Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 19.03.2004

LArbG Mainz: unwirksamkeit der kündigung, betriebsrat, begründung der kündigung, vergütung, markt, arbeitsbedingungen, firma, anhörung, versetzung, umgestaltung

LAG
Mainz
19.03.2004
8 Sa 1361/03
Betriebsbedingte Änderungskündigung
Aktenzeichen:
8 Sa 1361/03
8 Ca 1477/03 LU
ArbG Ludwigshafen
Verkündet am: 19.03.2004
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 24.09.2003 - 8 Ca
1477/03 - abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben
der Beklagten vom 19.04.2003 - zugegangen am 22.04.2004 - ausgesprochene Kündigung zum
31.10.2003 nicht aufgelöst ist.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten (Änderungs-) Kündigung.
Der 1971 geborene, verheiratete Kläger war seit 01.04.1991 bei der Beklagten bzw. deren Vorgängerin
zuletzt in deren Filiale X. als Abteilungsleiter beschäftigt. Das kalendervierteljährliche Bruttoarbeitsentgelt
des Klägers lag bei etwa 8.400,-- EUR. In der Beschäftigungsfiliale der Beklagten waren neben dem
Marktleiter und Auszubildenden 24 Mitarbeiter als Abteilungsleiter, Fachberater, Kassierer, Lagerarbeiter
und Aushilfen beschäftigt.
Am 13.02.2003 unterzeichnete die Geschäftsführung der Beklagten sowie der Vorsitzende des für alle
Filialen der Regionen Süd und Südwest gebildeten Betriebsrats eine Vereinbarung, die nach den
Vorbemerkungen zur wirtschaftlichen Situation einen Interessenausgleich enthält, in welchem für in einer
Anlage aufgeführten Filialen, eine Betriebsänderung dergestalt vorgesehen ist, dass diese zu reinen
Abverkaufsstellen umgestaltet werden sollen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf Bl. 18 bis 21 d. A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 09.04.2003, welches den nachfolgenden Inhalt hat, hörte die Beklagte den Betriebsrat
zur Änderungskündigung des Klägers an:
09.04.2003
Anhörung zur Änderungskündigung und Versetzung gemäß § 99 BetrVG von
Herrn A.
·geb. am: 25.02.1971
·Familienstand: ledig
·Kinder/ Unterhaltspflichten: 0 Kind/er
·wohnhaft: A-Straße, A-Stadt
·Staatsangehörigkeit: deutsch
·Schwerbehinderung: keine
·Eintritt: 01.04.1991
·Durchschnittliches Bruttomonatsgehalt: 2.454,20 €
·Kündigungsfrist: fristgerecht, 6 Monate
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir beabsichtigen das Arbeitsverhältnis mit o.g. Mitarbeiter fristgerecht betriebsbedingt, zum 31.10.2003
zu kündigen. Der o.g. Mitarbeiter ist im V-Markt 265 bei der U-GmbH beschäftigt.
Die V-Märkte werden sukzessive entsprechend der im Interessenausgleich festgelegten
Betriebsänderung zu reinen Abverkaufsstellen umgestellt.
Beginnend seit 2001 hat das Unternehmen Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Für das Jahr 2001 betrug
der Rückgang 5,35 % im Verhältnis zum Jahr 2000. Dies entsprach einem Minus von 41,9 Mio. EUR.
Aufgrund der damals bestehenden Personalkosten von durchschnittlich 9,5 Mio. EUR monatlich traten
bereits zum damaligen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme auf. Das Geschäftsjahr 2001 ist letztlich auch mit
einem Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. EUR abgeschlossen worden, den die T. Inc. als
Muttergesellschaft ausgleichen musste, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies hatte zur Folge,
dass Ende 2001 zur Ergebnisverbesserung im Personalbereich Kosten gesenkt wurden. Gleichwohl
mussten für den Zeitraum Januar bis Oktober 2002 weitere Umsatzrückgänge von 8,68 % zum gleichen
Zeitraum des Vorjahres hingenommen werden. Das entspricht einem Minus von 57,2 Mio. EUR. Dem
stehen durchschnittlich 9,0 Mio. EUR monatlich für Personalkosten gegenüber. Den voraussichtlichen
Jahresverlust in Höhe von 55 Mio. EUR muss die T. Inc., weil Betriebsmittelkredite nicht zu bekommen
waren, abermals übernehmen.
