Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 31.03.2009
LArbG Mainz: diskriminierung, arbeitsgericht, geschlecht, behinderung, beschwerdekammer, zustand, abgrenzung, quelle, befristung, beweislast
LAG
Mainz
31.03.2009
9 Ta 56/09
Prozesskostenhilfe - Hinreichende Erfolgsaussicht
Aktenzeichen:
9 Ta 56/09
2 Ca 1596/08
ArbG Ludwigshafen
Beschluss vom 31.03.2009
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am
Rhein vom 19.01.2009, Az. 2 Ca 1596/08, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin bei der Beklagten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18,74
Stunden beschäftigt. Bei der Beklagten wurde eine zum 01.08.2008 zu besetzende Stelle als „Fachkraft für
Tourismus“ (29 Wochenstunden) ausgeschrieben, auf die sich der Kläger erfolglos bewarb. Seit dem
01.08.2008 ist diese Stelle mit einer Frau besetzt. Der Kläger macht im Ausgangsverfahren einen
Schadensersatzanspruch nach den Bestimmungen des AGG in Höhe von 3.120 EUR wegen behaupteter
Diskriminierung geltend. Ferner begehrt er Schadensersatz wegen der nach seiner Ansicht gegebenen
Verletzung des § 9 TzBfG in Höhe von 4.500 EUR, wobei er diesen Betrag nach dem Differenzbetrag
zwischen dem Arbeitsentgelt bei der Beklagten und dem Arbeitslosengeld für 6 Monate errechnet.
Mit Beschluss vom 19.01.2009 hat das Arbeitsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe wegen
mangelnder Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt. Der Kläger hat gegen diesen ihm am 26.01.2009
zugestellten Beschluss am 26.02.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit
Beschluss vom 12.03.2009 nicht abgeholfen hat.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die genannten Beschlüsse des
Arbeitsgerichts (Bl. 74 ff., 88 f. d.A.) und auf die Schriftsätze der Parteien, insbesondere auch auf den
Schriftsätze des Klägers vom 13.03.2009 Bezug genommen.
II
Bewilligung von Prozesskostenhilfe –soweit über den Antrag entschieden wurde- zu Recht mangels
hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt.
1. Dies gilt zunächst für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nach dem AGG.
Nach
§§ 15
Abs.1, Abs.2,
6 Abs.1 S.1 Nr.1, S.2 AGG
kann ein nicht berücksichtigter Stellenbewerber bei
einer nach dem AGG unzulässigen Benachteiligung gemäß
§ 15 Abs.1 AGG
Schadensersatz und nach
§
15 Abs.2 AGG
Entschädigung beanspruchen. Voraussetzung für Zahlungsansprüche nach
§ 15 Abs.1,
Abs.2 AGG
ist ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des
§ 7 Abs.1 AGG
. Ein
Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt u.a. vor, wenn der Bewerber bei einer Einstellung wegen
seines Geschlechts nicht berücksichtigt worden ist. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des
Geschlechts ist nur ausnahmsweise wegen spezifischer beruflicher Anforderungen nach
§ 8 Abs.1 AGG
zulässig. Ausreichend für die Annahme einer gesetzwidrigen Ungleichbehandlung ist dabei, dass das
Geschlecht des Bewerbers ein nicht unbedeutendes Motiv in einem Bündel von Motiven des Arbeitgebers
für die ablehnende Entscheidung gewesen ist (Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 2.Aufl. 2008, § 7 AGG Rn.14
mwN). Bei einem Rechtsstreit über Ansprüche nach
§ 15 AGG
ist die Beweislastregelung des
§ 22 AGG
zu beachten. Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines
in
§ 1 AGG
genannten Grundes vermuten lassen, so trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein
Verstoß gegen die Bestimmungen des AGG zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Als Indizien
geeignet sind Tatsachen, die Aufschlüsse über die Diskriminierungswilligkeit des Arbeitgebers geben
(Thüsing, Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, Rn. 667).
