Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 17.04.2008

LArbG Mainz: mitbestimmungsrecht, betriebsrat, initiativrecht, arbeitsgericht, zusammenleben, zusammenwirken, beschwerdekammer, stadt, form, anfechtung

LAG
Mainz
17.04.2008
9 TaBV 9/08
Beschwerdestelle nach § 13 AGG - Mitbestimmung des Betriebsrats.
Aktenzeichen:
9 TaBV 9/08
1 BV 162/07
ArbG Trier
Beschluss vom 17.04.2008
Tenor:
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 -
1 BV 162/07 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
I.
13.07.2007 im Zusammenhang mit der Errichtung einer Beschwerdestelle nach § 13 Abs. 1 AGG,
nachdem die Einigungsstelle mit dem genannten Beschluss ihre Unzuständigkeit festgestellt und das
Einigungsstellenverfahren eingestellt hat.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Der Antragsteller
(im Folgenden: Betriebsrat) ist der für die Region T. gewählte Betriebsrat. Die Filialen der Region T.
wurden zunächst vom Verkaufsbüro der Arbeitgeberin in S. betreut. Aufgrund einer Mitte November 2007
in Kraft getretenen neuen Betriebsorganisation gehört das frühere Verkaufsbüro S. nunmehr zu dem
Betriebsbüro A-Stadt bei G..
Mit Rundschreiben aus Dezember 2006 (Bl. 145 d. A.) hat die Arbeitgeberin mitgeteilt, sie habe eine
betriebliche Beschwerdestelle gem. § 13 AGG eingerichtet. Die Mitarbeiter werden hierin gebeten, alle
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz betreffenden Beschwerden an das für sie zuständige
Verkaufsbüro zu richten. Ausweislich der übereinstimmenden Erklärung der Beteiligten im
erstinstanzlichen Anhörungstermin vom 16.11.2007 (Bl. 143 d. A.) ist Beschwerdestelle i. S. d. § 13 AGG
das genannte Vertriebsbüro in A-Stadt.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, ihm stünde hinsichtlich der genannten Maßnahme ein
Mitbestimmungsrecht zu. Auf Antrag des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht Saarbrücken mit Beschluss
vom 22.03.2007 (Az.: 1 BV 4/07, Bl. 155 d. A.) zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der
Regelungsthematik "Einrichtung einer Beschwerdestelle gem. § 13 Abs. 1 AGG" einen Vorsitzenden
Richter des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz bestellt und die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu
benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin zum
Landesarbeitsgericht Saarland hat dieses mit Beschluss vom 06.06.2007, Az.: 2 TaBV 2/07 (Bl. 146 ff. d.
A.) zurückgewiesen.
Im Einigungsstellentermin vom 30.07.2007 beantragte die Arbeitgeberin, die Einigungsstelle möge sich
für unzuständig erklären und das Verfahren einstellen. Im zweiten Abstimmungsdurchgang unter
Beteiligung des Vorsitzenden ergab sich für diesen Antrag eine Mehrheit. Der Vorsitzende traf sodann die
Feststellung, dass sich die Einigungsstelle für unzuständig erklärt hat und das Verfahren daher
einzustellen sei.
In der Begründung ihres Beschlusses hat die Einigungsstelle die Auffassung vertreten, dass die vom
Betriebsrat erstrebten Regelungen betreffend Errichtung, Besetzung sowie Verfahren der
Beschwerdestelle nicht dem (erzwingbaren) Mitbestimmungsrecht unterliegen. Die Errichtung und die
personelle Besetzung der Beschwerdestelle stelle keine nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar. Durch die Benennung der zuständigen Stelle erfülle der
Arbeitgeber insoweit lediglich seine gesetzliche Verpflichtung aus § 12 Abs. 5 Satz 1 AGG. Auch unter
dem Gesichtspunkt "Regelung des Beschwerdeverfahrens" ergebe sich keine Zuständigkeit der
Einigungsstelle. Angesichts des Tenors des in der Beschwerdeinstanz bestätigten Beschlusses des
Arbeitsgerichts Saarbrücken erscheine es bereits zweifelhaft, ob hinsichtlich dieser Materie überhaupt ein
Vorsitzender der Einigungsstelle bestellt worden sei. Auch habe die Arbeitgeberin keine verbindlichen
Regeln über die Behandlung von Beschwerden und die Durchführung des Beschwerdeverfahrens
aufgestellt. Ein Initiativrecht zur Aufstellung einer Beschwerdeordnung bestehe nicht.
Mit dem zunächst beim Arbeitsgericht Saarbrücken am 27.07.2007 eingegangenen Antrag begehrt der
Betriebsrat die Feststellung, dass der Spruch der Einigungsstelle unwirksam sei. Das Arbeitsgericht
Saarbrücken hat das Streitverfahren an das Arbeitsgericht Trier verwiesen.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr.
