Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 06.11.2008

LArbG Mainz: sozialplan, rechtskräftiges urteil, rechtskraft, arbeitsgericht, kündigungsfrist, beendigung, form, arbeitsbedingungen, unternehmen, vergütung

LAG
Mainz
06.11.2008
10 Sa 288/08
Auslegung eines Sozialplans
Aktenzeichen:
10 Sa 288/08
3 Ca 2054/07
ArbG Mainz
Urteil vom 06.11.2008
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. April 2008, Az.: 3 Ca
2054/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um eine Sozialplanabfindung.
Der Kläger (geb. am 25.10.1956, verheiratet, ein Kind) war seit dem 01.10.1987 bei der Beklagten als
Handlungsbevollmächtigter angestellt. Er bezog zuletzt 14 Monatsgehälter in Höhe von jeweils € 5.567,14
brutto. Die Beklagte beschäftigte im Dezember 2006 insgesamt 39 Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 19.12.2006 erklärte die Beklagte aus betriebsbedingten Gründen eine
Änderungskündigung zum 30.06.2007. Sie bot dem Kläger an, das Arbeitsverhältnis mit einer reduzierten
Vergütung von 14 Monatsgehältern in Höhe von jeweils € 4.788,26 brutto fortzusetzen. Neben der
Kündigung gegenüber dem Kläger sprach die Beklagte auch gegenüber weiteren Arbeitnehmern
Änderungskündigungen aus. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht - auch nicht unter Vorbehalt -
an. Er erhob eine Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 25.04.2007 (Az.: 4
Ca 23/07) der Klage stattgegeben. Das Urteil ist beiden Parteien in vollständiger Form abgefasst am
09.07.2007 zugestellt worden. Nachdem die Beklagte keine Berufung eingelegt hat, ist es seit dem
10.08.2007 rechtskräftig.
Am 04.05.2007 stellte die Einigungsstelle einen Sozialplan auf. Wegen der Einzelheiten des Sozialplans
wird auf Blatt 7 bis 9 der Akte verwiesen. Der Sozialplan hat u.a. folgenden Wortlaut:
1. Geltungsbereich
1.1. Der Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der C., die Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG sind
und am 01.01.2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden haben.
1.2. Die Mitarbeiter haben Anspruch auf Leistungen dieses Sozialplans, wenn sie von betriebsbedingten
Beendigungs- und Änderungskündigungen betroffen sind, keinen Vorbehalt erklärt haben und zugleich
spätestens zum 31.07.2007 bzw. zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis
ausscheiden.
1.3. Anspruch auf Leistung nach diesem Sozialplan haben ebenfalls Mitarbeiter, die veranlasst durch die
von der Arbeitgeberin angekündigten Gehaltskürzungsmaßnahmen das Unternehmen aufgrund von
Eigenkündigungen bzw. Aufhebungsvereinbarungen seit dem 01.01.2006 bis zum Ausspruch der
Änderungskündigungen verlassen haben bzw. während der Laufzeit des Sozialplans verlassen werden.
…"
Der Kläger ist im Mai 2007 ein neues Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab 01.07.2007 als Leiter des
Tiefbauamtes der Stadt B. eingegangen. Er erhält dort eine Vergütung nach Entgeltgruppe E 12 Stufe 6
TVöD/ VKA. Das inzwischen unbefristete Arbeitsverhältnis war zunächst für ein Jahr befristet.
Im Mai 2007 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er eine neue Anstellung ab dem 01.07.2007
gefunden habe. Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 16.05.2007 (Bl. 45 d. A.) wie folgt:
„…im Hinblick auf Ihren Wunsch, das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2007 zu beenden und ab dem
01.07.2007 die Stelle des Leiters des Tiefbauamtes B. anzutreten, darf ich Sie darauf hinweisen, das Sie
die Änderungskündigung zwar nicht unter Vorbehalt angenommen haben, jedoch erstinstanzlich
gewonnen haben; damit besteht Ihr Arbeitsverhältnis bei der C. fort.
