bl. 189 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., Z.
und S. Wegen des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme wird auf Bl. 189 ff. d. A. verwiesen.
Mit Urteil vom 20.09.2006, Az.: 4 Ca 2591/05 hat das Arbeitsgericht unter Abweisung der Klage im
Übrigen die Beklagte verpflichtet, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011
ein befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach den Bedingungen des Tarifvertrages der Förderung der
Altersteilzeit für die Chemische Industrie in der Fassung vom 14.05.2004 abzuschließen dergestalt, dass
die Arbeitszeit in der Form des sich aus § 6 Ziffer 3 des Tarifvertrages ergebenden Altersteilzeitmodells I
vom Kläger abzuleisten ist.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, der Kläger
habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im sogenannten Blockmodell,
sondern nur auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages in der mit dem zweiten Hilfsantrag
begehrten Form. Einem derartigen Anspruch stehe nicht entgegen, dass mit der Klage eine rückwirkende
Vertragsänderung begehrt werde. Der TV ATZ finde jedenfalls kraft einzelvertraglicher Verweisung
Anwendung. Der Kläger erfülle auch die persönlichen Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit nach § 2
TV ATZ. Der erforderliche Antrag liege in Form des Schreibens vom 22.03.2005 form- und fristgerecht vor.
Allerdings begründe der TV ATZ keinen tarifvertraglichen Anspruch auf Begründung eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell. Dies ergebe sich aus der gebotenen Auslegung der
tarifvertraglichen Bestimmungen. Gegeben sei jedoch ein Anspruch auf Abschluss eines
Altersteilzeitarbeitsvertrages im Altersteilzeitarbeitsmodell I. Ein derartiger Anspruch scheitere nicht am
sogenannten Überforderungsschutz nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 TV ATZ. Zwar sei der Kläger dem Werk
L. zuzuordnen. Bei diesem handele es sich aber nicht um einen Betrieb i. S. d. § 3 Abs. 1 TV ATZ.
Maßgeblich sei der allgemeine, auch für das Betriebsverfassungsgesetz maßgebliche Betriebsbegriff.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme handele es sich beim Werk L. aber lediglich um einen
Betriebsteil i. S. d. § 4 Abs. 1 BetrVG. Die Auslegung des TV ATZ ergebe jedoch, dass die Fiktion der
Selbständigkeit eines Betriebsteils nach § 4 Abs. 1 BetrVG bei der Anwendung des
Überforderungsschutzes nach § 3 TV ATZ keine Anwendung fände. Im Gegensatz zur Auffassung der
Beklagten sprächen die jeweiligen Erläuterungen des TV ATZ durch die Tarifvertragsparteien eher dafür,
dass diese unter Betrieb i. S. d. § 3 TV ATZ nur einen selbständigen Betrieb hätten erfassen wollen. Für
dieses Auslegungsergebnis spräche auch der tarifliche Gesamtzusammenhang. Während § 3 Satz 1 Nr. 3
ATZG dem Überforderungsschutz diene, verfolge § 4 Abs. 1 BetrVG den Zweck einer möglichst
arbeitnehmernahen betriebsverfassungsrechtlichen Vertretung. Die Anwendung der Fiktion des § 4 Abs. 1
BetrVG würde nicht lediglich dem Schutz vor wirtschaftlicher Überforderung von Kleinstbetrieben und
Betrieben mit überdurchschnittlichen vielen älteren Arbeitnehmern dienen, sondern statt dessen dazu
führen, dass der Anspruch auf Altersteilzeit übermäßig eingeschränkt würde.
Hinsichtlich der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des
genannten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz verwiesen.
Gegen dieses den Parteien am 13.11.2006 zugestellte Urteil haben die Beklagte mit einem am
28.11.2006 und der Kläger mit einem am 13.12.2006 eingegangenen Schriftsatz jeweils Berufung
eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung am 09.01.2007 und die Beklagte innerhalb der mit Beschluss
vom 22.12.2006 bis zum 13.02.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 12.02.2007 begründet.
Die Beklagte erstrebt mit ihrer Berufung die Abweisung der Klage insgesamt. Der Kläger verfolgt mit
seiner Berufung einen Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im sogenannten
Blockmodell.
