Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 22.06.2010

LArbG Mainz: anrechenbares einkommen, arbeitsgericht, fahrzeug, ratenzahlung, haftpflichtversicherung, wohnung, beitrag, aufwendung, halter, staat

LAG
Mainz
22.06.2010
7 Ta 80/10
Prozesskostenhilfe und Ratenzahlung
Aktenzeichen:
7 Ta 80/10
8 Ca 2184/09
ArbG Koblenz
Beschluss vom 22.06.2010
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom
16.03.2010, ergänzt durch den Teilabhilfebeschluss vom 12.04.2010, Az.: 8 Ca 2184/09 wird
kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt. Das Arbeitsgericht hat auf der
Grundlage der vom Kläger eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse nebst Anlagen mit Beschluss vom 16.03.2010 dem Kläger Prozesskostenhilfe unter
Beiordnung von Frau Rechtsanwältin Z mit der Maßgabe bewilligt, dass der Kläger aus seinem
Einkommen monatliche Teilbeträge von 45,00 EUR an die Staatskasse zu leisten hat. Zur Begründung der
Ratenzahlungsanordnung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, unter Berücksichtigung der Abzüge für
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, der Freibeträge aus § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b und Nr. 2 ZPO
sowie sonstiger Kosten in Höhe von 150,00 EUR verbleibe ein anrechenbares Einkommen in Höhe von
131,00 EUR, so dass Raten in Höhe von 45,00 EUR festzusetzen gewesen seien.
Der Kläger, dem diese Entscheidung des Arbeitsgerichts am 19.03.2010 zugegangen ist, hat am
30.03.2010 sofortige Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung dieses Rechtsmittels führt der Kläger aus, bei der Berechnung der Ratenzahlung seien
folgende Werbungskosten nicht berücksichtigt worden:
Monatliche Fahrtkosten von ca. 400 km x 0,30 EUR 120,00 EUR
Mitgliedbeitrag zum Zentralverband Deutscher
Schornsteinfeger im Quartal 95,76 EUR 31,92 EUR
Der Kläger beantragt,
ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu bewilligen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin mit Beschluss vom 12.04.2010 der sofortigen Beschwerde des
Klägers teilweise abgeholfen und seinen Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss vom 16.03.2010
dahin geändert, dass nur noch Raten in Höhe von 30,00 EUR monatlich festgesetzt werden. Zur
Begründung dieser Herabsetzung der Ratenhöhe hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Kläger verrichte
derzeit seine Arbeit etwa 10 km von seinem Wohnort entfernt. Infolgedessen sei eine Fahrtpauschale in
Höhe von 52,00 EUR (5,20 EUR x 10 km) als Werbungskosten vom Einkommen abzuziehen.
Dementsprechend verbleibe ein anrechenbares Einkommen des Klägers in Höhe von 79,00 EUR, so
dass eine Ratenzahlung in Höhe von 30,00 EUR anzuordnen gewesen sei.
Im Übrigen hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kläger trägt ergänzend zu seiner ursprünglichen Beschwerdebegründung vor,
das Arbeitsgericht habe auch eine Zwangsabgabe zu dem berufständigen Verband der Deutschen
Schornsteinfeger in Höhe von monatlich 31,92 EUR zu Unrecht nicht berücksichtigt. Des Weiteren mache
er den jährlichen Mitgliedsbeitrag für den ADAC e.V. in Höhe von 44,50 EUR, die Kontoführungsgebühren
in Höhe von monatlich 7,50 EUR und die monatlichen GEZ-Gebühren in Höhe von 5,76 EUR geltend.
Darüber hinaus nutze er das Fahrzeug seines Vaters für die Fahrten zur Arbeit. Er zahle aus diesem
Grund die Tankkosten und die Haftpflichtversicherung des Fahrzeuges; letztere belaufe sich auf 310,41
EUR jährlich.
Dem Schriftsatz vom 30.04.2010, mit welchem der Kläger seine Beschwerdebegründung ergänzt hat, sind
Anlagen zum Nachweis der geltend gemachten Belastungen beigefügt gewesen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und
insbesondere auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat unter Beachtung von § 115 ZPO zu Recht die Zahlung von monatlichen Raten in
Höhe von 30,00 EUR durch den Kläger an die Staatskasse angeordnet. Es hat ein einzusetzendes
Einkommen des Klägers in Höhe von 79,00 EUR berechnet und gemäß § 115 Abs. 2 ZPO
dementsprechend eine monatliche Rate von 30,00 EUR festgesetzt. Die Berechnung der Ratenhöhe ist
zutreffend und wird vom Kläger an sich, soweit bestimmte Abzugsbeträge in die Berechnung einbezogen
worden sind, nicht angegriffen. Er macht lediglich geltend, dass er weitere abzugsfähige Kosten hat, so
dass keinerlei Raten mehr festzusetzen seien. Diese Auffassung ist jedoch weitgehend unzutreffend und
würde im Übrigen - selbst wenn sie teilweise zuträfe - nicht zu einer Herabsetzung des
Ratenzahlungsbetrages führen. Im Einzelnen gilt folgendes:
1.
