Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2010

LArbG Mainz: urlaub, arbeitsgericht, treu und glauben, tarifvertrag, verzug, erfüllung, auszahlung, anfang, unternehmen, abgeltung

LAG
Mainz
23.11.2010
3 Sa 319/10
Auslandsarbeitsverhältnis
Aktenzeichen:
3 Sa 319/10
5 Ca 517/09
ArbG Ludwigshafen
- AK Landau -
Entscheidung vom 23.11.2010
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein - Auswärtige
Kammern Landau in der Pfalz - vom 06.05.2010 - Az: 5 Ca 517/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 92.710,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen dem am 13.06.1943 geborenen Kläger und der Beklagten bestand seit Frühjahr 1968 (s. dazu
den Arbeitsvertrag vom 15.05.1968, Bl. 204 d.A.) bis zum 30.06.2008 ein Arbeitsverhältnis. In dem
(weiteren) Arbeitsvertrag vom 31.01.1974 (Bl. 205 ff. d.A.) heißt es u.a. in Ziffer
11. - Gesetze, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen -
"Im Übrigen finden die gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen, die Arbeitsordnung … in der jeweils
gültigen Fassung Anwendung".
Unter dem 16.01./25.01.2006 schlossen die Parteien die "Vereinbarung für den internationalen Einsatz
(Entsendung LongTerm)" (Bl. 35 ff. d.A.; folgend: Entsendungsvereinbarung). Demgemäß war der Kläger
"ab dem 01.01.2006 als CKD-Koordinator bei Iran K. Diesel … (Einsatzgesellschaft) in Teheran, Iran, tätig"
(- "Iran K. Diesel" = folgend: IKD). Sein Dienstvorgesetzter war der (Zeuge und
Streitverkündungsempfänger) Dr. A. (von der Beklagten auf S. 2 der Klageerwiderung vom 15.09.2009 [=
Bl. 73 d.A.] als "Wörther Vorgesetzter des Klägers" bezeichnet). In Ziffer 1. - Vertragsgegenstand - der
Entsendungsvereinbarung wird Bezug genommen auf die Rahmenbedingungen für internationale
Langfrist-Einsätze (Going Global Richtlinie) einschließlich der jeweils gültigen Vergütungsleitlinie.
Außerdem heißt es dort:
"Die Bestimmungen des bestehenden Arbeitsvertrages gelten fort, soweit diese Zusatzvereinbarung nichts
anderes bestimmt".
Wegen des Inhalts der Entsendungsvereinbarung im Einzelnen wird auf Bl. 35 ff. d.A. verwiesen.
Hinsichtlich der Arbeitszeit und des Urlaubs heißt es dort (s. Bl. 38 d.A. - unten -) in Ziffer 2.8:
"Ihre Arbeitszeit orientiert sich an den im Einsatzland geltenden Arbeitszeiten (im jeweiligen Betrieb). Sie
berücksichtigt die dort üblichen Feiertage und Mehrarbeitszeiten.
Sie haben Anspruch auf 30 Tage Jahresurlaub bei einer 6-Tage-Woche. Sie stimmen die Lage des
Urlaubes mit ihrem Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange ab".
Die in der Entsendungsvereinbarung zitierte Vergütungsleitlinie befindet sich in Bl. 122 ff. d.A., worauf
verwiesen wird. Mit verschiedenen Schreiben von Oktober 2007 stellte die Beklagte dem Kläger die
Vergütung für den Auslandseinsatz dar,
- auf diese Schreiben wird verwiesen, - s. dazu für die Zeit
- ab 01.01.2006: Bl. 49 ff. d.A.,
- ab 01.06.2006: Bl. 52 ff. d.A.,
- ab 01.01.2007: Bl. 64 ff. d.A.
und
- ab 01.06.2007: Bl. 67 ff. d.A.).
Mit dem weiteren Schreiben von Oktober 2007 teilte die Beklagte dem Kläger die Ergebnisse der
damaligen Einkommensüberprüfung mit (s. dazu Bl. 56 ff. d.A.).
Gemäß Ziffer 5.6 - Beendigung und Wiedereingliederung - der Entsendungsvereinbarung endete diese
"automatisch am 31.12.2007".
Der Kläger trägt vor - von der Beklagten bestritten -, dass er nach dem 31.12.2007 immer wieder vier
Wochen in den Iran gegangen sei, - dann wieder ein paar Tage im Werk W. gewesen sei und von dort aus
die Mitarbeiter im Iran telefonisch instruiert und ihnen Weisungen erteilt habe.
Unter Bezugnahme auf die mit dem Schriftsatz vom 29.04.2010 (Bl. 258 ff. d.A.) vorgelegte Fehlzeiten-
Statistik (Anlage 10; Bl. 268 ff. d.A.) behauptet die Beklagte, dass der Kläger im Jahre 2008 überhaupt
keine Auslandseinsätze wahrgenommen habe.
Unstreitig ist, dass dem Kläger der anteilige Urlaubsanspruch für das 1. Halbjahr 2008 vor dem
01.07.2008 in natura gewährt wurde (s. dazu S. 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 15.04.2010 = Bl. 239
d.A.; Fehlzeiten-Statistik der Beklagten, Bl. 268 d.A.).
Nach vorangegangener außergerichtlicher Korrespondenz (s. dazu zuletzt das Anwaltsschreiben des
Klägers vom 05.03.2009, Bl. 10 f. d.A, und das Schreiben der Beklagten vom 11.03.2009, Bl. 11 d.A.) hat
der Kläger die Klage vom 25.05.2009 erhoben, die an diesem Tag bei dem Arbeitsgericht eingegangen ist
und die der Beklagten am 28.05.2009 zugestellt wurde. Mit dieser Klageschrift beansprucht der Kläger
- eine Überstundenabgeltung für 743 Überstunden in Höhe von 25.611,21 EUR
sowie
- eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 17.892,00 EUR.
Im Schriftsatz vom 07.08.2009, der an diesem Tag bei dem Arbeitsgericht eingegangen ist und der der
Beklagten am 13.08.2009 zugestellt wurde, beanspruchte der Kläger mit dem Klageantrag zu 3 die
Zahlung weiterer 62.052,25 EUR netto (nebst Zinsen). Außerdem begehrte er nunmehr die bislang als
Bruttobeträge geltend gemachten 25.611,21 EUR und 17.892,00 EUR (aus der Klageschrift vom
25.05.2009) als Nettobeträge.
Nach Erlass des Versäumnisurteils vom 19.11.2009 - 5 Ca 517/09 - und rechtzeitiger
Einspruchseinlegung reichte der Kläger mit dem Schriftsatz vom 03.12.2009 die Anlage K 12 zur
Gerichtsakte (= Bl. 165 ff. d.A.: "Stunden-Nachweis 2006 bei 6-Tage-Woche mit 45 Stunden" und
"Stunden-Nachweis 2007 bei 6-Tage-Woche mit 45 Stunden").
Mit dem Schriftsatz vom 15.04.2010 (Bl. 229 ff. d.A.) reduziert der Kläger die mit dem Klageantrag zu 3
geltend gemachte Forderung auf den Betrag von 49.044,00 EUR netto. Dieser Betrag setzt sich aus den
beiden Beträgen zusammen, die die Beklagte auf Seite 20 - oben - des Schriftsatzes vom 11.01.2010
nennt (= Bl. 196 d.A.; vgl. dazu den Schriftsatz des Klägers vom 15.04.2010, dort S. 6 = Bl. 234 d.A.).
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird
gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom
06.05.2010 - 5 Ca 517/09 - (dort S. 2 ff. = Bl. 292 ff. d.A.). In dem vorbezeichneten Urteil hat das
Arbeitsgericht das (klageabweisende) Versäumnisurteil vom 19.11.2009 aufrechterhalten. Gegen das ihm
am 28.05.2010 zugestellte Urteil vom 06.05.2010 - 5 Ca 517/09 - hat der Kläger am 28.06.2010 Berufung
eingelegt und diese am 30.08.2010
- innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Beschluss vom 26.07.2010, Bl. 329 d.A.)
- mit dem Schriftsatz vom 30.08.2010 begründet.
Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers
vom 30.08.2010 (Bl. 347 ff. d.A.) und vom 03.09.2010 (Bl. 365 f. d.A.) verwiesen. Der Kläger bringt
insbesondere vor:
Soweit das Arbeitsgericht hinsichtlich der Urlaubsabgeltungs- und Überstundenansprüche darauf
abstelle, der Kläger habe zu unrecht eine Nettolohnforderung geltend gemacht, beanstandet der Kläger
das Unterlassen eines Hinweises gemäß § 139 ZPO, - außerdem bezieht sich der Kläger auf seine
Ausführungen, wonach auch bei zeitnaher Abrechnung der Überstunden und des
Urlaubsabgeltungsanspruches Steuern hierauf hätten nicht abgeführt werden müssen, da im Iran für ihn
keine Steuern angefallen seien. Die Steuerberatergesellschaft habe ihm bestätigt, dass Steuern für seine
Urlaubs- und Überstundenansprüche nicht angefallen wären. Der Kläger verweist auf die (im
Berufungsverfahren erfolgte) Umstellung seiner Klageanträge dahingehend, dass zumindest keine
Steuern vom Bruttogehaltsanspruch seitens der Beklagten einbehalten werden dürften, - es seien
lediglich die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Im Übrigen stehe dem Kläger ein
Schadensersatzanspruch zu, soweit für den Urlaubsabgeltungs- und Überstundenanspruch nunmehr
Steuern abzuführen seien. Hätte die Beklagte zeitnah während des Aufenthalts des Klägers im Iran die
Überstunden und den Urlaub abgegolten, wären Steuern nicht angefallen. Allein aufgrund der Trägheit
der Beklagten, die vom Kläger über den Zeugen Dr. A. in der Personalabteilung geltend gemachten
Überstunden und den dem Kläger zustehenden Urlaub nicht abzurechnen und abzugelten, fielen
nunmehr in Deutschland Steuern an (- der Einsatz des Klägers im Iran ist beendet und der Kläger befindet
sich zwischenzeitlich in Rente -). Nach näherer Maßgabe seiner weiteren Ausführungen wirft der Kläger
dem Arbeitsgericht Voreingenommenheit vor.
Zum Vergütungsanspruch für Mehrarbeit in Form von Überstunden (Überstundenabgeltung für 743
Stunden aus den Jahren 2006 und 2007):
Soweit es um die Darlegung und Begründung seiner Überstundenforderung geht, verweist der Kläger auf
die erstinstanzlich vorgelegte "Liste" (- gemeint sind damit die "Stundennachweise" für die Jahre 2006 und
2007, - vorgelegt mit dem Schriftsatz vom 03.12.2009 als Anlage K 12 = Bl. 165 ff. d.A.). Der Kläger ist der
Auffassung, dass diese Liste jedenfalls in Verbindung mit der Genehmigung des Vorgesetzten, des
Zeugen Dr. A., der die Überstunden anhand von telefonischen Angaben und Absprachen regelmäßig
überwacht und genehmigt habe, ausreiche. Das Arbeitsgericht weise starr auf die Rechtsprechung des
BAG hin, ohne die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, bei dem es sich nicht um den
"Standardfall" handele. Mit dem Zeugen Dr. A. seien sämtliche Modalitäten des Einsatzes des Klägers im
Iran abzustimmen gewesen, wozu aus Sicht des Klägers auch die Frage von "Überstunden- und
Urlaubsbeantragung sowie Urlaubsaussetzung etc." gehörten. Eines Nachweises der Notwendigkeit der
Überstunden bedarf es aus Sicht des Klägers nicht, denn er habe sich an seinen Vorgesetzten gewandt, -
dieser habe nicht nur die Überstunden genehmigt, - sie seien im Einzelnen mit ihm abgestimmt worden.
Der Zeuge Dr. A. habe den Kläger zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass er sich hinsichtlich der
Überstunden an die Personalabteilung in W. oder St. hätte wenden sollen. Klar sei zwischen dem Zeugen
Dr. A. und dem Kläger geregelt gewesen, dass die Vorgehensweise des Klägers völlig korrekt und in
Ordnung sei. Im Übrigen - so bringt der Kläger weiter vor - hätte er mit der Personalabteilung, die
zwischenzeitlich (wohl während des Jahres 2006) von W. an die Zentrale nach St. verlagert worden sei,
auch keinen Kontakt vom Iran aus aufnehmen können, - allenfalls schriftlich, was Wochen gedauert hätte.
Email-Verkehr zwischen Iran und Deutschland habe es für diese Zwecke nicht gegeben. Dr. A. habe nicht
nur gewusst, welche Arbeiten der Kläger verrichtete, - er habe auch den Arbeitsumfang gekannt. Dr. A.
habe sich für den Kläger dahingehend eingesetzt, dass die Überstunden von der Personalabteilung
alsbald abgerechnet würden. Dr. A. habe gegenüber dem Kläger nie Zweifel darüber erweckt, dass seine
Überstundenaufstellung und die geltend gemachten Überstunden an sich streitig seien. Vor diesem
Hintergrund könne die Personalabteilung der Beklagten nicht Jahre später entgegen den eindeutigen
Aussagen des Zeugen Dr. A. einwenden, die Überstundengeltendmachung entspräche nicht den
formalen Anforderungen der Beklagten und der BAG-Rechtsprechung. Derartige Einwendungen seien
treuwidrig und widersprüchlich. Im Übrigen sei es dem Kläger im Nachhinein, nunmehr drei Jahre später,
nicht mehr möglich, im Einzelnen taggenau darzustellen, welche Arbeiten er in den Jahren 2006 und
2007 im Rahmen der geltend gemachten Überstunden verrichtet habe. Das Arbeitsgericht habe den
(unmittelbaren) Dienstvorgesetzten Dr. A. als Zeugen bezüglich der Erforderlichkeit und des Umfangs der
vom Kläger geltend gemachten Überstunden hören müssen, - ebenso wie zu der Frage, dass die vom
Kläger geleisteten Überstunden unstreitig von ihm geleistet und von dem Zeugen Dr. A. anerkannt worden
seien (Beweis: Zeugnis des Dr. A.). Soweit das Arbeitsgericht auf Seite 11 - unten - des Urteils vom
06.05.2010 = Bl. 301 d.A.) darauf abstellt, dass Dr. A. zur Abänderung oder Erweiterung der
arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht befugt gewesen sei, widerspricht der Kläger dieser Argumentation
nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen auf den Seiten 7 ff. der Berufungsbegründung = Bl. 353 ff.
d.A.). Der Kläger wirft die Frage auf, warum Dr. A. nicht für die Anordnung von Überstunden und deren
Genehmigung habe zuständig sein sollen. Hierfür habe es für den Kläger zu keiner Zeit irgendwelche
Zweifel gegeben. Gegenüber dem Kläger sei stets der Eindruck erweckt worden, die Abgeltung der
Überstunden sei in Bearbeitung. So habe es ihm nicht nur der Zeuge Dr. A. vermittelt, sondern auch die
Personalabteilung in St.. Selbst wenn aber das Gericht der Auffassung sein sollte, das Überstundenverbot
im Arbeitsvertrag hindere den Dienstvorgesetzten an der Anordnung von Überstunden, gelte es
Folgendes zu bedenken:
Im Arbeitsrecht wie auch im allgemeinen Schuldrecht gelte: Sei das Transparenzgebot nicht gewahrt, d.h.
der Arbeitnehmer sei nicht hundertprozentig darüber aufgeklärt worden, welche Regelung gelte oder wer
Anordnungen erlassen dürfe, so gingen Zweifel zu Lasten des Verwenders. Dies müsse auch und gerade
hier gelten.
Urlaubsansprüche des Klägers:
Der Kläger beziffert den geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch mit 70
Arbeitstagen/Urlaubstagen (vgl. Schriftsatz vom 03.09.2010 dort S. 1 f. = Bl. 365 f. d.A.; 10 Tage aus 2005
und jeweils 30 Tage aus den Jahren 2006 und 2007). Soweit es um den abgebrochenen Urlaub des
Jahres 2007 gehe, sei zwischen dem Kläger auf Anregung des Zeugen Dr. A. hinsichtlich der bereits
genommenen Urlaubstage vereinbart worden, dass diese von den geleisteten Überstunden in Abzug
gebracht würden, so dass der Jahresurlaub unberührt bleibe. Der Kläger verweist auf die in der
Überstundenauflistung enthaltenen Angaben, wo es u.a. heißt - s. Bl. 172 und 174 d.A. -:
"807,00 plus Stunden
64,00 minus Stunden
743,00 plus Stunden"
Mit dem Berufungsantrag zu 3 beansprucht der Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 18.055,67
EUR brutto (nebst Zinsen) ohne Abzüge von Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.