Zur Begründung seiner Berufung und in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten macht der Kläger
nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 08.01., 20.03. und 10.06.2007 (Bl. 244 ff., 299 ff., 320 f. d. A.), auf
die ergänzend verwiesen wird, im Wesentlichen und zusammengefasst geltend, bei zutreffender
Auslegung des TV ATZ ergebe sich aus § 3 TV ATZ ein Wahlrecht des Arbeitnehmers hinsichtlich des von
ihm begehrten Altersteilzeitarbeitsmodells, über das der Arbeitgeber unter Berücksichtigung billigen
Ermessens nach § 315 BGB zu entscheiden habe.
Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung wäre auch die Schwerbehinderung zu berücksichtigen.
Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass auch die rückwirkende Begründung eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses seit der Schuldrechtsreform nach § 311 a BGB nicht mehr
ausgeschlossen sei. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe auch unzweifelhaft ergeben, dass es
sich bei der Niederlassung L. nicht um einen selbständigen Betrieb handele, da sämtliche Zeugen
bestätigt hätten, dass die wesentlichen Personal- und Organisationsentscheidungen entweder im
Hauptwerk D. oder noch auf höherer Ebene getroffen würden. Vor dem 01.07.2006 sei auch das vom
Kläger genutzte Fahrzeug auf das Hauptwerk D. zugelassen gewesen. Er sei auch weit über den
eigentlich für L. in Betracht kommenden Kundenkreis in überregionalen Verkaufsgebieten tätig. Die Fiktion
des § 4 Abs. 1 BetrVG gelte im Hinblick auf den tariflichen Überforderungsschutz nicht. Ausreichende
Gesichtspunkte, die im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens gegen einen Anspruch des Klägers auf
Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses sprächen, seien von der Beklagten nicht dargelegt
worden.
Der Kläger beantragt,
I. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
II. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.09.2006, Az.. 4 Ca 2591/05
1. die Beklagte zu verpflichten, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum 31.05.2011
ein befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis abzuschließen nach den Bedingungen des Tarifvertrages zur
Förderung der Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai 2004 dahingehend,
dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.2005 - 31.05.2008 die volle Arbeitszeit zu erbringen hat und sich in
der Zeit ab 01.06.2008 - 31.05.2011 die Freistellungsphase anschließt;
2. Hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, mit dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2005 maximal bis zum
31.05.2011 ein befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnis abzuschließen nach den Bedingungen des
Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit für die chemische Industrie in der Fassung vom 14. Mai
2004 dahingehend, dass in der Form des Altersteilzeitmodells II nach § 6, Ziffer 4 des Tarifvertrages zur
Förderung der Altersteilzeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ab 2005 die
Gesamtdauer der anfallenden Arbeitszeit zu leisten ist und danach die Beklagte den Kläger entsprechend
der von ihm erworbenen Zeitguthaben von der Arbeit freizustellen hat.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.09.2006, Az.: 4 Ca 2591/05 abzuändern und die Klage
abzuweisen;
2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung ihrer Berufung und in Erwiderung auf die Berufung des Klägers macht die Beklagte
gemäß ihren Schriftsätzen vom 12.02.2007 und 12.04.2007 (Bl. 271 ff., 309 ff. d. A.) zusammengefasst im
Wesentlichen geltend:
Aus rechtlichen Gründen sei es ausgeschlossen, sie zu verpflichten, mit dem Kläger ein auf den Zeitpunkt
des 01.06.2005 ausgerichtetes befristetes Altersteilzeitarbeitsverhältnisses abzuschließen. Dies sei in
tatsächlicher, sozialversicherungsrechtlicher und steuerrechtlicher Hinsicht nicht möglich.
Im Übrigen liege ein Antrag auf Begründung eines nicht im Blockmodell durchzuführenden
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erstmals in Form des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 13.02.2006, ihr
zugestellt am 20.02.2006 vor, so dass frühestens eine Verurteilung für die Zeit ab dem 01.05.2006 in
Betracht gekommen wäre. Nach den tariflichen Bestimmungen bestehe lediglich ein Anspruch auf
Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach dem Modell I gem. § 6 Ziff. 1 TV ATZ. Nur der
Arbeitgeber könne aus betriebsbedingten Gründen einen solchen Antrag auch dann ablehnen, wenn er
dem Arbeitnehmer statt dessen eine Beschäftigung nach dem Altersteilzeitarbeitsmodell II anbiete; diese
Voraussetzungen seien vorliegend aber nicht erfüllt. Da dem Kläger kein Anspruch auf Abschluss eines
Altersteilzeitarbeitsvertrages zustehe, sei auch keine Entscheidung nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 TV ATZ
zu treffen. Hiervon wolle sie - die Beklagte - auch deshalb absehen, weil ein halbtags arbeitender
Außendienstmitarbeiter mit variabler Einsatzplanung effektiver eingesetzt werden könne und die
Einarbeitsphase bei einer Neueinstellung eines Nachfolgers besser organisiert werden könne. Die
tarifliche Unkündbarkeit eines in einer Freistellungsphase im Blockmodell befindlichen Mitarbeiters
schränke sie in ihrer notwendigen Marktflexibilität ein. Auch müssten Wertguthaben aus einem
Blockmodell kostenintensiv insolvenzgesichert werden. Das Arbeitsgericht habe auch den Betriebsbegriff
i. S. d. § 3 TV ATZ und auch i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 3 ATZG zielgerichtet verkannt. Bei der
Niederlassung L. handele es sich in Wahrheit um einen eigenständigen Betrieb i. S. d. § 4 Satz 1 BetrVG.