Die wirtschaftliche Entwicklung der V.-Gruppe seit 2001 hatte zur Folge, dass die T. Inc. sich Ende 2002
dazu entschieden hatte, ihr Engagement bei der V.-Gruppe zu beenden. Die T. Inc. veräußerte am 16.
Januar 2003 ihre Gesellschaftsanteile an der V. - GmbH an die jetzigen Geschäftsführer XY. Durch diesen
Gesellschafterwechsel sind die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt. Im Gegenteil, ohne
Veränderungen muss für das Jahr 2003 mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. EUR gerechnet werden. Die T.
Inc. wird zwar für das Jahr 2003 letztmalig einen Betriebsmittelkredit in Form eines rückzahlbaren
Darlehens der V-GmbH zu Verfügung stellen. Sollte es jedoch nicht bis Ende 2003 gelingen, die
Verhältnisse umzukehren und zumindest mit einem ausgeglichenem Ergebnis abzuschließen, kann ein
Insolvenzverfahren Anfang 2004 nicht ausgeschlossen werden.
Es wird deshalb eine Betriebsänderung durchgeführt. Dabei werden die einzelnen V-Märkte zu
Abverkaufsstellen umgestaltet. Angelieferte Ware wird zukünftig weitestgehend direkt vom LKW oder aus
dem Lager unausgepackt auf Paletten in den Markt gefahren. Kunden müssen sich die Ware direkt von
der Palette entnehmen und zur Kasse befördern. Es findet kaum bzw. keine Kundenberatung oder
sonstige Serviceleistung in den einzelnen Filialen mehr statt. Zur Durchführung dieser Maßnahme wird
das bisherige Warensortiment an die neuen Verhältnisse angepasst.
Aufgrund dieser Umgestaltung werden in den Filialen nur noch ein Marktleiter sowie 12 Mitarbeiter
beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt - je nach Bedarf - die Kassentätigkeit, die Pflege und das
Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz
sowie Lagertätigkeiten. Zusammen mit dem Marktleiter sind diese 12 Mitarbeiter notwendig, um das
Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeit zu gewährleisten. Diese neue
Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung
im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer - mit
Ausnahme des Marktleiters - werden deshalb gekündigt. 12 Arbeitnehmer erhalten nach den
nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.
Wegen der Auswahlkriterien verweisen wir auf den Interessenausgleich. Danach werden zur Erhaltung
der Altersstruktur Gruppen gebildet. Die Altersstruktur soll auch bei der Umsetzung der Betriebsänderung
erhalten bleiben. Den 12 Mitarbeitern mit dem höchsten Punktwert bei der sozialen Schutzwürdigkeit unter
Beachtung der Altersstruktur wird eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Allen übrigen
Mitarbeitern wird eine Beendigungskündigung ausgesprochen.
Der Marktleiter und Auszubildende sind nicht vergleichbar und bleiben bei der sozialen Auswahl
unberücksichtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Auswahlkriterien wird auf den Interessenausgleich Bezug
genommen und fügen eine Liste mit den Sozialdaten der Mitarbeiter im Markt bei, der auch die sich aus
den Auswahlkriterien ergebenden Gesamtpunktzahlen sowie der die vorgenommene
Altersgruppenbildung entnommen werden kann. Individuelle Besonderheiten im Sinne von C. § 1 Nr. 4
des Interessenausgleiches haben wir geprüft, konnten jedoch keine feststellen.
Änderungen der Reihenfolge gemessen am sozialen Besitzstand der betroffenen Mitarbeiter, sind
deshalb nicht erforderlich.
Unter Berücksichtigung des Vorstehenden gehört der o.g. Mitarbeiter zu der Gruppe, die eine
Änderungskündigung erhalten. Eine andere adäquate Stelle kann bedauerlicherweise nicht angeboten
werden. Hinsichtlich der Einzelheiten des neu angebotenen Arbeitsvertrages nehmen wir inhaltlich Bezug
auf den in Kopie beigefügten neuen Arbeitsvertrag.