In der Berufungsbegründung beansprucht er für die dort auf Seite 9 angegebenen 65 Urlaubs- bzw.
Arbeitstage den Betrag von 3 Monatsgehältern, den er ausgehend von einem Bruttomonatsgehalt von
5.964,00 EUR mit dem Betrag von 17.892,00 EUR angibt. Im Schriftsatz vom 03.09.2010 (Bl. 365 d.A.)
korrigiert der Kläger die Zahl der abzugeltenden Urlaubstage (von 65) auf 70. Unter Beweisantritt (Zeugnis
des Dr. A.) bringt der Kläger vor, dass die Urlaubsansprüche über den entsprechenden Zeitraum
durchweg versucht worden seien geltend zu machen bzw. es seien von vorneherein Absprachen getroffen
worden, dass nicht genommener Urlaub mit den Überstunden zur Auszahlung komme. Der Urlaub sei
nicht verfallen. Urlaubsansprüche bestünden deshalb, weil sie vom Dienstvorgesetzten Dr. A. mit dessen
Zustimmung lediglich aufgeschoben worden seien. Es hätten dringende betriebliche Gründe im Sinne des
§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG vorgelegen. Ein Erlöschen des Urlaubsanspruchs aufgrund mangelnden Antrages
sei nicht notwendig und widerspreche dem Sinn und Zweck der Aufschubvereinbarung. Man sei sich einig
gewesen, dass der Urlaub zu einem "anderen, betrieblich besser passenden Zeitpunkt" genommen
werden oder abgegolten werden sollte. Die Beklagte könne nicht erwarten, dass dann ein Urlaubsantrag
bis zum 31.03. des Folgejahres gestellt werde, - dies wäre bloße Förmelei.
Die von der Beklagten genannte "Zeichnungsrichtlinie" sei eine organisationsinterne Richtlinie, die für die
Arbeitnehmer nicht offenkundig sei und - selbst wenn - diese nicht binde. Wie sich im Schriftverkehr
gezeigt habe, sei Dr. A. in der Lage gewesen Urlaub abzulehnen, als es "brannte". Der Kläger wirft die
Frage auf, warum Dr. A. dann für Abgeltungszusagen habe unzuständig sein sollen. Unter Bezugnahme
auf Ziffer 1 - Vertragsgegenstand -, dort Satz 2 der Entsendungsvereinbarung (Bl. 35 d.A.) macht der
Kläger geltend, dass der Dienstvorgesetzte Dr. A. hinsichtlich des Urlaubs weisungsbefugt und zuständig
gewesen sei. Nach näherer Maßgabe seiner weiteren Ausführungen hält es der Kläger für unbillig, die
wegen des Urlaubsabbruches - er habe nur drei Tage Urlaub nehmen können - nicht genommenen
Urlaubstage wegen Formmängel verfallen zu lassen. Da sich die Beklagte - so argumentiert der Kläger
weiter - gegen die nachträgliche Gewährung von Urlaub gewehrt habe, sei diesbezüglich ein
Schadensersatzanspruch entstanden, der im Ergebnis lediglich die Abgeltung in Form von
Schadensersatz vorsehe. Das vorausgesetzte "in Verzug setzen" sei in Form der Geltendmachung bei
dem Zeugen Dr. A. geschehen. Der Schadensersatzanspruch entstehe kraft Gesetzes, wenn die
Urlaubstage nicht gewährt würden. Der Urlaubsanspruch wandele sich von Gesetzes wegen in einen
Schadensersatzanspruch um. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wandele sich der Anspruch in
einen Geldanspruch um. Im Übrigen sei dieser schon bei dem Zeugen Dr. A. geltend gemacht worden, als
der Kläger diesbezüglich eine Abgeltung habe zu erreichen suchen. (Auch) in diesem Zusammenhang
bezieht sich der Kläger auf § 139 ZPO. Nach näherer Maßgabe seiner weiteren Ausführungen spielt es
keine Rolle, ob der Zeuge Dr. A. im Innenverhältnis zur Gewährung der Ansprüche die entsprechende
Kompetenz gehabt habe, - denn er sei als unmittelbarer Dienstvorgesetzter im "Außenverhältnis"
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hierzu befugt gewesen. Dies ergibt sich nach Ansicht des
Klägers jedenfalls nach Rechtsscheingrundsätzen. Nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht, -
zumindest jedoch nach denen der Anscheinsvollmacht müsse sich die Beklagte die Abreden des Klägers
mit dem Zeugen Dr. A. zurechnen und daher entgegenhalten lassen (s. dazu im Einzelnen: S. 12 f. der
Berufungsbegründung = Bl. 358 f. d.A.).
Unberechtigter Einbehalt hypothetischer Steuern durch die Beklagte:
Nach Auffassung des Klägers ist es Sache und Aufgabe der Beklagten darzulegen und unter Beweis zu
stellen, weshalb sie berechtigt gewesen sein sollte, das Gehalt des Klägers um hypothetische Steuern zu
kürzen, obwohl die Beklagte keinerlei Steuern für den Kläger an irgendein Finanzamt abgeführt habe und
somit die Beklagte völlig zu unrecht bereichert sei. Die Ursache, weshalb der Kläger wenige Jahre vor
seinem Auslandseinsatz im Iran in Frankreich keine Steuern zu zahlen gehabt habe, lasse sich im
Nachhinein für den Kläger nicht mehr aufklären. Er habe seinerzeit in Scheidung gelebt. Inwieweit sich
dies auf die Steuerlast ausgewirkt habe, sei nicht mehr festzustellen. Dies im Nachhinein zu überprüfen,
sei für den Kläger nicht ohne Weiteres machbar, da seine sämtlichen diesbezüglichen Unterlagen für ihn
nicht mehr auffindbar seien, - sie seien im Rahmen der mehrfachen Umzüge abhanden gekommen. Hätte
der Kläger jedoch in Aussicht gestellt bekommen, dass er mit höheren Steuern belastet werde, wäre er
niemals für die Beklagte in den Iran gegangen. Per Saldo hätte sich für ihn dieser Auslandseinsatz
schlechter dargestellt, als wenn er weiterhin in Deutschland gearbeitet hätte. Da der Kläger jahrelang an
Krebs gelitten habe, hätte er selbstverständlich seinen Einsatz in Deutschland bevorzugt, da er in
Deutschland eine bessere medizinische Versorgung für sein Krebsleiden hätte erhalten können.
Zu § 28 MTV:
Der Kläger bringt vor, dass die Ausschlussfristenregelung des § 28 MTV-Metall nicht wirksam in das
Arbeitsverhältnis einbezogen worden sei. Der Kläger verweist auf § 2 NachwG sowie auf die
diesbezügliche Kommentierung im Erfurter Kommentar, wonach eine Verweisung auf einen Tarifvertrag
mit Ausschlussklausel einen qualifizierten Hinweis enthalten müsse, dass im Tarifvertrag eine
Ausschlussfrist bestehe. Ein solcher qualifizierter Hinweis sei im Arbeitsvertrag von 1974 nicht enthalten.
Es werde lediglich dynamisch auf den jeweils einschlägigen Tarifvertrag verwiesen. Dies reiche (nach der
Kommentierung im Erfurter Kommentar) jedoch nicht aus. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob dem Kläger
der Tarifvertrag bei der Übergabe des Auslandsarbeitsvertrages mit übergeben worden sei. Dem
Arbeitnehmer müsse der Inhalt entsprechend zugänglich gemacht werden, auf den Bezug genommen
werde. Maßgeblich und grundlegend für die Einbeziehung sei die Transparenz und Übersichtlichkeit der
Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer solle stets und ohne Hindernisse wissen,
welchen Bedingungen er unterliege. Dies sei hier in keinster Weise der Fall gewesen. Von transparenten
Arbeitsbedingungen könne nicht gesprochen werden. Es handele sich um eine versteckte Ausschlussfrist.