Nach übereinstimmender Auffassung der Tarifvertragsparteien gelte der betriebsverfassungsrechtliche
Betriebsbegriff insgesamt auch unter Einbeziehung des § 4 BetrVG. Das Arbeitsgericht habe verkannt,
dass einzelne Arbeitgeberfunktionen wie Einstellungs- und Entlassungskompetenz formal-rechtlich an
anderer Stelle als im Betrieb als wirtschaftliche Einheit organisiert werden könnten, dies aber keinerlei
Einfluss darauf habe, ob es sich bei einem Betriebsteil um eine eigenständige wirtschaftliche,
organisatorisch und im Aufgabenbereich selbständige Einheit handele. Die Mitgliedschaft des Klägers in
der IG werde vorsorglich bestritten.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen,
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufungen sind zulässig. Beide Rechtsmittel sind an sich statthaft und wurden form- und fristgerecht
eingelegt und begründet.
In der Sache haben beide Berufungen keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender rechtlicher Begründung erkannt, dass dem Kläger
nach § 2 Satz 1 TV ATZ ein Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, allerdings
nur in inhaltlicher Ausgestaltung des Altersteilzeitsarbeitsmodells I im Sinne des § 6 Nr. 1, 3 TV ATZ und
damit auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung durch die Beklagte zusteht. Die
Berufungskammer folgt insoweit zunächst den Gründen der angefochtenen Entscheidung und stellt dies
hiermit fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens ist ergänzend
Folgendes auszuführen:
II. Berufung der Beklagten
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV ATZ jedenfalls kraft einzelvertraglicher
Inbezugnahme Anwendung. In der Einstellungsvereinbarung vom 13.9.1999 (Bl. 92 d.A.) heißt es
insoweit, dass das Beschäftigungsverhältnis den einschlägigen tariflichen Bestimmungen unterliegt, wozu
auch der TV ATZ gehört. Hierfür ist unerheblich, ob der Kläger sog. AT-Angestellter ist oder nicht. § 1 Nr. 2
TV ATZ nimmt sog. AT-Angestellte von seinem Geltungsbereich nur aus, wenn „sie durch Einzelvertrag
aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrages unter Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 99 ff.
BetrVG herausgenommen worden sind“. Eine derartige einzelvertragliche Vereinbarung ist nicht
ersichtlich.
2. Der Kläger hat nach § 2 Satz 1 TV ATZ dem Grunde nach einen Anspruch auf Begründung eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses, da er die dort genannten Voraussetzungen erfüllt. Dieser Anspruch ist
weder nach § 3 Satz1 TV ATZ (sog. Überforderungsschutz) noch deshalb ausgeschlossen, weil eine
rückwirkende Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses rechtlich unmöglich wäre.
a) Der Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ist nicht nach § 3 Satz
1 TV ATZ ausgeschlossen, da es sich bei der Niederlassung L. nicht um einen Betrieb im Sinne des § 3
Satz 1 TV ATZ handelt, sondern die Niederlassung L. dem Werk D. zugehörig ist und unter
Berücksichtigung der Anzahl auch der dort beschäftigten Arbeitnehmer durch eine Teilzeitbeschäftigung
des Klägers die Überforderungsquote des § 3 Satz 1 TV ATZ nicht überschritten wird.
aa) Soweit die Berufung der Beklagten rügt, der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, „wie viele
Mitarbeiter die Beklage woanders beschäftige“, ist dies zum Einen unzutreffend. Der Kläger hatte bereits
erstinstanzlich in seinem Schriftsatz vom 27.12.2005, Seite 3, darauf verwiesen, die Beklagte beschäftige
im Werk D. ca. 150 Mitarbeiter. Dem ist ihrerseits die Beklagte nicht näher entgegengetreten. Zum
anderen verkennt die Beklagte, dass ihr für die tatsächlichen Voraussetzungen des tariflichen
Überforderungsschutzes die Darlegungslast obliegt, da es sich bei § 3 TV ATZ um eine
anspruchsausschließende Norm handelt.
bb) Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren lässt sich nicht feststellen, dass
es sich bei der Niederlassung L. um einen Betrieb im Sinne des § 3 TV ATZ handelt.
Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff des Betriebes nicht eigenständig definiert. Wenn allerdings
Tarifvertragsparteien einen Begriff verwenden, der in der Rechtsterminologie einen bestimmten Inhalt hat,
ist im Zweifel davon auszugehen, dass sie diesen in demselben Sinn verstanden wissen wollten (BAG
28.1.1977, 5 AZR 145/76-, EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 10). Hinzu kommt, dass die Tarifvertragsparteien
sich an die Terminologie des § 3 Abs. 3 AltersteilzG angelehnt haben, dem die tarifliche Regelung
inhaltlich entspricht (vgl. BAG 30.9.2003, -9 AZR 590/02-, EzA § 4 TVG Altersteilzit Nr. 8, I 2 b bb der
Gründe). Ausweislich der Erläuterungen der BAVC zum TV ATZ (Bl. 47 ff. d.A., Seite 20) deckt sich auch
nach Auffassung zumindest einer der Parteien des Tarifvertrages der tarifliche Betriebsbegriff mit dem
betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG 17.1.2007, 7 ABR 63/05, juris,
demnächst AP Nr. 18 zu § 4 BetrVG 1972) ist ein Betrieb iSd. Betriebsverfassungsgesetzes eine
organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber zusammen mit den von ihm beschäftigten
Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in der
Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel zusammengefasst, geordnet und
gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert
werden. Ein Betriebsteil ist auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation
eingegliedert. Er ist gegenüber dem Hauptbetrieb allerdings organisatorisch abgrenzbar und relativ
verselbständigt.
Für die Abgrenzung von Betrieb und Betriebsteil ist der Grad der Verselbständigung entscheidend, der im
Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit
ausgeübte Leitungsmacht auf alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen
Angelegenheiten, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb iSv § 1 BetrVG.
Nach dem Inhalt der Aussagen der erstinstanzlich insoweit vernommenen Zeugen, gegen deren
Glaubhaftigkeit die Beklage keine Einwendungen erhebt, ist die Niederlassung L. nicht hinsichtlich der
dort vorhandenen Leitungsmacht in einer Weise verselbständigt, dass in L. alle wesentlichen Funktionen
der Arbeitgeberin in personellen und sozialen Angelegenheiten ausgeübt werden. Den Aussagen der
vernommenen Zeugen lässt sich vielmehr nur entnehmen, dass zum Teil der Mitbestimmung des
Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten unterfallende Regelungen durch Vorgesetzte in L. geregelt
werden (Zeiteinteilung, Überstunden, Urlaubsplanungen). Aus den Aussagen ergibt sich aber, dass
insbesondere die Entscheidungen bei Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern (§ 99, 102
BetrVG) nicht in L., sondern im Werk D. getroffen werden. Die Mitwirkung des Betriebsrats bei
Einstellungen und Kündigungen stellt aber einen wesentlichen Bereich der Beteiligung des Betriebsrats in
personellen Angelegenheit dar.
Der Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren enthält in tatsächlicher Hinsicht unter Berücksichtigung
der genannten rechtlichen Kriterien keine weitergehenden Gesichtspunkte, die über die
entscheidungserheblichen, erstinstanzlich im Wege der Beweisaufnahme geklärten
Tatsachenbehauptungen hinausgingen.