Es bleibt Ihnen unbenommen, das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung Ihrer Kündigungsfrist selbst zu
kündigen. Dass Sie ab 01.07.2007 eine neue Stelle haben, berechtigt Sie nicht zu einer
außerordentlichen Kündigung. Falls Sie vorzeitig Ihre Tätigkeit einstellen und uns hierdurch ein Schaden
entstehen sollte, muss ich mir leider Schadensersatzansprüche vorbehalten. …“
Mit Schreiben vom 23.05.2007 (Bl. 46-47 d. A.) bat der Kläger die Beklagte zu erklären, ob sie aus der
Kündigung vom 19.12.2006 überhaupt noch Rechtsfolgen herleite und ob beabsichtigt sei, Rechtsmittel
gegen das Urteil vom 25.04.2007 einzulegen. Außerdem bot er seine Arbeitskraft auch über den
30.06.2007 hinaus an. Eine Reaktion der Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte nicht. Der Kläger trat
am 01.07.2007 seinen Dienst bei seinem neuen Arbeitgeber an.
Mit Schreiben vom 16.08.2007 (Bl. 49 d. A.) verweigerte der Kläger - innerhalb einer Woche nach
Rechtskraft des Urteils im Kündigungsrechtsstreit - die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der
Beklagten und verlangte die Zahlung der Sozialplanabfindung.
Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2
ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.04.2008
(Seite 2-4 = Bl. 85-87 d. A.) sowie auf die von den Parteien erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 99.766,57 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 10.04.2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan. Er unterfalle
dem Geltungsbereich des Sozialplans aufgrund seines rechtskräftigen Obsiegens im
Kündigungsschutzprozess nicht. Er habe das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten
Arbeitsbedingungen abschließend durchgesetzt. Hieran ändere seine Entscheidung, von der Möglichkeit
der Lossagung gemäß § 12 KSchG Gebrauch zu machen, nichts. Der Ansicht des Klägers, das
Arbeitsverhältnis sei durch die Lossagung nach § 12 KSchG entgegen der rechtskräftigen Feststellung
dennoch durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten im Sinne der Ziffer 1.2 des Sozialplans
aufgelöst worden, sei nicht zu folgen. Der Kläger sei weder zum 31.07.2007 noch zum Ablauf seiner
individuellen Kündigungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so dass er auch die zeitliche
Voraussetzung der Ziffer 1.2, 2. Halbsatz des Sozialplans nicht erfülle. Der Kläger erfülle auch die
Voraussetzungen der Ziffer 1.3 des Sozialplanes nicht. Hier sei ein Kausalzusammenhang zwischen
Eigenkündigung und Aufhebungsvereinbarung einerseits und der von der Arbeitgeberin angekündigten
Gehaltskürzungsmaßnahme andererseits erforderlich. Der Wortlaut lasse es nicht zu, hierunter bereits
ausgesprochene Änderungskündigungen zu subsumieren. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die
Einigungsstelle keine Sozialplanansprüche für Arbeitnehmer begründet habe, die den Fortbestand ihres
Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Arbeitsbedingungen rechtskräftig durchgesetzt haben. Wegen der
Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 bis 9 des Urteils (= Bl. 88 - 92
d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil am 21.04.2008 zugestellt worden ist, hat am 21.05.2008 Berufung zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am Montag, dem 23.06.2008 beim Landesarbeitsgericht
eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe eine Sozialplanabfindung zu. Er sei bezogen auf den Wortlaut der
Ziffer 1.2 des Sozialplans von einer betriebsbedingten Kündigung „betroffen“. Ihm sei eine derartige
Kündigung mit Schreiben vom 19.12.2006 zugestellt worden. Die Beklagte habe im
Kündigungsschutzprozess bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht das Ziel verfolgt, das
Arbeitsverhältnis zu beenden. Es finde auch der zweite Absatz von Ziffer 1.2 des Sozialplans Anwendung,
weil er spätestens zum 31.07.2007 bzw. zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist aus dem
Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Der 30.06.2007 sei sein letzter Arbeitstag gewesen. Die Beklagte
habe ihn trotz seines Arbeitsangebots und seiner Bitte, zu erklären, ob das Urteil rechtskräftig werden
würde, nicht weiterbeschäftigt. Der rein rechtlichen Betrachtungsweise des Arbeitsgerichts, er sei nicht
zum 30.06.2007 ausgeschieden, sei nicht zu folgen. Im Zeitpunkt seines tatsächlichen Ausscheidens habe
nicht festgestanden, ob das klagestattgebende Urteil Rechtskraft erlangt. Aus dem Wortlaut der Ziffer 1.2
des Sozialplans lasse sich nicht schließen, dass hiermit tatsächlich auf die Rechtsgültigkeit der dem
Ausscheiden zugrundeliegenden Willenserklärung geschlossen werden müsse. Abzustellen sei vielmehr
auf die Faktizität des Ausscheidens aus dem Betrieb. Der Sozialplan differenziere nicht zwischen sozial
gerechtfertigten und sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Er lasse das Merkmal der „Betroffenheit“
genügen.