1 BetrVG bestehe sowohl hinsichtlich der Errichtung einer zuständigen Stelle, als auch ihrer Besetzung
sowie auch hinsichtlich der Einführung eines konkreten Beschwerdeverfahrens. Dies beinhaltet auch ein
Initiativrecht des Betriebsrats.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass der Spruch der Einigungsstelle vom 13.07.2006 bezüglich der Errichtung, Besetzung
und des Verfahrens der Beschwerdestelle nach § 13 AGG unwirksam ist.
Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle habe zutreffend ihre Zuständigkeit verneint.
Insbesondere beabsichtige sie nicht, bezüglich der Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens eine
Verfahrensordnung aufzustellen oder verbindliche Verfahrensregelungen zu treffen.
Mit Beschluss vom 19.12.2007, Az.: 1 BV 162/07 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats
zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen und zusammengefasst
ausgeführt, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine
Beschwerdestelle errichtet werde, bestehe nicht, da die Arbeitgeberin lediglich einer sich aus § 13 Abs. 1
AGG ergebenden Verpflichtung nachgekommen sei und es sich insoweit um einen reinen
Gesetzesvollzug handele. Das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
werde dadurch nicht berührt.
Ob hinsichtlich der Besetzung der Beschwerdestelle und hinsichtlich des zu wahrenden
Beschwerdeverfahrens ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe, könne dahin stehen. Nach
dem Beschluss des Arbeitsgerichts Saarbrücken sei die Einigungsstelle nämlich nur hinsichtlich der
"Einrichtung" einer Beschwerdestelle errichtet worden, nicht aber hinsichtlich der Frage ihrer personellen
Besetzung und des anwendbaren Verfahrens.
Der genannte Beschluss ist dem Betriebsrat am 15.01.2008 zugestellt worden. Mit einem am 15.02.2008
beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz hat der Betriebsrat Beschwerde
eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Nach Maßgabe der genannten Beschwerdeschrift, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug
genommen wird (Bl. 217 ff. d. A.), macht der Betriebsrat im Wesentlichen geltend:
Jedenfalls bei der gebotenen Auslegung der Beschlüsse des Arbeitsgerichts Saarbrücken und des
Landesarbeitsgerichts Saarland ergebe sich, dass die Errichtung der Einigungsstelle keineswegs
ausschließlich zur Regelung der Frage erfolgt sei, ob überhaupt eine Beschwerdestelle errichtet werde.
Vielmehr ergebe sich, dass die Einigungsstelle auch zur Befassung mit den Fragen der personellen
Zusammensetzung des zu wahrenden Beschwerdeverfahrens hätte befasst werden sollen.
Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Durch die Festlegung
der Beschwerdestelle werde das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer berührt, da deren Verhalten
gerade dahin gehend geregelt werden solle, an wen sie sich bei Fragen und Beanstandungen wenden
sollten. Die Errichtung der Beschwerdestelle in Saarbrücken beträfe das Verhalten der Arbeitnehmer in
Bezug auf die betriebliche Organisation und diene dazu, die vorgegebene Ordnung des Betriebs zu
gewährleisten und aufrecht zu erhalten. Ebenso wenig liege ein reiner Gesetzesvollzug vor. Das AGG
regele gerade nicht, bei welcher betrieblicher Stelle und mit welcher personellen Besetzung eine
Beschwerdestelle zu errichten sei. Dass § 13 Abs. 1 AGG eine Beteiligung des Betriebsrats nicht
ausdrücklich erwähne, sei unerheblich, da nach § 13 Abs. 2 AGG u. a. auch § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG als
maßgeblicher Mitbestimmungstatbestand unberührt bleibe. Ein Mitbestimmungsrecht ergebe sich auch in
richtlinienkonformer Auslegung des § 13 AGG, so insbesondere aus Art. 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 der RL
2000/78/EG.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007, Az.: 1 BV 162/07 abzuändern und festzustellen,
dass der Spruch der Einigungsstelle vom 13.07.2007 rechtsunwirksam ist.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin verteidigt nach Maßgabe ihrer Beschwerdeerwiderung vom 12.03.2008 (Bl. 248 ff. d. A.)
den angefochtenen Beschluss als rechtlich zutreffend. Die Einigungsstelle sei nicht auch hinsichtlich der
Errichtung, Besetzung und des Verfahrens der Beschwerdestelle eingesetzt worden. Die Bestimmung der
zuständigen Stelle sei mitbestimmungsfrei. Ein Mitbestimmungsrecht würde in die Organisationsfreiheit
des Arbeitgebers eingreifen und sei ein unzulässiger Eingriff in dessen Berufs- und Gewerbefreiheit. Bei
der getroffenen Regelung handele es sich um gesetzlich nach Maßgabe des AGG vorgeschriebene
Zuständigkeitsregelung.