Parallel zu dem Arbeitsvertrag von 1974, der auf den jeweils einschlägigen Tarifvertrag - dies sei der
MTV-Metall - verweise, komme der Auslandseinsatzvertrag der Beklagten zur Anwendung, der wiederum
u.a. auf die "Going Global"-Richtlinie sowie die Vergütungsleitlinie verweise. Da der
Auslandseinsatzvertrag das speziellere Normengefüge darstelle, wären Ausschlussfristen aus
Arbeitnehmersicht im Auslandseinsatzvertrag zu erwarten gewesen. Darin sei aber keine Ausschlussfrist
enthalten. Man berufe sich auf eine plötzlich "aus dem Hut gezauberte" Ausschlussfrist. Dies sei aus
Arbeitnehmerschutzgründen nicht hinnehmbar und daher unzulässig.
Weiter verweist der Kläger, der zur Berufungsbeantwortung der Beklagten im Schriftsatz vom 11.11.2010
(Bl. 421 d.A.) Stellung nimmt, auf sein erstinstanzliches Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 06.05.2010
- 5 Ca 517/09 - abzuändern und
das Versäumnisurteil vom 19.11.2009 aufzuheben,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 25.611,21 EUR brutto ohne Abzüge von Einkommenssteuer,
Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz
seit dem 27.03.2009 zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 18.055,67 EUR brutto ohne
Abzüge von Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nebst fünf Prozent Zinsen über
dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.03.2009 zu zahlen und
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 49.044,00 EUR brutto ohne Abzüge von Einkommenssteuer,
Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz
seit dem 15.01.2009 zu zahlen.
Der Kläger beantragt
die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts gegen die Berufung des Klägers mit den
Ausführungen, die in der Berufungsbeantwortung vom 27.10.2010 (Bl. 375 ff. d.A.), worauf verwiesen wird,
enthalten sind. Dort führt die Beklagte u.a. aus:
Zur Überstundenvergütung:
Es sei nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass der Zeuge Dr. A. als
weisungsbefugter Vorgesetzter allenfalls Anordnungen im Rahmen des Direktionsrechts hätte treffen
können, - diese sich aber stets im Rahmen der arbeitgebervertraglichen Verpflichtung hätten halten
müssen. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen macht die Beklagte geltend, dass Dr. A.
die vermeintlich von dem Kläger geleisteten Überstunden nicht genehmigt und schon gar nicht mit dem
Kläger abgestimmt bzw. diese geduldet habe. Selbst wenn dies so gewesen wäre, hätte Dr. A. nicht
wirksam zu Lasten der Beklagten verfügen können, da dies nicht vertraglicher Bestandteil des
klägerischen Auslandseinsatzes gewesen sei. Der Vorgesetzte habe den Kläger stets darauf
hingewiesen, dass er sich hinsichtlich der Überstunden an die Personalabteilung in W. bzw. St. hätte
wenden müssen. Die Ausführungen des Klägers, er habe von seinem damaligen Aufenthalt im Iran
allenfalls schriftlichen Kontakt aufnehmen können, der aufgrund des Postweges Wochen gedauert hätte,
seien in keinster Weise zutreffend. Unzutreffend sei auch, dass Dr. A. Kenntnis darüber besessen habe,
welche Arbeiten der Kläger verrichtete. Auch dass Dr. A. Kenntnis über den Arbeitsumfang besessen
habe, sei unzutreffend. Es werde bestritten, dass der Kläger nahezu täglich im telefonischen Kontakt mit
Dr. A. gestanden habe und die Erforderlichkeit der jeweiligen Überstunden mit diesem abgesprochen
worden seien. Das Arbeitsgericht habe Dr. A. nicht vernehmen müssen, da es bereits an der
Beweiserheblichkeit fehle. Dies gelte auch für das Berufungsverfahren. Falsch sei es, wenn der Kläger
vortrage, für sämtliche Vertragsfragen sei Dr. A. zuständig gewesen. Für Fragen des Arbeitsvertrages und
sich daraus ergebender rechtsverbindlicher Erklärungen sei bei der Beklagten allein die
Personalabteilung zuständig.
Zu den Urlaubsansprüchen:
Der Vortrag des Klägers, es sei klägerseitig über die entsprechenden Zeiträume durchweg versucht
worden, Urlaubsansprüche geltend zu machen, sei erneut derart unsubstantiiert, dass er nicht
einlassungsfähig sei. Im Übrigen werde dies bestritten. Ebenfalls werde ein In-Verzug-setzen gegenüber
Dr. A. bestritten. Unter Bezugnahme auf § 280 BGB vertritt die Beklagte die Auffassung, dass sie sich
exkulpieren könne, da gerade kein Urlaub beantragt worden sei und keine nachgewiesenen Ansprüche
bestünden. Es seien auch keine Ansprüche aufgrund Duldungsvollmacht oder aufgrund
Anscheinsvollmacht gegeben.
Zur Frage der hypothetischen Steuer:
Die Beklagte bringt vor, dass dem Kläger eine Vergütungszusage gemacht worden sei, der bestimmte
Annahmen zugrunde gelegen hätten. Zu den Annahmen habe ein bestimmter Steuerzahlbetrag vor
Beginn des Auslandseinsatzes gehört. Ein direkter oder indirekter Zusammenhang zwischen dem
hypothetischen Steuereinbehalt und tatsächlich im Ausland anfallender Steuern bestehe nicht, - d.h. der
hypothetische Steuereinbehalt erfolge unabhängig davon, ob und in welcher Höhe tatsächlich Steuern im
Ausland anfielen. Auf die Frage, ob der Kläger vor der Ausreise in Deutschland oder in Frankreich
steuerpflichtig gewesen sei und ob er seine Steuern auch abgeführt habe oder ob er dies möglicherweise
durch falsche Angaben über seinen Wohnsitz habe vermeiden können, komme es nicht an. Es spiele
auch keine Rolle, ob der Kläger im Iran steuerpflichtig gewesen sei
(- was zutreffe -) und ob er dort auch Steuern bezahlt habe (- was wohl nicht zutreffe -). Um die
Steuerehrlichkeit ihrer Mitarbeiter sicherzustellen, beauftrage die Beklagte ein global tätiges
Unternehmen, für ihre Auslandsmitarbeiter die Steuererklärungen abzugeben. Dem habe sich der Kläger
entzogen, indem er das Land verlassen habe, ohne Steuern zu zahlen. Soweit der Kläger behaupte, es
seien im Iran keine Steuern angefallen, sei dies falsch. Völlig unzutreffend sei der Vortrag des Klägers, es
sei unstreitig, dass die Beklagte für den Kläger keinerlei Steuern an irgendein Finanzamt der Welt
abgeführt hätte.
Zur Ausschlussklausel:
Die Beklagte hält sämtliche Ansprüche des Klägers zumindest gemäß § 28 MTV für ausgeschlossen.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug
genommen, - insbesondere auch auf den Manteltarifvertrag Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz
vom 20.07.2005 (Hülle Bl. 420 d.A.; folgend: MTV Metallindustrie).
Entscheidungsgründe:
I.
Die hiernach zulässige Berufung bleibt erfolglos, da sie unbegründet ist.
II.
(auch) die (geänderte) Klage unbegründet ist.
1.
25.611,21 EUR zu zahlen.
a)
Orientiert man sich an den Ausführungen auf der ersten Seite der Anlage K 12 = Bl. 165 d.A., auf die der
Kläger Bezug nimmt, behauptet der Kläger
am 28.01.2006: 2 Überstunden,
am 29.01.2006: 3 Überstunden und
am 30.01.2006: 3 Überstunden und
am 31.01.2006: 3 Überstunden geleistet zu haben.
