Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 27.03.2008

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LAG
Mainz
27.03.2008
10 Sa 692/07
Feststellungsklage, vergangenheitsbezogene Beurteilung der Eingruppierung für
Rentenversichrungsträger, Wirkung des Insolvenzplans
Aktenzeichen:
10 Sa 692/07
8 Ca 463/07
ArbG Ludwigshafen
Urteil vom 27.03.2008
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.09.2007, Az.: 8
Ca 463/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit einer von ihr begehrten
höheren Eingruppierung und die Zahlung von Urlaubsgeld.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer nochmaligen Darstellung des unstreitigen
Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und
auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.09.2007 (dort S. 2-6 = Bl.
147-151 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 15.823,38 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. hilfsweise festzustellen, dass sie während ihrer Beschäftigungszeit bei der Beklagten in die
Vergütungsgruppe IV a des Tarifvertrags Einzelhandel Rheinland-Pfalz einzugruppieren war,
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.786,97 brutto Urlaubsgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 372,22 vermögenswirksame Leistungen nebst Zinsen in Höhe von
fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 21.09.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung
dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe nach
Beendigung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten keinen weiteren Anspruch auf
Zahlung.
Die seitens des Insolvenzverwalters anerkannte Forderung i.H.v. € 19.066,60 sei nach dem Insolvenzplan
mit einer Quote von 8,31 %, mithin i.H.v. € 1.585,23, zu befriedigen gewesen. Dies sei hier unstreitig
geschehen. In Höhe der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung von € 10.183,40 habe der
Insolvenzverwalter Widerspruch erhoben. Die Klägerin habe diesen Widerspruch nicht im Laufe des
Insolvenzverfahrens beseitigt. Nach § 189 Abs. 1 InsO habe ein Insolvenzgläubiger, dessen Forderung
nicht festgestellt sei und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliege,
spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem
Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das
Verfahren im früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen sei (LAG Rheinland-Pfalz 06.07.2005 - 9 Sa
589/04 - zitiert nach Juris). Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vielmehr habe sich die
Klägerin mit dem Insolvenzverwalter geeinigt, dass ausschließlich in Höhe von € 19.066,60 ein zur
Insolvenztabelle festzustellender Anspruch bestehe. Mit der Rechtskraft der Bestätigung des
Insolvenzplans seien die darin festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten, somit auch
gegenüber der Klägerin eingetreten bzw. wirksam geworden. Dies gelte auch für Insolvenzgläubiger, die
ihre Forderungen nicht angemeldet, und auch für Beteiligte, die dem Plan widersprochen haben (§ 254
Abs. 1 InsO). Nach den im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen des vorliegenden Insolvenzplans
verzichten die Gläubiger auf die restlichen Forderungen. Das bedeute hier, dass die Klägerin hinsichtlich
ihrer Forderungen (lediglich) in Höhe der festgelegten Quote zu befriedigen gewesen sei. Die Beklagte
sei nach § 227 Abs. 1 InsO durch die Auszahlung des der Quote entsprechenden Betrags an die Klägerin
von ihren restlichen Verbindlichkeiten gegenüber ihr befreit worden. Der Insolvenzplan habe insoweit
gestaltende und (rest-) schuldbefreiende Wirkung (LAG Rheinland-Pfalz 16.11.2005 - 10 Sa 418/05 -
zitiert nach Juris).
Die Klägerin berufe sich ohne Erfolg darauf, der Insolvenzplan sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt
worden. Seien auf Grund des gestaltenden Teils des Insolvenzplans Forderungen von
Insolvenzgläubigern gestundet oder teilweise erlassen worden, so werde nach § 255 InsO die Stundung
oder der Erlass für den Gläubiger hinfällig, gegenüber dem der Schuldner mit der Erfüllung des Plans
erheblich in Rückstand gerate. Die Ausführungen der Klägerin hierzu seien nicht nachvollziehbar.
