Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 29.05.2008

LArbG Mainz: arbeitsgericht, befristung, willenserklärung, dienstplan, zusage, arbeitsbedingungen, fristablauf, anscheinsvollmacht, quelle, vertreter

LAG
Mainz
29.05.2008
10 Sa 116/08
Befristeter Arbeitsvertrag - Verlängerung
Aktenzeichen:
10 Sa 116/08
8 Ca 1400/07
ArbG Kaiserslautern
Urteil vom 29.05.2008
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.01.2008, Az.: 8
Ca 1400/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2007.
Hilfsweise macht der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer mündlichen
Verlängerungsvereinbarung geltend.
Der Kläger (geb. am 09.05.1957, verheiratet) schloss mit den US-Streitkräften einen schriftlichen
Arbeitsvertrag, wonach er in der Zeit vom 07.11.2005 befristet bis zum 30.09.2006 auf dem F. R. (Einheit:
435 th Vehicle Readiness Squadron) als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatsentgelt von € 2.540,86
beschäftigt wurde. Am 28./ 29.09.2006 wurde die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum
30.09.2007 vereinbart.
Mit seiner am 01.10.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Befristung zum 30.09.2007 gewandt und
erstinstanzlich vorgetragen, am 21.08.2007 habe ihn sein unmittelbarer Vorgesetzter R. D. telefonisch
darüber unterrichtet, dass das befristete Arbeitsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus für die Dauer von
zunächst sechs Monaten verlängert werde. Am 27.08.2007 sei ihm dies vom Abteilungsleiter M. S.
bestätigt worden. Auf Nachfrage habe ihm Herr S. erklärt, dass er diese Information vom zuständigen US-
Personalbüro R. erhalten habe. Die Entscheidung, das Vertragsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus für
zunächst sechs Monate zu verlängern, habe nicht nur ihn, sondern auch drei andere Fahrer betroffen.
Auch gegenüber den drei anderen Fahrern habe Herr S. erklärt, dass die Verlängerung vom Personalbüro
beschlossen und abgezeichnet worden sei und somit feststehe. Darüber hinaus habe Herr S. Anfang
September 2007 im Pausenraum der Dienststelle bei Gelegenheit des Schichtwechsels allen
anwesenden Arbeitnehmern ebenfalls „offiziell“ mitgeteilt, dass die befristeten Arbeitsverhältnisses über
den 30.09.2007 hinaus für die Dauer von sechs Monaten verlängert würden. In Konsequenz dieser
Entscheidung seien er und seine drei Kollegen schon im September 2007 in die Dienstpläne bis
Weihnachten 2007 aufgenommen worden. Im Hinblick auf die ausdrückliche Erklärung und (feste) Zusage
der US-Streitkräfte, das Arbeitsverhältnis zumindest für sechs Monate fortzusetzen, sei es der Beklagten
verwehrt, sich auf die Befristungsabrede per 30.09.2007 zu berufen. Die Befristungsabrede sei hinfällig
und gegenstandslos geworden.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das zwischen ihm und den US-Stationierungs-streitkräften bestehende
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der mit den Vereinbarungen vom 28./ 29.09.2006 vereinbarten Befristung
zum 30.09.2007 geendet hat.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, weder Herr D. noch Herr S. hätten dem Kläger eine Verlängerung des befristeten
Arbeitsvertrages verbindlich zugesagt. Zu einer solchen Zusage seien sie - für den Kläger erkennbar -
auch nicht berechtigt gewesen. Schon aus ihrer Stellung innerhalb der Dienststellenhierarchie hätten sie
kein verbindliches Stellenangebot machen dürfen. Die Berechtigung, Einstellungen vorzunehmen, liege
originär beim Standortkommandeur und werde ausschließlich vom Personalbüro der U. A. F. in R.
wahrgenommen. Herr D. und Herr S. hätten dem Kläger lediglich erklärt, dass von ihrer Seite aus, eine
Verlängerung des Arbeitsverhältnisses in Ordnung gehe.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 24.01.2008 die Klage abgewiesen. Zur Begründung
dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, eine eventuelle Mitteilung der
Vorgesetzten des Klägers über eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses sei nicht mit Vertretungsmacht
erfolgt. Rechtlich könnten die Vorgesetzten allenfalls eine Erklärung des Arbeitgebers als Boten
überbracht haben. Dazu müsste eine Erklärung des Arbeitgebers mit Rechtsbindungswillen existieren.
