Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 09.09.2009

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LAG
Mainz
09.09.2009
7 Sa 155/09
Arbeitsentgeltanspruch und arbeitsvertragliche Verfallfrist
Aktenzeichen:
7 Sa 155/09
11 Ca 2450/07
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Urteil vom 09.09.2009
Tenor:
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern
Neuwied - vom 17.02.2009, Az.: 11 Ca 2450/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Zahlung von restlichem Arbeits- und Urlaubsentgelt.
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen
Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des
Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 17.02.2009 (dort S. 3 bis 5 = Bl. 108 bis
110 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 3.100,00 EUR brutto abzüglich 800,00
EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2004 zu
zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat mit Urteil vom 17.02.2009 (vgl. Bl. 106 ff.
d.A.) den Beklagten verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 3.100,00 EUR brutto abzüglich
800,00 EUR netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem
16.07.2004 zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung des klagezusprechenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im
Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe der für die Monate Mai und Juni 2004 geltend gemachte
Zahlungsanspruch in Höhe von 3.100,00 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 800,00 EUR netto zu,
zumal der entsprechende Vergütungsanspruch in der genannten Höhe unstreitig entstanden sei und ein
Anspruchsverfall nach § 16 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02.02.2004 nicht eingetreten sei. Einem
solchen Anspruchsverfall stehe entgegen, dass eine Geltendmachung nicht erforderlich gewesen sei.
Denn der Beklagte habe dem Kläger für die Monate Mai und Juni 2004 Lohnabrechnungen über den
eingeklagten Betrag in Höhe von 3.100,00 EUR brutto erteilt, so dass es einer weiteren Geltendmachung
durch den Kläger hiernach nicht mehr bedurft habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 5 f. des
Urteils vom 17.02.2009 (= Bl. 110 f. d.A.) verwiesen.
Der Beklagte, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - am
02.03.2009 zugestellt worden ist, hat am 13.03.2009 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
eingelegt und am 18.05.2009 sein Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis
einschließlich 18.05.2009 verlängert worden war.
Der Beklagte macht geltend,
die dem Kläger erstinstanzlich zuerkannten Entgeltansprüche seien gemäß § 16 des schriftlichen
Arbeitsvertrages verfallen. Auf die vorliegend individualvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist sei die
Rechtsauffassung nicht anwendbar, wonach bei erteilter Abrechnung der Arbeitgeber sich nicht mehr auf
einen Anspruchsverfall berufen könne. Darüber hinaus habe nicht der Beklagte die Entgeltabrechnungen
für die Monate Mai und Juni 2004 erstellt, sondern dessen Ehefrau A.. Diese Entgeltabrechnungen
könnten daher nicht die rechtlichen Konsequenzen haben, welche das erstinstanzliche Gericht hieraus
gezogen habe. Schließlich habe der Kläger auch selbst eine Abrechnung durchgeführt (vgl. Bl. 162 f. d.A.)
die nicht mit dem Inhalt jener Abrechnungen korrespondiere, welche Frau A. erstellt habe. Auch aus
diesem Grunde könne nicht von den Beträgen ausgegangen werden, welche von Frau A. abgerechnet
worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom
18.05.2009 (Bl. 143 f. d.A.) und 10.08.2009 (Bl. 157 d.A.) Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom
17.02.2009, Az.: 11 Ca 2450/07 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger führt aus,
soweit der Vortrag des Beklagten bedeuten solle, dass der Entgeltanspruch deshalb nicht bestehe, weil
ein Arbeitsverhältnis nicht zum Beklagten, sondern allein zu dessen Ehefrau bestanden habe, stehe dies
in Widerspruch zum bisherigen gegnerischen Vortrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
16.07.2009 (vgl. Bl. 152 f. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der
Sache jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von restlichem Arbeits- und Urlaubsentgelt für die Monate Mai
und Juni 2004 in Höhe von insgesamt 3.100,00 EUR brutto abzüglich bereits gezahlter 800,00 EUR netto
zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.07.2004.
Dies hat bereits das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - rechtsfehlerfrei festgestellt,
so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe (= Bl. 110 f.
d.A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen wird.
Die von dem Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung geltend gemachten
Einwendungen greifen nicht durch.
1.
