Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 16.02.2006

LArbG Mainz: vergleich, prämie, geschäftsjahr, abrechnung, arbeitsgericht, rückzahlung, auszahlung, vorschuss, abfindungssumme, form

LAG
Mainz
16.02.2006
4 Sa 986/05
Vergleichauslegung
Aktenzeichen:
4 Sa 986/05
4 Ca 675/05
ArbG Trier
Entscheidung vom 16.02.2006
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.09.2005 - 4 Ca 675/05 -
wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Anspruch des Klägers auf Auszahlung von 2.500 €. Zwischen den Parteien
bestand vom 01.01.2002 und dem 31.03.2005 ein Arbeitsverhältnis. Die Beklagte hatte das
Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 06.12.2004 ordentlich zum 31.03.2005 gekündigt. Der Kläger hat
Kündigungsschutzklage erhoben. In der Güteverhandlung am 19.01.2005 schlossen die Parteien
zunächst einen Vergleich mit einer Abfindungsleistung in Höhe von 10.000 € brutto. Der Vergleich wurde
von der Klägerseite widerrufen. Am 17.02.2005 haben die Parteien nach Verhandlung zwischen den
Prozessbevollmächtigten wiederum einen Vergleich abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis zum
31.03.2005 endete, die Beklagte das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß
abrechnet, dem Kläger eine Bruttoabfindung in Höhe von 2.100 € zugesprochen wurde sowie ein
qualifiziertes Zeugnis und weiter eine ausdrückliche Vereinbarung, dass dem Kläger kein Anspruch auf
eine Prämie zusteht.
Dem Kläger war mit der Abrechnung November 2004 ein Betrag in Höhe 2.500 € mit der ausdrücklichen
Bezeichnung "a conto Prämie" zugeflossen. Mit der letzten Abrechnung März 2005 zog die Beklagte die
2.500 € Prämie wieder von der Bruttogehaltszahlung ab.
Der Kläger wendet sich gegen diesen Einbehalt mit der Rechtsauffassung, der Vergleich sehe eine
Rückzahlung nicht vor. Unstreitig wäre für das gesamte Geschäftsjahr der Beklagten beginnend am
01.05.2004 bis 30.04.2005 aufgrund Individualvereinbarung zwischen den Parteien eine Prämie in Höhe
von 5.125 € auszuwerfen gewesen.
Der Kläger hat vorgetragen, der Einbehalt entspreche nicht dem Inhalt der Vereinbarung.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn den in der März-Abrechnung 2005 in Abzug gebrachten Betrag in Höhe
von 2.500 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 05.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, nach Ziffer 3 des Vergleichs sei kein Anspruch auf die Prämie für das
laufende Geschäftsjahr gegeben gewesen. Die Vereinbarung der Abfindungssumme habe gerade darauf
beruht, dass hierin ein Ausgleich der Prämienansprüche mit enthalten gewesen sei, allein das erkläre die
Differenz zu der ursprünglich angedachten Abfindungssumme von 10.000 €, die der widerrufene
Vergleich enthalten habe zu dem schließlich abgeschlossenen Vergleich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des
Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 07.09.2005 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch des
Klägers bestehe nicht, die Beklagte habe zu Recht die Prämienvorschussleistungen in Abzug gebracht.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Behalt der Jahresprämie gehabt. Dies ergebe sich aus dem
gerichtlichen Vergleich vom 17.02.2005 (4 Ca 2144/04). Maßgebend sei der Wortlaut der Vereinbarung, in
dem vom Anspruch auf die Prämie die Rede war. Anspruch meine insofern den gesamten Rechtsgrund
der Prämienzahlung, nicht lediglich einen davon ggf. abgrenzbaren Teil. Ein Rückzahlungsausschluss der
vorab geleisteten Vorschussleistung sei in dem Vergleich gerade nicht enthalten. Es sei zudem aus dem
Sachzusammenhang ersichtlich, dass allein die im Jahr 2004/2005 noch zu regelnde Prämienfrage im
Vergleich behandelt sein konnte. Hierfür spreche auch die Entstehungsgeschichte des Vergleichs.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das vorbezeichnete Urteil verwiesen.