Ausweislich des Beschlusses des Amtsgerichts vom 28.02.2007 sei das Insolvenzverfahren erst nach
erfolgter Auszahlung aufgehoben worden. Auch der Insolvenzverwalter habe angegeben, auf die zur
Insolvenztabelle festgestellten Forderungen der einzelnen Gläubiger die Quote i.H.v. 8,31 % gezahlt zu
haben, insbesondere auch an die Klägerin. Dies habe die Klägerin auch eingeräumt. Es sei daher nicht
ersichtlich, aus welchen Gründen die Klägerin rüge, der Insolvenzplan sei nicht ordnungsgemäß
durchgeführt worden.
Soweit die Klägerin hilfsweise zum Zahlungsantrag zu 1) mit dem Antrag zu 2) die Feststellung der
Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV bzw. III während ihrer Beschäftigungszeit begehre, sei die Klage
bereits unzulässig. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder
Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse
daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Im
vorliegenden Fall gehe es um Ansprüche der Klägerin aus einem vergangenen Rechtsverhältnis. Das
Interesse an der Feststellung, ein vergangenes Rechtsverhältnis hätte anderen als den tatsächlich
angewandten Regelungen unterstanden, d.h. hier: die Klägerin wäre während ihrer Beschäftigungsdauer
in die Gehaltsgruppe IV einzugruppieren gewesen, bedürfe einer besonderen Begründung. Es sei nur
dann gegeben, wenn sich gerade aus dieser Feststellung Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft
ergeben. Die bloße Möglichkeit des Eintritts solcher Folgen reiche nicht aus. Mit der Feststellung müsse
vielmehr zugleich feststehen, dass eigene Ansprüche der Klägerin aus diesem Rechtsverhältnis
zumindest dem Grunde nach noch bestehen oder gegnerische Ansprüche zumindest in bestimmtem
Umfang nicht mehr gegeben sind. Anderenfalls könnte die Feststellungsklage weder dem Rechtsfrieden
noch der Prozessökonomie dienen (BAG 17.04.2002 - 5 AZR 458/00 - EzA § 256 ZPO Nr. 63 ). Die
Feststellungsklage diene hier nicht dazu, aus der begehrten höheren Eingruppierung bestimmte
Ansprüche gegen die Beklagten abzuleiten. Insoweit habe die Klägerin bereits Leistungsklage erhoben.
Die Klägerin berufe sich vielmehr darauf, ein Feststellungsurteil habe etwa Auswirkung auf die
Entscheidung der Agentur für Arbeit über die Zahlung eines höheren Insolvenzgeldes. Ein
Feststellungsinteresse ergebe sich insoweit nicht daraus, dass die Sozialversicherungsträger und
Sozialgerichte an eine arbeitsgerichtliche Entscheidung rechtlich gebunden wären. Die
Sozialversicherungsträger seien rechtlich nicht nur nicht verpflichtet, Entscheidungen der Arbeitsgerichte
zur alleinigen Grundlage eigener Entscheidungen zu machen, sondern sie seien dazu auch nicht
berechtigt. Sie müssten sowohl im Interesse des Anspruchstellers als auch im Interesse der
Versichertengemeinschaft von Amts wegen ermitteln, ob die Voraussetzungen für einen
Leistungsanspruch vorliegen, § 20 SGB X. Dies gelte insbesondere auch für Fragen, die die Gewährung
von Konkursausfallgeld - bzw. wie hier Insolvenzgeld - betreffen (BAG 17.04.2002 - 5 AZR 458/00 -
a.a.O.). Soweit die Klägerin auf sozialrechtliche Konsequenzen im Bereich des SGB VI verweise, hätte sie
ihr diesbezügliches Feststellungsinteresse konkretisieren müssen. Die pauschale Verweisung auf
sozialrechtliche Konsequenzen sei nicht ausreichend. Wegen weiterer Einzelheiten der
Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 7-10 des Urteils vom 21.09.2007 (Bl. 152-155 d.
A.) verwiesen.