Auch die personelle Besetzung der Beschwerdestelle beträfe nicht den Gegenstand des
Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Gleiches gelte auch für die Regelung des
Verfahrens einer Beschwerdestelle. Unter Berücksichtigung des Haftungsrisikos des Arbeitgebers nach
dem AGG müsse dieser die alleinige Organisationsfreiheit der Regelung des Verfahrens haben, um
entsprechende Maßnahmen im Interesse der Abwendung einer Haftung durchführen zu können. Auch §
13 Abs. 2 AGG lasse die Rechte der Arbeitnehmervertretung lediglich unberührt, erweitere diese aber
nicht.
Ergänzend wird im Übrigen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.
II.
statthaft. Sie wurde auch entsprechend §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und
begründet. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
1. Der Antrag des Betriebsrats war zulässig. Streitgegenstand der gerichtlichen Anfechtung eines Spruchs
der Einigungsstelle im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist die Feststellung der
Rechtsunwirksamkeit des jeweiligen Einigungsstellenspruchs (vgl. etwa BAG 22.7.2003 -1 ABR 28/02-
EzA § 87 BetrVG 2001 Arbeitszeit Nr 4; GK-BetrVG/Kreutz, 8. Aufl., § 76 Rz. 145). Hierauf bezog sich bei
der gebotenen Auslegung der Antrag des Betriebsrats. Unerheblich ist insoweit, dass der Antrag des
Betriebsrats den angefochtenen Beschluss der Einigungsstelle nicht nur nach seinem Datum, sondern
auch inhaltlich („bzgl. Errichtung, Besetzung und des Verfahrens“ näher kennzeichnete. Hierbei handelt
es sich nicht um ein über die Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle hinausgehendes Begehren
etwa des Inhalts, dass die Feststellung weitergehender Mitbestimmungsrechte begehrt wird, sondern
lediglich um eine nähere Kennzeichnung des angefochtenen Spruchs. Dieser setzt sich nämlich in seiner
Begründung ebenfalls mit der Frage des Bestehens von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats
bezüglich der im Antrag genannten Gesichtspunkte auseinander.
2. Der Antrag des Betriebsrats ist jedoch nicht begründet. Der Spruch der Einigungsstelle ist
rechtswirksam, da Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats vorliegend nicht bestehen. Zwar war die
Einigungsstelle durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 22. März 2007 -1 BV 4/07- ,
bestätigt durch den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 6. Juni 2007 – 2 Ta BV 2/07- nicht
nur für die Frage errichtet, zu prüfen und ggfs. zu regeln, ob überhaupt eine eine Beschwerdestelle nach
§ 13 AGG errichtet wird, sondern darüber hinaus auch zur Prüfung der Zuständigkeit und ggfs. Erstellung
einer Regelung, wo und in welcher personellen Besetzung und in Anwendung welchen Verfahrens eine
Beschwerdestelle errichtet wird. Zu Recht ist aber die Einigungsstelle auch unter Einbeziehung dieses
Gesamtregelungsgegenstandes von ihrer Unzuständigkeit aufgrund des Nichtbestehens entsprechender
Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgegangen.
a) Soweit der Betriebsrat ausweislich seines Anfechtungsantrags und seiner Beschwerdebegründung
nicht nur ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Frage des „Ob“ der Errichtung einer Beschwerdestelle,
sondern auch hinsichtlich der näheren Ausgestaltung (Ort der Errichtung, personelle Besetzung,
Verfahrensregelungen) in Anspruch nimmt, ist es der Beschwerdekammer nicht verwehrt, die Frage der
Zuständigkeit der Einigungsstelle und damit die Frage des Bestehens von Mitbestimmungsrechten
hinsichtlich aller genannten Gesichtspunkte zu prüfen.
Dies wäre allerdings dann der Fall, wenn die Einigungsstelle nur zur Regelung der Frage, ob überhaupt
eine Beschwerdestelle errichtet wird und wo und bei welcher Stelle diese organisatorisch angesiedelt
wird, bestellt worden wäre, da es dann hinsichtlich der genannten weiteren Fragen an einer Regelungs-
und Entscheidungszuständigkeit der Einigungsstelle fehlen würde. Die Einigungsstelle ist zwar nicht an
Anträge der Beteiligten gebunden, muss sich jedoch in dem Entscheidungsrahmen halten, der durch die
konkrete Meinungsverschiedenheit zu deren Beilegung sie angerufen wurde, vorgegeben wird (vgl. BAG
30.1.1990 – 1 ABR 2/89 - EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr 27). Soweit im Rahmen
einer Anfechtung eines Spruchs der Einigungsstelle, der die Zuständigkeit der Einigungsstelle verneint,
deren Zuständigkeit auf das Bestehen von Mitbestimmungsrechten hinsichtlich solcher
Regelungsgegenstände gestützt wird, die nicht zum Regelungsauftrag der Einigungsstelle gehören, kann
dies die Zuständigkeit der Einigungsstelle nicht begründen. Vielmehr wäre dann insoweit die Errichtung
einer weiteren Einigungsstelle nach Maßgabe von § 76 Abs. 5, 6 BetrVG und ggfs. durch Einleitung eines
Verfahrens nach § 98 ArbGG erforderlich.