Aus diesem Grunde beabsichtigten wir das Arbeitsverhältnis fristgerecht zu kündigen und bitten um Ihre
Zustimmung.
Des weiteren bitten wir um Zustimmung zu der mit der Änderungskündigung verbundenen Versetzung
nach § 99 BetrVG.
Mit freundlichen Grüßen
i. V i. A.
S. R.
Personalleitung
Mit Schreiben vom 19.04.2003 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis
aus betriebsbedingten Gründen zum 31.10.2003 und bot dem Kläger einen Arbeitsvertrag mit folgenden
auszugsweise wiedergegebenen geänderten Bedingungen an:
Arbeitsvertrag
Zwischen der Firma
V -
und Herrn A., A-Straße, A-Stadt
wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen.
§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses
Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.11.2003. Als Eintrittsdatum gilt der 01.04.1991. Vor seinem Beginn ist
die außerordentliche Kündigung ausgeschlossen.
……
§ 2 Tätigkeit
I Herr A. wird als
Verkäufer/-in mit Kassentätigkeit
eingestellt
II Die Tätigkeit umfasst alle in der Filiale anfallenden Arbeiten, insbesondere die Warenannahme,
den Warentransport innerhalb der Filiale, die Warenpflege, den Warenverkauf, Bearbeitung von
Kundenreklamationen sowie Kassentätigkeit.
.......
§ 3 Vergütung
I Herr A. erhält für die vertragliche Tätigkeit ein monatliches Bruttogehalt von insgesamt
EUR 1.650,00.
......
§ 4 Arbeitszeit
Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt
40 Stunden
Arbeitszeit wird in den Grenzen des jeweils gültigen Ladenschlussgesetzes durch den Arbeitgeber
festgelegt.
……
§ 10 Vertragsstrafe
Im Fall der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit verpflichtet
sich Herr A., der Firma eine Vertragsstrafe in Höhe eines Gesamt-Monatseinkommens zu zahlen. Das
Gesamt-Monatseinkommen wird nach dem Durchschnitt der Bezüge der letzten 12 Monate oder im Falle
einer kürzeren Beschäftigungsdauer nach dem Durchschnittsverdienst während der Beschäftigungsdauer
oder, sofern die Tätigkeit nicht aufgenommen wurde, der vereinbarten Vergütung errechnet. Die Firma ist
berechtigt, einen weitergehenden Schaden geltend zu machen.
……
Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht an.
Zur Begründung seiner am 30.04.2003 erhobenen Klage hat der Kläger
erstinstanzlich
der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die im Interessenausgleich vorgesehene
Betriebsänderung sei undurchführbar. Von dem Konzept der Umwandlung in reine Abverkaufsstellen sei
man abgewichen. Man habe Neueinstellungen vorgenommen. Die Beschränkung der Sozialauswahl auf
die Filiale sei fehlerhaft. Das Änderungsangebot sei unzumutbar.
Der Kläger hat
erstinstanzlich
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der
Beklagten vom 19.04.2003 - zugegangen am 22.04.2003 - ausgesprochene Kündigung zum
31.10.2003 nicht aufgelöst ist.
