Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 15.07.2004

LArbG Mainz: treu und glauben, abfindung, anscheinsvollmacht, vertreter, zusage, geschäftsführer, koch, arbeitsgericht, duldungsvollmacht, verschulden

LAG
Mainz
15.07.2004
11 Sa 2088/03
Ausschluss- und Darlegungsvollmacht
Aktenzeichen:
11 Sa 2088/03
3 Ca 1324/03
ArbG Mainz
Verkündet am: 15.07.2004
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.10.2003 - Az.: 3 Ca 1324/03
- wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Beklagte dem Kläger die Zahlung einer Abfindung zugesagt
hat.
Der Kläger war seit 16.04.2001 als Kraftfahrer im Güterfernverkehr zu einem Verdienst von zuletzt
durchschnittlich 3.454,43 EUR brutto bei der Beklagten beschäftigt.
Am 07.10.2002 fassten die Gesellschafter der Beklagten den Beschluss, wegen des Verlustes sämtlicher
Aufträge für den einzigen noch operativen Geschäftsbereich "Flüssiggas" das gesamte operative Geschäft
der Gesellschaft zum 30.11.2002 einzustellen und zu schließen.
Am 18.10.2002 beantwortete die Beklagte die am 05.10.2002 auf der Betriebsversammlung gestellte
Frage, ob eine Abfindung gezahlt werde, wie folgt:
"Die Firma VV wird die gesetzlichen Vorschriften einhalten."
Dieses Schreiben, das der Kläger mit der Klageschrift zur Akte gereicht hat, ist unterzeichnet von dem
Mitarbeiter der Beklagten UU.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 25.10.2002 zum
30.11.2002.
Des Weiteren kündigte die Klägerin den weiteren 23 Arbeitnehmern, wovon sich sieben gegen die
Kündigung gerichtlich zur Wehr setzten. Im Rahmen der Kündigungsschutzverfahren zahlte die Beklagte
an diese Arbeitnehmer Abfindungen, die unterhalb der so genannten Faustformel (1/2
Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr) lagen.
Der Kläger hat im wesentlichen vorgetragen, sein Kollege TT, der - unstreitig - laufend mit ihm
zusammengearbeitet habe, habe am 31.10.2002 oder am 01.11.2002 Herrn UU angerufen und diesen
gefragt, ob an ihn und den Kläger eine Abfindung und in welcher Höhe gezahlt werde. Im Rahmen dieses
Telefonats habe der Zeuge UU Herrn TT ausdrücklich zugesagt, dass an ihn und den Kläger eine
Abfindung gezahlt werde. Allein aufgrund dieser telefonischen Zusage habe er – der Kläger - davon
abgesehen, Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu erheben. Der Zeuge UU sei Ansprechpartner
für alle das Arbeitsverhältnis betreffenden Fragen gewesen, insbesondere zum damaligen Zeitpunkt für
die Abwicklung der Arbeitsverhältnisse zuständig. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Schreiben der
Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 09.01.2003.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.983,20 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
11.02.2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, der – unstreitig - erst seit September in C-Stadt tätige Zeuge UU
habe dem Geschäftsführer und dem Personaldirektor helfen sollen, die Arbeitsverhältnisse im Einklang
mit den deutschen Gesetzen zu beenden. Er sei nicht ermächtigt gewesen, Abfindungszahlungen
zuzusagen. Er habe auch lediglich in Übereinstimmung mit dem Schreiben vom 18.10.2002 erklärt, dass
die Beklagte die gesetzlichen Vorschriften beachten werde.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 16.10.2003, auf das Bezug genommen wird, die Klage
abgewiesen.
Gegen dieses ihm am 11.11.2003 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 10.12.2003
eingegangenen und nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss
vom 29.12.2003 am 11.02.2004 begründeten Berufung. Mit dieser verfolgt er den von ihm für sich in
Anspruch genommenen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung auf Basis der Formel ein halbes Gehalt
pro Beschäftigungsjahr unter Zugrundelegung eines Bruttomonatsentgelts in Höhe von 3.454,43 € in
Höhe von 2.878,80 € weiter. Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen unter Eingehung auf die
Begründung des Arbeitsgerichts. Wegen der Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die
Berufungsbegründung vom 11.02.2004 und den Schriftsatz vom 05.07.2004 sowie die
Sitzungsniederschrift über die Berufungsverhandlung Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn
2.878,80 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.02.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt in ihren Schriftsätzen vom 15.03.2004 und vom 13.07.2004, auf die zur
ergänzenden Darstellung Bezug genommen wird, unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens das arbeitsgerichtliche Urteil.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß
§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie
begründet worden. Die Berufung ist somit insgesamt zulässig.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat weder
aufgrund einer Zusage noch etwa wegen einer Pflichtverletzung der Beklagten einen (Schadensersatz-)
Anspruch auf Zahlung des nunmehr noch geltend gemachten Betrages.