Die Klägerin, der das Urteil am 28.09.2007 zugestellt worden ist, hat am Montag, den 29.10.2007
Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 19.12.2007 verlängerten
Berufungsbegründungsfrist mit am 19.12.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin macht geltend, das Arbeitsgericht habe das Feststellungsinteresse zu Unrecht verneint. Die
Rechtsprechung, auch die vom Arbeitsgericht herangezogene Entscheidung des BAG, gehe an der
Rechtswirklichkeit vorbei. Es werde völlig außer Acht gelassen, dass die zuständigen Behörden in aller
Regel eigene Ermittlungen zurückstellten, wenn ihnen bekannt sei, dass ein Rechtsstreit vor den
Arbeitsgerichten anhängig ist, dessen Ergebnis auch Auswirkungen auf die Beurteilung sozialrechtlicher
Ansprüche haben könnte. So verhalte es sich auch hier. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV)
habe ihr mit Bescheid vom 31.03.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Gegen
diesen Bescheid habe sie u.a. mit der Begründung Widerspruch eingelegt, die Höhe der Rente sei nicht
zutreffend berechnet, weil sie ein höheres Arbeitsentgelt beanspruchen könne und insoweit mehrere
Verfahren vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen anhängig seien. Die DRV habe ihr mit Schreiben vom
11.05.2006 vorgeschlagen, das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen, um den Ausgang der
arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung abzuwarten. Dem habe sie unter Bezugnahme auf die
zwischenzeitlich mündlich erteilte Auskunft, dass die Rentenhöhe nachträglich korrigiert werde, wenn im
arbeitsgerichtlichen Verfahren festgestellt werde, dass sie ein höheres Arbeitsentgelt beanspruchen
könne, selbst wenn dieses erhöhte Entgelt tatsächlich nicht gezahlt werde, zugestimmt. Aufgrund der
Mitteilung, sich bezüglich der ausstehenden Verwaltungsentscheidung auf ein noch ausstehendes
rechtskräftiges Urteil der Arbeitsgerichtsbarkeit stützen zu wollen, wäre die DRV nach dem Grundsatz der
Selbstbindung der Verwaltung an die Entscheidung der Arbeitsgerichte ohne Verletzung des in § 20 SGB
X normierten Untersuchungsgrundsatzes gebunden.
Soweit das Arbeitsgericht im Hinblick auf das von ihr begehrte Urlaubsgeld davon ausgegangen sei, der
Insolvenzplan habe gestaltende und restschuldbefreiende Wirkung, sei dem nicht zuzustimmen. Das
Arbeitsgericht habe sich im Wesentlichen auf das Schreiben des ehemaligen Insolvenzverwalters vom
14.03.2007 gestützt. Ihr sei nicht bekannt, dass sie sich im Rahmen der Forderungsprüfung mit dem
damaligen Insolvenzverwalter darauf geeinigt habe, dass ausschließlich in Höhe von € 19.066,60 ein zur
Insolvenztabelle festzustellender Anspruch bestehe. Die Beklagte habe auch nicht hinreichend konkret zu
der behaupteten Einigung vorgetragen, so dass sie diese nur pauschal bestreiten könne. Habe es aber
eine Einigung nicht gegeben, hätte der Insolvenzplan nicht auf Grundlage der vom Insolvenzverwalter
angenommenen Daten erstellt werden können. Hier liege der Fehler bei der Durchführung des
Insolvenzplans. Hätte der Insolvenzplan nicht wie geschehen erstellt bzw. durchgeführt werden dürfen,
wäre es bei der allgemeinen Regel des § 201 InsO geblieben, wonach die Gläubiger nach Aufhebung des
Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen unbeschränkt geltend machen können. Wegen der
weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 19.12.2007
(Bl. 172 - 176 d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.09.2007, Az.: 8 Ca 463/07, teilweise abzuändern
und
1. festzustellen, dass sie während ihrer Beschäftigungszeit bei der Beklagten in die bzw. nach der
Vergütungsgruppe IV a , hilfsweise in die bzw. nach der Vergütungsgruppe III des Gehaltstarifvertrages für
den Einzelhandel Rheinland-Pfalz eingruppiert und zu vergüten war,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.786,97 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten ihrer Berufungserwiderung wird auf den
Schriftsatz der Beklagten vom 27.02.2008 (Bl. 198-201 d. Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6
ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit
zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der
Begründung vollkommen zutreffend die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht ist zu Recht zu dem
Ergebnis gelangt, dass der Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung fehlt, sie sei
während ihrer Beschäftigungszeit bei der Beklagten in die Vergütungsgruppe IV a bzw. III des
Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz eingruppiert und entsprechend zu vergüten
gewesen. Aufgrund der gestaltenden und restschuldbefreienden Wirkung des Insolvenzplans ist die
Klägerin gemäß § 254 Abs. 1 InsO von der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen gegen die
Beklagte ausgeschlossen. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine
Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die
Berufungskammer folgt daher den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des
erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der
Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher abgesehen.