Hinreichend substantiierten Vortrag dazu, dass die dort jeweils aufgeführten "Plus"-Stunden von dem
Zeugen Dr. A. angeordnet worden seien, leistet der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht. Es bleibt
offen, wann und wie im Einzelnen eine derartige Anordnung erfolgt sein könnte. Dass die geltend
gemachten "Plus"-Stunden zur Erledigung der vom Kläger verlangten Arbeit notwendig oder wenigstens
von dem Zeugen Dr. A. gebilligt oder geduldet worden sind, legt der Kläger ebenfalls nicht hinreichend
substantiiert dar. Hiernach ist es bei der gebotenen Berücksichtigung der Grundsätze, die sich aus dem
grundlegenden BAG-Urteil vom 15.06.1961 - 2 AZR 436/60 - ergeben, rechtlich zutreffend, dass das
Arbeitsgericht den Anspruch des Klägers als nicht ausreichend substantiiert angesehen hat. Die
Berufungskammer folgt insoweit - aber auch im Übrigen - den Gründen des Urteils vom 06.05.2010 - 5 Ca
517/09 - und stellt dies bezugnehmend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest.
b)
Überstundenvergütungsansprüche zu, die der Kläger für die Folgemonate ab Februar 2006 bis Mai 2006
und dann wieder ab Mitte August 2006 für die weiteren Monate bis Februar 2007 geltend macht (vgl. zum
Anspruchsende den Vermerk im "Stunden-Nachweis 2007" = Bl. 173 d.A., dort beim Datum "25.02.": "Ab
heute keine Überstunden mehr").
c)
den Umstand, dass für den Kläger im Iran unstreitig die 45-Stunden-Woche galt (= monatlich im
Jahresdurchschnitt ungefähr 195 Stunden) waren Fragen und Auflagen an den anwaltlich vertretenen
Kläger nicht gemäß § 139 ZPO veranlasst (vgl. BAG v. 15.06.1961 - 2 AZR 436/60 - juris Rz 9). Aufgrund
der ihm obliegenden Darlegungslast hätte der Kläger, soweit es um den Umfang der Arbeitszeit, die
Notwendigkeit, die Anordnung bzw. Billigung und Duldung von Überstunden geht, sein tatsächliches
Vorbringen noch weiter in eine Darstellung konkreter Einzelheiten zergliedern müssen. Daran hat es der
Kläger bis zuletzt fehlen lassen. Nach näherer Maßgabe des § 138 Abs. 1 ZPO war der Kläger verpflichtet,
seine Erklärungen über tatsächliche Umstände (Umfang der Arbeitszeit/Pausen; Notwendigkeit, Art und
Inhalt der behaupteten Über- bzw. Mehrarbeit; Genehmigung; Duldung) vollständig abzugeben. Da die
streitgegenständlichen Überstunden, sofern sie denn geleistet worden sind, eigene Handlungen des
Klägers betreffen, - jedenfalls Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Klägers gewesen sind, dürfen
an die vom Kläger zu erfüllende Darlegungslast keine zu geringen Anforderungen gestellt werden. Anders
verhält es sich demgegenüber mit der Einlassungslast der Beklagten. Die Beklagte bzw. die
vertretungsberechtigten Personen der Beklagten und der in W. tätige Vorgesetzte des Klägers, der Zeuge
Dr. A., hielten sich gerade nicht "vor Ort", also in dem IKD-Werk in Teheran, auf. Aus diesem Grunde
dürfen im Rahmen des § 138 Abs. 1 und 2 ZPO an die Erklärungs- und Einlassungslast der Beklagten nur
maßvolle Anforderungen gestellt werden. Diesen Anforderungen genügt das Bestreiten der Beklagten.
d)
gemäß § 28 MTV Metallindustrie verfallen, d.h. erloschen sind.
2.
18.055,67 EUR zu zahlen. Soweit dem Kläger Resturlaub für 2005 und Urlaub für 2006 und 2007
zugestanden hat, sind die entsprechenden Ansprüche aufgrund urlaubsrechtlicher Befristung erloschen.
a)
abzugelten ist, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr
gewährt werden kann. Die gesetzliche und die tarifliche Urlaubsabgeltungsregelung setzen jedoch
voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein abzugeltender Urlaubsanspruch besteht.
Dies ist in Bezug auf die Urlaubsansprüche, die der Kläger für die Jahre 2005, 2006 und 2007 geltend
macht, nicht der Fall. Diese Ansprüche sind spätestens mit Ablauf des 31.03.2008 erloschen. Zwar kann
für die Jahre 2006 und 2007 davon ausgegangen werden, dass in diesen beiden Kalenderjahren (und für
diese beiden Jahre) jeweils ein Urlaubsanspruch des Klägers in Höhe von 30 Urlaubstagen (zusammen
also 60 Urlaubstage) entstanden ist. Soweit es um das Jahr 2005 geht, gilt an sich ähnliches, - insoweit
lässt sich jedoch nicht feststellen, dass für dieses Jahr (2005) bei Beginn des Urlaubsjahres 2006 noch
ein Resturlaubsanspruch des Klägers in Höhe von 10 Urlaubstagen offen gestanden hätte (- der Kläger
beansprucht für das Jahr 2005, anders als noch auf S. 9 der Berufungsbegründung [= Bl. 355 d.A.] nicht
lediglich 5 Urlaubstage, sondern 10 Urlaubstage). Nicht genommen waren aber lediglich 5 Urlaubstage.
Aufgrund der in tatsächlicher Hinsicht unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagten im
Schriftsatz vom 29.04.2010 dort Seite 9 - oben - (= Bl. 266 d.A. in Verbindung mit der Anlage B10, Bl. 269
ff. d.A.) ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO davon auszugehen, dass der Kläger im Jahr 2005 von den 30
Urlaubstagen Jahresurlaub 25 Urlaubstage (und nicht lediglich 20 Urlaubstage) genommen hat. Zu dieser
tatsächlichen Behauptung der Beklagten hätte sich der Kläger gemäß § 138 Abs. 2 ZPO erklären müssen,
- zumal (auch) die Inanspruchnahme von Urlaub eine eigene Handlung des Klägers betrifft bzw.
Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung ist. Eine derartige substantiiert bestreitende Erklärung des
Klägers ist jedoch weder in der Berufungsbegründung, noch in den Schriftsätzen des Klägers vom
03.09.2010 und vom 11.11.2010 enthalten. Zwar beansprucht der Kläger gemäß seinen Ausführungen im
Schriftsatz vom 03.09.2010 eine Abgeltung von Resturlaub im Umfang von 10 Arbeitstagen, - er setzt sich
dort jedoch nicht mit der Einlassung der Beklagten im Schriftsatz vom 29.04.2010 auseinander, wonach
der Resturlaubsanspruch des Klägers für 2005 sich eben nur noch auf 5 Urlaubstage belief. Im Umfang
von 25 Urlaubstagen ist Erfüllung eingetreten.
b)
schadensersatzrechtlichen Anspruchsgrundlage begründet. Hat freilich der Arbeitnehmer (wie hier nicht
der Kläger) vom Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos die Freistellung (zu Urlaubszwecken) im
Urlaubsjahr verlangt und damit den Arbeitgeber gemahnt und in Verzug gesetzt, dann hat der Arbeitgeber
dem Arbeitnehmer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung den Schaden zu ersetzen, der durch die
während seines Verzugs infolge Zeitablaufs eingetretene Unmöglichkeit der Erfüllung des
Urlaubsanspruches entstanden ist. Bei Erfüllung aller Voraussetzungen dieses Ersatzanspruches tritt an
die Stelle des ursprünglichen Urlaubsanspruches ein sogenannter Ersatz-Urlaubsanspruch als
Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe. Dieser Schadensersatzanspruch unterliegt weder der
gesetzlichen (§ 7 Abs. 3 BUrlG) noch einer tariflichen Befristung (h.M.).
Diese schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkte führen hier deswegen nicht zum Erfolg der Berufung,
weil der Kläger nicht schlüssig dargetan hat, dass der Kläger die Beklagte jeweils rechtzeitig bis zum
31.12. des Jahres bzw. bis zum 31.03. des jeweiligen Folgejahres gemahnt und in Verzug gesetzt hat.
Insoweit hat der Kläger die notwendige Geltendmachung des Urlaubsanspruches nur allgemein im
Rahmen einer Rechtsbehauptung vorgebracht, - er hat diese allgemeine Behauptung aber nicht - wie
erforderlich - in eine Darstellung konkreter Einzelheiten zergliedert. Sieht man einmal von dem nach 3
Tagen abgebrochenen Urlaub ab, hat der Kläger nicht konkret vorgetragen, wann genau er jeweils für
welchen bestimmten Urlaubszeitraum Urlaub beantragt haben will. Unter dem verzugs- bzw.
schadensersatzrechtlichen Aspekt eines etwaigen Ersatz-Urlaubsanspruches ist die Behauptung des
Klägers, er habe "durchweg versucht geltend zu machen bzw. es (seien) von vornherein Absprachen
getroffen" worden, dass nicht genommener Urlaub mit den Überstunden zur Auszahlung komme,
unschlüssig. Wurden "von vornherein Absprachen getroffen, dass nicht genommener Urlaub mit den
Überstunden zur Auszahlung kommt", spricht dies nicht dafür sondern dagegen, dass der Kläger für
bestimmte Zeiträume der Jahre 2005, 2006 und 2007 Urlaubsanträge gestellt hat. Jedenfalls hätte der
Kläger durch konkreten Tatsachenvortrag aufzeigen müssen, wann genau und wie im Einzelnen sowie für
welche konkreten Zeiträume (Urlaub von wann bis wann?) er Urlaub beantragt hat bzw. versucht haben
will, Urlaubsansprüche geltend zu machen. Gerade im Hinblick auf die weitreichenden rechtlichen Folgen,
die ein sogenannter Ersatz-Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber haben kann (ein
derartiger Ersatzanspruch unterliegt weder einer gesetzlichen noch einer tariflichen Befristung; s.o.),
dürfen an den Vortrag des Arbeitnehmers, er habe den Arbeitgeber durch ein ordnungsgemäßes
Urlaubsverlangen gemahnt und in Verzug gesetzt, keine zu geringen Anforderungen gestellt werden.