Er habe mit Schreiben vom 16.08.2007 von seinem Recht nach § 12 KSchG Gebrauch gemacht. Diese
Erklärung sei durch die Beklagte veranlasst worden, so dass die vom BAG aufgestellten Grundsätze im
Urteil vom 20.04.1994 (AP Nr. 77 zu § 112 BetrVG 1972), wonach die Eigenkündigung einer
betriebsbedingten Kündigung gleichzustellen sei, anzuwenden seien. Äußerst hilfsweise berufe er sich
auch auf Ziffer 1.3 des Sozialplans. Unter „angekündigten Gehaltskürzungsmaßnahmen“ seien nicht nur
solche zu verstehen, die nicht in Form einer Änderungskündigung verlautbart worden seien. Auch wäre
Ziffer 1.3 des Sozialplans einschlägig, wenn man die Lossagung nach § 12 KSchG als Eigenkündigung
qualifiziere. Er habe die Lossagung nur deshalb erklärt, weil er von den im Sozialplan genannten
Maßnahmen betroffen gewesen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom
23.06.2008 (Bl. 114-118 d. A.) und vom 17.09.2008 (Bl. 146-149 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.04.2008, Az.: 3 Ca 2054/07, abzuändern und die Beklagte zu
verurteilen, an ihn € 99.766,67 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Dem Kläger stehe nach den Regelungen des Sozialplans kein
Abfindungsanspruch zu. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der
Beklagten vom 23.07.2008 (Bl. 141-143 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig.
II.
Anspruch auf Zahlung von € 99.766,57 nebst Zinsen. Er kann weder eine Sozialplanabfindung noch
Schadensersatz in gleicher Höhe verlangen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der
Begründung vollkommen zutreffend festgestellt. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und
sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit
ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von einer Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird
daher abgesehen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Ergänzungen
angezeigt:
1.
Der Kläger fällt nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans. Er war zwar Arbeitnehmer der Beklagten im
Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG und stand am 01.01.2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis (Ziffer
1.1 des Sozialplans).
Der Kläger erfüllt in seiner Person jedoch nicht die Voraussetzungen der Ziffer 1.2 des Sozialplans. Er war
zwar von einer betriebsbedingten Beendigungs- und Änderungskündigung - derjenigen vom 19.12.2006 -
betroffen und hat keinen Vorbehalt erklärt (Ziff. 1.2 des Sozialplans). Der Kläger ist jedoch nicht zugleich
spätestens zum 31.07.2007 bzw. zum Ablauf der individuellen Kündigungsfrist am 30.06.2007 aus dem
Arbeitsverhältnis ausgeschieden.
Auch nach Auffassung der Berufungskammer ist „aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden“ in Ziffer 1.2 des
Sozialplans als rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen. Dies ergibt sich bereits aus
dem Wortlaut der Regelung. Nichts anderes folgt auch aus einer systematischen Auslegung. An die
Regelung in Ziffer 1.2 knüpfen die Bestimmungen hinsichtlich der Berechnung sowie der Entstehung und
Fälligkeit des Anspruchs aus dem Sozialplan an. So lautet die Überschrift des zweiten Abschnitts des
Sozialplans „Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses“. Bei der Berechnung des
Abfindungsbetrages ist hinsichtlich der Faktoren Betriebszugehörigkeit (Ziffer 2.2.1), Lebensalter (Ziffer
2.2.2) und hinsichtlich der unterhaltsberechtigten Kinder (Ziffer 2.3) jeweils auf den Zeitpunkt der
„rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ abzustellen (zu demselben Sozialplan ebenso: LAG
Rheinland-Pfalz Urteil vom 20.08.2008 -7 Sa 297/08 - dokumentiert in Juris, unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Mainz im Urteil vom 04.04.2008 - 8 Ca
2550/07). Die Ansicht des Klägers, es sei auf die Faktizität des Ausscheidens aus dem Betrieb
abzustellen, ist unzutreffend. Sie wird dem Regelungsgehalt des Sozialplans nicht gerecht.