Damit stellt die Niederlassung L. aber keinen (selbständigen) Betrieb dar, sondern nur einen Betriebsteil
im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
cc) Zutreffend und mit ausführlicher Begründung ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die
gesetzliche Fiktion der Selbständigkeit eines Betriebsteils nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zur Bestimmung
des Betriebsbegriffs nach § 3 Satz 1 TV ATZ nicht heranzuziehen ist. Das Arbeitsgericht hat seiner, von
der Berufungskammer geteilten Tarifauslegung die maßgeblichen rechtlichen Auslegungsgrundsätze zu
Grunde gelegt und hierbei alle für die Auslegung relevanten Anhaltspunkte berücksichtigt. Ebenso
zutreffend ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich auch aus den Erklärungen der
Tarifvertragsparteien in den jeweiligen Erläuterungen kein übereinstimmender Wille der
Tarifvertragsparteien dahingehend feststellen lässt, unter Betrieb im Sinne des § 3 TV ATZ auch
Betriebsteile im Sinne des § 4 BetrVG einzubeziehen, sondern im Gegenteil die Erläuterungen eher
darauf hindeuten, dass nach § 3 TV ATZ nur selbständige Betriebe erfasst werden sollen.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die in § 4 BetrVG genannten Betriebsteile ausweislich des
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die in § 4 BetrVG genannten Betriebsteile ausweislich des
Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eben keine Betriebe im Sinne des BetrVG sind, sondern (kraft
gesetzlicher Fiktion) nur als solche gelten.
Auch unter Berücksichtigung des Zwecks der tariflichen Regelung ist eine Einbeziehung von
Betriebsteilen im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht geboten oder gerechtfertigt.
Die Tarifvertragsparteien haben die durch Gesetz geschaffenen Rahmenbedingungen für staatlich
geförderte Altersteilzeit tarifvertraglich ausgestaltet. Die tarifvertragliche Anspruchsbegrenzung in § 3 Abs.
1 iVm. § 3 Abs. 3 TV ATZ entspricht inhaltlich den Bestimmungen in § 3 Abs. 1 Nr. 3 und
§
7 Abs. 2 und 3
des Altersteilzeitgesetzes. Der Gesetzgeber wollte mit den Regelungen, an die sich die
Tarifvertragsparteien angelehnt haben, eine wirtschaftliche Überforderung des Arbeitgebers vermeiden,
soweit Tarifverträge einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses begründen.
Damit sollen insbesondere Kleinbetriebe und Betriebe mit überdurchschnittlich vielen Arbeitnehmern
geschützt werden (BT-Drucks. 13/4336 S. 18, vgl. BAG 30.9.2003, 9 AZR 590/02, EzA § 4 TVG
Altersteilzeit Nr. 8). Dieser gesetzgeberische Zweck liegt auch § 3 TV ATZ zu Grunde.
Unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Überforderung ist eine Übernahme der Fiktion des § 4 Abs.
1 BetrVG nicht geboten, da dann, wenn auf die Anzahl von Arbeitnehmern als Kenngröße für die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebs abgestellt wird, es nicht darauf ankommen kann, ob diese
räumlich zusammengefasst oder aber in Betrieb und Betriebsteile untergliedert beschäftigt werden.
Aber auch unter dem Gesichtspunkt einer organisatorischen Überforderung ist keine andere Betrachtung
geboten: Wie gerade ausgeführt, ist ein Betriebsteil dadurch gekennzeichnet, dass die Leitungsmacht
hinsichtlich aller wesentlichen personellen und sozialen Angelegenheiten zwischen (Haupt-) Betrieb und
Betriebsteil geteilt sind. Eine derartige Betriebsstruktur belässt damit wesentliche Entscheidungen,
Befugnisse und Einflussmöglichkeiten, die auch zur Bewältigung der durch Begründung eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eintretenden neuen Situation erforderlich sind, bei der Leitungsmacht
des Hauptbetriebs (etwa: Neueinstellungen).
b) Ein Anspruch des Klägers scheidet auch nicht deshalb aus, weil er eine rückwirkende
Vertragsänderung begehrt. Die Berufungskammer schließt sich insoweit der ausführlichen Begründung
des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 23.1.2007 (9 AZR 393/06, II 4 der Gründe juris, anderweitig noch
nicht im Volltext veröffentlicht) an und nimmt hierauf Bezug:
Arbeitsvertragsparteien sind rechtlich nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete
Arbeitsverhältnis zu ändern. Auch eine rückwirkende Vertragsänderung ist zulässig und unterliegt
vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen. Dementsprechend ist, soweit der
Arbeitnehmer Anspruch auf Abschluss eines Änderungsvertrags zu einem bestimmten, in der
Vergangenheit liegenden Zeitpunkt hat, der Arbeitgeber zur Abgabe einer auf dieses Datum bezogenen
Willenserklärung zu verurteilen Dies gilt auch für den Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags. Auch
die steuer- und sozialversicherungsrechtlich erforderliche Neuordnung steht einer rückwirkenden
Begründung eines Altersteilzeitarbeitverhältnisses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die rückwirkende
Begründung das Ergebnis einer (gerichtlichen) Auseinandersetzung ist (vgl. BAG, aaO., II 4 b bb (4) der
Gründe).