Die Beklagte hat,
Klageabweisung
beantragt und erwidert, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil sie durch dringliche betriebliche
Erfordernisse bedingt sei. Aufgrund drastischer Umsatzrückgänge beginnend seit 2001 und der
Notwendigkeit im Personalbereich Kosten zu senken, habe man zur Umsetzung der
Sanierungsvorstellung mit dem zuständigen Betriebsrat einen Interessenausgleich geschlossen. Danach
würden im Wesentlichen alle Filialen der Beklagten zu reinen Abverkaufsstellen umgestaltet,
insbesondere die Filiale, in der Kläger für die Beklagte tätig gewesen sei. Die neue Tätigkeit des Klägers
sei im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung im
Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes sei nicht möglich gewesen. Der Einwand, sie - die
Beklagte - beginge sittenwidrigen Lohnwucher könne nicht erhoben werden. Für neu geschaffene
Arbeitsplätze sei zu berücksichtigen, dass es sich nunmehr nur noch um einfache kaufmännische
Tätigkeiten, für die die Tätigkeitsmerkmale eine höhere Beschäftigungsgruppe nicht zuträfen, handele. Die
angebotene Vergütung übersteige die tarifliche Grundvergütung. Zudem sei die Zahlung einer
Markterfolgsprämie beabsichtigt. Zur Auswahl der Mitarbeiter sei eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG
vereinbart worden. Einen anderen freien Arbeitsplatz, auf dem der Kläger weiterbeschäftigt werden
könnte, gäbe es nicht. Vor Ausspruch der Kündigung sei der Betriebsrat detailliert über die beabsichtigte
Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 9. April 2003 informiert worden. Zugleich sei dem
Betriebsratsanhörschreiben eine Liste über die Sozialauswahl vorgelegt worden, aus welcher zu
entnehmen sei, welche Arbeitnehmer eine Änderungs- und Beendigungskündigung (Anlage B 2) erhalten
hätten. Nach Ausspruch der Kündigungen bzw. Änderungskündigungen hätte sich durch das Verhalten
der betroffenen Arbeitnehmer für die Beklagte die Notwendigkeit ergeben, zur Sicherstellung der vor
Ausspruch der Kündigung festgelegten Mitarbeiterzahl Nachbesetzungen vorzunehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf die Klageerwiderung vom
01.07.2003 (Bl. 35 - 46 d. A.) einschließlich der vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der zum 30.10.2003
ausgesprochenen Kündigung durch Urteil vom 25.09.2003 - 8 Ca 1477/03 - abgewiesen. Zur Begründung
wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß gewesen, da dem
Betriebsratsvorsitzenden bereits aus dem Abschluss des Interessenausgleichs der
Kündigungssachverhalt weitestgehend bekannt gewesen sei, insbesondere das Anforderungsprofil des
neu angebotenen Arbeitsplatzes. Die nicht mitgeteilte Höhe der künftigen Vergütung des Klägers führe in
einem atypischen Fall, bei dem fast sämtliche Arbeitsplätze zu einheitlichen Arbeitsplätzen als "Verkäufer/-
in mit Kassentätigkeiten" umgestaltet worden seien, nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Ein
Widerspruchstatbestand nach § 103 Abs. 3 BetrVG sei erkennbar nicht gegeben. Angaben zum
Änderungsangebot gehörten nicht zu den "Gründen" die der Arbeitgeber dem Betriebsrat mitzuteilen
habe. Da die Beklagte allen Mitarbeitern außer dem Marktleiter und Auszubildenden je nach
Sozialauswahl eine Beendigungs- oder Änderungskündigung ausgesprochen und der Kläger auch nur
eine Änderungskündigung erhalten habe, könne die unzutreffende Angabe seines Personenstandes nicht
zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Die Kündigung sei auch sozial gerechtfertigt. In der
Umgestaltung der Filialen in sogenannte "Abverkaufsstellen" und mit der Folge des Entfallens bisheriger
Arbeitsplätze mit speziellen Aufgabenzuweisungen sei eine unternehmerische Entscheidung, die nicht
offensichtlich unsachlich sei. Es sei nachvollziehbar, dass sich das Arbeitsvolumen deutlich reduziere,
wenn die Zahl der angebotenen Artikel halbiert würde und der Verkauf ohne besondere Beratung erfolge.
Es sei unerheblich, ob sich das Konzept als veränderungsbedürftig oder untauglich erweise, eine
Insolvenz zu vermeiden. Da das unternehmerische Konzept bei Ausspruch der Kündigung bereits
greifbare Formen angenommen hatte, sei der Arbeitsplatz des Klägers entfallen. Dass der "Umbau"
erheblich länger gedauert habe, führe nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, da es für deren Beurteilung
auf die Prognose bei Ausspruch derselben angekommen sei. Neueinstellungen und Stellenanzeigen
widerlegten nicht die Ernsthaftigkeit des Konzeptes. Dass Mitarbeiter zur Beratung von Kunden
aufgefordert worden seien, sei nicht geeignet, den Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes in Frage zu
stellen. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden. Nachdem die Beklagte mit dem Betriebsrat
Richtlinien zur Sozialauswahl im Sinne von § 95 BetrVG vereinbart habe, könne diese nur auf grobe
Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Weder das Punkteschema noch die Beschränkung auf die jeweilige
Beschäftigungsfiliale sei nicht zu beanstanden. Der Arbeitgeber dürfe bei Massenkündigungen auf den
Erhalt einer ausgewogenen Altersstruktur seines Betriebes achten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 115 -
121 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das dem Kläger am 23.10.2003 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 29.10.2003 eingelegte
und am 21.01.2004 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der
Berufungsbegründungfrist.