Vorliegend ergibt sich der Regelungsauftrag der Einigungsstelle aus den genannten Beschlüssen des
Arbeitsgerichts Saarbrücken und des Landesarbeitsgerichts Saarland. Der Arbeitgeberin ist zuzugeben,
dass nur unter Berücksichtigung des Tenors der vom Landesarbeitsgericht Saarland bestätigten
Entscheidung des Arbeitsgerichts Saarbrücken („Einigungsstelle mit der Regelungsthematik „Einrichtung
einer Beschwerdestelle gem. §13 Abs. 1 AGG“) nicht zweifelsfrei feststeht, zu welchem genauen
Regelungsgegenstand die Einigungsstelle errichtet werden sollte. Der Gegenstand des Verfahrens vor
der Einigungsstelle ergibt sich aber bei der gebotenen und möglichen Auslegung. Der Tenor gerichtlicher
Beschlüsse im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist der Auslegung fähig, wobei maßgeblich auch
die Gründe der gerichtlichen Entscheidung heranzuziehen sind. Im Zweifel ist dasjenige gewollt, was
nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage der
Parteien entspricht BGH 9. Juli 2002 - KZR 13/01 -). Dies gilt nicht nur für die Auslegung gerichtlicher
Entscheidungen im Urteilsverfahren (vgl. dazu etwa BAG 31.3.2004 -10 AZR 254/03 - ZInsO 2005, 50, B II
1 der Gründe), sondern auch bei Entscheidungen im Beschlussverfahren (BAG 22.04.1997 -1 ABR 74/96-
EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr 3, BI 1 der Gründe). Der Begriff der „Einrichtung“ hat nach dem
Sprachsinn nicht nur den Bedeutungsgehalt der „Errichtung“, sondern kann auch den Vorgang der
Errichtung einer Stelle unter Einschluss des zur vollen Funktionsfähigkeit Erforderlichen bezeichnen. Die
Auslegung unter Heranziehung der Gründe der genannten Beschlüsse, insbesondere des
Landesarbeitsgericht Saarland, ergibt, dass die Einigungsstelle auch zur Prüfung und Regelung der
weitergehenden Fragen, wo eine Beschwerdestelle errichtet wird, wie diese personell besetzt ist und
welches Verfahren ggfs. zur Anwendung kommt, errichtet wurde. Das Landesarbeitsgericht Saarland hat
sich in der Begründung seines Beschlusses insoweit nicht lediglich auf die Erörterung des rechtlichen
Meinungsstandes hinsichtlich der Einrichtung einer Beschwerdestelle beschränkt, sondern ausführlich
auch den Meinungsstand hinsichtlich der Fragen der personellen Besetzung und der Regelung des
Beschwerdeverfahrens herangezogen. Diese Auslegung entspricht auch der Interessenlage der
Beteiligten: Dem Betriebsrat geht es erkennbar darum, im Interesse der Wahrnehmung eigener Rechte
und im Interesse des Schutzes der Beschäftigten am Beschwerdeverfahren beteiligt zu sein und eine für
die Beschäftigten gut erreichbare Beschwerdestelle zu erreichen. Dies beinhaltet sämtliche der
aufgeworfenen Regelungsfragen. Diese Auslegung liegt aber auch im Interesse der Arbeitgeberin: Sie
hatte sich im gerichtlichen Bestellungsverfahren auf das Nichtbestehen von Mitbestimmungsrechten
hinsichtlich aller genannten Gesichtspunkte berufen. Ein Interesse der Arbeitgeberin daran, dass ggf. die
Einzelaspekte der organisatorischen Ansiedlung einer Beschwerdestelle, ihrer personellen
Zusammensetzung und die Frage des zu wahrenden Verfahrens ggfs. gesondert zum Gegenstand von
Einigungsstellenverfahren, ggfs. nach vorangehenden erneuten gerichtlichen Bestellungsverfahren
gemacht werden könnten, ist nicht erkennbar. Dem entspricht es, dass auch die Einigungsstelle selbst in
der Begründung ihres Spruchs zwar Zweifel an der Tragweite des Bestellungsbeschlusses geäußert hat,
sich aber inhaltlich mit der Frage des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts auch hinsichtlich der über
die eigentliche Schaffung der Einigungsstelle hinausgehenden Gesichtspunkte auseinandergesetzt hat.