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet
worden. Wie das Arbeitsgericht Mainz durch rechtskräftiges Urteil vom 25.04.2007 in dem
Kündigungsschutzverfahren 4 Ca 23/07 festgestellt hat, ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien
nicht durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 19.12.2006 beendet worden.
Der Kläger fällt auch nicht unter Ziffer 1.3 des Sozialplans. Der Kläger hat das Unternehmen der Beklagten
nicht aufgrund einer Eigenkündigung bzw. einer Aufhebungsvereinbarung in der Zeit zwischen dem
01.01.2006 bis zum Ausspruch der Änderungskündigung am 19.12.2006 verlassen.
Auch nach Ansicht der Berufungskammer werden von Ziffer 1.3 des Sozialplans nur solche Arbeitnehmer
erfasst, die das Unternehmen schon vor dem Ausspruch der Änderungskündigungen mit Schreiben vom
19.12.2006 verlassen haben oder bereits zu diesem Zeitpunkt eine Eigenkündigung ausgesprochen oder
einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen hatten, durch die das Arbeitsverhältnis erst nach dem
19.12.2006 seine Beendigung gefunden hat. Das ergibt sich aus dem Wortlaut „veranlasst durch die von
der Arbeitgeberin angekündigten Gehaltskürzungen“ in Ziffer 1.3 und dem Zeitraum „seit dem 01.01.2006
bis zum Ausspruch der Änderungskündigungen verlassen haben bzw. während der Laufzeit des
Sozialplans verlassen werden.“ Nichts anderes ergibt sich aus einer Zusammenschau mit Ziffer 1.2. Diese
Auslegung wird durch Sinn und Zweck des Sozialplans bestätigt. Nach der Präambel des Sozialplans hat
dieser das Ziel, die wirtschaftlichen Nachteile abzumildern bzw. auszugleichen, die Mitarbeitern durch die
von der Geschäftsführung beabsichtigten Gehaltsreduzierungen und Reorganisationsmaßnahmen
entstanden sind bzw. während der Laufzeit des Sozialplans entstehen können. Solche Nachteile konnten
nur Arbeitnehmern entstehen, die vor Ausspruch der Kündigungen von bevorstehenden
Gehaltskürzungen etc. ausgingen und hierdurch veranlasst, den Entschluss zum Verlassen der Beklagten
trafen, oder aber solchen Arbeitnehmern, die durch die Änderungskündigungen betroffen waren. Für
letztere wurde jedoch eine Abfindungsregelung in Ziffer 1.2 geschaffen. Solche Arbeitnehmer, die - wie
der Kläger - weder einen Anspruch auf Ziffer 1.2 noch aus Ziffer 1.3 des Sozialplans haben, haben auch
keinen Nachteil erlitten, der durch den Sozialplan ausgeglichen werden soll (ebenso LAG Rheinland Pfalz
vom 20.08.2008 unter Bezugnahme auf ArbG Mainz vom 04.04.2008, a.a.O.), denn ihr Arbeitsverhältnis
kann über den 31.07.2007 hinaus zu unveränderten Bedingungen, das heißt auch zu einem nicht
reduzierten Gehalt fortbestehen.
Entgegen der Ansicht des Klägers, ist die Lossagung nach § 12 KSchG mit Schreiben vom 16.08.2007
keiner „Eigenkündigung“ im Sinne der Ziffer 1.3 des Sozialplans gleichzusetzen. Der Kläger war im
Zeitpunkt der Lossagung am 16.08.2007 nicht mehr von der Änderungskündigung der Beklagten
betroffen. Am 10.08.2007 stand mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz im
Kündigungsschutzprozess vom 25.04.2007 (4 Ca 23/07) fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien nicht durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 19.12.2006 aufgelöst worden ist. Durch
die Rechtskraft des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 25.04.2007 trat eine grundsätzlich andere Lage
ein. Es stand objektiv fest, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz durch die Arbeitgeberkündigung nicht
verloren hat. Dem Kläger blieb sein Arbeitsplatz bei der Beklagten zu den bisherigen Arbeitsbedingungen
(14 Gehälter x € 5.567,14 brutto) erhalten. Wenn er sich - aus welchen Gründen auch immer - trotz seines
Obsiegens im Kündigungsschutzprozess dazu entschloss, das zunächst nur für ein Jahr befristete
Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu einer wesentlich niedrigeren Vergütung (E 12 Stufe 6
TVöD/ VKA) fortzusetzen, traten auf diese Weise die Anspruchsvoraussetzungen des Sozialplans nicht
nachträglich ein.