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sind folgende Ergänzungen veranlasst:
1.
Feststellungsinteresse.
Zur Begründung des Feststellungsinteresses kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, sie könne auf
der Grundlage der begehrten Feststellung die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) im
Widerspruchsverfahren dazu veranlassen, ihr eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente zu zahlen.
Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich ein Feststellungsinteresse nicht
daraus, dass die Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte an eine arbeitsgerichtliche Entscheidung
rechtlich gebunden wären. Eine solche präjudizielle Wirkung müsste gesetzlich vorgeschrieben sein. Das
ist nicht der Fall.
Das rechtliche Interesse an der arbeitsgerichtlichen Feststellung ist selbst dann nicht gegeben, wenn ein
Sozialversicherungsträger ausdrücklich erklärt hat, die Entscheidung der Arbeitsgerichte de facto
respektieren zu wollen. Deshalb kann im Streitfall zu Gunsten der Klägerin unterstellt werden, dass ihr der
Rentenversicherungsträger erklärt hat, er werde ein für die Klägerin positives Feststellungsurteil zum
Anlass nehmen, ihr eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente zu zahlen. Die DRV und die übrigen
Sozialversicherungsträger sind rechtlich nicht nur nicht verpflichtet, Entscheidungen der Arbeitsgerichte
zur alleinigen Grundlage eigener Entscheidungen zu machen, sondern sind dazu auch nicht berechtigt.
Die Sozialversicherungsträger müssen sowohl im Interesse des Anspruchstellers als auch im Interesse
der Versichertengemeinschaft von Amts wegen ermitteln, ob die Voraussetzungen für einen
Leistungsanspruch vorliegen, § 20 SGB X. Sie dürfen sich dabei nicht unbesehen das Ergebnis eines
arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahrens zu Eigen machen. Dieses Ergebnis ist auf der Grundlage des den
Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess prägenden Beibringungs- und Verfügungsgrundsatzes zustande
gekommen. Es ist damit in hohem Maße von der Bereitschaft und der Fähigkeit der Parteien zu einem
umfassenden Tatsachenvortrag unter Beachtung der prozessualen Obliegenheiten aus § 138 ZPO und
umfassenden Tatsachenvortrag unter Beachtung der prozessualen Obliegenheiten aus § 138 ZPO und
den Regeln des Beweisrechts abhängig. Würden sich die Sozialversicherungsträger einem solchen Urteil
unterwerfen, wäre dies rechtswidrig. Sie haben stattdessen auch in Anbetracht eines solchen Urteils den
wirklichen Sachverhalt eigenständig zu ermitteln (so ausdrücklich: BAG Urteil vom 17.04.2002 - 5 AZR
458/00 - EzA Nr. 63 zu § 256 ZPO und BAG Urteil vom 21.06.2000 - 5 AZR 782/98 - AP Nr. 60 zu § 256
ZPO, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Die von der Klägerin geäußerte Kritik an der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist nicht
berechtigt. Auch das Bundessozialgericht erachtet arbeitsgerichtliche Urteile für das sozialrechtliche
Leistungsrecht nicht als bindend, da die Sozialverwaltung den wahren Sachverhalt von Amts wegen zu
erforschen habe und sich Arbeitsvertragsparteien zum Beispiel nicht auf Kosten der Bundesanstalt für
Arbeit sollten einigen können, weil andernfalls auch Möglichkeiten einer Manipulation zu Ungunsten der
Sozialversicherungsträger Tür und Tor geöffnet wäre (so ausdrücklich: BSG Urteil vom 09.05.1995 - 10
RAr 5/94 - NZA-RR 1996, 151).