b) Auch unter Zugrundelegung dieses weitergehenden Regelungsgegenstandes der Einigungsstelle ist
deren ihre Unzuständigkeit annehmende Beschluss vom 13.7.2007 nicht zu beanstanden, da es an einem
erzwingbaren Mitbestimmungsrecht, welches die Zuständigkeit der Einigungsstelle im Sinne des § 76
Abs. 5 BetrVG begründen könnte, fehlt.
aa) Die Frage, ob überhaupt eine Beschwerdestelle für Beschwerden nach § 13 Abs. 1 AGG errichtet wird,
unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG
scheidet bereits nach dem Eingangssatz der genannten Norm aus. Der Arbeitgeber ist nach §§ 13 Abs. 1
Satz 1, 12 Abs. 5 AGG zur Errichtung einer solchen Beschwerdestelle und deren Bekanntmachung
verpflichtet, so dass insoweit die Sperrwirkung des § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG greift. Dies
entspricht –soweit ersichtlich- allgemeiner Auffassung (vgl. etwa: LAG Hamburg 17.4.2007 -3 TaBV 6/07-
BB 2007, 2070 ff.; ArbG Hamburg 20.2.2007, BB 2007, 779 ff.; Westhauser/Sediq, NZA 2008 78 (79);
Ehrich/Frieters, DB 2007, 1026; Nägele/Frahm ArbRB 2007, 140 (142); Müller-Bonanni/Sagan, ArbRB
2007, 50 (53); Mohr DB 2007, 2074 (2075)).
bb) Aber auch hinsichtlich der organisatorischen Ansiedlung und personellen Besetzung besteht nach
Auffassung der Beschwerdekammer kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
(1) Ob hinsichtlich der genannten Fragen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht, wird
kontrovers diskutiert:
Zum Teil wird ein derartiges Mitbestimmungsrecht unter Hinweis auf § 87 Abs.1 Nr. 1 BetrVG bejaht oder
im Rahmen der Prüfung der offensichtlichen Unzuständigkeit einer Einigungsstelle im Verfahren nach
§ 98 ArbGG in Erwägung gezogen. Zur Begründung wird geltend gemacht, ein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bestehe nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber das betriebliche
Zusammenwirken und Zusammenleben der Arbeitnehmer im Betrieb durch verbindliche Verhaltensregeln
beeinflusse oder koordiniere, sondern auch dann, wenn dies durch sonstige Maßnahmen geschehe. Dies
aber sei bei Festlegung der zuständigen Stelle der Fall, weil die Frage betroffen sei, bei welcher Person
oder Personengruppe sich Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme des Beschwerderechts nach § 13 Abs. 1
AGG beschweren müssten (so LAG Hamburg 17.4.2007, aaO., S. 2072) oder könnten (so Ehrich/Frieters,
aaO., S. 1027; so auch ErfK/Schlachter, 8. Aufl., § 13 AGG Rz. 2; Kamanabrou RdA 2006, 312 (325)).
Zudem würde ein etwaiges Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Regelung des
Beschwerdeverfahrens möglicherweise leer laufen, wenn der Arbeitgeber die Beschwerdestelle
mitbestimmungsfrei besetzen könne. Es sei nicht zwingend von einer abschließenden gesetzlichen
Regelung im Sinne des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG auszugehen. § 13 Abs. 2 BetrVG bilde einen
vertretbaren rechtlichen Ansatz dafür, nicht von einer abschließenden gesetzlichen Regelung
auszugehen. Für die vehaltenssteuernde Aufgabe der zuständigen Stelle sei es von wesentlicher
Bedeutung, wo diese organisatorisch angebunden und personell besetzt sei (LAG Hamburg aaO.).
Nach anderer Auffassung (etwa Nägele/Frahm, aaO., S. 142 mwN) hängt das Bestehen eines
Mitbestimmungsrechts davon ab, ob der Arbeitgeber verbindliche Regeln für die Behandlung von
Beschwerden und die Durchführung des Verfahrens aufstellen will. Dies könne auch dadurch geschehen,
dass die Handlungsobliegenheiten nach § 13 Abs. 1 Satz 2 AGG (Prüfung der
Beschwerde/Ergebnismitteilung an Beschwerdeführer) delegiert würden.
Schließlich wird die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht scheide generell aus. (zuletzt
Westhauser/Sediq, aaO., 79 ff mwN.; so etwa auch Oetker, NZA 2008, 264, 270; Müller-Bonanni/Sagan,
aaO., S. 52; Grobys, NJW-Spezial, Heft 9, 2007, S. 417; Mohr, aaO., S. 2074 f. ; Gach/Julis, BB 2007, 773,
774 f.).