§ 12 KSchG löst den Konflikt, wenn der Arbeitnehmer - wie hier im Mai 2007 - in Unkenntnis des
Ausgangs des Kündigungsschutzprozesses und in Wahrung seiner Interessen ein neues Arbeitsverhältnis
eingegangen ist. Nach § 12 Satz 1 KSchG kann er binnen einer Woche seit Rechtskraft des Urteils durch
Erklärung gegenüber dem früheren Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem
verweigern. Mit Zugang der Erklärung erlischt das alte Arbeitsverhältnis. Hierdurch soll eine Kollision von
Pflichten des Arbeitnehmers vermieden werden: einerseits der Pflicht, sich um eine zumutbare
anderweitige Beschäftigung zu bemühen, andererseits der Pflicht, nach gewonnenem Prozess die Arbeit
wieder aufzunehmen. Die Formulierung in § 12 KSchG ist terminologisch unscharf. Soweit das Gesetz von
„verweigern“ spricht, handelt es sich rechtlich um ein fristgebundenes Sonderkündigungsrecht des
Arbeitnehmers, das die Wirkung einer außerordentlichen Kündigung hat (im Ergebnis allgemeine Ansicht,
vgl. etwa BAG Urteil vom 25.10.2007 - 6 AZR 662/06 - AP Nr. 3 zu § 12 KSchG 1969; KR-Rost, 8. Aufl.
2007, § 12 Rz. 22; Ascheid/Preis/Schmidt-Biebl, 3. Aufl. 2007, § 12 Rz. 12; ErfKom-Kiel, 8. Aufl. 2008, § 12
Rz. 1; jeweils m.w.N.). Dadurch, dass der Kläger binnen einer Woche nach Rechtskraft des Urteils vom
25.04.2007 von seinem Wahlrecht aus § 12 KSchG am 16.08.2007 Gebrauch gemacht hat, konnte er
einen Anspruch aus dem Sozialplan nicht nachträglich begründen.
Die vom Kläger zitierte Entscheidung des BAG vom 20.04.1994 (10 AZR 323/93 - AP Nr. 77 zu § 112
BetrVG 1972) stützt den Klageanspruch nicht. Sie betrifft einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt.
Die Entscheidung beschäftigt sich mit der Frage, ob auch Arbeitnehmer, die im Hinblick auf eine
„geplante“ Betriebsänderung ihr Arbeitsverhältnis selbst kündigen oder durch einen Aufhebungsvertrag
auf Veranlassung des Arbeitgebers ausscheiden, in eine Sozialplanregelung einbezogen werden
müssen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Kündigungsschutzprozess rechtskräftig obsiegt. Im
Zeitpunkt seiner Erklärung vom 16.08.2007 stand fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die
Änderungskündigung der Beklagten vom 19.12.2006 nicht zum 30.06.2007 aufgelöst worden ist. Wenn
sich der Kläger aufgrund seines Wahlrechts nach § 12 KSchG dazu entschloss, das Arbeitsverhältnis mit
dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist die Ausübung des fristgebundenen Sonderkündigungsrechts
nicht mit einer „veranlassten“ Eigenkündigung gleichzusetzen.
2.
geltend gemachten Sozialplanabfindung.
Es sind keinerlei Gesichtspunkte dafür erkennbar, welche Nebenpflichten die Beklagte mit ihrem
Schreiben vom 16.05.2007 verletzt haben könnte und welcher Schaden sich daraus ergeben sollte. Den
Ausführungen des Arbeitsgerichts ist nichts hinzuzufügen.
III.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.