1.
Ein vertraglicher Anspruch des Klägers scheitert daran, dass der Kläger nicht darlegen bzw. beweisen
konnte, dass der Zeuge UU die Beklagte - und sei es im Wege der Anscheins- oder Duldungsvollmacht -
verpflichten konnte.
a)
1 BGB besaß, die Beklagte zur Zahlung von Abfindungen zu verpflichten, so dass selbst dann, wenn man
zu Gunsten des Klägers eine Zusage des Zeugen UU unterstellt, eine solche Erklärung nicht gegen die
Beklagte wirken kann.
Die Beklagte hat die Erteilung einer entsprechenden Vertretungsmacht bestritten. Der Kläger hat während
des gesamten Verfahrens stets auf die Duldung des Verhaltens des Zeugen sowie den gesetzten
Anschein verwiesen, aber nicht behauptet, die Beklagte habe dem Zeugen Vollmacht erteilt, sie
rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Soweit er dies in der Berufungsverhandlung am 15.07.2004 unter
Beweisantritt getan hat, war dem im Hinblick auf § 67 Abs. 2 und 4 ArbGG nicht nachzugehen.
Die genannten Vorschriften zur Berücksichtigung verspäteten Vorbringens regeln, dass neue Angriffs- und
Verteidigungsmittel, die entgegen einer gesetzten Frist im ersten Rechtszug nicht vorgebracht worden
sind, nur in den in § 67 Abs. 2 ArbGG genannten Fällen – keine Verzögerung oder genügende
Entschuldigung – zuzulassen sind. Soweit diese Voraussetzungen gegeben sind, sind die neuen Angriffs-
und Verteidigungsmittel vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vorzubringen, andernfalls sie
nur zuzulassen sind, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete
Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits
nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.
Dem Kläger war schon im Termin am 15.05.2003 vom Arbeitsgericht unter Fristsetzung zum 30.06.2003
aufgegeben worden, vorzutragen, aufgrund welcher Tatsachen davon auszugehen sein solle, dass der
Zeuge UU dazu berechtigt sei, die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung zu verpflichten. Wenn er
nunmehr erstmals vorträgt, der Zeuge habe dafür eine Vollmacht gehabt, so war dieses Vorbringen und
das Beweisangebot nicht zuzulassen, weil es zu einer Verzögerung des Rechtsstreits im Sinne von § 67
Abs. 2 und 4 ArbGG geführt hätte. Es hätte nämlich ein neuer Termin zur Vernehmung des Zeugen
bestimmt werden müssen. Das Verfahren hätte nicht im Termin am 15.07.2004 abgeschlossen werden
können (vgl zum Begriff der Verzögerung nur ErfK/Koch § 56 ArbGG Rn 11).
Verschulden des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten, das gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen
ist (Erfk/Koch § 67 ArbGG Rn 8), kann nicht verneint werden. Es sind keine neuen Tatsachen entstanden
oder rechtliche Gesichtspunkte neu aufgekommen, die es hätten verständlich machen können, dass der
Kläger anders als bis dahin vorgetragen und Beweis angeboten hat.
b)
Zeuge UU die Beklagte nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht verpflichten
konnte.
aa)
anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner diesen Dulden nach Treu und Glauben
dahin verstehen darf, der als Vertreter handelnde sei tatsächlich bevollmächtigt (BAG 11.09.1984 – 3 AZR
33/82 – juris Rn 13). Von einer Anscheinsvollmacht wird gesprochen, wenn der Vertretene das Handeln
seines angeblichen Vertreters nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und
verhindern können, und wenn ferner der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen durfte, der
Vertretene dulde und billige das Handeln seines (Schein-)Vertreters (BAG aaO Rn 16). Beide
unterscheiden sich mithin in ihren Voraussetzungen insofern, als der Kenntnisstand desjenigen, der
verpflichtet werden soll, unterschiedlich ist. Gemeinsam ist ihnen der Gedanke des Vertrauensschutzes.
Grundlage der Anerkennung von Duldungs- und Anscheinsvollmacht ist der Rechtsgedanke, dass dem
Gegner die Nachprüfung der Bevollmächtigung nicht zuzumuten ist, wenn das Verhalten des Vertretenen
auf das Bestehen einer Vollmacht schließen lässt. Demgemäß richtet sich auch der Umfang der Vollmacht
nach dem geschaffenen Vertrauenstatbestand (Palandt-Heinrichs § 173 Rn 9, 13).
bb)
Anscheinsvollmacht im Hinblick auf die subjektive Seite – nämlich das Kennen oder Kennenmüssen auf
Seiten der Beklagten – ausreichend vorgetragen hat, fehlt es jedenfalls an der Darlegung eines
Verhaltens des Zeugen, das auf das Bestehen einer Vollmacht, zu Lasten der Beklagten Abfindungen zu
versprechen, schließen ließe.