(2) Nach Auffassung der Beschwerdekammer besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der
Frage der personellen Besetzung der zuständigen Stelle im Sinne der §§ 13 Abs. 1, 12 Abs. 5 AGG nicht.
Im Ausgangspunkt zutreffend stimmen alle genannten Auffassungen darin überein, dass ein eventuelles
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der personellen Besetzung und organisatorischen
Ansiedlung der zuständigen Stelle im Sinne des § 13 Abs. 1 AGG nur nach § 87 Abs. 1 BetrVG in Betracht
kommt.
Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des
Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche
Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner
Leitungsmacht durch das Aufstellen von Verhaltensregeln oder durch sonstige Maßnahmen beeinflussen
und koordinieren. Zur Gestaltung der Ordnung des Betriebes zählen dabei sowohl verbindliche
Verhaltensregeln als auch Maßnahmen, die das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche
Ordnung betreffen und berühren, ohne Normen für das Verhalten zum Inhalt zu haben. Ausreichend ist es,
wenn eine solche Maßnahme darauf gerichtet ist, die vorgegebene Ordnung des Betriebes zu
gewährleisten und aufrechtzuerhalten (BAG 27.01.2004- 1 ABR 7/03- EzA § 87 BetrVG 2001
Kontrolleinrichtung Nr 1; 11.6.2002 -1 ABR 46/01- EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung Nr. 28;
28.05.2002 -1 ABR 32/01 - EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung Nr 29).
Die Bekanntmachung und Bestimmung einer zuständigen Stelle im Sinne des § 13 Abs. 1 AGG betrifft
bereits nicht das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb. Ausgangspunkt
einer Beschwerde nach § 13 AGG wird zwar ein Verhalten/Unterlassen in diesem Bereich des
Zusammenlebens oder Zusammenwirkens der Arbeitnehmer sein. Indessen ist die Verlautbarung einer
zur Entgegennahme der Beschwerde zuständigen Stelle nicht darauf gerichtet, das Verhalten der
Arbeitnehmer untereinander zu regeln oder zu berühren, da keine inhaltlichen Vorgaben zur Erreichung
der Ziele des AGG gemacht werden. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit durch die Errichtung einer
bestimmten Beschwerdestelle oder deren konkrete Besetzung die Beschäftigten in ihrem Verhalten
zueinander unmittelbar oder mittelbar beeinflusst werden könnten.
Jedenfalls aber fehlt es im vorliegenden Fall an einer Maßnahme, die darauf gerichtet ist, durch Ausübung
der Leitungsmacht das Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer im Betrieb zu
koordinieren oder zu beeinflussen. An einer verbindlichen Weisung, sich im Falle von Beschwerden
wegen einer Benachteiligung im Sinne des § 13 AGG nur oder jedenfalls auch an die von der
Arbeitgeberin benannte Stelle, zuletzt also das Vertriebsbüro in A-Stadt, zu wenden, lässt sich nicht
feststellen. Das Rundschreiben der Arbeitgeberin aus Dezember 2006 (Bl. 145 d.A.) enthält keine
Weisung. Anhaltspunkte dafür, dass nach Ansiedlung der Beschwerdestelle in A-Stadt eine
entsprechende Weisung ergangen ist, bestehen nicht.
Das Schreiben formuliert eine Bitte, nicht aber eine Handlungsanweisung oder -erwartung. Hierbei ist
auch zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 5 AGG verpflichtet ist, die zuständigen
Stellen im Sinne des § 13 Abs. 1 AGG im Betrieb bekannt zu machen. Der Arbeitgeber ist gerade nicht im
Rahmen seiner Leitungsmacht frei, eine Beschwerdestelle zu benennen, sondern ist hierzu gesetzlich
verpflichtet. Auch dies spricht dafür, dass die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall lediglich ihrer Pflicht nach
§ 12 Abs. 5 AGG nachkommen wollte, ohne aber gleichzeitig eine verhaltenssteuernde Regelung mit dem
Ziel oder Anspruch einer gewissen Mindestverbindlichkeit zu schaffen. Es handelt sich vielmehr um den
Hinweis auf eine ggfs. neue Zuständigkeit im Betrieb (vgl. Westhauser/Sediq, aaO., S. 81). Die
Entscheidung des Arbeitgebers, welche Stelle für die Entgegennahme einer Beschwerde nach § 13 Abs.
1 AGG zuständig ist, betrifft die interne Betriebsorganisation, ohne unmittelbar das sonstige Verhalten der
Arbeitnehmer zu koordinieren (Oetker, NZA 2008, 264, 270). Entscheidungen des Arbeitgebers zur
Organisation des Betriebs betreffen zwar auch in einem weiteren Sinne die „Ordnung des Betriebs“,
unterfallen aber nicht § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Oetker, aaO.; GK-BetrVG/Wiese, 8. Aufl., § 87 Rz. 173).
