Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 28.07.2004

LArbG Mainz: treu und glauben, gesetzlicher vertreter, delegiertenversammlung, weisung, unterlassen, satzung, genehmigung, arbeitsgericht, vorschlag, öffentlich

LAG
Mainz
28.07.2004
10 Sa 70/04
Missbrauch der Vertretungsbefugnis
Aktenzeichen:
10 Sa 70/04
10 Ca 2544/03
ArbG Mainz
Verkündet am: 28.07.2004
Tenor:
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.12.2003, AZ:
10 Ca 2544/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch des Klägers.
Der am 19.01.1942 geborene Kläger war seit dem 01.07.1987 bei dem Beklagten als Generalsekretär und
Geschäftsführer zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 7.602,48 € beschäftigt. Die näheren Modalitäten
des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich nach dem Inhalt eines am 12.06.1987 zwischen den Parteien
geschlossenen schriftlichen Vertrages, hinsichtlich dessen Regelungen auf Blatt 7 bis 12 d. A. Bezug
genommen wird. Am 27.05.1994 vereinbarte der Kläger mit zwei Mitgliedern des Geschäftsführenden
Vorstandes des Beklagten einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag. Dieser enthält - soweit vorliegend von
Interesse - folgende Bestimmungen:
1. Die Kündigungsfrist in Nr. 10 Abs. 2 des Vertrages wird von "zwölf" auf "vierundzwanzig" Monate
erhöht.
2. Soweit vor Vollendung des 63. Lebensjahres im Falle einer Kündigung durch den Verein der
Generalsekretär die Kündigungsgründe nicht zu vertreten hat, wird eine Abfindung fällig. Die Abfindung
bemisst sich nach der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit. Für jedes bis zum Termin der
Kündigungserklärung begonnene Jahr der Betriebszugehörigkeit wird ein Abfindungsbetrag in Höhe
eines Viertels eines Jahresgehalts beim Ausscheiden fällig, maximal vier Jahresgehälter.
Dieser Nachtrag zum Arbeitsvertrag wurde vom Kläger und auf Seiten des Beklagten von dessen
damaligen Vorsitzenden sowie vom damaligen Schatzmeister unterzeichnet.
Die Satzung des Beklagten, hinsichtlich deren Inhalt im Übrigen auf Blatt 22 bis 27 des Anlagenordners
Bezug genommen wird, enthält u. a. folgende Bestimmungen:
§ 10: Geschäftsführender Vorstand
1. Der Geschäftsführende Vorstand besteht aus:
a) Dem/der Vorsitzenden,
b) dem/der stellvertretenden Vorsitzenden,
c) dem/der Schatzmeister,
d) zwei weiteren Mitgliedern.
2. Der Geschäftsführende Vorstand ist gesetzlicher Vertreter des Vereins im Sinne des § 26 BGB.
Jeweils zwei Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes sind zur Vertretung des Vereins befugt. Im
Innenverhältnis wird bestimmt, dass der/die Vorsitzende zusammen mit einem weiteren Mitglied des
Geschäftsführenden Vorstandes, bei Verhinderung des/der Vorsitzenden der/die Schatzmeister/in mit
einem weiteren Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes den Verein vertreten soll.
3. Der Geschäftsführende Vorstand leitet die Arbeit des Vereins, soweit sie nicht nach der Satzung in
die Zuständigkeit anderer Vereinsorgane fällt. Er ist beschlussfähig, wenn mindestens drei Mitglieder
anwesend sind.
Mit Schreiben vom 23.12.2002 (Bl. 54 d. A.), welches dem Kläger am 27.12.2002 zuging, kündigte der
Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2004. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger nicht mit
einer Klage zur Wehr gesetzt.
Mit seiner am 26.08.2003 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Zahlung eines
Teilbetrages in Höhe von 50.000,- € netto der ihm nach seiner Ansicht aus der Vereinbarung vom
27.05.1994 zustehenden Gesamtabfindung i. H. v. 410.637,04 € brutto geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn am 03.01.2005 einen Teilbetrag in Höhe von 50.000,- € netto nebst
Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.01.2005 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Geltendmachung von Forderungen aus
dem Vertrag vom 27.05.1994 stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Hinsichtlich des von
den beiden vertretungsberechtigten Mitgliedern des geschäftsführenden Vorstandes geschlossenen
Vertrages vom 27.05.1994 fehle es an dem erforderlichen Beschluss des Geschäftsführenden Vorstandes.