3. Besteht demnach dem Grunde nach ein Anspruch des Klägers auf (Alters-) Teilzeitbeschäftigung, richtet
sich dieser auf ein Altersteilzeitarbeitverhältnis nach dem Altersteilzeitarbeitsmodell I (§ 6 Nr. 1, 3 TV ATZ).
§ 2 Satz 1 TV-ATZ beinhaltet nur einen derartigen Anspruch (im Ergebnis ebenso: LAG Baden-
Württemberg 19.2.2005 -19 Sa 82/04-, juris). Dies ergibt die gebotene Auslegung der tariflichen
Bestimmungen. Ein Anspruch auf Begründung eines Alterteilzeitarbeitsverhältnisses im sog. Blockmodell
(Altersteilzeitmodell II, § 6 Nr. 4 TV ATZ) besteht nur unter den Voraussetzungen des § 2 Satz 3 TV-ATZ,
die im vorliegenden Fall unzweifelhaft schon deshalb nicht erfüllt sind, weil es an einem entsprechenden
Angebot der Beklagten zur „Abwehr“ eines auf das Altersteilzeitmodell I gerichteten Verlangens des
Klägers fehlt. Der Kläger hat aus § 2 Satz 1 TV-ATZ in Verbindung mit § 6 Ziff. 3, 4 TV ATZ auch keinen
Anspruch darauf, dass die Beklagte über sein Teilzeitverlangen nach dem Altersteilzeitmodell II in
Ausübung billigen Ermessens, § 315 BGB, entscheidet und -da eine solche Entscheidung unterblieben
ist- auf eine entsprechende eigene Sachentscheidung des Gerichts nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB (vgl.
BAG10.5.2002 -9 AZR 294/04- EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 15, B IV der Gründe).
a) Aus § 2 Satz 1 TV ATZ ergibt sich nicht, mit welchem Inhalt hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen
der dort normierte Anspruch auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis besteht und ob dem Arbeitnehmer insoweit
durch Stellung eines entsprechenden Antrags ein Wahlrecht zusteht. Die Auslegung der tariflichen
Normen ergibt aber, dass vorbehaltlich einer abweichenden (freiwilligen) Vereinbarung zwischen
Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. vorbehaltlich abweichender Regelungen in einer
Betriebsvereinbarung (vgl. § 6 Nr. 3, 4 TV ATZ) nur ein tariflicher Anspruch auf Begründung eines
Teilzeitarbeitsverhältnisses im Modell I besteht.
b) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des BAG
(etwa 12.9.1984, 4 AZR 336/82, EzA § 1 TVG Auslegung Nr. 14 ) den für die Auslegung von Gesetzen
geltenden Grundsätzen. Zunächst ist vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist der maßgebliche Sinn der
Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Soweit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der
in den tariflichen Normen zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu
berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser
Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck
der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu,
dann können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des
Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend herangezogen werden. Auch die
Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen
Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch
brauchbaren Regelung führt.
c) Für das vom Kläger vertretene Verständnis spricht zunächst, dass § 2 Satz 1 TV ATZ nach seiner
sprachlichen Fassung keine Einschränkung des Anspruchs auf eine Altersteilzeitarbeitsverhältnis nach
Modell I beinhaltet und § 6 Nr. 3 TV ATZ die Vereinbarung aller Formen eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zulässt, die den Bestimmungen des Altersteilzeitgesetzes entsprechen,
wobei nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 AltersteilzeitG auch ein sog. Blockmodell -bei entsprechender
kollektivrechtlicher Regelung- den Bestimmungen des AltersteilzeitG entsprechen kann.
Dafür, dass § 2 Satz 1 TV ATZ vorbehaltlich der Ausnahme in § 2 Satz 3 TV ATZ nur einen tariflichen
Anspruch auf Teilzeit im Modell I gewährt und auch kein Anspruch auf eine Entscheidung in Ausübung
billigen Ermessens über einen hiervon abweichenden Antrag des Arbeitnehmers besteht, sprechen der
tarifliche Gesamtzusammenhang, Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen sowie die verlautbarten
Interpretationen der Tarifvertragsparteien.