Desweiteren spricht gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates auch, dass durch § 13 AGG nach
der Gesetzesbegründung keine von den bestehenden Regelungen abweichendes Beschwerdeverfahren
geschaffen werden sollte. In der Gesetzesbegründung im Regierungsentwurf zu § 13 Abs. 1 AGG (BT-Dr
16/1780, S. 37) wird insoweit ausgeführt:
„“…Die Vorschrift enthält keine Neuerung; entsprechende Beschwerdemöglichkeiten bestehen auch nach
geltendem Recht. Da die Beschwerde aber sowohl Grundlage für Maßnahmen des Arbeitgebers als auch
für weitere Ansprüche der Beschäftigten sein kann, ist die Vorschrift entsprechend § 3 des
Beschäftigtenschutzgesetzes aufgenommen worden. Der Begriff der zuständigen Stelle ist umfassend zu
verstehe. Dies kann beispielsweise ein Vorgesetzter, eine Gleichstellungsbeauftragte oder eine
betriebliche Beschwerdestelle sein.“
Zur Begründung des § 13 Abs. 2 AGG wird ausgeführt:
„Die Vorschrift stellt klar, dass Rechte der Arbeitnehmervertretungen, wie z.B. nach § 85 BetrVG, unberührt
bleiben.“
Hieraus wird deutlich, dass an das bestehende System des Beschwerderechts angeknüpft werden sollte
und im Hinblick auf die Rechte des Betriebsrats keine Erweiterung erfolgen sollte, sondern die
Beschwerde nach § 13 Abs. 1 AGG sich in das System der bestehenden Rechte des Betriebsrats im
Beschwerdeverfahren des BetrVG eingliedert. Diesbezüglich ist aber anerkannt, dass die Festlegung wer
oder welche Stelle zuständige Stelle im Sinne des § 84 Abs. 1 BetrVG ist, sich nach der
Betriebsorganisation richtet, über die der Arbeitgeber (mitbestimmungsfrei) entscheidet (vgl. etwa GK-
BetrVG/Wiese, § 84, Rz. 16; Buschmann, in: Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 9. Aufl., § 84 Rz. 12; Thüsing,
in: Richardi/Thüsing, BetrVG, 9. Aufl., § 84, Rz. 12; zu § 3 BeschSchG vgl. etwa ErfK/Schlachter, 7. Aufl., §
3 BeschSchG, Rz. 1)und eine mitbestimmte Regelung nur in Form einer freiwilligen kollektiven
Vereinbarung in Betracht kommt, § 86 BetrVG.
Auch der von der Beschwerde herangezogene Gesichtspunkt richtlinienkonformer Auslegung rechtfertigt
keine andere rechtliche Beurteilung. In den dem AGG zugrunde liegenden Richtlinien (RL 2000/43/EG;
RL 2000/78/EG; RL 2002/73/EG; RL2004/113/EG) finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der
Arbeitnehmervertretung Mitbestimmungsrechte einzuräumen sind (Westhauser/Sediq, aaO., S. 80).
Die von der Beschwerde angesprochene Regelung in Art. 9 Abs. 2 RL 2000/78/EG hat ihren Niederschlag
in § 23 AGG gefunden. Der Verpflichtung aus Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie dienen § 17, § 13 Abs. 2 AGG
i.V.m. etwa mit §§ 75, 80 Abs. 1, § 85 Abs. 1 BetrVG. Soweit die Beschwerde geltend macht, der
Betriebsrat müsse von einer Beschwerde Kenntnis haben, um abklären zu können, ob der betroffene
Arbeitnehmer im Beschwerdeverfahren unterstützt werden möchte, ist darauf hinzuweisen, dass auch
nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie eine Unterstützung nur mit Einwilligung des Beschäftigten erfolgt. Es steht
dem Betriebsrat frei, die von ihm vertretenen Arbeitnehmer auf die bestehenden Rechte im Rahmen des
Beschwerdeverfahrens hinzuweisen, insbesondere auch auf die Möglichkeit der Hinzuziehung eines
Betriebsratsmitglieds nach § 84 Abs. 2 BetrVG. Ebenso bleibt es ihm unbenommen, auf das
Beschwerdeverfahren im Sinne des § 85 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG hinzuweisen, welches alternativ und
kumulativ zur Beschwerdemöglichkeit im Sinne des § 13 Abs. 1 AGG besteht (vgl. nur Westhauser/Sadiq,
aaO., S. 80). Schließlich ist auch auf die bestehenden Informationsrechte nach § 80 Abs. 2 i.V.m. § 80 Abs.
1 Nr. 1 BetrVG hinzuweisen.
cc) Im vorliegenden Fall besteht auch kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezüglich der
Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens. Es ist nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin vorliegend die
Einführung von Regeln über die Durchführung des Beschwerdeverfahrens beabsichtigt. Ein
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats käme daher nur in Betracht, wenn dem Betriebsrat ein sog.