Soweit der Kläger einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG verfolgt, hat das Arbeitsgericht
zutreffend darauf hingewiesen, dass ein schlüssiger Sachvortrag in Anwendung des § 22 AGG
voraussetzt, dass die klagende Partei Indizien vorträgt, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG
genannten Grundes vermuten lassen. An einem derartigen Sachvortrag fehlt es. Allein die Tatsache der
Einstellung einer Bewerberin/eines Bewerbes des anderen Geschlechts lässt ohne weitere Anhaltspunkte
keine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten. Andernfalls läge stets eine zu vermutende
Diskriminierung vor, wenn sich auf eine Stelle Männer und Frauen bewerben. Konkrete, darüber
hinausgehende Anhaltspunkte für eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts sind nicht ersichtlich. Gegen eine solche spricht –wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat-
zunächst schon, dass der Kläger –wenn auch befristet- eingestellt wurde. Zudem fehlt es an konkretem
Sachvortrag des Klägers dazu, dass er eindeutig besser qualifiziert ist, als die eingestellte Mitbewerberin.
Der Kläger selbst verweist lediglich darauf, dass er zumindest ebenso gut qualifiziert sei, während die
Beklagte auf Gesichtspunkte verwiesen hat, die sie unabhängig vom Geschlecht zu ihrer
Auswahlentscheidung bewogen hat. Bei einer gleich guten Qualifizierung kann aber die Einstellung eines
anderen Bewerbers/anderen Bewerberin allein nicht als ausreichendes Indiz für eine Benachteiligung
wegen des Geschlechts angesehen werden. Inwieweit die vom Kläger geltend gemachte Heranziehung
zu Überstunden auf eine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Rahmen der Stellenbesetzung
hindeuten soll, ist für die Beschwerdekammer nicht nachvollziehbar. Wenn der Kläger geltend macht, die
Einstellung der Mitbewerberin gehe auf eine Freundschaft zwischen deren Ehemann und dem
Beigeordneten zurück, nimmt dieser Sachvortrag schon nicht Bezug auf eines der in § 1 AGG genannten
Merkmale. Gleiches gilt, soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 13.03.2009 darauf abstellt, die
Einstellung der Bewerberin gehe auf Animositäten des Beigeordneten ihm gegenüber zurück. Schließlich
indiziert auch der Sachvortrag des Klägers zu den behaupteten Äußerungen im Zusammenhang mit
seinem Körpergewicht/Körperfülle –vom Gesichtspunkt mangelnder Substantiierung abgesehen- keine
nach den Bestimmungen des AGG unzulässige Diskriminierung. In Betracht käme nur eine
Diskriminierung wegen einer Behinderung im Sinne des § 1 AGG. Inwieweit es sich bei dem vom Kläger
geschilderten gesundheitlichen Zustand um eine Behinderung in Abgrenzung zu einer Erkrankung
handelt (vgl. etwa ErfK/Schlachter, 8. Aufl., § 1 AGG R. 8), lässt sich dem Sachvortrag des Klägers nicht
entnehmen.
2. Ebenfalls bestehen keine hinreichenden Erfolgsaussichten für den geltend gemachten
Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Verletzung der Pflichten nach § 9 TzBfG. Zunächst ist
festzuhalten, dass § 9 TzBfG auch für befristet beschäftigte Arbeitnehmer gilt, sofern sie teilzeitbeschäftigt
sind (ErfK/Preis 8. Aufl. § 9 TzBfG Rz. 3). Allerdings begründet § 9 TzBfG keinen Anspruch auf eine
Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über das zulässigerweise vereinbarte Befristungsende hinaus.
Vielmehr besteht ggf. nur ein Anspruch darauf, dass die Arbeitszeit für die verbleibende Vertragsdauer
erhöht wird (BAG 16.01.2008 -7 AZR 603/06- EzA § 14 TzBfG Nr 44). Da das Arbeitsverhältnis des Klägers
infolge der Befristung mit Ablauf des 06.10.2008 endete und die anderweitige Stelle zum 01.08.2008
besetzt wurde, käme deshalb ohnehin nur ein Schadensersatzanspruch im Hinblick auf die verbleibende
Vertragslaufzeit in Betracht, worum es dem Kläger allerdings ausweislich seines Antrags und seiner
Begründung nicht geht. Der Kläger ist vielmehr der –unzutreffenden Auffassung-, es bestehe ein Anspruch
auf unbefristete Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses mit erhöhter Stundenzahl und macht Ersatz des
Schadens geltend, der ihm nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erwachsen sein soll.
3. Die Beschwerde des Klägers war daher zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung einer
Rechtsbeschwerde bestehen nicht.