Dieses wurde dem Kläger am 18.11.2005 zugestellt. Der Kläger hat am 12.12.2005 Berufung eingelegt
und diese Berufung am 10.01.2006 begründet. Der Kläger vertritt die Auffassung, wenn die Parteien im
Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Rückzahlung von Beträgen gewollt
hätten, wäre dies ausdrücklich in den damaligen Vergleichstext aufgenommen worden. Dies und nichts
anderes sei auch zwischen den Parteien gemeint und vereinbart worden. Die damalige
Prozessbevollmächtigte des Klägers wollte und sollte dafür Sorge tragen, dass keinerlei Rückzahlung von
bereits erhaltenen Provisionszahlungen vom Kläger gefordert wird. Ihm sei klar gewesen, dass er bereits
im November 2004 einen Prämienteil von 2.500 € erlangt habe. Die Auszahlung des Prämienanspruchs
in Teilen habe der arbeitgeberseitigen Übung und Veranlassung entsprochen. Die Formulierung im
Vergleich habe ausdrücklich nur gemeint, dass zukünftig keine Ansprüche mehr zur Auszahlung kommen
sollten und brauchten. Wenn die Beklagte beabsichtigt hätte, eine Verrechnung oder Rückzahlung für sich
in Anspruch zu nehmen, hätte sie sich das deutlich vorbehalten müssen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 07.09.2005 zur
Geschäftsnummer 4 Ca 675/05 zu verurteilen, an den Kläger den in der März-Abrechnung 2005 in Abzug
gebrachten Betrag in Höhe von € 2.500,00 nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit
dem 05.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie legt unter Berufung auf die Vorgeschichte des Vergleichs dar, wie es zu dem Vergleichsabschluss
gekommen ist und dass Berechnungsgrundlage auch gewesen sei, dass die Abfindung um
Prämienleistungen erhöht wurden und diese dann nicht nochmals zur Auszahlung gebracht werden
sollten. Den Parteien sei klar gewesen, dass dem Kläger für das laufende Geschäftsjahr eine Prämie nicht
zustehe, daher sei der Vorschuss zurückzuzahlen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 16.02.2006.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.
II.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine
Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die
Berufungskammer nimmt daher gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug auf die Begründung im
arbeitsgerichtlichen Urteil.
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:
Die Darlegung des Klägers zu seinen Motiven und den Motiven und Kenntnissen seiner damaligen
Prozessbevollmächtigten sind für die Rechtsfindung nicht erheblich.
Die Auslegung des vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleichs ist eindeutig. Der Kläger hat erklärt,
dass ihm für das laufende Geschäftsjahr eine Prämie nicht zusteht, er also auf diesen Anspruch verzichtet
hat. Diesen Verzicht hat die Beklagte im Vergleich angenommen. Besteht kein Anspruch auf eine Prämie
für das Geschäftsjahr, entfällt gleichzeitig der Rechtsgrund für das Behaltendürfen eines auf diesen
Anspruch geleisteten Vorschusses. Dass die 2.500 €, welche im November ausgezahlt wurden, als
Vorschuss auf die laufende Prämie zu verstehen ist, ergibt sich unschwer aus der vorgelegten
Abrechnung, in der von einer a conto-Zahlung die Rede ist.
Haben die Parteien vereinbart, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Prämie nicht zusteht, wäre es
seinerseits notwendig gewesen, damit der Kläger entgegen dieser Vereinbarung die a conto-Zahlung
behalten darf, eine ausdrückliche Regelung hierüber in den Vergleich aufzunehmen und nicht, wie der
Kläger meint es notwendig gewesen, dass sich die Beklagte die Rückforderung der a conto-Zahlung hätte
vorbehalten müssen.
Sollten auf Seiten des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten anderweitige Vorstellungen
vorgeherrscht haben, sind diese insofern unerheblich, als sie nicht zum Gegenstand der getroffenen
Vereinbarung gemacht wurden, jedenfalls nicht der Gegenseite bekannt gegeben wurden.
Im Übrigen spricht die unwidersprochen von Beklagtenseite vorgetragene Historie, wie es zu dem
Vergleich kam dafür, dass die Frage einer Prämienleistung für das letzte Geschäftsjahr durchaus
Gegenstand der Vergleichsverhandlungen waren und diese Prämienleistungen rechnerisch in die Höhe
der schließlich vereinbarten Abfindung mit eingeflossen ist.
Ob und inwieweit sich die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit dem Abschluss des
Vergleiches von dem Auftrag des Klägers entfernt haben sollte, war für die Entscheidung des Rechtsstreits
nicht von Bedeutung.
Nach allem musste die Berufung des Klägers erfolglos bleiben. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO
zurückzuweisen.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.