Der Kläger bringt
zweitinstanzlich
die Umsetzung und Umsetzbarkeit der Planung der Beklagten würde bestritten. In den Filialen sei alles
wie bisher gelaufen. Die Ware würde vom Zentrallager geliefert, es erfolge eine artikelgenaue
Wareneingangskontrolle und eine nach Abteilungen getrenntes Verbringen in die Verkaufsräume. Der
Marktleiter habe auch ausdrücklich zur Beratung von Kunden angewiesen (Beweis: Zeugen A., B., C., D.,
E., F., G. und H.) per E-Mail- Rundschreiben vom 18.07.2003 sei auch die Anweisung erfolgt wieder die
Mehrzahl der Artikelgruppen auszupacken. Auch sei eine Aufforderung zur Teilnahme an
Verkäuferwettbewerben erfolgt. Das sei ohne Kundenberatung nicht erfolgreich möglich. Am 19.05.2003
sei durch ein Mitarbeiterrundschreiben zu verstärkten Anstrengungen im Zusammenhang mit der
"Finanzierung und V-Garantie" aufgefordert worden. Die Mitarbeiterzahl zur Bewältigung der im
Wesentlichen gleich gebliebenen Arbeiten reiche nicht aus. Bei einer Kündigung zur
Leistungsverdichtung müsse der Arbeitgeber Angaben dazu machen, wie sich die
Organisationsentscheidung auf die Arbeitsmenge auswirke und in welchem Umfang auf Dauer ein
Arbeitskräfteüberhang entstünde. Darüber hinaus sei es nicht nur für die Dauer der noch nicht
abgeschlossenen Umbaumaßnahmen, sondern darüber hinaus zur Neueinstellung von Arbeitnehmern
gekommen. Eine Unzumutbarkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen ergäbe sich aus der fehlenden
Umsetzung und der überobligationsmäßigen Belastung der verbliebenen Mitarbeiter. Die Änderung
bezöge sich auf eine Vielzahl von Arbeitsbedingungen wie die Tätigkeit, Reduzierung des Gehalts,
Erhöhung der Wochenarbeitszeit, Wegfall tariflicher Regelungen wie Weihnachtsgeld, zusätzlichem
Urlaubsgeld und auf eine Vertragsstrafenregelung. Die Beklagte hätte insoweit jedwede Änderung vor
dem Hintergrund des neuen Verkaufskonzeptes rechtfertigen müssen. Die Beklagte habe mit der
beabsichtigten Änderung die tarifliche Vergütung von mindestens 590,00 EUR pro Monat unterschritten.
Unter Berücksichtigung tariflicher Sonderleistungen würde die Grenze zum Lohnwucher überschritten.
Beim Kläger stelle sich insgesamt eine Einkommenseinbuße von monatlich 1.150,00 EUR dar. Zur
Sozialauswahl enthielte das arbeitsgerichtliche Urteil nur formelhafte Ausführungen. Die Beklagte wäre
berechtigt gewesen, den Kläger in eine andere Filiale zu versetzen. Ihm sei der freie Arbeitsplatz als
Merchandiser nicht angeboten worden. Im übrigen bliebe die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vor
Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung bestritten. Die Beklagte habe dem Betriebsrat
das Änderungsangebot einschließlich der Vergütung nicht mitgeteilt. Insoweit beschränke sich die
Betriebsratsanhörung auf eine schlagwortartige Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung sowie des
veränderten Verkaufskonzepts.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
20.01.2004 (Bl. 140 - 152 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat
zweitinstanzlich
Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 24.09.2003 wird abgeändert. Es wird festgestellt,
dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom
19.04.2003 - zugegangen am 22.04.2003 - ausgesprochene Kündigung zum 31.10.2003 nicht aufgelöst
ist.