Tatsachen, aus denen auf ein ausreichendes und rechtzeitiges Urlaubsverlangen des Klägers und damit
auf einen Verzug der Beklagten geschlossen werden könnten, lassen sich weder dem erstinstanzlichen
Vorbringen, noch dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren entnehmen. Soweit es um den
"abgebrochenen" Urlaub geht, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger - nach erfolgtem "Abbruch" des Urlaubs
- eine zuvor eventuell erfolgte Geltendmachung des Urlaubs weiter aufrechterhalten hätte.
c)
Ablauf des 31.03.2006 verfallen ist und die Urlaubsansprüche des Klägers für die Jahre 2006 und 2007
jeweils spätestens am 31.03.2007 und am 31.03.2008 verfallen sind. Dies ergibt sich daraus, dass nach
h.M., der die Berufungskammer folgt, der gesetzliche Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz
für die Dauer des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraumes bis zum 31.03. des Folgejahres
befristet ist. Mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. mit Ablauf des 31.03. des Folgejahres erlischt (von hier
nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen) der Urlaubsanspruch. Diese gesetzliche Befristungsregelung
gilt grundsätzlich auch für den einzelvertraglich erhöhten bzw. für den tariflichen Urlaub. Der MTV
Metallindustrie enthält insoweit in seinen §§ 15 ff. MTV keine vom Bundesurlaubsgesetz abweichende
Regelung. Vielmehr heißt es dort unmissverständlich in § 15 Ziffer 1: "Jeder Beschäftigte hat in jedem Jahr
Anspruch auf bezahlten Urlaub. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr". Im Anschluss daran regelt § 15
Ziffer 8 MTV "Der Urlaubsanspruch … erlischt mit Ablauf des Kalenderjahres. Falls aber der Urlaub
während des Kalenderjahres aus betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht gewährt und in Anspruch
genommen wurde, muss er im ersten Vierteljahr des folgenden Jahres gewährt und in Anspruch
genommen werden". Die tariflichen Urlaubsregelungen finden auf das Arbeitsverhältnis des Klägers
aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung (s. dazu unten bei Ziffer II. 3. a) und b)).
d)
einzelvertraglich abzubedingen, führt dies ebenfalls nicht zur Begründetheit des Klagebegehrens
hinsichtlich der Urlaubsabgeltung.
aa)
Zeugen Dr. A. eine Übertragung vereinbart habe (eine Übertragung der Urlaubsansprüche über den
jeweiligen 31.12. bzw. den 31.03. des Folgejahres hinaus). Vielmehr behauptet er dort "Absprachen"
dahingehend, dass nicht genommener Urlaub mit den Überstunden zur Auszahlung komme (vgl. dazu
auch S. 3 - unten - des Schriftsatzes vom 30.08.2010 = Bl. 349 d.A.: "… Hätte die Beklagte zeitnah
während des Aufenthaltes des Klägers im Iran … den Urlaub abgegolten, …"). Gegen eine derartige
Absprache bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken. Der Arbeitnehmer kann mit dem Arbeitgeber
nicht von vorneherein vereinbaren, dass sein Urlaub nicht gewährt, sondern abgegolten wird
(§ 134 BGB; Schaub/Linck 13. Aufl. Arbeitsrechtshandbuch S. 1055 Rz 143).
bb)
Übertragungsvereinbarungen getroffen habe, scheitert der Anspruch des Klägers daran, dass Dr. A. zum
Abschluss derartiger Übertragungsvereinbarungen nicht befugt war. Abgesehen davon wird auch nicht
hinreichend dargetan, wie derartige Übertragungsvereinbarungen im Einzelnen (und wann genau)
zustande gekommen sein sollen.
In der Entsendungsvereinbarung vom 16.01./25.01.2006 haben die Parteien die gegenseitigen Rechte
und Pflichten nach näherer Maßgabe der dortigen Regelungen festgelegt. Soweit es um den Urlaub des
Klägers geht, ist dort von einem Jahresurlaub und davon die Rede, dass die Lage des Urlaubes mit dem
Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange abzustimmen ist. Weder aus dieser
Regelung noch aus der Bestimmung des Zeugen Dr. A. zum Dienstvorgesetzten des Klägers ergibt sich,
dass Dr. A. bevollmächtigt war, in Abweichung von der gesetzlichen Regelung des
Bundesurlaubsgesetzes und in Abweichung von den tariflichen Urlaubsregelungen eine besondere
Urlaubsübertragungs-Vereinbarung zu treffen - oder gar eine besondere "Abgeltungsvereinbarung" der
eben bei Ziffer II. 2. d) aa) erörterten Art. Für die Annahme, Dr. A., - der auf Arbeitgeberseite die
Entsendungsvereinbarung vom 16.01./25.01.2006 gerade nicht unterzeichnet hat -, sei (auch) für den
Abschluss einer urlaubsrechtlichen Abgeltungs- oder Übertragungsvereinbarung bevollmächtigt
gewesen, bedarf es unter den gegebenen Umständen besonderer Anknüpfungspunkte, die hier aber
fehlen. Auch unter Berücksichtigung der Grundsätze, die höchstrichterlich zur sogenannten
Anscheinsvollmacht und zur sogenannten Duldungsvollmacht entwickelt worden sind, müsste die
Beklagte eine derartige Übertragungsvereinbarung, - wäre sie denn vom Kläger mit dem Zeugen Dr. A.
geschlossen worden -, nicht gegen sich gelten lassen. Das tatsächliche Vorbringen des Klägers
rechtfertigt es nicht festzustellen, Dr. A. habe eine entsprechende Anscheins- oder Duldungsvollmacht
gehabt.
cc)
Berücksichtigung der §§ 133 und 157 BGB zumindest dahingehend auszulegen, dass etwaige
Resturlaubsansprüche des Klägers aus den Jahren 2005, 2006 und 2007 zwar nicht in diesen Jahren
aber doch spätestens bis zum 31.03.2008 zu nehmen und zu gewähren waren. Die vertraglich
vereinbarten urlaubsrechtlichen Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses des Klägers
(Entsendungsvereinbarung und MTV Metallindustrie) zeigen, dass die Parteien die Inanspruchnahme des
Urlaubs des Klägers - wie auch nach dem BUrlG vorgesehen - grundsätzlich an das Urlaubsjahr bzw. an
die ersten drei Monate des Folgejahres binden wollten. Arbeitsvertrag und Entsendungsvereinbarung
räumen dem Kläger die Möglichkeit, Urlaub führ mehrere Jahre zu horten, gerade nicht ein. Die
arbeitsvertragliche Regelung der Parteien entspricht der Vorstellung des Gesetzgebers zum Verbot der
Hortung von Urlaubs- und Abgeltungsansprüchen (s. dazu Dörner/ErfK 10. Aufl. BUrlG § 7 Rz 39a und
46a). Der Erholungsurlaub sollte vom Kläger demgemäß möglichst im Urlaubsjahr, - zumindest aber
zeitnah zum Urlaubsjahr genommen werden. Mit dieser gewollten Bindung des Urlaubs an das jeweilige
Urlaubsjahr wäre eine vollständige Abkoppelung des Urlaubs vom Urlaubsjahr und der damit
einhergehenden Möglichkeit, Urlaub quasi unbegrenzt zu horten, nicht zu vereinbaren. In diesem Sinne
("Horten von Urlaub") durfte der Kläger deswegen etwaige Erklärungen des Dr. A. nicht auffassen.