Das werde von der Beklagten bestritten. In der Vergangenheit seien sämtliche Verlängerungen schriftlich
erfolgt. Es könne sich bei den Erklärungen der Vorgesetzten, für den Kläger erkennbar, nur um
Absichtserklärungen gehandelt haben. Auch aus der Einteilung im Dienstplan könne nicht entnommen
werden, dass von den Personalverantwortlichen eine Entscheidung über die Verlängerung getroffen
worden sei. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird im Übrigen auf
Seite 4-5 (= Bl. 47-48 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil des Arbeitsgerichts am 31.01.2008 zugestellt worden ist, hat am 28.02.2008
Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am Montag, dem 31.03.2008 eingegangenem
Schriftsatz begründet.
Der Kläger vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und führt zweitinstanzlich insbesondere aus, das
Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es eine Entscheidung der Dienststelle bzw. des
Personalbüros, sein Arbeitsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus fortzusetzen, nicht gäbe. Herr S. habe
ihn erst dann unterrichtet, als die diesbezügliche Entscheidung auf der zuständigen Ebene
(Dienststellenleitung/ Personalbüro) tatsächlich gefallen und er selbst hierüber unterrichtet worden sei.
Dienststellenleitung und Personalbüro seien auch ausdrücklich damit einverstanden gewesen, dass Herr
S. ihn und die drei anderen bis zum 30.09.2007 befristet beschäftigten Fahrer über die (Verlängerungs-)
Entscheidung unterrichte. Dass die Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu verlängern, verbindlich
getroffen und „offiziell“ gewesen sei, werde auch durch die Einteilung in den bis zum Jahresende
erstellten Dienstplan verdeutlicht. Soweit das Arbeitsgericht beanstande, dass eine so wesentliche
Entscheidung wie die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht - wie sonst üblich -
schriftlich verlautbart worden sei, sei diese Erwägung unbehelflich. Selbstverständlich sei davon
auszugehen, dass bis zum 30.09.2007 die maßgeblichen vertraglichen Abreden noch schriftlich fixiert
worden wären. Dies ändere jedoch nichts daran, dass, gerade vor dem Hintergrund seiner unsicheren
Vertragssituation, schon zuvor die Entscheidung habe getroffen werden können und vorliegend
tatsächlich getroffen worden sei, seinem nachhaltigen Wunsch auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses
nachzukommen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des
Klägers vom 31.03.2008 (Bl. 76-85 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.01.2008, Az: 8 Ca 1400/07,
1. festzustellen, dass das zwischen ihm und den US-Stationierungsstreitkräften bestehende
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der in den Vereinbarungen vom 28.09.2006 und 29.09.2006 vereinbarten
Befristung mit dem 30.07.2007 geendet hat,
hilfsweise auf Anregung des Gerichts,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.09.2007 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bestreitet erneut, dass Herr D. und/ oder Herr S. dem Kläger
„offiziell“, „inoffiziell“ oder in sonstiger Weise mitgeteilt hätten, sein Arbeitsverhältnis werde über den
30.09.2007 hinaus verlängert. Eine Willenserklärung der Arbeitgeberin, das Arbeitsverhältnis mit dem
Kläger zu verlängern, liege nicht vor. Deshalb hätten weder Herr D. noch Herr S. als Boten fungiert.
Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2008
(Bl. 96-100 d. A.) Bezug genommen.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt,
insbesondere auch auf die Sitzungsniederschrift vom 29.05.2008 (Bl. 107-109 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig.
II.
abgewiesen. Das befristete Arbeitsverhältnis des Klägers mit den US-Streitkräften hat am 30.09.2007
durch Fristablauf geendet. Das Arbeitsverhältnis besteht nicht fort. Es ist nicht aufgrund einer mündlichen
vertraglichen Vereinbarung über den 30.09.2007 hinaus verlängert worden ist.