Der Kläger habe es unterlassen, für eine nachträgliche Beschlussfassung bzw. Genehmigung des
betreffenden Vertrages durch den Geschäftsführenden Vorstand zu sorgen. Im Übrigen habe der Kläger
die Gründe für die Kündigung zu vertreten. Bereits in den Jahren 1996 und 1998 sei es infolge von
Pflichtverletzungen und eigenmächtigen Handlungen des Klägers zu erheblichen Auseinandersetzungen
gekommen, wobei auch die Trennung vom Kläger thematisiert worden sei. Schließlich habe es der Kläger
entgegen einer Weisung des Geschäftsführenden Vorstandes vom 05.08.2002 unterlassen, für eine
geplante Baumaßnahme zwei weitere Alternativvorschläge von Generalunternehmen einzuholen.
Entgegen der ihm erteilten Weisung habe der Kläger die Fa. H mit Schreiben vom 19.08.2002 lediglich
gebeten, "gegebenenfalls zwei weitere Angebote zur schlüsselfertigen Erstellung" zur Verfügung zu
stellen. Die Fa. H habe in einem Schreiben vom 18.10.2002 behauptet, dass sie nach ihrer Auffassung
verbindliche mündliche Vertragsabreden mit dem Kläger getroffen habe. Dieser Vorfall habe den Vorstand
veranlasst, sich nunmehr vom Kläger zu trennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand
des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.12.2003 (Bl. 105 bis 110 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 11.12.2003 stattgegeben. Hinsichtlich der maßgeblichen
Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 bis 15 dieses Urteils (= Bl. 110 bis 118 d. A.) verwiesen.
Gegen das ihm am 05.01.2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 03.02.2004 Berufung beim
Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom
01.03.2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 05.04.2004 begründet.
Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, der Kläger habe gewusst, dass es bei den Angelegenheiten,
welche sein Arbeitsverhältnis beträfen, erforderlich sei, dass der Geschäftsführende Vorstand
ordnungsgemäße Beschlüsse fasse und diese auch ordnungsgemäß dokumentiert werden müssten. Der
Kläger habe auch in der Vergangenheit stets persönlich dafür gesorgt, dass diese Angelegenheiten in
seine Personalakte aufgenommen worden seien. Demgegenüber finde sich in keinem Protokoll aus den
Vorstandssitzungen des Jahres 1994 ein Hinweis auf eine "Personalangelegenheit A." und auf eine damit
im Zusammenhang stehende Beschlussfassung über einen Vertrag vom 27.05.1994. Der betreffende
Vertrag sei ohne die erforderliche Beschlussfassung des Geschäftsführenden Vorstandes unterzeichnet
worden. Hieran habe der Kläger mitgewirkt, indem er es unterlassen habe, dass dieser Vertrag einer
ordnungsgemäßen Beschlussfassung oder zumindest einer nachträglichen Genehmigung durch den
Geschäftsführenden Vorstand zugeführt worden sei. Dies hätte jedoch zweifellos zu den Pflichten des
Klägers gehört, wie sich sowohl aus seinen arbeitsvertraglich normierten Pflichten als auch aus der
tatsächlichen Handhabung der ihn selbst betreffenden Personalangelegenheiten ergebe. Zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses vom 27.05.1994 sei beabsichtigt gewesen, den Kläger mittels eines Nachtrages zu
seinem Arbeitsvertrag wirtschaftlich abzusichern. Der Kläger habe vor dem Hintergrund der damaligen
vereinsinternen Querelen vor willkürlich ausgesprochenen Kündigungen geschützt werden sollen. Zu
diesem Zweck sei seinerzeit die Fa. C beauftragt worden, ein Gutachten hinsichtlich der
wirtschaftlichen Absicherung des Klägers zu erstellen. Entsprechend diesem Auftrag habe die Fa. C
ein Rechenmodell entwickelt, bei dem sich eine an den Kläger zu zahlende Abfindung mit
zunehmender Beschäftigungsdauer reduziert hätte. Wäre eine Abfindung nach diesem Rechenmodell zu
zahlen, so könne der Kläger - im Fall berechtigter Ansprüche - lediglich 146.188,- € fordern. Im Gegensatz
zu diesem "degressiven" Vorschlag der Fa. C erhöhe sich nach dem Inhalt des Vertrages vom
27.05.1994 mit zunehmender Beschäftigungsdauer eine etwaige, dem Kläger zustehende Abfindung,
welche sich nunmehr auf über 400.000,- € belaufen würde. Hieraus ergebe sich sehr deutlich, dass
sowohl von Seiten des Klägers als auch von Seiten der beiden vertragsunterzeichnenden
Vorstandsmitglieder bewusst zum Nachteil des Vereins gehandelt worden sei. Entgegen der Ansicht des
Arbeitsgerichts habe der Kläger die Kündigung auch zu vertreten. Zwar treffe es zu, dass die Einholung
weiterer Angebote von Generalunternehmern betreffend das Bauvorhaben nach der Sitzung des
Geschäftsführenden Vorstandes vom 05.08.2002 in Ansehung von Urheberrechten der Fa. H nicht
mehr möglich gewesen sei. Der Kläger sei jedoch verpflichtet gewesen, von vornherein mit der ersten
Auftragserteilung so zu handeln, dass er nur Aufträge vergebe, welche es ermöglichten, für das geplante
Bauvorhaben mehrere Angebote von Generalunternehmern einzuholen. Das Unterlassen einer solchen
Vorgehensweise zeige, dass der Kläger eigenmächtig und nicht zum Wohl des Vereins gehandelt habe.