von monatlich 31,92 EUR sowie für die Mitgliedschaft beim ADAC in Höhe von 44,50 EUR jährlich handelt
es sich nicht um abzugsfähige Beträge im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO in Verbindung mit §
82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII. Demnach sind vom Einkommen Beiträge zu öffentlichen oder privaten
Versicherungen, oder ähnlichen Einrichtungen abzusetzen, soweit diese Beträge gesetzlich
vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge
nach § 82 EStG, soweit sie den Mindesteigenbetrag nach § 86 EStG nicht überschreiten. Die
Mitgliedschaft des Klägers im Zentralverband der Deutschen Schornsteinfeger bzw. im ADAC ist nicht zur
Lebensführung notwendig und kann daher auch nicht im vorliegenden Zusammenhang, in welchem es
um die Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen geht, nach Grund und Höhe als angemessen
bezeichnet werden. Bei dem Verband der Deutschen Schornsteinfeger handelt es sich um einen
gewerkschaftlichen Fachverband, wobei keine Zwangsmitgliedschaft für jeden Schornsteinfeger
vorgesehen ist. Vielmehr ist die Mitgliedschaft freiwillig und kann mit einer Frist von drei Monaten zum
Monatsende nach § 5 Ziffer 2 der Verbandssatzung beendet werden. Berücksichtigt man weiter, dass der
Kläger nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, in welchem er als Schornsteinfeger tätig war,
zunächst arbeitslos war und sodann eine Tätigkeit als Produktionshelfer aufgenommen hat, besteht seit
einiger Zeit keine Notwendigkeit mehr für ihn, in dem gewerkschaftlichen Fachverband Mitglied zu sein.
Jedenfalls kann er diese Mitgliedschaft nicht zur Begründung der Inanspruchnahme von staatlichen
Leistungen als einkommensmindernde Belastung geltend machen.
Gleiches gilt für die Mitgliedschaft des Klägers im ADAC. Soweit der ADAC eine Pannenhilfe anbietet,
kann diese zu bedeutend günstigeren Konditionen bei nahezu jedem Kfz-Versicherungsunternehmen
vereinbart werden. Im Übrigen erbringt der ADAC Leistungen, welche den Lebenskomfort erhöhen,
jedoch nicht unerlässlich sind (z.B. Reiseinformationen, eine Fachzeitschrift u.s.w.). Mithin kann auch die
Mitgliedschaft im ADAC nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden.
2.
ebenfalls nicht einkommensmindernd aus, da es sich hier um Kosten der allgemeinen Lebensführung
handelt, die als solche bereits im Freibetrag im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a ZPO berücksichtigt
sind (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 17.06.2009 - 3 Ta 122/09, Beschl. v. 06.01.2009 - 11 Ta
217/08).
3.
Kraftfahrzeug in Höhe von 310,41 EUR jährlich geltend macht, kann auch dieser Betrag nicht als eine
notwendige Ausgabe, die im Sinne von § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII mit der Erzielung eines Einkommens
verbunden ist, behandelt werden. Denn der vom Kläger mitbenutzte PKW steht im Eigentum seines
Vaters, der mithin auch Halter des Kraftfahrzeuges ist. Infolgedessen bestand für den Kläger kein
begründeter Anlass die jährliche Haftpflichtversicherung für dieses Fahrzeug in vollem Umfang zu
übernehmen. Vielmehr hätte der Vater, der dieses Fahrzeug als eigenes benutzt, einen seiner Nutzung
entsprechenden Beitrag zu leisten. Mithin kann auch nicht der volle Haftpflichtversicherungsbeitrag
berücksichtigt werden.
Die vom Kläger erwähnten Tankkosten für seine Fahrten zur Arbeit wurden in dem Teilabhilfebeschluss
des Arbeitsgerichts bereits berücksichtigt; sie sind in der einkommensmindernden Pauschale von 5,20
EUR je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte enthalten.
4.
monatlich als Aufwendung, die zur Erzielung des Einkommens notwendig ist, anerkannt wird, ergibt sich
kein einzusetzendes Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 2 ZPO, welches eine Herabsetzung der
Monatsrate von 30,00 EUR rechtfertigen würde. Denn nach Berücksichtigung der Kontoführungskosten
ergibt sich ein monatlich einzusetzendes Einkommen des Klägers von 71,50 EUR (79,00 EUR - 7,50
EUR). Dies rechtfertigt aber unter Beachtung der Ratentabelle in § 115 Abs. 2 ZPO die Festsetzung einer
Monatsrate in Höhe von 30,00 EUR.
Hieraus folgte des Weiteren, dass selbst wenn der Anteil des Klägers an der Haftpflichtversicherung für
das von ihm benutzte Fahrzeug sich auf maximal 258,00 EUR jährlich (12 x 21,50 EUR) bei richtiger
Verteilung der Kosten belaufen würde, auch dann keine weitere Herabsetzung des monatlichen
Ratenzahlungsbetrages sich ergeben würde, da erst bei einem monatlich einzusetzenden Einkommen
von höchstens 50,00 EUR die nächst niedrigere Rate von 15,00 EUR festzusetzen wäre.
Ob der Kläger, aufgrund der in § 10 Ziffer 5 der Satzung des Zentralverbandes Deutscher
Schornsteinfeger e.V. (vgl. dessen Homepage) vorgesehenen unentgeltlichen Gestellung eines
Prozessbevollmächtigten, gar keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes hatte und
dementsprechend keine Übernahme von Rechtsanwaltskosten durch den Staat verlangen kann, bedarf
an dieser Stelle nicht der weiteren Klärung. Denn der Kläger darf wegen des von ihm eingelegten
Rechtsmittels nicht schlechter gestellt werden als er zuvor stand.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs 2 ArbGG an
einem gesetzlich begründeten Anlass.