Mit Blick auf das Auslegungskriterium des tariflichen Gesamtzusammenhangs ist zunächst § 2 Satz 3 TV
ATZ zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich dem Wortlaut nach zunächst nur um einen speziellen
Ablehnungsgrund eines Antrags auf Teilzeit im Modell I. Gleichwohl wird durch diese Regelung deutlich,
dass -vorbehaltlich abweichender Vereinbarung- ein tariflicher Rechtsanspruch sich nur auf das
Altersteilzeitarbeitsmodell I richtet. Hätten die Tarifvertragsparteien den nach § 2 Satz 1 TV ATZ
gegebenen Anspruch dahingehend ausgestalten wollen, dass sich sein Inhalt zunächst nach dem im
Antrag zum Ausdruck kommenden Begehren des Arbeitnehmers richtet, über den dann ggf. der
Arbeitgeber nach billigem Ermessen zu entscheiden hätte, wäre die Regelung des § 2 Satz 3 TV ATZ
weitestgehend überflüssig. Die dort normierten „betriebsbedingten Gründe“ stellen nämlich
Gesichtspunkte dar, die zugunsten des Arbeitgebers auch bei der gerichtlichen Überprüfung einer
solchen Ermessenentscheidung des Arbeitgebers mit erheblichem Gewicht zur Rechtfertigung der
Ablehnung eines Antrags des Arbeitnehmers zu berücksichtigen wären.
Auch § 6 Nr. 1 TV ATZ spricht hierfür. Es handelt sich hierbei um eine Regelung, die verbindlich die
inhaltliche Ausgestaltung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses hinsichtlich der Verteilung der reduzierten
Arbeitszeit ausgestaltet. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien
davon ausgegangen wären, dass sich die Verteilung der Arbeitszeit -wenn auch eingeschränkt durch den
Gesichtspunkt billigen Ermessens und der Kompatibilität des Antragsinhalts mit den Bestimmungen des
AltersteilzeitG- nach dem Inhalt des Antrags des Arbeitnehmers richten soll. Wäre eine solche Regelung
gewollt, hätte es § 6 Nr. 1 TV ATZ nicht bedurft, sondern ausreichend wären insoweit die Bestimmungen
des § 6 Nr. 3, 4 TV ATZ gewesen.
Diese Auslegung entspricht offensichtlich auch dem verlautbarten Willen der Tarifvertragsparteien bzw.
ihrer eigenen Interpretation. Wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Schreiben des
Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e.V. (BAVC) vom 31.7.2000 (Bl. 292 d.A.) ergibt, sind die
Erläuterungen, die der BAVC zum TV ATZ herausgegeben hat -bis die auf die im genannten Schreiben
genannten, hier nicht einschlägigen Ausnahmen- inhaltlich mit der IG BCE als weitere Partei des TV ATZ
inhaltlich abgestimmt. Ausweislich der Ausführungen auf Seiten 16, 17 (=Bl. 61, 62 d.A.) des von der
Beklagten vorgelegten Exemplars dieser Erläuterungen, die inhaltlich den Erläuterungen Stand Juli 2000
entsprechen, ergibt sich aus Absatz 2 des § 2 TV ATZ, „dass der Arbeitnehmer einen unmittelbaren
tariflichen Anspruch nur auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach dem
Altersteilzeitarbeitsmodell I hat.“
Auch Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen stützen -wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt
hat- dieses Auslegungsergebnis: Die Tarifvertragsparteien haben die durch das AltersteilzeitG
geschaffenen Rahmenbedingungen für staatlich geförderte Altersteilzeit tariflich ausgestaltet. Die
Gewährung von Förderungsleistungen nach Maßgabe des AltersteilzeitG soll einen Anreiz bieten, durch
eine Reduzierung der Arbeitszeit nach der Vollendung des 55. Lebensjahres den Weg eines
kontinuierlichen, „gleitenden“ Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu wählen (ErfK/Rolfs, 7.
Aufl., § 1 AltersteilzeitG, Rz. 1 unter Hinweis auf BT-Drs. 13/4336, S. 14 ff.). Hieran haben sich auch die
Tarifvertragsparteien orientiert (vgl. Erläuterungen des BAVC, S. 16 = Bl. 61 d.A.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen des § 6 Nr. 3, 4 TV ATZ, die jeweils vorsehen,
dass die dort erwähnten andersartigen Ausgestaltungen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vereinbart
werden „Können“. Hierdurch wird kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entscheidung über einen vom
Altersteilzeitarbeitsmodell I abweichenden Antrag nach billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB
begründet.