Das Arbeitsgericht habe bei seiner Entscheidung auch unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger
öffentlich im Rahmen der Delegiertenversammlung 2002 erklärt habe, dass er in den Vorstand und den
Geschäftsführenden Vorstand kein Vertrauen habe. Mit einem Geschäftsführer, der solche Äußerungen
tätige, sei keine vertrauensvolle Arbeit mehr zu erwarten.
Zur Darstellung des weiteren Vorbringens des Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die
Berufungsbegründungsschrift vom 25.03.2004 (Bl. 139 bis 148 d. A.) sowie auf die ergänzenden
Schriftsätze vom 02.07.2004 (Bl. 193 bis 200 d. A.), vom 23.07.2004 (Bl. 233 bis 236 d. A.) und vom
26.07.2004 (Bl. 237 d. A.) Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.12.2003, AZ: 10 Ca 2544/03, aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, es sei ihm keinesfalls verwehrt, sich auf die vertragliche
Vereinbarung vom 27.05.1994 zu berufen. Ein Missbrauch der Vertretungsmacht der diesen auf Seiten
des Beklagten unterzeichnenden Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstandes sei nicht gegeben.
Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob der betreffende Vertrag in einem Protokoll des
Geschäftsführenden Vorstandes erwähnt sei. Diesbezüglich sei auch zu berücksichtigen, dass längst nicht
alle Entscheidungen von Vorstand oder Geschäftsführendem Vorstand in Sitzungen fielen und
dementsprechend auch nicht immer in einem Sitzungsprotokoll festgehalten sein könnten. Über
Personalangelegenheiten sei regelmäßig, jedoch keineswegs immer, in einem sogenannten Vorlauf
verhandelt und entschieden worden. Wenn es dabei um Angelegenheiten gegangen sei, welche ihn - den
Kläger - betroffen hätten, so seien diese auch häufig in seiner Abwesenheit erörtert worden. Der Vertrag
vom 27.05.1994 weiche auch nicht nur zu Ungunsten des Beklagten von dem von der Fa. C
erarbeiteten Modell ab. Dies ergebe sich daraus, dass bei Anwendung des C Vorschlages
die daraus resultierenden Abfindungssummen während der ersten fünf Jahre höher seien als bei
Anwendung der letztlich vertraglich vereinbarten Regelung. Unterstellt, bereits Ende 1994 wäre es auf
Basis des Vertrages vom 27.05.1994 zu einer Trennung und Abfindungszahlung gekommen, so hätte sich
die Abfindung auf 171.000,- € belaufen. Demgegenüber wäre nach der C - Lösung ein Betrag von rund
362.000,- € geschuldet gewesen. Allein dieser Vergleich zeige, dass er - der Kläger - sich auf einen im
Vergleich zum C - Vorschlag wesentlich ungünstigeren Vertragsabschluss eingelassen
habe. Er habe auch die Kündigung nicht zu vertreten. Bereits aus der im Kündigungsschreiben vom
23.12.2002 (Bl. 54 d. A.) enthaltenen Begründung der Maßnahme ergebe sich, dass es sich nicht um eine
verhaltensbedingte Kündigung handele. Von einer solchen sei auch zuvor nie die Rede gewesen. Im
Hinblick auf die Konsequenzen aus dem Vertrag vom 27.05.1994 wäre es Sache des Beklagten gewesen,
Gründe für eine etwaige verhaltensbedingte Kündigung anzugeben. In diesem Fall hätte er - der Kläger -
eine Kündigungsschutzklage erhoben, um seine Rechte zu wahren. Dem Beklagten sei es daher
verwehrt, sich nunmehr auf das Vorliegen verhaltensbedingter Gründe zu berufen. Solche Gründe seien
im Übrigen auch nicht gegeben. In keiner Weise habe er im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben seine
Kompetenzen bzw. Vollmachten überschritten. Der Vertrag mit dem Bauträger sei schließlich nach
Erörterung im Geschäftsführenden Vorstand auf dessen Beschlussfassung hin abgeschlossen worden.