Der Kläger schildert die Aufgabe des Zeugen UU so, dass dieser ihm mitgeteilt habe, wann er welche
Touren zu fahren habe, er sei alleiniger Ansprechpartner bei der Beklagten für ihn hinsichtlich aller Dinge,
die das Arbeitsverhältnis betrafen, gewesen und - unter Aufgreifen einer Formulierung der Beklagten -
zuständig für die Abwicklung der Arbeitsverhältnisse gewesen. Er verweist außerdem auf das Schreiben
der Beklagten vom 18.10.2002 und hat schließlich in der Berufungsverhandlung am 15.07.2004
vorgetragen, der Zeuge UU sei "Nachfolger" der Herren QQ und PP, von denen ersterer seinerzeit den
Arbeitsvertrag unterzeichnet habe.
Aus all diesen Umständen lässt sich kein der Beklagten zurechenbares Vertreterhandeln ableiten. Die
Schilderung des Aufgabengebiets des Zeugen lässt nicht erkennen, dass dieser Handlungen
vorgenommen hat, die ihn als rechtsgeschäftlichen Vertreter der Beklagten im Zusammenhang mit der
Beendigung von Arbeitsverhältnissen erscheinen lassen.
Das Zuweisen von Touren und die Erteilung von Weisungen, die der Kläger im Schriftsatz vom 06.10.2003
erwähnt, hat nichts mit rechtsgeschäftlicher Vertretung zu tun. Anders als der Kläger meint, ist der Schluss
unzutreffend, dass derjenige, der Weisungen erteilen darf, auch berechtigt ist, die Arbeitgeberin zu
Zahlungen zu verpflichten. Vorarbeiter, Meister und Personen mit ähnlicher Position sind weisungsbefugt,
aber deshalb nicht iSv § 164 BGB bevollmächtigt. Auch die vom Kläger so bezeichnete Position eines
Ansprechpartners in allen Dingen, die das Arbeitsverhältnis betreffen, führt im Sinne des Klägers nicht
weiter. Es bleibt völlig offen, was damit gemeint ist. Auch die vom Kläger ins Feld geführte Zuständigkeit
für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses ergibt nichts anderes. Insbesondere hat der Zeuge
offensichtlich die "Abwicklung" der Arbeitsverhältnisse nicht dergestalt im Namen der Beklagten
durchgeführt, dass er die Kündigungen aus Anlass der Betriebsstilllegung ausgesprochen und damit etwa
den Eindruck erweckt hätte, im Namen der Beklagten in diesem Zusammenhang rechtsgeschäftlich
handeln zu können. Angesichts dessen kann der Kläger auch nichts aus der im Termin am 15.07.2004
aufgestellten Behauptung herleiten, der Zeuge UU sei unter anderem "Nachfolger" von Herrn QQ, der
seinen Arbeitsvertrag seinerzeit unterschrieben habe. Abgesehen von der Frage, was "Nachfolger" in
diesem Zusammenhang genau bedeuten soll, kann zu Gunsten des Klägers allenfalls angenommen
werden, Herr QQ und auch der Zeuge UU seien berechtigt, im Namen der Beklagten Arbeitsverträge zu
schließen. Daraus kann aber – jedenfalls dann, wenn wie im Falle des Zeugen keine rechtsgeschäftlichen
Erklärungen zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen abgegeben wurden – nicht abgeleitet werden, der
Zeuge UUsei befugt, Abfindung zuzusagen. Einstellungs- und Entlassungsbefugnis werden tatsächlich
nicht stets gleichzeitig erteilt; rechtlich sind sie nicht miteinander verknüpft, wie beispielhaft schon die
Regelungen in § 14 Abs. 2 KSchG einerseits und § 5 Abs. 3 Satz 2 Ziff. 1 BetrVG zeigen.
Auch das Schreiben vom 18.10.2002 führt im Sinne des Klägers zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat
der Zeuge sich unter dem Briefkopf der Beklagten an die Arbeitnehmer gewandt. Es fehlt allerdings schon
an einem Zusatz, der ausweist, dass der Zeuge als Vertreter, dessen eigene Erklärung für die Beklagte
wirkt, auftritt und nicht lediglich eine Erklärung der Beklagten, also deren Geschäftsführer, die für die
Beklagte wirkt, weiter gegeben hat. Davon abgesehen enthält das Schreiben im Wesentlichen Auskünfte
über die Rechtslage und betrifft nur im engeren Sinne des Wortes die Abwicklung des
Arbeitsverhältnisses. So verweist Ziffer 4 darauf, dass keine zusätzlichen Transportaufträge vorhanden
sind, was die Antwort auf die Frage nach der tatsächlichen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist. Ziffer 2
teilt mit, dass kein Urlaub mehr gewährt werden kann, weshalb dieser - was das Gesetz vorsieht -
abzugelten ist. Ziffer 5 spricht ebenfalls keine Verpflichtung der Beklagten aus, sondern verweist auf eine
schon früher gegebene Zusage, dass für die Fahrerversammlungen Spesen gezahlt werden.
