Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 17.01.2008

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LAG
Mainz
17.01.2008
3 Ta 258/07
Fehlende Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage
Aktenzeichen:
3 Ta 258/07
7 Ca 681/07
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuznach -
Entscheidung vom 17.01.2008
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige
Kammern Bad Kreuznach - vom 17.10.2007 - 7 Ca 681/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt, dass ihr für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter RA-Beiordnung
ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt werde.
Mit ihrer auf den 14.05.2007 datierten und am 18.05.2007 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage
beanspruchte die Klägerin Kündigungsschutz gegen die Kündigung vom 20.04.2007. Hinsichtlich der
Frage des Zugangs dieser Kündigung haben sich die Parteien u.a. erstinstanzlich wie folgt geäußert:
- die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 08.08.2007 (Bl. 85 f. d.A.) und
- die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.08.2007 (Bl. 88 f. d.A.; dort heißt es u.a.:
"… es wird nicht bestritten, dass die Kündigung per Einschreiben am 21.04.2007 zugestellt wurde …").
Ergänzend äußert sich die Klägerin im Schriftsatz vom 27.09.2007 (Bl. 103 f. d.A.) u.a. wie folgt:
"… Die Kündigung … ist zwar an dem Wohnort der Klägerin am 21.04.2007 (oder am 22.04.2007)
eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nicht ortsanwesend. Sie kehrte erst am 23.04.2007 an
ihren Wohnort zurück und zu diesem Zeitpunkt wurde ihr die Kündigung übergeben und sie nahm von
dem Inhalt dieses Kündigungsschreibens Kenntnis …".
Mit dem Urteil vom 01.10.2007 - 7 Ca 681/07 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Urteil
des Arbeitsgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.10.2007 zugestellt.
Mit dem Beschluss vom 17.10.2007 lehnte das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe ab. Gegen diesen Beschluss vom 17.10.2007 - 7 Ca 681/07 -, der - ausweislich des
Empfangsbekenntnisses (Bl. 12 d. PKH-Beiheftes) - (ebenfalls) am 23.10.2007 zugestellt wurde, richtet
sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, die am 09.11.2007 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangen ist. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die
Beschwerdeschrift vom 08.11.2007 (Bl. 121 ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beklagte beantwortet die Beschwerde mit dem Schriftsatz vom 27.11.2007 (Bl. 129a und 129b d.A.),
worauf verwiesen wird.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, -
insbesondere auch auf den ergänzenden Schriftsatz der Klägerin vom 20.12.2007 (Bl. 131 f. d.A.), Bezug
genommen.
II.
1.
Sie ist zwar an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die hiernach zulässige
Beschwerde bleibt erfolglos.
2. a)
antragstellenden Partei kommt gemäß § 114 S. 1 ZPO die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur dann in
Betracht, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet. An dieser notwendigen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt es vorliegend. Die Klägerin hat
die 3-wöchige Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG versäumt. Die diesbezüglichen Feststellungen des
Arbeitsgerichts im Urteil vom 01.10.2007 - 7 Ca 681/07 - (dort S. 4 = Bl. 114 d.A.) und im Beschluss vom
17.10.2007 - 7 Ca 681/07 - (dort S. 2 = Bl. 109 d.A.) sind rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich
aus den § 187 Abs. 1 und 188 Abs. 2 BGB (vgl. zur Fristberechnung Gemeinschaftskommentar-
KR/Friedrich 8. Aufl. KSchG § 4 Rz 134). Zugang bedeutet nicht notwendigerweise Kenntnis (vgl.
Palandt/Heinrichs 65. Aufl. BGB § 130 Rz 5). Vorübergehende Ortsabwesenheit des Arbeitnehmers (wie
z.B. bei Urlaub oder Kur) hindert den Zugang der Kündigung nicht (vgl. Friedrich a.a.O. Rz 111 ff.) Geht die
Kündigung z.B. dem Arbeitnehmer an einem Montag zu, so endet die Klagefrist mit Ablauf des Montages
nach 3 Wochen (24 Uhr). Demgemäß endete die Klagefrist hier spätestens am 14.05.2007 um 24 Uhr. Die
Kündigungsschutzklage ist erst am 18.05.2007 - und damit verspätet - bei dem Arbeitsgericht
eingegangen. Die der Klägerin am 21.04.2007 zugegangene Kündigung vom 20.04.2007 gilt deswegen
als von Anfang an wirksam (§ 7 Halbsatz 1 KSchG).
b)
einen Antrag auf nachträgliche Zulassung gemäß § 5 Abs. 1 KSchG gestellt hat. (Auch) der
Rechtsverfolgung der Klägerin im Rahmen des § 5 KSchG fehlt die notwendige hinreichende
Erfolgsaussicht. Ein derartiger Antrag ist gemäß § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG nur innerhalb von 2 Wochen nach
Behebung des Hindernisses zulässig. Unter den gegebenen Umständen bestehen bereits Bedenken, ob
diese Antragsfrist gewahrt ist. Unabhängig davon fehlt dem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage
jedenfalls deswegen die hinreichende Erfolgsaussicht, weil die anwaltlich vertretene Klägerin nicht ohne
Verschulden im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 KSchG verhindert gewesen ist, die Klage innerhalb von 3
Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Dies ergibt sich aus § 85 Abs. 2 ZPO. Die
Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO im Rahmen von Anträgen gemäß § 5 KSchG entspricht der ständigen
Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. Beschluss v. 20.09.2005 - 5 Ta 176/05 -;
Beschluss v. 25.02.2005 - 8 Ta 6/05 -; Beschuss v. 17.08.2004 - 11 Ta 101/04 -; Beschluss v. 19.05.1992 -
9 Ta 83/92 -). Die Kündigungsschutzklage ist erst am 14.05.2007 zur Post gegeben worden (s. dazu den
auf dem Briefumschlag, Bl. 3 d.A., befindlichen Stempel des Briefzentrums). Damit lag es auf der Hand,
dass die an diesem Tage (14.05.2007) um 24:00 Uhr ablaufende Klagefrist nicht mehr gewahrt werden
konnte.
3.
anders zu bescheiden als dies im Beschluss des Arbeitsgerichts vom 17.10.2007 - 7 Ca 681/07 -
geschehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.