Soweit der Beklagte nunmehr darauf abstelle, dass er von vornherein für die Einholung von Angeboten
mehrerer Generalunternehmer hätte Sorge tragen müssen, so hätte sich eine solche Vorgehensweise
nicht auf die Baukosten sondern lediglich auf die Baubetreuungskosten ausgewirkt. Es treffe nicht zu, dass
er im Rahmen einer Delegiertenversammlung erklärt habe, er habe kein Vertrauen mehr in Vorstand und
Geschäftsführenden Vorstand des Beklagten. Vielmehr habe er immer nur vom fehlenden Vertrauen in
den Vorsitzenden gesprochen. Im Übrigen habe er diese Äußerung nicht öffentlich getätigt. Die
Delegiertenversammlung sei nämlich keine Öffentlichkeit sondern vielmehr das oberste Organ des
Beklagten.
Zur Darstellung des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die
Berufungserwiderungsschrift vom 04.05.2004 (Bl. 162 bis 178 d. A.) sowie auf den ergänzenden
Schriftsatz vom 16.07.2004 (Bl. 213 bis 219 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das
hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
II.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil der Klage sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit
zutreffender Begründung stattgegeben. Die Klage ist zulässig und begründet. Das Berufungsgericht folgt
den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und
stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen
erscheinen jedoch folgende ergänzenden Ausführungen angezeigt:
Der Kläger hat gegen den Beklagten nach Ziffer 2 der zwischen den Parteien am 27.05.1994 getroffenen
schriftlichen Vereinbarung Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, deren Höhe unstreitig die mit
vorliegender Teilklage geltend gemachte Summe von 50.000,- € netto deutlich übersteigt und die mit der
infolge der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zum 31.12.2004 eintretenden
Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird.
Die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch des Klägers sind erfüllt, da der
Beklagte das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 63. Lebensjahres des Klägers gekündigt und der
Kläger die Kündigungsgründe nicht zu vertreten hat. Der Vertrag vom 27.05.1994 ist wirksam zustande
gekommen; es ist dem Kläger auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf diesen Vertrag zu
berufen.
1.
Die Vereinbarung vom 27.05.1994 ist wirksam zustande gekommen. Sie trägt auf Seiten des Beklagten
die Unterschrift von zwei Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstandes, nämlich des damaligen
Vorsitzenden und des damaligen Schatzmeisters. Beide waren zusammen nach § 26 BGB i. V. m. § 10
Ziffer 2 der Vereinssatzung im Außenverhältnis uneingeschränkt vertretungsbefugt.
Dem Kläger ist es nicht nach Treu und Glauben verwehrt, Rechte aus diesem Vertrag geltend zu machen.
Der Beklagte muss das rechtsgeschäftliche Handeln seiner beiden gemeinsam vertretungsberechtigten
Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch, wenn man mit
dem Beklagten davon ausgeht, dass es hinsichtlich des Abschlusses des Vertrages vom 27.05.1994 eines
Beschlusses des Geschäftsführenden Vorstandes bedurfte und dass ein solcher nicht gefasst wurde. Zwar
muss sich der Vertretene das rechtsgeschäftliche Handeln seines Vertreters nicht unter allen Umständen
zurechnen lassen, handelt der Vertreter vorsätzlich gegen die Interessen des Vertretenen und geschieht
das unter so verdächtigten Begleitumständen, dass der Vertragspartner - hier der Kläger - die
Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis und die unlauteren Absichten des Vertreters erkannte
oder sie hätte erkennen müssen, so gilt die Berufung auf einen solchen Vertrag als unzulässige
Rechtsausübung und genießt nicht den Schutz der Rechtsordnung (vgl. BAG, AP Nr. 43 zu § 123 BGB m.