Die Beklagte hat
Zurückweisung
der Berufung beantragt und erwidert, zu Unrecht ginge der Kläger davon aus, die Beklagte habe vor
Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt. Der Kläger hätte sich gezielt
dazu äußern müssen, was am Vorbringen der Beklagten unzutreffend sei. Der Betriebsratsvorsitzende P.
hätte ohne weiteres bestätigen können, dass ihm die Beklagte das Anhörschreiben zusammen mit der
Aufstellung (Anlage B 6) übergeben habe und ihm zu diesem Zeitpunkt bereits die Kopie des Protokolls
der Geschäftsleitersitzung vom 24.02.2003 vorgelegen habe (Beweis: P.). Dieser Zeuge hätte zudem
bestätigt, dass er über die beabsichtigte Kündigung des Klägers anlässlich der Betriebsratssitzung am
14.04.2003 beraten und der beabsichtigten Kündigung widersprochen gehabt habe. Entgegen der
Auffassung des Klägers sei der Markt so umgebaut worden, wie dies bereits erstinstanzlich substantiiert
dargelegt worden sei. Ein Discount-Markt sei auf das Wesentliche reduziert. Es gäbe weitgehend nur
verpackte Ware. Insgesamt habe man nur noch ca. 5.000 Artikel im Sortiment. Es fände keine
Eingangskontrolle mehr statt; ebenso auch keine artikelgenaue Wareneingangskontrolle mehr. Lediglich
Waren, die in sogenannten Wertboxen ankämen, würden einer genauen Kontrolle unterzogen. Der
Arbeitsaufwand hierfür betrüge eine halbe Stunde pro Tag. Es gäbe auch keine Abteilungszuordnungen
mehr, so dass auch keine Koordination mehr stattfinden müsste. Da Kundenberatung nur noch
eingeschränkt von allen Verkäufern mit Kassentätigkeit ausgeübt würde - wenn sie überhaupt Zeit dafür
hätten - käme dem Informationsstand keine Bedeutung mehr zu. Reklamationen, Abwicklung von
Kreditverkäufen und Telefondienst übernähmen alle Verkäufer mit Kassentätigkeiten. Der Arbeitsvertrag
des Klägers lasse es nicht zu, ihm als vormaligem Abteilungsleiter im Wege des Direktionsrechts die
Tätigkeit eines Kassierers an der Hauptkasse oder gar Lagertätigkeiten zuzuweisen. Das im
Interessenausgleich niedergelegte Discount-System sei auch nicht aufgegeben und neue Stellen
geschaffen worden. Die nach Ausspruch der Kündigung geschaffene Position als Merchandiser sei mit
der vormaligen Tätigkeit des Klägers nicht zu vergleichen. Es handele sich um eine filialübergreifende
Tätigkeit. Insoweit wäre die Übertragung dieser Tätigkeit auf den Kläger mit einer Beförderung verbunden
gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
23.02.2004 Bezug genommen. Auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung
vor dem Landesarbeitsgericht vom 19.03.2004 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist
gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie
begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.
Das Rechtsmittel ist auch
begründet
Nach Auffassung der Berufungskammer ist das am 01.04.1991 begründete Arbeitsverhältnis nicht durch
die am 22.04.2003 zugegangene (Änderungs-) Kündigung zum 31.10.2003 aufgelöst worden. Die
Gestaltungserklärung verstößt gegen § 102 BetrVG (hierzu unter 1). Die (Änderungs-) Kündigung ist auch
sozial ungerechtfertigt (hierzu unter 2).
1.
