Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 15.01.2010

LArbG Mainz: arbeitsgericht, gerichtsgebühr, ergänzung, quelle, vergleich, mehrwert, erstreckung, datum, zustandekommen

LAG
Mainz
15.01.2010
8 Ta 3/10
Auslegung eines PKH-Bewilligungsbeschlusses.
Aktenzeichen:
8 Ta 3/10
6 Ca 1044/09
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Beschluss vom 15.01.2010
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige
Kammern Neuwied - vom 16.12.2009, AZ: 6 Ca 1044/09, wird, soweit der Kläger die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für seine Klageanträge zu 3. und 4. begehrt, als unzulässig verworfen mit der
Maßgabe, dass festgestellt wird, dass dem Kläger für diese Anträge bereits mit Beschluss des
Arbeitsgerichts vom 05.10.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Gerichtsgebühr GKG KV 8614 wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe:
1.
das Rechtsmittel des Klägers gegen die in der angefochtenen Entscheidung verweigerte Erstreckung der
PKH - Bewilligung auf die mit seinen klageerweiternden Schriftsätzen vom 02.07.2009 und vom
25.08.2009 gestellten Anträge zu 3. und 4. begehrt, fehlt es bereits an der für die Zulässigkeit der
sofortigen Beschwerde erforderlichen Beschwer. Dem Kläger ist nämlich für diese Anträge bereits mit
Beschluss des Arbeitsgerichts vom 05.10.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt worden.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger nach Abschluss des Verfahrens mit Beschluss vom 05.10.2009 "für die
erste Instanz" sowie "in vollem Umfang" Prozesskostenhilfe bewilligt. Dieser Bewilligungsbeschluss, der
keinerlei Einschränkungen beinhaltet, kann nach seinem Wortlaut nur dahingehend ausgelegt werden,
dass er sämtliche bereits rechtshängigen Klageanträge des Klägers umfasst. Dem steht nicht entgegen,
dass der Kläger für die klageerweiternden Anträge zu 3. und 4. keinen ausdrücklichen PKH-Antrag gestellt
hatte, zumal auch im stark formalisierten PKH-Verfahren die Annahme stillschweigender
Prozesskostenhilfeanträge für nach Stellung des (ersten) PKH-Antrags anfallende Gegenstände, für die
ein ausdrücklicher PKH-Antrag nicht gestellt wurde, grundsätzlich zulässig ist (vgl. im Einzelnen: LAG
Baden-Würtemberg vom 30.12.1988 - 20 Ta 17/98 m. w. N.; LAG Düsseldorf vom 02.01.1986 - 7 Ta
409/85 - JurBüro 1986, 209). Jedenfalls bestehen vorliegend in Ansehung des seinem Wortlaut nach
umfassenden und ohne jegliche Einschränkung versehenen Bewilligungsbeschlusses keinerlei
Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitsgericht bei seiner Beschlussfassung bereits rechtshängige
Streitgegenstände von der Bewilligung ausnehmen wollte.
Die sofortige Beschwerde war daher insoweit als unzulässig zu verwerfen, wobei - lediglich zur
Klarstellung - festzustellen war, dass dem Kläger für seine Klageanträge zu 3. und 4. bereits PKH bewilligt
worden ist.
2.
gemäß § 278 Abs. 6 ZPO geschlossenen Vergleichs, dessen Zustandekommen das Arbeitsgericht mit
Beschluss vom 28.09.2009 festgestellt hat, begehrt, ist die sofortige Beschwerde zulässig. Insoweit fehlt es
dem Rechtsmittel nicht an der erforderlichen Beschwer. Der PKH-Bewilligungsbeschluss des
Arbeitsgerichts vom 05.10.2009 ist nämlich nicht dahingehend auszulegen, dass dem Kläger auch für
einen etwaigen Vergleichsmehrwert Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Es kann regelmäßig nicht davon
ausgegangen werden, dass ein PKH-Bewilligungsbeschluss auch solche Streitgegenstände erfassen soll,
die, wie vorliegend, weder rechtshängig gemacht worden sind und hinsichtlich derer es an einem -
zumindest auf den Abschluss eines entsprechenden Vergleichs bezogenen - ausdrücklichen
Bewilligungsantrag fehlt. Die vom Gericht gemäß § 119 Abs. 1 ZPO zu treffende
Bewilligungsentscheidung bezieht sich immer auf den nach § 117 ZPO zu stellenden Antrag auf
Bewilligung von PKH. Ein Bewilligungsbeschluss bezieht sich daher regelmäßig nur auf solche
Streitgegenstände, bei denen das Arbeitsgericht die Möglichkeit hat, eine Prüfung der Erfolgsaussichten
gemäß §§ 114 ZPO durchzuführen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz vom 05.12.2008 - 7 Ta 214/08 -). Dies war
vorliegend hinsichtlich der nicht rechtshängigen, im Vergleich mitgeregelten Streitgegenstände nicht der
Fall. Da darüber hinaus der Kläger im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses auch keinen auf den
Vergleichsmehrwert bezogenen PKH-Antrag gestellt hatte, wird dieser nicht vom Beschluss des
Arbeitsgerichts vom 05.10.2009 erfasst.
Die somit insoweit zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht den Antrag auf
Ergänzung des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses auf den Vergleichsmehrwert zurückgewiesen
hat. Der Ergänzungsantrag ist nämlich erst nach dem Ende des erstinstanzlichen Verfahrens beim
Arbeitsgericht eingereicht worden. Anträge im Zusammenhang mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
müssen aber vor dem Instanzende dem Gericht vorliegen. Danach haben sie keine hinreichende
Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO mehr; diese kann nur für die Zeit bis zum Ende der Instanz
bestehen.
Ein Verstoß des Arbeitsgerichts gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens liegt nicht vor. Insbesondere
bestand keine Pflicht des Arbeitsgerichts, den Kläger aufzufordern, hinsichtlich derjenigen Regelungen,
welche den Vergleichsmehrwert ausmachten, einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu
stellen. Der vorliegende Fall weist keine Besonderheiten auf, welche ausnahmsweise einen Hinweis des
Arbeitsgerichts hätten erforderlich machen können.
3.
Im Hinblick darauf, dass (klarstellend) zu Gunsten des Klägers festzustellen war, dass ihm - entgegen der
Ansicht des Arbeitsgerichts - für seine Klageanträge zu 3. und 4. Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist,
wurde die anfallende Gerichtsgebühr in entsprechender Anwendung der in GKG KV 8614 enthaltenen
Regelung auf die Hälfte reduziert.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Diese Entscheidung ist daher
unanfechtbar.