w. N.). Die Voraussetzungen eines solchen kollusiven Zusammenwirkens sind jedoch vorliegend nicht
gegeben. Es kann nämlich bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die gemeinsam
vertretungsberechtigten Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes (der damalige Vorsitzende und
der damalige Schatzmeister) bei Vertragsschluss bewusst gegen die Interessen des Beklagten handelten.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass es seinerzeit den beiderseitigen Interessen und somit gerade
auch den Interessen des Beklagten entsprach, den Kläger für den Fall einer Kündigung durch den Verein
wirtschaftlich abzusichern. Diesem Zweck bzw. Interesse entspricht der Inhalt der Vereinbarung vom
27.05.1994. Ein Handeln gegen die Interessen des Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass die
getroffene Vereinbarung von dem von der Fa. C im Auftrag des Beklagten erarbeiteten
"degressiven" Modell insoweit abweicht, als sie mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses eine
Erhöhung der Abfindungssumme vorsieht. Wie sich aus dem unstreitigen, vom Kläger mit Schriftsatz vom
04.05.2004 (dort Seite 13 = Bl. 174 d. A.) ergibt, hätte eine dem Kläger nach dem "C -
Modell" zustehende Abfindung im Fall einer in den Jahren 1994 bis 1999 ausgesprochenen Kündigung
einen aus dem Vertrag vom 27.05.1994 resultierenden Abfindungsanspruch der Höhe nach überschritten.
Erst ab dem Jahr 2000 konnte sich die vertragliche Regelung im Vergleich zum Vorschlag der Fa.
C zu Gunsten des Klägers auswirken. In den Vorjahren wäre der Beklagten hingegen nach
dem seinerzeit erarbeiteten "C - Modell", welches gerade nach Ansicht des Beklagten
seinen Interessen entsprach, mit einem höheren als dem aus der vertraglich getroffenen Vereinbarung
resultierenden Abfindungsanspruch belastet gewesen. Es kann daher entgegen der Ansicht des
Beklagten keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die gemeinsam vertretungsberechtigten
Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes durch den Abschluss des Vertrages, der von dem von der
Fa. C erarbeiteten und vom Beklagten als interessengerecht erachteten Vorschlag abweicht,
bewusst gegen die Interessen des Vereins handelten. Es sind auch keine ausreichenden Anhaltspunkte
dafür ersichtlich, dass der Klägers selbst die aus der getroffenen Vereinbarung resultierende Abfindung
als überhöht und den Interessen des Beklagten zuwiderlaufend empfinden musste. In Ansehung des
Umstandes, dass das von der Firma C im Auftrag des Beklagten erarbeitete Modell bereits für den Fall
einer noch im Jahr 1994 ausgesprochenen Kündigung eine exorbitant hohe Abfindung von über
700.000,- DM vorsah, durfte es der Kläger durchaus als gerecht und billig ansehen, dass eine
Vereinbarung getroffen wurde, nach deren Inhalt sich sein Abfindungsanspruch aus damaliger Sicht von
334.400,- DM (1994) mit zunehmender Beschäftigungsdauer auf letztlich 668.800,- DM (2004) steigern
sollte. Es ist im Übrigen keineswegs unüblich sondern entspricht allgemeiner Praxis, bei der Berechnung
einer für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlenden Abfindung die Dauer der Betriebszugehörigkeit des
Arbeitnehmers als Bemessungsfaktor zu berücksichtigen.
Der vom Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs lässt sich vorliegend auch nicht mit der
Behauptung begründen, der Kläger habe sich die vertragliche Abfindungszusage durch eine
Pflichtverletzung verschafft, angesichts derer eine Berufung auf die formelle Vertragslage treuwidrig wäre.
Dieser Einwand wäre gerechtfertigt, wenn es der Kläger selbst zu vertreten hätte, dass der damalige
Vorsitzende und der damalige Schatzmeister beim Abschluss des Vertrages ihre Vertretungsmacht (unter
Zugrundelegung der Rechtsansicht des Beklagten) im Widerspruch zu ihrer durch die Vereinssatzung
eingeschränkten Geschäftsführungsbefugnis wahrgenommen hätten. Es kann nämlich nicht davon
ausgegangen werden, dass es zu den vertraglichen Pflichten des Klägers gehörte, für eine
Beschlussfassung des Geschäftsführenden Vorstandes vor Abschluss des Vertrages durch den
Vorsitzenden und den Schatzmeister oder zumindest für eine nachträgliche Genehmigung des Vertrages
durch den Geschäftsführenden Vorstand zu sorgen. Eine diesbezügliche Verpflichtung des Klägers ergibt
sich weder unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag vom 12.06.1987 noch aus der Satzung des Beklagten.
