Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 07.06.2004

LArbG Mainz: ordentliche kündigung, arbeitsgericht, wirtschaftliche identität, vergleich, beendigung, arbeitsrecht, auflage, verfassung, quelle, handbuch

LAG
Mainz
07.06.2004
7 Ta 2029/03
Wertfestsetzung: Wirtschaftliche Identität der Streitgegenstände bei Feststellungs- u. Zahlungsklage
Aktenzeichen:
7 Ta 2029/03
3 Ca 1820/03
ArbG Koblenz
Entscheidung vom 07.06.2004
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz
vom 09.12.2003 - 3 Ca 1820/03 - wird zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 83,52 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Parteien des vorliegenden Hauptsacheverfahrens haben um die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Kündigung und Lohnzahlungsansprüche gestritten. Streitgegenstand
war nach dem Sachvortrag beider Parteien eine vom Beklagten behauptete ordentliche Kündigung zum
28.02.2003 (Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 02.06.2003, Bl. 7 d. A.) sowie
Lohnzahlungsansprüche der Klägerin für die Monate März bis Mai 2003 in Höhe von 1.523,00 € brutto,
wobei die Klägerin dabei Leistungen des Arbeitsamtes bereits in Abzug gebracht hat. Das monatliche
Bruttogehalt betrug 720,00 €.
In der Kammerverhandlung vom 16.10.2003 schlossen die Parteien zur Beendigung des Rechtsstreits in
der Hauptsache folgenden
Vergleich:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund ordentlicher,
arbeitgeberseitiger, fristgerechter, betriebsbedingter Kündigung vom 24.01.2003 zum 31.03.2003 sein
Ende gefunden hat.
2. Der Beklagte zahlt an die Klägerin an Lohn für den Monat März 2003 EUR 720,00 brutto.
3. Der Klägerin bleibt vorbehalten, diesen Vergleich bis zum 06.11.2003, schriftlich eingehend bei Gericht,
zu widerrufen.
Der Kläger hat zuletzt folgende Anträge angekündigt:
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin fortbesteht.
2. der Beklagte wurde verurteilt, an die Klägerin EUR 2.160,00 brutto abzüglich Arbeitslosengeldes in
Höhe von EUR 957,00 netto zu zahlen.
Daraufhin hat der Beklagtenvertreter Streitwertfestsetzung beantragt mit dem Ziel, den Gegenstandswert
auf 3.683,00 € (2.160,00 € für den Feststellungsantrag, sowie weitere 1.523,00 € für den Zahlungsantrag
festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung daraufhin durch Beschluss vom 09.12.2003 den Gegenstandswert
auf 2.160,00 € für das Verfahren und den Vergleich festgesetzt und zur Begründung darauf hingewiesen,
dass der Feststellungsantrag nach § 12 Abs. 7 ArbGG mit drei Bruttomonatsgehältern wertidentisch sei mit
dem Zahlungsantrag zu 2) im Hinblick auf die behauptete Kündigung zum 28.02.2003.
Gegen den ihm am 10.12.2003 zugestellten Beschluss hat der Beklagtenvertreter durch am 15.12.2003
beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.
Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, dass der
Feststellungsantrag nicht wertidentisch mit dem Zahlungsantrag sei. Denn nach § 5 ZPO seien mehrere
mit einer Klage geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Beschwerde des Beklagtenvertreters daraufhin durch Beschluss vom
17.12.2003 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Beschwerdeführer wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der
vorliegende Fall könne nicht anders entschieden werden, als der, indem mit der Kündigungsschutzklage
ein Beschäftigungsanspruch erhoben werde. Auch in diesem Fall finde eine Zusammenrechnung der
Ansprüche statt.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Streitwert auf 3.683,00 € festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und erweist sich auch
sonst als zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Denn das Arbeitsgericht ist im Ergebnis und in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass
vorliegend die Festsetzung eines höheren Streitwertes als des vom Arbeitsgericht angenommenen nicht
in Betracht kommt.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers steht dem insbesondere § 5 ZPO nicht entgegen.
Werden nämlich neben einem Feststellungsanspruch auf Bestehen oder Nichtbestehen eines
Arbeitsverhältnisses Vergütungsanspruche geltend gemacht, so findet keine Erhöhung des Streitwertes
statt, wenn es sich um Vergütungsansprüche nach Ausspruch der Kündigung handelt (LAG Nürnberg
21.07.1988 EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 62; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch
Arbeitsrecht, 3. Auflage 2002 (DLW-Luczak), L Rz. 454 = Seite 2524). Es ist insofern von einer
wirtschaftlichen Identität der Streitgegenstände auszugehen. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die
Leistungsansprüche in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden oder der Leistungsantrag
den Streitwert des Feststellungsantrags überschreitet; in diesem Fall ist der höhere Streitwert der beiden
Klageanträge festzusetzen.
Vorliegend ist von dem Beklagten die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 28.02.2003 behauptet
worden. Die Zahlungsansprüche der Klägerin beziehen sich auf den Zeitraum ab dem 01.03.2003, also
danach. Die Zahlungsansprüche sind auch nicht höher als der vom Arbeitsgericht festgesetzte
Feststellungsantrag, so dass mit dem Arbeitsgericht vorliegend von einer wirtschaftlichen Identität
auszugehen ist.
Der Beschwerdeführer hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Weiterbeschäftigungsanspruch
anders verfahren wird, auch ist einzuräumen, dass bei in einem gesonderten Verfahren erhobenen
Zahlungsansprüchen eine andere Praxis erforderlich ist. Das vermag allerdings an der zutreffenden
Annahme einer wirtschaftlichen Identität nichts zu ändern, sondern sollte allenfalls Anlass sein, darüber
nachzudenken, ob nicht auch bei einem zusätzlich geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch
eine Addition unterbleiben sollte. Andererseits spricht für eine Addition beim
Weiterbeschäftigungsanspruch der Umstand, dass er zutreffend letztlich aus Art. 1, 2 GG in Verbindung mit
§§ 242, 611 BGB abgeleitet wird, also aus Wertentscheidungen der Verfassung, die es nahe legen, von
einem höchstpersönlichen Recht auszugehen, dass die Annahme einer wirtschaftlichen Identität
ausschließt.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Differenz zwischen dem vom Arbeitsgericht festgesetzten und
dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Wert zuzüglich Mehrwertsteuer.
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.