Die Kündigung ist gemäß § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG unwirksam, weil nach dem Sachstand des
Berufungsverfahrens nicht feststellbar ist, dass der Betriebsrat das dem Kläger unterbreitete
Änderungsangebot und dessen voraussichtliches Inkrafttreten mitgeteilt wurde. Bei einer
Änderungskündigung gelten die gleichen Grundsätze zur Betriebsratsbeteiligung wie vor Ausspruch einer
Beendigungskündigung (vgl. Künzl in Großkommentar zum Kündigungsrecht § 2 Rz 118 m. w. N. auf BAG
Urteil vom 30.09.1993 = AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969). Neben der Person des betroffenen Arbeitnehmers
und dessen Sozialdaten ist der Betriebsrat, über die Art der Kündigung, die tatsächlichen Umstände, die
die Kündigung bedingen und die Tragweite der Maßnahme zu informieren. Zur Tragweite der
beabsichtigten Maßnahme rechnet auch das Änderungsangebot, welches dem Betriebsrat im Rahmen
der Anhörung zur Kündigung mitzuteilen ist. Erst aus diesem kann er ersehen, ob dem Arbeitnehmer
tatsächlich die am wenigsten einschneidende Änderung des Vertragsinhaltes angeboten werden soll (vgl.
BAG Urteil vom 19.05.1993, aaO). Aus anerkannten Gründen der subjektiven Determination muss der
Arbeitgeber zwar die Kündigungsgründe nicht umfassend und vollständig angeben, sondern kann sich
auf die für ihn maßgeblichen Umstände beschränken. Soll der Betriebsrat den Arbeitgeber im Rahmen
des bertriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens von einer Kündigung abhalten können, ist für
ihn notwendig die Mitteilung des Änderungsangebotes zur Abschätzung der Tragweite der Kündigung für
den einzelnen Arbeitnehmer und auch zur Feststellung, ob ein Widerspruchsgrund nach § 102 Abs. 3
BetrVG gegeben ist (vgl. BAG Urteil vom 30.11.1989 - 2 AZR 197/89). Im vorliegenden Fall ist die Beklagte
den diesbezüglichen Beanstandungen des Klägers lediglich damit begegnet, dass dieser seiner
Darlegungs- und Beweispflicht nicht nachgekommen sei und, der Zeuge P. hätte auf Nachfrage des
Klägers ohne weiteres bestätigt, dass der Betriebsrat das Anhörschreiben mit der Aufstellung und dem
Protokoll der Geschäftsleitersitzung vom 24.02.2003 vorgelegen habe. Hierbei wird übersehen, dass die
Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung des Anhörverfahrens prinzipiell beim Arbeitgeber liegt (vgl.
ErfKom - Kania, 4. Auflage § 102 BetrVG 210 Rz 30). Nur dann, wenn das Anhörverfahren
ordnungsgemäß dargestellt wird, ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitnehmers zum substantiierten
Bestreiten (vgl. BAG Urteil vom 16.03.2000 = NZA 2000, 1332).
Fehlt es an der Darstellung des Änderungsangebotes und damit an der Möglichkeit, die Tragweite der
Kündigung zu beurteilen, ist die Anhörung fehlerhaft. Auf die Frage, ob aus der falschen Angabe zum
Familienstand - in der Anhörung vom 09.04.2003 ist "ledig" angegeben, obwohl der Kläger verheiratet ist -
und vom Kläger beanstandeter Defizite bei der Mitteilung der Sozialauswahl, hier noch weitere zu Lasten
der Beklagten sprechende Umstände herzuleiten sind, kann offen bleiben.
2.
Die dem Kläger gegenüber ausgesprochene (Änderungs-) Kündigung ist - hierauf wird zusätzlich
Die dem Kläger gegenüber ausgesprochene (Änderungs-) Kündigung ist - hierauf wird zusätzlich
abgehoben - im konkreten Einzelfall auch sozial ungerechtfertigt. Für die ausgesprochene Kündigung ist
der Prüfungsmaßstab zur Feststellung der Sozialgemässheit einer Änderungskündigung (§ 2 S. 1 i. V. m. §
1 Abs. 2 S. 1 - 3 KSchG) anzulegen. Wenn der Arbeitnehmer nämlich - wie vorliegend - keinen Vorbehalt
erklärt, mithin das Änderungsangebot abgelehnt hat, ist dieses in die Prüfung der Sozialwidrigkeit der
Kündigung miteinzubeziehen (ErfKom-Ascheid, 430 KSchG § 2 Rz 38).