Nach Ziffer 2 des Arbeitsvertrages oblag dem Kläger die Leitung der Arbeit des Vereins nach Maßgabe
der vom Geschäftsführenden Vorstand festgelegten Richtlinien und Weisungen, insbesondere die
Koordination der Arbeit der Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes und des Vorstandes zwischen
den Sitzungen. Letztlich oblagen ihm die Geschäfte der laufenden Verwaltung. Nach § 10 Ziffer 4 der
Satzung des Beklagten hatte der Kläger als Generalsekretär diejenigen Aufgaben des
Geschäftsführenden Vorstandes wahrzunehmen, die dieser ihm übertrug. Aus diesen Bestimmungen lässt
sich indessen nicht ableiten, dass es zum Pflichtenkreis des Klägers gehörte, Rechtsgeschäfte
vertretungsberechtigter Vorstandsmitglieder einer vorherigen Beschlussfassung oder nachträglichen
Genehmigung durch den Geschäftsführenden Vorstand zuzuführen. In diesem Zusammenhang ist
insbesondere nicht erkennbar, dass es dem Kläger oblag, diesbezügliche Beschlussvorlagen oder
ähnliches - ohne vorherige Weisung - in die Sitzungen des Geschäftsführenden Vorstandes einzubringen.
Hinzu kommt, dass Entscheidungen, die den Kläger selbst betrafen, unstreitig häufig vom
Geschäftsführenden Vorstand in seiner Abwesenheit getroffen wurden. Das Bestehen einer
arbeitsvertraglichen Verpflichtung des Klägers, dafür zu sorgen, dass der Beklagte in seinen (des Klägers)
eigenen Vertragsangelegenheiten ordnungsgemäß, d. h. unter Beachtung der die Geschäftsführungs- und
Vertretungsbefugnis regelnden satzungsrechtlichen Bestimmungen handelt, kann auch von daher nicht
angenommen werden.
2.
Der Kläger hat die Kündigungsgründe auch nicht im Sinne von Ziffer 2 des Vertrages vom 27.05.1994 zu
vertreten.
a.
Aus der in Ziffer 2 des Vertrages vom 27.05.1994 enthaltenen Formulierung, nach der ein
Abfindungsanspruch des Klägers entstehen soll, wenn dieser "die Kündigungsgründe nicht zu vertreten
hat", ergibt sich zunächst, dass hiervon der Fall einer betriebsbedingten Kündigung erfasst wird. Darüber
hinaus ergibt sich jedoch bei Auslegung (§§ 133, 157 BGB) dieser Vertragsklausel in Ansehung des mit
ihr verfolgten Zwecks einer wirtschaftlichen Absicherung bzw. eines (zusätzlichen) Schutzes für den Fall
einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, dass auch bei einer auf das Verhalten des Klägers
gestützten Kündigung, durch die das Arbeitsverhältnis beendet wird, nach dem Willen beider
Vertragspartner eine Abfindung gezahlt werden soll, wenn das Fehlverhalten nicht geeignet ist, den
Ausspruch einer ordentlichen Kündigung nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG sozial zu rechtfertigen. Könnte
nämlich bereits beispielsweise ein lediglich geringfügiges einmaliges Fehlverhalten des Klägers dem
Abfindungsanspruch entgegenstehen, so widerspräche dies eindeutig dem Sinn und Zweck der
Vereinbarung und damit zugleich dem darin zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner. Ob
auch der Ausspruch einer personenbedingten Kündigung (z. B. wegen Krankheit) von der
Abfindungsvereinbarung der Parteien erfasst wird, bedarf vorliegend keiner Prüfung.
b.
Als verhaltensbedingter Kündigungsgrund kommt nur ein solches Fehlverhalten des Arbeitnehmers in
Betracht, welches im Einzelfall geeignet ist, einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur
Kündigung zu bestimmen (vgl. BAG, AP Nr. 3 und Nr. 18 zu § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung;
KR-Etzel, 6. Auflage, § 1 KSchG Rd-Ziffer 398). Ein solches Fehlverhalten des Klägers ist jedoch im
Streitfall nicht gegeben.