Ausschließlich Ziffer 1 enthält im Namen der Beklagten eine Erklärung, dass diese eine Leistung
erbringen will, die über die tarifliche Regelung hinausgeht. Hinsichtlich der Frage, die vorliegend von
besonderem Interesse ist, nämlich die einer Abfindungszahlung wird unter Ziffer 3 auf das Gesetz
verwiesen, also keine Verpflichtung eingegangen.
cc)
eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht begründendes Verhalten gesehen werden.
Der behauptet selbst nicht, dass die Beklagte es wissentlich habe geschehen lassen, dass der Zeuge -
abweichend vom Schreiben vom 18.10.2002, das ja auf das Gesetz verweist, also nichts verspricht -
Abfindungszahlungen vereinbart. Für die Annahme einer Anscheinsvollmacht fehlt es an Angaben des
Klägers dazu, dass es häufiger derartige Erklärungen gegeben habe (dazu Palandt-Heinrichs § 173 Rn
15).
Im Übrigen fehlt es wiederum an einem Auftreten als Vertreter, der die Beklagte zu gesetzlich nicht
bestehenden Ansprüchen verpflichtet. Berücksichtigt man den Inhalt des Schreiben vom 18.10.2002, mit
dem die Beklagte mitteilen ließ, sie werde die gesetzlichen Vorschriften einhalten, so erscheint die
behauptete spätere Erklärung des Zeugen UU als eine - wenn auch unzutreffende – Auskunft und nicht
als verpflichtende Erklärung. Dies gilt umso mehr, wenn man die Behauptung des Klägers aus der
Verhandlung am 15.07.2004 hinzunimmt, wonach der Zeuge UU hinsichtlich der Höhe des
Abfindungsbetrages darauf verwiesen haben soll, dass es auf die Höhe des Bruttoentgelts ankomme.
Aus der vom Kläger behaupteten Erklärung des Zeugen UU im Telefonat mit dem Zeugen TT lässt sich
mithin eine Vollmacht ebenfalls nicht ableiten.
2.
Der Kläger kann den geltend gemachten Betrag auch nicht aus positiver Vertragsverletzung – die
gesetzliche Neuregelung in § 280 BGB findet gemäß Art. 229 § 5 EGBG noch keine Anwendung - in
Verbindung mit § 278 BGB verlangen.
In diesem Zusammenhang kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, der Zeuge UU, der insoweit
als Erfüllungsgehilfe im Sinne von § 278 BGB angesehen werden dürfte, habe ihm bzw. dem Zeugen TT
in dem in Rede stehenden Telefonat mitgeteilt, dass der Zeuge und er - der Kläger - eine Abfindung
erhalten würden. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass tatsächlich der Kläger aus diesem
Grunde von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage abgesehen hat. Es mag schließlich zu seinen
Gunsten davon ausgegangen werden, dass in diesem Falle die Beklagte auch an ihn - allerdings
entsprechend der Vorgehensweise bei den anderen Arbeitnehmern nicht in der vom Kläger geltend
gemachten Höhe - eine Abfindung gezahlt hätte.
Ein Anspruch des Klägers scheitert aber entsprechend den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Ziffer
6 seiner Entscheidungsgründe daran, dass der Kläger es unterlassen hat, die Klageerhebung
nachzuholen, nachdem klar geworden war, dass tatsächlich eine Abfindung nicht gezahlt wird. Ein der
Beklagten zurechenbares Verhalten des Zeugen UU hat damit den geltend gemachten Schaden nicht
verursacht. Zwar ist eine Kündigungsschutzklage gemäß § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen ab
Zugang der Kündigung zu erheben. Jedoch besteht nach Ablauf dieser Frist gemäß § 5 KSchG die
Möglichkeit, eine an sich verspätete Klage nachträglich zuzulassen, was gerade auch dann in Betracht
kommt, wenn der Arbeitnehmer durch Erklärungen des Arbeitgebers von der Klageerhebung abgehalten
wurde (ErfK/Ascheid § 5 KSchG Rn 12).
Nach alledem ergibt sich, dass die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen
war.
Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien in § 72 ArbGG kein Anlass.