1.
28./ 29.09.2006 vereinbarte Befristung zum 30.09.2007 ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund
wirksam. Es handelt sich um die zulässige erste Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages im Sinne
von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten
Arbeitsvertrags bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig. Eine Verlängerung im Sinne des § 14
Abs. 2 Satz 1 TzBfG setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags
vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen (st. Rspr.,
vgl. unter vielen: BAG Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/05 - NZA 2006, 605, m.w.N.).
Bei der Vereinbarung vom 28./29.09.2006 handelt es sich um die Verlängerung eines nach § 14 Abs. 2
Satz 1 TzBfG befristeten Arbeitsvertrags. Der Kläger wurde durch Arbeitsvertrag vom 04.11.2005 befristet
für die Zeit vom 07.11.2005 bis zum 30.09.2006 eingestellt. Die Arbeitsvertragsparteien haben die
Verlängerungsvereinbarung vom 28./29.09.2006 abgeschlossen, bevor die Laufzeit des ersten befristeten
Vertrags am 30.09.2006 abgelaufen war. Durch den Vertrag vom 28./ 29.09.2006 wurde nur die
Vertragsdauer geändert, die übrigen Arbeitsbedingungen wurden beibehalten. Dies hat der Kläger in der
mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer unstreitig gestellt. Die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG
zulässige Höchstbefristungsdauer von insgesamt zwei Jahren wurde durch die einmalige
Vertragsverlängerung bis zum 30.09.2007 nicht überschritten.
2.
hinaus sei ihm bindend zugesagt worden. Es fehlt an einem wirksamen Vertragsangebot der US-
Streitkräfte an den Kläger.
Weder der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers R. D., noch der Abteilungsleiter M. S. waren - auch unter
Beachtung der Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht - befugt, eine rechtsverbindliche
Willenserklärung für die US-Streitkräfte abzugeben. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die
beiden Vorgesetzten aufgrund ihrer Stellung in der Dienststellenhierarchie nicht berechtigt waren, auf
Abschluss eines Arbeitsvertrages, respektive auf (nochmalige) Verlängerung eines befristeten
Arbeitsvertrages gerichtete Willenerklärungen im Namen der US-Streitkräfte abzugeben.
Die unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers können damit allenfalls als bloße Boten aufgetreten sein, um
eine Willenserklärung zu übermitteln. Dies setzt voraus, dass eine Willenserklärung eines zum Abschluss
von Arbeitsverträgen berechtigten Repräsentanten der US-Streitkräfte überhaupt vorliegt. Die bestrittene
Behauptung des Klägers, dass die „Dienststellenleitung“ bzw. das „Personalbüro“ die Entscheidung
getroffen hätten, das Vertragsverhältnis zunächst einmal für die Dauer von weiteren sechs Monaten über
den 30.09.2007 hinaus bis zum 31.03.2008 zu verlängern, ist nicht hinreichend substantiiert. Es fehlt
jedwede Angabe dazu, welche konkrete (vertretungsberechtigte) natürliche Person für die US-Streitkräfte
die Entscheidung getroffen haben soll, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fortzusetzen. Diese konkrete
Person müsste erst vom Zeugen S. erfragt werden. Der Antrag des Klägers, den Zeugen zu seinem
Vortrag zu vernehmen, ist demgemäß auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet. Soll ein Zeuge dazu
gebraucht werden, den Sachvortrag der Partei zu substantiieren, handelt es sich um den klassischen Fall
des (unzulässigen) Ausforschungsbeweises. Tatsächlich soll der Zeuge bereits gehaltenen Sachvortrag
bestätigen und diesen nicht erst liefern.
Auch aus der Einteilung in den Dienstplan bis zum Jahresende 2007 kann der Kläger keine Ansprüche
auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses herleiten. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt
die Dienstplaneinteilung, die nicht mit Wissen eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen
Bevollmächtigten erfolgt sein muss, keinen Rückschluss darauf zu, dass ein bevollmächtigter Vertreter der
US-Streitkräfte eine verbindliche Verlängerungsentscheidung tatsächlich getroffen hat.
Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.