Notwendigkeit der Geltendmachung der abgerechneten Ansprüche im Falle einer individualvertraglich
vereinbarten Ausschlussfrist nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der
sich die Berufungskammer anschließt, bedarf es im Falle einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist, welche
eine fristgerechte Geltendmachung vorsieht, dieser Geltendmachung nicht, soweit dem Arbeitnehmer eine
Lohnabrechnung ausgehändigt worden ist, in welcher der von dem Arbeitnehmer nunmehr geltend
gemachte Anspruch als Auszahlungsbetrag ausgewiesen ist. Nach dem Zweck tariflicher
Ausschlussfristen braucht ein solcher Auszahlungsbetrag nur dann fristgerecht geltend gemacht zu
werden, wenn der Arbeitgeber diese Lohnabrechnung nach ihrer Erteilung widerrufen hat (vgl. BAG, Urt.
v. 29.05.1985 - 7 AZR 124/83 = AP Nr. 92 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Diese Rechtsprechung ist nach
Auffassung der Berufungskammer auch ohne Weiteres auf individualvertraglich vereinbarte
Ausschlussfristen übertragbar. Denn mit diesen Ausschlussfristen wird der gleiche maßgebliche Zweck
verfolgt wie bei tarifvertraglichen Verfallklauseln. Auch durch eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist soll
nämlich der Gläubiger angehalten werden, die Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu
prüfen. Er soll den Schuldner innerhalb der Ausschlussfrist darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche
im Einzelnen noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der
Verfallfrist nicht mehr weiter in Anspruch genommen zu werden. Hat ein Arbeitgeber in einer
Lohnabrechnung ohne erkennbaren Vorbehalt einen bestimmten Auszahlungsbetrag errechnet, so bringt
er durch die Aushändigung dieser Abrechnung an den Arbeitnehmer jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht
zum Ausdruck, dass einer Forderung des Arbeitnehmers in dieser Höhe keine Einwendungen
entgegenstehen (vgl. BAG a.a.O.). Auch nach dem Zweck individualvertraglicher Ausschlussfristen besteht
deshalb in diesem Falle keine Veranlassung, den Arbeitnehmer zur raschen Geltendmachung seiner
Forderung anzuhalten.
Mithin erübrigte sich im vorliegenden Fall, in welchem dem Kläger Lohnabrechnungen für die Monate Mai
und Juni 2004 ausgehändigt worden sind und er die Auszahlungsbeträge aus diesen Abrechnungen
verlangt, eine nochmalige ausdrückliche Geltendmachung.
2.
nicht von ihm, sondern seiner Ehefrau A. erstellt worden sind. Denn es kommt nicht darauf an, wer die
Entgeltabrechnungen erstellt hat, zumal dies viele Arbeitgeber nicht persönlich tun, sondern oft Mitarbeiter
aus der Personalabteilung. Entscheidend ist vielmehr, dass die Erstellung der Lohnabrechnung von dem
Arbeitgeber veranlasst worden ist und hiervon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Denn die
notwendigen Daten für die Erstellung der Lohnabrechnung konnte die Ehefrau des Klägers nur vom
Beklagten erhalten haben, so dass die Lohnabrechnung dem Beklagten zugerechnet werden muss.
Dem steht auch nicht entgegen, dass auf den erteilten Lohnabrechnungen für die Monate Mai und Juni
2004 angegeben ist: " HAUS, A., A-Straße, ". Diese Bezeichnung deutet vielmehr auf den Beklagten als
Veranlasser der Lohnabrechnung hin, zumal er auch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 02.02.2004 als
Inhaber der Inhaber Firma HAUS A., A-Straße, (vgl. Bl. 8 d.A.) geschlossen hat.
3.
Abrechnung durchgeführt, so dass er sich nicht mehr auf die Abrechnung des Beklagten für die Monate
Mai und Juni 2004 berufen könne. Der Kläger hat mit Schreiben vom 12.12.2007 eine
Zahlungserinnerung hinsichtlich des ausstehenden Lohnes für die Monate Mai und Juni 2004 (vgl. Bl. 162
f. d.A.) an den Beklagten gesandt. Hierin hat er eine noch zu überweisende Gesamtsumme von 1.955,00
f. d.A.) an den Beklagten gesandt. Hierin hat er eine noch zu überweisende Gesamtsumme von 1.955,00
EUR errechnet, wobei er die Zahlung des Beklagten in Höhe von insgesamt 800,00 EUR netto bereits
berücksichtigt hat. Folglich ist der mit der Zahlungserinnerung geltend gemachte Nettobetrag höher als
jener, der, ebenfalls unter Berücksichtigung der bereits gezahlten 800,00 EUR netto, sich aus den
Lohnabrechnungen für die Monate Mai und Juni 2004 ergibt. Mithin ist nicht ersichtlich, dass der Kläger
durch seine Zahlungserinnerung vom 12.12.2007 nunmehr geringere Forderungen als abgerechnet
geltend gemacht hätte. Infolgedessen kann er sich nach wie vor auf die erteilten Entgeltabrechnungen mit
der Wirkung berufen, dass aufgrund dieser eine ausdrückliche Geltendmachung der abgerechneten
Ansprüche nicht mehr erforderlich war.
Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Beachtung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich
begründeten Anlass.