Hinzu kommt, dass weder der Rechtsfrieden sichergestellt noch der Prozessökonomie gedient wird, wenn
der Rentenversicherungsträger das Ergebnis eines arbeitsgerichtlichen Prozesses ohne eigenständige
Sachverhaltsermittlung und Rechtsprüfung übernimmt. Unterliegt der Arbeitnehmer vor den
Arbeitsgerichten und bleibt sein Antrag im Verwaltungsverfahren deswegen erfolglos, besteht für ihn kein
Hinderungsgrund, den Sozialrechtsweg zu beschreiten; er hätte ohne Grund eine "doppelte Chance" auf
die Sozialleistung.
Mangels Vorliegens des erforderlichen Feststellungsinteresses würde die Entscheidung, in welche
Gehaltsgruppe die Klägerin eingruppiert war, lediglich die Erstattung eines Rechtsgutachtens für einen in
der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt darstellen; dies ist dem Gericht jedoch verwehrt.
2.
2000 und 2001 in Höhe von insgesamt € 1.786,97 brutto.
Nachdem das Amtsgericht Ludwigshafen mit Beschluss vom 28.02.2007 (3 c IN 45/03 Grü) das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten nach rechtskräftiger Bestätigung des
Insolvenzplans und erfolgter Auszahlung gemäß § 258 InsO aufgehoben hat, ist die Klägerin von der
Geltendmachung der begehrten Zahlung nach § 254 Abs. 1 Satz 1 InsO ausgeschlossen.
Die Klägerin hat ihre Urlaubsgeldforderung zur Insolvenztabelle angemeldet. Weil der Insolvenzverwalter
u.a. diese Forderung bestritten und nicht zur Insolvenztabelle festgestellt hat, hätte sie nach § 189 Abs. 1
InsO spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung
den unterbrochenen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht gegen den Insolvenzverwalter mit dem Ziel der
Feststellung ihrer Forderungen zur Insolvenztabelle aufnehmen müssen (§ 180 Abs. 2 InsO). Dies hat sie
unterlassen. Es ist deshalb unerheblich, ob sich die Klägerin mit dem Insolvenzverwalter im Rahmen der
Forderungsprüfung darauf geeinigt hat, dass ausschließlich in Höhe von € 19.066,60 ein zur
Insolvenztabelle festzustellender Anspruch besteht. Wenn - wie die Klägerin pauschal bestreitet - keine
Einigung mit dem Insolvenzverwalter erfolgt sein sollte, hätte sie ihre Rechte im Insolvenz- und
Planverfahren wahrnehmen müssen. Sie ist jetzt und in Zukunft aufgrund der Wirkung des vom
Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplans mit der Geltendmachung der Forderung gegen die Beklagte
ausgeschlossen. Mit der Rechtskraft der Planbestätigung äußert dieser seine Wirkung gegenüber allen
Beteiligten (vgl. § 254 Abs. 1 InsO). Die Klägerin war Beteiligte am Insolvenzverfahren. Im Insolvenzplan
selbst ist für die Forderung der Klägerin auf Zahlung von Urlaubsgeld eine Berücksichtigung nicht
vorgesehen. Die Wirkung des Insolvenzplans, der vom Insolvenzgericht genehmigt wurde, tritt gegenüber
allen Forderungen ein, ohne Rücksicht darauf, ob sie angemeldet oder nicht angemeldet, fällig, betagt,
aufschiebend bedingt, den Beteiligten bei der Abstimmung über den Insolvenzplan bekannt oder
unbekannt waren, ob die Forderungen ein Stimmrecht begründeten oder nicht und ob der Gläubiger für
oder gegen den Plan gestimmt hat. Anderenfalls würde der Planzweck unterlaufen und überdies die
Planerfüllung durch planwidrige Mehrbelastung des Schuldners gefährdet (vgl. LAG Rheinland-Pfalz
Urteil vom 12.10.2006 - 4 Sa 281/06 - zitiert nach Juris).
Der Auffassung der Klägerin, wonach Ansprüche, die zur Insolvenztabelle angemeldet, jedoch vom
Insolvenzverwalter bestritten worden sind, von den Wirkungen eines rechtskräftigen Insolvenzplans
unberührt bleiben, kann aus dem Regelungszweck des Insolvenzplans nicht gefolgt werden.
3.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.