Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 12.07.2004

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LAG
Mainz
12.07.2004
9 Ta 141/04
Erfolgsaussichten der Rechtsverteidigung
Aktenzeichen:
9 Ta 141/04
1 Ca 651/04
ArbG Ludwigshafen
Verkündet am: 12.07.2004
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen
vom 30.04.2004, Az.: 1 Ca 651/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.456,00 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger schloss am 25.08.2003 einen schriftlichen Arbeitsvertrag über seine Beschäftigung als
Bauhelfer bei der Firma B. Umwelttechnik. Für die Firma B. Umwelttechnik, die insgesamt zwei
Arbeitnehmer beschäftigte, unterzeichnete die Beklagte als gewerberechtlich angemeldete Inhaberin des
Betriebes den Vertrag.
Mit Schreiben vom 23.02.2003 ging dem Kläger eine ordentliche Kündigung zu, wobei im Briefkopf die
Beklagte mit Anschrift angegeben, das Schreiben aber von der Steuerberaterin Z "i.A." unterzeichnet war.
Am 26.02.2004 erhob der Kläger zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts Ludwigshafen eine
Lohn- und Kündigungsschutzklage und rügte dabei unter anderem, dass der Kündigungserklärung ein
Vollmachtsnachweis für die Steuerberaterin nicht beigefügt gewesen sei; er wies die
Kündigungserklärung aus diesem Grund zurück. Des Weiteren machte er geltend, die
Kündigungserklärung sei ihm erst am 23.02.2004 zugegangen.
Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt und unter anderem ausgeführt, sie sei nicht Inhaberin
des Betriebes gewesen, sondern lediglich als Strohfrau für ihren Ehemann tätig geworden. Es werde
bestritten, dass dem Kläger die Kündigungserklärung am 23.02.2004 erst zugegangen sei.
Des Weiteren hat die Beklagte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines
Rechtsanwaltes beantragt.
Mit Schreiben vom 11.03.2004 (Bl. 28 d.A.) kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis erneut
unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
In der Güteverhandlung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.03.2004 hat die Beklagte beantragt, die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes auch auf einen
gegebenenfalls abzuschließenden Vergleich zu erstrecken. Sodann haben die Prozessparteien einen
gerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist
zum 31.03.2004 endet.
Das Arbeitsgericht hat anschließend den Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes mit Beschluss vom 30.04.2004 wegen fehlender
Erfolgsaussichten für die Rechtsverteidigung zurückgewiesen.
Die Beklagte, der diese Entscheidung am 10.05.2004 zugestellt worden ist, hat am 14.05.2004 sofortige
Beschwerde eingelegt.
Sie macht geltend,
für die beabsichtigte Rechtsverteidigung hätten schon deshalb Erfolgsaussichten bestanden, weil der
Kläger sich mit den Anträgen in seiner Kündigungsschutzklage auch gegen die rechtswirksame
Kündigung vom 11.03.2004 gewandt habe. Diese Kündigung sei auch Grundlage des gerichtlichen
Vergleiches gewesen. Zumindest sei somit Prozesskostenhilfe für den Vergleichsabschluss zu bewilligen
gewesen, da man sich auf einen Lohnanspruch des Klägers in Höhe von 1.300,00 EUR geeinigt habe,
obwohl der Kläger eine weitergehende Forderung erhoben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten
vom 02.05.2004 und 25.06.2004 Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Landearbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes sowie der Prozessgeschichte, insbesondere aber im Hinblick auf
die Beschlüsse des Arbeitsgerichtes, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2
und 3, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat unter Berücksichtigung von §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO keinen Anspruch auf
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes. Rechtliche Voraussetzung hierfür ist nach §
114 ZPO unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Dies war - wie bereits das Arbeitsgericht in seinen Beschlüssen vom 30.04.2004 und 28.05.2004
umfassend und rechtlich zutreffend ausgeführt hat - nicht der Fall. Zur Vermeidung von Wiederholungen
wird auf den Inhalt dieser arbeitsgerichtlichen Entscheidungen, die der Beklagten zugestellt und somit
bekannt sind, verwiesen.
Soweit der Beklagtenvertreter in seiner Stellungnahme zum Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichtes
ausgeführt hat, zumindest aufgrund des Vergleichsabschlusses, der erneut ausgesprochenen Kündigung
und der Miterledigung der Lohnansprüche hätte eine bewilligende Entscheidung ergehen müssen, teilt
die Beschwerdekammer diese Auffassung nicht.
Die Kündigung vom 11.03.2004 war nicht Gegenstand des Rechtsstreits, da der Kläger, nachdem ihm
diese Kündigung zugestellt worden war, keine Kündigungsklage im Sinne von § 4 Satz 1 KSchG
hiergegen erhoben hat. Mit seinem allgemeinen Feststellungsantrag, der in der Klageschrift angekündigt
worden war, verfolgte er lediglich den Zweck, nicht wegen einer Versäumung der Klagefrist aus § 4
KSchG an einer gerichtlichen Überprüfung weiterer Kündigungen ausgeschlossen zu sein. Da er aber
nach Zugang der erneuten Kündigung von der Möglichkeit des Kündigungsschutzantrages - mangels
Erfolgsaussichten zu Recht - keinen Gebrauch machte, bestand für die Beklagte insoweit auch kein
Anlass zur Rechtsverteidigung.
Im Übrigen ändert die Tatsache, dass ein gerichtlicher Vergleich geschlossen und hierbei die zuletzt
ausgesprochene Kündigung als verfahrensbeendend vereinbart wurde, nichts daran, dass es für die dem
Vergleich vorausgegangene Rechtsverteidigung an den Erfolgsaussichten fehlte. Wenn in dem Vergleich
die Wirksamkeit einer vom Kläger nicht explizit angefochtenen Kündigung zugrunde gelegt und ihm ein
höherer Vergütungsbetrag als ursprünglich eingeklagt zugestanden wird, so ergibt sich hieraus keinerlei
Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dabei eine Verteidigung von Rechtspositionen betreiben musste,
für die sie staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen kann.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß §§ 3 ff. ZPO in Höhe der erstinstanzlichen
Verfahrenskosten, soweit sie die Beklagte zu tragen hat, festgesetzt.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2
ArbGG, an einem gesetzlich begründeten Anlass.