Soweit der Beklagte Vorfälle aus dem Jahr 1996 heranzieht und diesbezüglich vorträgt, der Kläger habe
in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt Opfervertretungen übernommen, ein Immobilienverkauf aus einer
Erbschaft des Vereins sei durch einen Freund des Klägers durchgeführt worden und der Kläger habe
"goldene Kreditkarten" vergeben, so lässt sich hieraus in Ermangelung eines ausreichenden
Sachvortrages des Beklagten kein Verstoß des Klägers gegen arbeitsvertragliche Pflichten herleiten. Das
pauschale Vorbringen des Beklagten lässt nicht ansatzweise erkennen, ob und in welchem Umfang der
Kläger etwa Kompetenzen überschritten oder gegen die Interessen des Vereins gehandelt hat, so dass
offen bleiben kann, ob sich der Beklagte im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf überhaupt
noch mit Erfolg auf die viele Jahre zurückliegenden Ereignisse berufen kann.
Auch das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit dem vom Beklagten näher bezeichneten
Bauvorhaben ist nicht geeignet, den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu rechtfertigen. Soweit die
Beklagte dem Kläger (erstinstanzlich) vorgeworfen hat, er habe es entgegen einer ihm in der Sitzung des
Geschäftsführenden Vorstandes vom 05.08.2002 erteilten Weisung unterlassen, mindestens zwei
Alternativvorschläge von Generalunternehmern bis zum 02.09.2002 einzuholen, so räumt der Beklagte in
seiner Berufungsbegründungsschrift vom 25.03.2004 (dort Seite 9 = Bl. 147 d. A.) selbst ein, dass dem
Kläger im Hinblick auf die zu Gunsten der Fa. H bestehenden Urheberrechte die Einholung von
Alternativvorschlägen gar nicht mehr möglich war. Die Nichtbefolgung der am 05.08.2002 erteilten
Weisung beinhaltet daher keinen Pflichtenverstoß des Klägers. Der Beklagte hat seinen diesbezüglichen
Sachvortrag im Berufungsverfahren dahingehend konkretisiert bzw. geändert, dass der Kläger jedoch von
vornherein verpflichtet gewesen sei, Alternativangebote einzuholen bzw. nur solche Aufträge zu
vergeben, die es ermöglicht hätten, für das geplante Bauvorhaben mehrere Angebote von
Generalunternehmern einzuholen. Konkrete Umstände, aus denen sich eine solche Verpflichtung des
Klägers ergeben könnte, sind indessen nicht ausreichend dargetan. Überdies beruht die mit der Fa. H
getroffene Vereinbarung nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers auf einem vom
Geschäftsführenden Vorstand in dessen Sitzung vom 26.11.2001 nach vorheriger Erörterung gefassten
Beschluss (Bl. 118 des Anlagenordners). Ein eigenmächtiges Handeln ist von daher - entgegen der
Ansicht des Beklagten - nicht erkennbar. Selbst wenn im Zusammenhang mit dem betreffenden
Bauvorhaben eine andere Vorgehensweise des Klägers, nämlich eine solche, die die Einholung weiterer
Generalunternehmer - Angebote erlaubt hätte, angebracht bzw. geboten gewesen wäre, so könnte dies
den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung nicht rechtfertigen. Nach dem das Kündigungsschutzrecht
beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist der Arbeitnehmer nämlich bei einem
pflichtwidrigen Verhalten grundsätzlich zunächst abzumahnen, es sei denn, die Abmahnung ist nicht
erfolgversprechend, oder es geht um schwere Pflichtverletzungen, deren Rechtswidrigkeit für den
Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den
Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Dies gilt sowohl für Störungen im Leistungsbereich als auch
für Störungen im Vertrauensbereich (vgl. KR-Etzel, 6. Auflage, § 1 KSchG, Rd-Ziffer 402 m. N. a. d. Rspr.).