Initiativrecht zustünde, kraft dessen er ggfs. über die Einigungsstelle auch gegen den Willen des
Arbeitgebers die Aufstellung von Verfahrensregeln für das Beschwerdeverfahren verlangen könnte. Als
Grundlage eines derartigen Initiativrechts kommt wiederum nur § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht.
Zum Teil wird im Hinblick darauf, dass die Regelung des Beschwerdeverfahrens dem Regelungsbereich
des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterfallen sollen, auch ein dementsprechendes Initiativrecht des
Betreibsrats bejaht (so insbes. Ehrich/Frieters, aaO., S. 1027; LAG Hamburg 17.4.2007, aaO., S. 2072 f.).
Zum Teil wird ein Mitbestimmungsrecht nur für den Fall bejaht, dass der Arbeitgeber entsprechende
Verfahrensregelungen treffen wolle; ein Initiativrecht bestehe aber nicht (so etwa Nägele/Frahm, aaO., S.
142; Gach/Julis, BB 2007, 773, 775 f.; wohl auch Westhauser/Sadiq, aaO., S. 81 f.). Zum Teil wird ein
Mitbestimmungsrecht generell abgelehnt (so etwa Mohr, aaO., 2075).
Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist unter bestimmten Voraussetzungen ein
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht zu ziehen, besteht aber
nur dann, wenn der Arbeitgeber bestimmte Regelungen zur Vereinheitlichung des Beschwerdeverfahrens
überhaupt einführen will.
Nicht sämtliche denkbaren Regelungen im Rahmen einer Regelung des Beschwerdeverfahrens berühren
das sog. Ordnungsgverhalten im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Insofern sollen Richtlinien zu den
Modalitäten des Beschwerdeverfahrens von allen Arbeitnehmern zwar unabhängig von der
Arbeitsleistung zu beachten sein, allerdings bleibt der Bezug zur betrieblichen Ordnung problematisch, da
von dem Mitbestimmungsrecht auch solche Regelungen ausgeklammert sind, die lediglich das Verhalten
des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer bzw. umgekehrt betreffen . Erst wenn das sonstige Verhalten der
Arbeitnehmer koordiniert werden soll, betrifft dies die Ordnung des Betriebes. Gerade diese
Koordinierungsfunktion ist bei Verfahrensregeln bezüglich des Beschwerdeverfahrens nach § 13 AGG
nicht erkennbar. Die Schwelle zum mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten ist jedoch etwa dann
überschritten, wenn sich die einheitliche Regelung des Beschwerdeverfahrens auch auf die von dem
Arbeitnehmer bei einer Beschwerde zu wahrenden Förmlichkeiten durch Form-, Frist- bzw.
Begründungserfordernisse beziehen soll (Oetker NZA 2008, 264 , 269 f.).
Gleichwohl scheidet ein Initiativrecht des Betriebsrats aus, da dies in Widerspruch zu den spezielleren
Regelungen des BetrVG zur Regelung des Beschwerdeverfahrens treten würde. Bezüglich der durch § 86
BetrVG möglichen Betriebsvereinbarungen zur näheren Regelung des Beschwerdeverfahrens entspricht
es allgemeiner Auffassung, dass es sich um freiwillige Betriebsvereinbarungen handelt, deren
Zustandekommen nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle herbeigeführt werden kann (vgl. Oetker
aaO, S. 269 mwN. in Fn. 78). Diese gesetzgeberische Wertung würde konterkariert, wenn dem Betriebsrat
ein Initiativrecht zugebilligt wird und dieser unter Hinweis darauf, dass Gegenstand einer von ihm
erstrebten Regelung etwa auch die Wahrung bestimmter Förmlichkeiten oder Fristen sein soll, ggf. über
ein Einigungsstellenverfahren die Einführung einer Verfahrensregelung erzwingen könnte. Wie aber
bereits ausgeführt, verdeutlicht insbesondere die Gesetzesbegründung zu § 13 AGG, dass an das
bestehende System des Beschwerderechts angeknüpft werden sollte und im Hinblick auf die Rechte des
Betriebsrats keine Erweiterung erfolgen sollte, sondern die Beschwerde nach § 13 Abs. 1 AGG sich in das
System der bestehenden Rechte des Betriebsrats im Beschwerdeverfahren des BetrVG eingliedert. Ein
Initiativrecht scheidet daher aus (ebenso Westhauser/Sadiq, aaO., S. 81 f.).
III.
kontroversen Diskussionsstand, das Fehlen einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und die
Bedeutung der Rechtsfragen auch für andere Fälle war nach §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die
Rechtsbeschwerde zuzulassen.