Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 19.10.2009

LArbG Mainz: frachtführer, fahrzeug, abhängigkeit, arbeitnehmereigenschaft, obhut, quelle, verfügung, datum, arbeitsgericht

LAG
Mainz
19.10.2009
8 Ta 222/09
Zur Arbeitnehmereigenschaft eines Frachtführers
Aktenzeichen:
8 Ta 222/09
1 Ca 744/09
ArbG Mainz
Beschluss vom 19.10.2009
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.07.2009 - 1
Ca 744/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe:
Die nach §§ 48 Abs. 1, 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 ff ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige
sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit
zutreffender Begründung den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt, soweit
die Kläger gegenüber der Beklagten (unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges) die Zahlung von
Arbeitsvergütung in Höhe von jeweils 2.956,25 Euro geltend machen. Das Beschwerdegericht folgt
uneingeschränkt den sehr ausführlichen und sorgfältig dargestellten Gründen des erstinstanzlichen
Beschlusses und stellt dies in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der
Darstellung eigener Gründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger im
Beschwerdeverfahren besteht lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen:
Bei der Tätigkeit von Frachtführern ist für die Feststellung einer Arbeitnehmereigenschaft zu
berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Frachtführer grundsätzlich als selbständigen
Gewerbetreibenden eingeordnet hat, obgleich dieser schon nach den gesetzlichen Bestimmungen weit
reichenden Weisungsrechten unterliegt (§§ 408 ff HGB). Ein Arbeitsverhältnis kann deshalb nur dann
bejaht werden, wenn der betreffende Fahrer in der Ausübung seiner Tätigkeit weit weniger frei ist, als ein
Frachtführer im Sinne des Handelsgesetzbuches (BAG v. 19.11.1997
- 5 AZR 653/96 - AP Nr. 90 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG v. 30.09.1998
- 5 AZR 563/97 - AP Nr. 103 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Ein Frachtführer, der nur für einen Auftraggeber
fährt, ist nicht Arbeitnehmer, wenn weder Dauer noch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
vorgeschrieben sind und er die - nicht nur theoretische - Möglichkeit hat, auch Transporte für eigene
Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen. Ob er diese Möglichkeit tatsächlich nutzt, ist nicht
entscheidend (BAG v. 30.09.1998, a.a.O.).
Die Kläger haben nach wie vor nicht bestritten, dass für sie keine festen täglichen Arbeitszeiten galten.
Vielmehr richtete sich ihre Arbeitszeit nach der Art und dem Umfang der für die Beklagte zu erledigenden
Transporte, was wechselnde Einsatzzeiten zur Folge hatte, die im voraus festgelegt wurden. Die Kläger
behaupten selbst nicht, dass die Beklagte darüber hinaus - z.B. bei Nichtvorliegen von Transportaufträgen
- über ihre Arbeitsleistung verfügen konnte. Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich auch nicht, dass
ihnen bestimmte Lieferzeiten vorgegeben waren. Aber selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so
würde dieser Umstand noch nicht die Annahme eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Auch im Rahmen
eines Dienst- oder Werkvertrages können nämlich Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden,
eines Dienst- oder Werkvertrages können nämlich Termine für die Erledigung der Arbeit bestimmt werden,
ohne dass daraus auch eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt (BAG vom 19.11.1997, a.a.O.). Den
Kläger war auch
- soweit ersichtlich - nicht untersagt, Transportaufträge von Dritten anzunehmen. Der Umstand, dass sie
hierbei nicht berechtigt gewesen wären, das ihnen von der Beklagten zur Verfügung gestellte Fahrzeug zu
verwenden, ist diesbezüglich unerheblich. Es sind auch nach wie vor keine ausreichenden Anhaltspunkte
dafür gegeben, dass die Kläger verpflichtet waren, jeden Auftrag der Beklagten anzunehmen. Eine solche
Verpflichtung lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sich das zur Durchführung der Transportaufträge
notwendige Fahrzeug durchgängig in ihrer Obhut befand. Für die Beklagte bestand nämlich insoweit
jedenfalls die Möglichkeit, das betreffende Fahrzeug von einem anderen, zuvor mit der Durchführung
eines Transportes beauftragten Fahrer bei den Klägern abholen zu lassen.
Insgesamt liegen somit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger ihre Tätigkeit
weniger frei gestalten konnten, als dies einem Frachtführer im Sinne des Handelsgesetzbuchs möglich ist.
Ansonsten ist den in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Gründen des
angefochtenen Beschlusses nichts hinzuzufügen.
Die sofortige Beschwerde der Kläger war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge
zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung. Diese Entscheidung ist daher
unanfechtbar.