Gemäß Ziffer 5.6 der Entsendungsvereinbarung endete diese automatisch am 31.12.2007. Von daher
bestand jedenfalls kein Grund, eine Urlaubsübertragung über den 31.03.2008 hinaus zu vereinbaren.
Unter Bezugnahme auf die dem Schriftsatz vom 29.04.2010 beigefügte Fehlzeitenstatistik hat die Beklagte
vorgetragen, dass der Kläger im Jahre 2008 überhaupt keine Auslandseinsätze mehr wahrgenommen hat
(Schriftsatz S. 2 Bl. 259 d.A.). Die demgegenüber vom Kläger aufgestellte Behauptung, er sei von Januar
bis Mai 2008 immer wieder 4-wochenweise im Iran gewesen (oder für Wochen im Iran gewesen), ist
relativ allgemein gehalten. Der Kläger legt nicht konkret dar, von wann bis wann jeweils datumsmäßig
genau er sich nach dem 31.12.2007 noch im Ausland aufgehalten hat. Ob die allgemein gehaltene
Behauptung des Klägers zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls wäre der Kläger weder rechtlich
noch tatsächlich daran gehindert gewesen, einen unter Umständen noch offenstehenden
Urlaubsanspruch aus den Jahren 2005, 2006 und 2007 gegen die Beklagte geltend zu machen. Er hat
sich damals - im Jahr 2008 - jedenfalls tageweise auch im Werk Wörth aufgehalten. Ein etwaiges
Urlaubsbegehren, dessen Geltendmachung dem Kläger hiernach möglich war, hätte die Beklagte nicht
ablehnen können.
3.
Die Berufungskammer macht sich insoweit unter Bezugnahme auf § 69 Abs. 2 ArbGG die
Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts (Urteil vom 06.05.2010 S. 14 ff.) zu eigen. Unabhängig davon
ist ein etwaiger Vergütungsanspruch des Klägers gemäß § 28 Ziffer 3 MTV Metallindustrie erloschen. Der
Kläger hat die dort geregelte Frist für die gerichtliche Geltendmachung versäumt. Unabhängig davon hat
er aber (auch) die in § 28 Ziffer 1 b) MTV geregelte Frist für die außergerichtliche Geltendmachung nicht
gewahrt hat. Dazu im Einzelnen:
a)
anwendbar. Dies gilt auch in Bezug auf den besonderen Vergütungsanspruch, den der Kläger darauf
stützt, dass ihm die Beklagte unberechtigerweise für die Zeit seines Auslandseinsatzes in den Jahren
2006 und 2007 hypothetische Steuern abgezogen bzw. einbehalten habe. Auch bei diesem Anspruch
handelt es sich - sofern der Anspruch entstanden wäre - um einen "Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis"
im Sinne des § 28 MTV.
Dass der Kläger seinerzeit im Ausland (Iran) beschäftigt wurde, steht der Anwendbarkeit des MTV
Metallindustrie nicht entgegen. Dadurch verlor der Kläger seine (Betriebs-)Zugehörigkeit zu dem in
Deutschland (Wörth) gelegenen Betrieb der Beklagten nicht. Nach der Entsendungsvereinbarung von
Januar 2006 sollte der Kläger nur befristet bis zum 31.12.2007, d.h. lediglich vorübergehend, im Ausland
tätig sein. Die Inlandsbindung des Arbeitsverhältnisses des Klägers war damit nicht aufgehoben. Der
Kläger hatte keinen Arbeitsvertrag mit einem ausländischen Unternehmen, - vielmehr bestand sein
Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen der Beklagten in W. bzw. St. fort. Eine - wie hier gegebene - nur
vorübergehende Entsendung in das Ausland ist für einen Austritt aus der einmal begründeten Geltung
eines Tarifvertrages nicht ausreichend.
Die Bindung des Klägers an das Inland (Deutschland) kommt - ohne dass darauf tragend abgestellt
werden muss - auch darin zum Ausdruck, dass der Kläger hier bzw. in B-Stadt, B-Straße, wohnen konnte,
wenn und soweit er nach Deutschland zurückkehrte (- was wiederholt der Fall war, wie z.B. Ende
Februar/Anfang März 2006 [gemäß Stunden-Nachweis 2006, Bl. 165 f. d.A.], über Weihnachten/Neujahr
2006/2007 [vom 13.12.2006 bis zum 24.01.2007], vgl. dazu die Stunden-Nachweise für 2006/2007 = Bl.
169 f. d.A., oder während der Zeit seines krankheitsbedingten Aufenthalts vom 31.05.2006 bis zum
13.08.2006 und daran anschließend bis zum 13.09.2006, - s. Bl. 167 f. d.A.). Diese Möglichkeit hatte der
Kläger deswegen, weil ihm insoweit das Haus/Anwesen in B-Stadt zur Nutzung zu Verfügung stand, das
er nach seinen Angaben im Berufungsverhandlungstermin an die Tochter schriftlich übertragen bzw.
vererbt hat und in dem er (auch) derzeit wohnt.
b)
gemäß den §§ 1 ff. TVG. Eine einzelvertragliche Geltung tariflicher Regelungen kann aber durch
Bezugnahme herbeigeführt werden. Eine solche Bezugnahme auf tarifvertragliche Regelungen kann
ausdrücklich, aber auch durch betriebliche Übung erfolgen. Vorliegend ist jedenfalls der Tatbestand einer
ausdrücklichen einzelvertraglichen Bezugnahme gegeben, so dass dahingestellt bleiben kann, ob
insoweit im Unternehmen der Beklagten nicht ohnehin auch eine entsprechende betriebliche Übung
besteht.
Der Entsendungsvereinbarung von Januar 2006 lässt sich nicht entnehmen, dass auf die dort getroffenen
Regelungen tarifliche Bestimmungen nicht ergänzend anwendbar sein sollen. In Bezug auf die Geltung
tariflicher Bestimmungen ist in der Entsendungsvereinbarung nichts "anderes" i.S. des "soweit"-
Halbsatzes des § 1 S. 3 der Entsendungsvereinbarung bestimmt. Gemäß Ziffer 1 S. 3 (erster Satzteil) der
Entsendungsvereinbarung gelten die Bestimmungen des bestehenden Arbeitsvertrages fort. Damit ist der
Arbeitsvertrag (Anstellungsvertrag) vom 31.01.1974 gemeint. Die dort (in Ziffer 11 des Arbeitsvertrages =
Bl. 207 d.A.) enthaltene - und durch das Wort "jeweils" dynamisch ausgestaltete - Bezugnahme auf
tarifliche Bestimmungen ist hinreichend bestimmt. Davon, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahme
(auch) den jeweils gültigen MTV Metallindustrie erfasst, geht auch der Kläger aus (S. 15 der
Berufungsbegründung = Bl. 361 d.A.). Im Zweifel ist mit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme der
verfahrensgegenständlichen Art der für das Arbeitsverhältnis jeweils einschlägige Tarifvertrag gemeint.
Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel ist vorliegend inhaltlich so genau formuliert, dass der in
Bezug genommene Tarifvertrag (hier: der jeweilige Manteltarifvertrag, an den die Beklagte gebunden ist)
eindeutig bestimmbar ist. Eine detaillierte Angabe bzw. eine wortwörtliche genaue Bezeichnung aller auf
das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge ist für die wirksame einzelvertragliche Einbeziehung
tariflicher Regelungen nicht erforderlich.
Die Auffassung des Klägers, es handele sich bei § 28 MTV Metallindustrie um eine von der Beklagten
plötzlich "aus dem Hut gezauberte" Ausschlussfrist, teilt die Berufungskammer nicht. Die
Bezugnahmeklausel ist Vertragsbestandteil des Arbeitsvertrages des Klägers geworden und blieb dies
aufgrund der (Fortgel-
tungs-)Klausel in § 1 S. 3 der Entsendungsvereinbarung auch während des Auslandseinsatzes des
Klägers und in der Zeit danach. Die Bezugnahmeklausel stellt wie die (Fortgeltungs-)Klausel keine
überraschende Klausel dar. Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im
Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument nicht unüblich, so dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht
überraschend ist. Dies ist anerkanntes Recht. Für eine Anwendung der sogenannten
Unklarheitenregelung ist angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses kein Raum. Dies gilt
unabhängig davon, ob man die Unklarheitenregelung aus § 242 BGB oder aus § 305c Abs. 2 BGB
herzuleiten hat. Da der MTV Metallindustrie als insgesamt vereinbart anzusehen ist, findet auf das
Arbeitsverhältnis des Klägers auch die Bestimmung des § 28 MTV Anwendung, die sich mit dem
Erlöschen von Ansprüchen befasst. Dass Rahmen- bzw. Manteltarifverträge, wie der MTV Metallindustrie,
Ausschlussfristen enthalten, ist eher die Regel als die Ausnahme. Jedenfalls sind tarifliche
Ausschlussfristen weit verbreitet. Ihr Zweck besteht insbesondere auch darin, bezüglich der von einer
Verfallklausel erfassten Ansprüche schnellstens Klarheit zu schaffen (Schaub 13. Aufl.