Eine Abmahnung wurde dem Kläger jedoch unstreitig vor Kündigungsausspruch nicht erteilt. Ebenso
wenig liegen Anhaltspunkte vor, aus denen sich ergeben könnte, dass eine solche nicht
erfolgversprechend gewesen wäre oder dass die Vorgehensweise des Klägers im Zusammenhang mit
dem betreffenden Bauvorhaben eine solch schwere Pflichtverletzung darstellt, deren Rechtswidrigkeit für
ihn ohne weiteres erkennbar war und deren Hinnahme durch den Beklagten offensichtlich
ausgeschlossen war. Es ist in diesem Zusammenhang auch ohne Belang, dass die Fa. H in einem
Schreiben vom 18.10.2002 die Ansicht vertrat, bereits verbindliche mündliche Vertragsabreden mit dem
Kläger getroffen zu haben. Weder hieraus noch aus dem Sachvortrag des Beklagten lässt sich nämlich
herleiten, dass der Kläger tatsächlich solche Abreden getroffen hat. Dies wird vom Beklagten auch nicht
konkret behauptet. Schließlich hat der Kläger nach Aufforderung des Geschäftsführenden Vorstandes vom
04.11.2002 auch schriftlich erklärt, dass er mit der Fa. H keine über die den Beklagten bereits
vorliegenden schriftlichen Verträge hinausgehenden Vereinbarungen getroffen hat. Ein Fehlverhalten des
Klägers ist daher auch insoweit nicht zu erkennen.
Der Beklagte stützt die Kündigung letztlich auf die Behauptung, der Kläger habe öffentlich im Rahmen der
Der Beklagte stützt die Kündigung letztlich auf die Behauptung, der Kläger habe öffentlich im Rahmen der
Delegiertenversammlung 2002 erklärt, dass er in den Vorstand und den Geschäftsführenden Vorstand
des Vereins kein Vertrauen habe. Der Kläger hat seinerseits bestritten, eine solche Äußerung getätigt zu
haben und lediglich eingeräumt, erklärt zu haben, dass er zum Vereinsvorsitzenden (nicht hingegen zum
Vorstand und Geschäftsführendem Vorstand) kein Vertrauen habe aufbauen können. Da der Beklagte für
sein diesbezüglichen Vorbringen keinerlei Beweis angetreten hat, ist bei der gerichtlichen Prüfung der
Frage, ob ein zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung geeigneter Sachverhalt gegeben ist, vom
Vortrag des Klägers auszugehen. Die vom Kläger eingeräumte, im Rahmen der Delegiertenversammlung
des Jahres 2002 getätigte Äußerung vermag den Ausspruch einer Kündigung indessen nicht zu
rechtfertigen. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger die betreffende Erklärung nicht in der
Öffentlichkeit abgegeben. Bei der Delegiertenversammlung handelt es sich nämlich nach § 7 der Satzung
des Beklagten um dessen oberstes Organ; die betreffende Erklärung des Klägers erfolgte somit intern. Für
die kündigungsrechtliche Beurteilung dieses Verhaltens des Klägers ist zunächst zu berücksichtigen, dass
kritische (sogar öffentliche) Äußerungen eines Arbeitnehmers über seinen Arbeitgeber, die weder eine
Schmähkritik noch eine Formalbeleidigung darstellen, unter dem Schutz des Grundrechts der
Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG stehen (BVerfG vom 16.10.1998, AuR 1999, 36; KR-Etzel, a. a. O. §
1 KSchG Rd-Ziffer 466). Im Streitfall handelt es sich jedoch noch nicht einmal um eine Kritik des Klägers
an seinem Arbeitgeber. Vielmehr hat der Kläger lediglich intern, d. h. gegenüber dem Arbeitgeber zu
erkennen gegeben, dass er in seinen Vorgesetzten (den Vereinsvorsitzenden) kein Vertrauen mehr habe.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass den Kläger nicht nur gegenüber seinem Arbeitgeber sondern auch
gegenüber seinem Vorgesetzten, der zugleich Repräsentant des Vereins ist, eine Pflicht zur Loyalität trifft,
so berechtigte die Äußerung jedoch noch nicht den Ausspruch einer Kündigung. Ein so schwerwiegender
Verstoß des Klägers gegen seine Loyalitätspflicht, der sogar ohne die vorherige Erteilung einer
Abmahnung berechtigterweise zum Anlass einer Kündigung genommen werden könnte, ist jedenfalls
nicht gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass gerade infolge der klägerischen Äußerung das
Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Vorsitzenden des Beklagten so beeinträchtigt wurde, dass es
nicht mehr wieder herstellbar erschien, liegen nicht vor. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine weitere
Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und dem Vorsitzenden in der Folgezeit nicht mehr möglich war.
Letztlich oblag es dem Beklagten, vor Kündigungsausspruch jedenfalls den Versuch zu unternehmen,
etwaige Meinungsverschiedenheiten und daraus resultierende Spannungen durch Gespräche mit dem
Kläger auszuräumen.
III.
Die Berufung des Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge
zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien
keine Veranlassung.