Im Gegensatz zu den tariflichen Regelungen, die dem Urteil des BAG vom 10.5.2005 (9 AZR 294/04, EzA
§ 4 TVG Altersteilzeit Nr. 15) zu Grunde lagen und vorsahen, dass Arbeitnehmern unter den tariflich näher
definierten Voraussetzungen Altersteilzeit gewährt werden kann und damit die Entscheidung über ein
Teilzeitbegehren insgesamt der dann nach Billigkeit zu treffenden Ermessensentscheidung des
Arbeitgebers überließen, sehen die tariflichen Regelungen des vorliegenden TV ATZ einen unmittelbar
tariflichen Anspruch auf Begründung eines inhaltlich sich nach § 6 Nr. 1 TV ATZ richtenden
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Modell I vor. Gerade § 6 Nr. 1 TV ATZ verdeutlicht, dass der Inhalt des
bestehenden Anspruchs hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit tariflich feststehen und sich nicht
einzelfallorientiert nach dem Ergebnis einer Ermessensentscheidung richten soll. § 6 Nr. 3, 4 TV sprechen
demgemäß von einer „Vereinbarung“ zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages und im Gegensatz zu
den tariflichen Bestimmungen, die im genannten Urteil des BAG vom 10.5.2005 der Beurteilung zugrunde
lagen, nicht von einer „Gewährung „ von Altersteilzeit durch den Arbeitgeber. Bei diesem Verständnis,
nach dem es grundsätzlich der Vertragsfreiheit unterliegt, ob eine andersartige Altersteilzeitvereinbarung
zustande kommt, erschöpfen sich die Regelungen des § 6 Nr. 3, 4 TV ATZ auch nicht in der
Selbstverständlichkeit, dass der Arbeitgeber befugt ist, Altersteilzeitverträge mit Arbeitnehmern
abzuschließen: Zunächst wird hierdurch klargestellt, dass der Abschluss inhaltlich vom Modell I
abweichender Arbeitszeitmodelle ungeachtet der tarifvertraglichen Regelungen möglich bleibt, diese also
andersartige Modelle nicht verdrängen. § 6 Nr. 4 TV ATZ war vor diesem Hintergrund im Hinblick auf das
Erfordernis kollektivrechtlicher Regelung nach § 2 Ziff. 1 AltersteilzeitG erforderlich, um die Möglichkeit der
Inanspruchnahme von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit auch für diese Form der Altersteilzeit zu
sichern.
4. Ein Anspruch des Klägers auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses beginnend bereits ab
1.Juni 2005 scheitert auch nicht am Fehlen eines entsprechenden Antrags nach § 4 Nr. 1 TV ATZ.
Gem. § 4 Nr. 1 TV ATZ setzt der Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses einen Antrag des
Arbeitnehmers voraus, der spätestens zwei Monate vor dem vom Arbeitnehmer angestrebten Beginn des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gestellt werden muss und frühestens 3 Monate vor diesem Zeitpunkt
gestellt werden kann. Wie ausgeführt, richtet sich der tarifliche Anspruch auf Begründung eines
Teilzeitarbeitsverhältnisses nach dem Altersteilzeitarbeitsmodell I, was auch der von der Beklagten von
Anfang an vertretenen Auffassung entspricht. Der Kläger hatte aber keineswegs mit seinem Schreiben
vom 22.3.2005 einen auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im Blockmodell
einschränkenden Antrag gestellt, sondern allgemein einen Altersteilzeitanspruch für seine Position
geltend gemacht.
III. Berufung des Klägers:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sowohl mit dem Berufungshauptantrag als auch mit dem
Hilfsantrag verfolgt der Kläger einen Anspruch auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses im
Altersteilzeitarbeitsmodell II (Blockmodell). Ein solcher Anspruch besteht -wie dargelegt- nicht.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 ZPO. Die Belastung der Beklagten mit einer höheren
Kostenquote resultiert daraus, dass das Berufungsbegehren der Beklagten (Ablehnung von Altersteilzeit
insgesamt) weitergehend als das des Klägers (Altersteilzeit nach dem Blockmodell statt nach
Altersteilzeitarbeitsmodell I) war. Die Kammer hat die Revision nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen,
da der hier fragliche Tarifvertrag bundesweit gilt und die Auslegungsfragen, die für die Entscheidung des
vorliegenden Falles bedeutsam waren, einzelfallübergreifend relevant und -soweit ersichtlich- bislang
noch nicht höchstrichterlich entschieden wurden.