Arbeitsrechtshandbuch S. 2018 Rz 5). Dieser Zweck trifft auch auf ein (Auslands-)Arbeitsverhältnis der
verfahrensgegenständlichen Art zu.
c)
abgelehnter Anspruch innerhalb von 3 Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Diese
Frist hat der Kläger versäumt. Mit dem Schreiben vom 11.03.2009 (Bl. 11 d.A.) teilte die Beklagte dem
anwaltlich vertretenen Kläger mit, dass die Beklagte dem Kläger wiederholt und ausführlich erläutert habe,
dass die geltend gemachten Ansprüche nicht bestünden. Die Beklagte lehnt es ab, sich inhaltlich länger
"mit dem Ansinnen" des Klägers zu beschäftigen. Das Schreiben der Beklagten vom 11.03.2009 ist (auch)
in Bezug auf den weiteren Vergütungsanspruch des Klägers als "Ablehnung" im Sinne des § 28 Ziffer 3
MTV Metallindustrie zu verstehen. Dies gebietet die Auslegung dieses Schreibens. Auch die Problematik
der Festlegung bzw. Rückvergütung hypothetischer Steuern hatte der Kläger zuvor gegenüber der
Beklagten geltend gemacht bzw. vorbringen lassen (vgl. dazu die E-Mail des Zeugen A. vom 30.05.2008
Bl. 46 d.A.). Das Schreiben der Beklagten vom 11.03.2009 ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers,
der sich im Namen des Klägers mit dem Anwaltsschreiben vom 05.03.2009 an die Beklagte gewandt
hatte, am 17.03.2009 zugegangen (Eingangsstempel Bl. 11 d.A.). Die damit in Lauf gesetzte Frist von "3
Monaten seit der Ablehnung" gemäß § 28 Ziffer 3 MTV war abgelaufen, als die Klageerweiterung vom
07.08.2009 am 07.08.2009 bei dem Arbeitsgericht einging. In der ursprünglichen Klage vom 25.05.2009
war der Streitgegenstand "Forderung wegen einbehaltener hypothetischer Steuern" noch nicht enthalten.
Nach Ablauf der 3-Monatsfrist war der Kläger mit dem Anspruch bzw. mit der Geltendmachung des
Anspruchs ausgeschlossen, - d.h. ein etwaiger Anspruch des Klägers ist erloschen. Dahingestellt bleiben
kann, ob die Frist für die gerichtliche Geltendmachung aufgrund einer früheren Ablehnung der Beklagten
nicht schon eher, also zeitlich bereits vor dem Zugang des Ablehnungsschreibens vom 11.03.2009, zu
laufen begonnen hatte.
d)
dass der Kläger (auch) die Frist für die außergerichtliche Geltendmachung versäumt hat (§ 28 Ziffer 1 b
und Ziffer 2 MTV Metallindustrie). Hatte die Beklagte dem Kläger - wie dieser behauptet - im Jahre 2006
den Betrag von 23.975,00 EUR und im Jahre 2007 den Betrag von 25.069,00 EUR zu wenig gezahlt,
dann waren die entsprechenden (Differenz-)Vergütungsansprüche doch spätestens am 01.01.2008 fällig.
Dass die Fälligkeit i.S.d. § 28 Ziffer 1 b MTV Metallindustrie erst später eingetreten wäre, ist nicht
ersichtlich. Der Kläger datiert die entsprechende (Neu-)Berechnung seiner Vergütung durch die Beklagte
auf Oktober 2007 (S. 6 des Schriftsatzes vom 15.04.2010 dort unter III. = Bl. 234 d.A.). Nach der
Gehaltszahlung für Dezember 2007 kannte der Kläger alle Umstände, die ihn in die Lage versetzten,
etwaige (Differenz-)Vergütungsansprüche hinreichend spezifiziert bzw. ordnungsgemäß gegenüber der
Beklagten geltend zu machen:
So kannte er die Beträge, die ihm die Beklagte für die Zeit ab Januar 2006 (Beginn des
Auslandseinsatzes) tatsächlich gezahlt hatte. Der Kläger kannte weiter die Vergütungs-Berechnungen der
Beklagten von Oktober 2007 und er kannte die arbeitsvertraglichen Grundlagen seines
Vergütungsanspruches. Er war deswegen imstande, die ihm ausgezahlten (Vergütungs-)Beträge auf ihre
rechtliche und rechnerische Richtigkeit hin zu überprüfen. Damit begann spätestens Anfang Januar 2008
die dreimonatige Ausschlussfrist des § 28 Ziffer 1 b MTV Metallindustrie. Es lässt sich nicht feststellen,
dass der Kläger die Ansprüche, die er nunmehr noch mit dem Berufungsantrag zu 4 verfolgt, innerhalb der
3-Monatsfrist ordnungsgemäß und rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätte. Inhaltlich
erfordert eine Geltendmachung i.S.d. § 28 Ziffer 1 und 2 MTV grundsätzlich, dass der Gläubiger (hier:
Arbeitnehmer) von dem Schuldner (hier: Arbeitgeber) Erfüllung verlangt und dabei den Anspruch dessen
Erfüllung verlangt wird, nach Grund und Höhe hinreichend bezeichnet (vgl. Weyand, juris-Kommentar,
Ausschlussfristen im Tarifrecht, Kapitel 6, Rz 40 ff. m.w.N.). Dass der Kläger seinen Anspruch in diesem
Sinne und rechtzeitig gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätte, ergibt sich aus seinem Vorbringen
nicht. Soweit es um die Email des Dr. A. vom 30.05.2008 geht, ist diese bereits nicht rechtzeitig, - nämlich
erst nach Ablauf der 3-Monatsfrist -, an die Beklagte gerichtet worden. Diese Frist wäre selbst dann
versäumt worden, wenn die Fälligkeit des Anspruches erst Anfang oder Mitte Februar 2008 eingetreten
wäre. Abgesehen davon wird dort lediglich eine Richtigstellung verlangt:
- der "Nachberechung Lohn vom 30.11.2007" (mit einem Jahreseinkommen von 89.410,00 EUR statt
77.374,00 EUR) und
- der "Gehaltserhöhung und Gewinnbeteiligung" für 2006 und 2007.
- Außerdem wird dort allgemein die Festlegung bzw. die richtige Rückvergütung der "richtigen
hypothetischen Steuer" begehrt.
Auch wenn dann weiter darauf hingewiesen wird, dass dem Kläger "mehrere 10.000,00 EUR" fehlten,
beinhalten diese Angaben auch unter Berücksichtigung der Anlage (Bl. 48 d.A.), die der Email (Bl. 46 f.
d.A.) beigefügt war, keine ordnungsgemäße Geltendmachung. Dass der Kläger den Anspruch zeitlich vor
der Email vom 30.05.2008 rechtzeitig und ordnungsgemäß gegenüber der Beklagten geltend gemacht
hätte, hat er ebenfalls nicht schlüssig dargetan.
Da (weiter) nicht feststellbar ist, dass dem Kläger die Einhaltung der 3-Monatsfrist (Ausschlussfrist) wegen
eines unabwendbaren Zufalls nicht möglich gewesen wäre, ist der Kläger seit Ablauf der Ausschlussfrist
(d.h. seit Anfang April 2008 bzw. allerspätestens seit Mitte Mai 2008) mit der Geltendmachung des
Anspruches ausgeschlossen. Der Anspruch für 2006 und 2007 ist, sollte er überhaupt einmal bestanden
haben, verfallen d.h. erloschen.
4.
Die Kosten seiner erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger tragen.
Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.
Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben nach Auffassung der Berufungskammer
grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision für den Kläger.