Nach der für zutreffend gehaltenen Rechtssprechung des BAG (vgl. u. a. Urteil vom 26.01.1995 - 2 AZR
371/94 = EzA Nr. 22 zu § 2 KSchG) hat ein zweistufiges Prüfungsverfahren zu erfolgen. Auf der ersten
Stufe ist festzustellen, ob dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot bedingen. Sieht
eine solche Änderung zugleich mehrere Änderungen der materiellen Arbeitsbedingungen vor, kann sie
bereits dann sozial ungerechtfertigt sein, wenn nur eine der angestrebten Änderungen sozialwidrig ist
(LAG Köln Urteil vom 21.06.2002 = LAGE Nr. 42 zu § 2 KSchG). Alsdann ist zu prüfen, ob sich der
Arbeitgeber darauf beschränkt hat,
nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. BAG
Urteil vom 15.03.1991 = AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969).
Ob der von der Beklagten zur Begründung der Kündigung vorgetragenen Sachverhalt unter
Prognoseaspekten ausreicht, um tatsächlich realisierbare Umstrukturierungsmaßnahmen bis spätestens
31.10.2003 anzunehmen - sie unterläge nach der Rechtssprechung nur einer eingeschränkten
Missbrauchskontrolle (vgl. BAG vom 17.07.1999 = NzA 1999, 1095) - bedarf keiner abschließenden
Klärung; denn die Berufungskammer ist zur Ansicht gelangt, dass die angestrebte Änderung der
Arbeitsbedingungen im konkreten Einzelfall für den Kläger dieses Verfahrens billigerweise nicht mehr
hinnehmbar war.
Die streitgegenständliche Änderungskündigung der Beklagten zielte auf die Änderung einer Vielzahl
bisheriger Arbeitsbedingungen des Klägers. Sie bezog sich nämlich auf seinen Status als Abteilungsleiter,
die Reduzierung des Gehalts, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit, den Wegfall bisheriger
tariflicher Regelungen, wie den Wegfall von Weihnachtsgeld und zusätzlichem Urlaubsgeld, sowie die
Einführung einer Vertragsstrafenregelung.
Es ist nicht erkennbar, dass jede dieser Änderungen vor dem Hintergrund des neuen Verkaufskonzepts -
Umwandlung der Filiale in eine reine Abverkaufsstelle - zu rechtfertigen wäre. Allein die Einschnitte in die
Vergütung des Klägers sind nach Meinung der Berufungskammer so erheblich, dass sie auch vor dem
grundsätzlich billigenswerten Interesse des Arbeitgebers an Kosteneinsparungen nicht akzeptabel sind.
Nach § 3 des Arbeitsvertrages vom 14.06.1993 (Bl. 77 d. A.), ist eine Individualvereinbarung des
Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz anzunehmen; denn die Parteien haben
vereinbart: "Für das Arbeitsverhältnis gilt der für die Vertragsparteien maßgebliche Tarifvertrag des
Einzelhandels für das jeweilige Tarifgebiet, so lange dieser für allgemeinverbindlich erklärt ist, soweit
dieser Anstellungsvertrag keine zulässige abweichenden Bestimmungen enthält". Unabhängig von der
rechtlich zweifelhaften Gültigkeit dieser Arbeitsvertragsklausel zu ihrem Bestand während einer
Allgemeinverbindlichkeit, ist jedenfalls erkennbar, dass die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung
zur Gehaltsgruppe 2 - wenn auch des baden-württembergischen Gehaltstarifvertrags - keinesfalls
gerechtfertigt ist, da die Merkmale (Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/ oder technischer
Tätigkeit) angesichts der "neuen" Tätigkeit nicht zutreffen. Geht man von einer Zuordnung der Tätigkeit
nach Gehaltsgruppe III aus (Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere
Verantwortung erfordert z. B. Kassierer in Verbrauchermärkten) würde sich bei mehr als sechs
Tätigkeitsjahren eine tarifliche Vergütung von etwa 2.240,00 EUR brutto pro Monat ergeben. Zu dem
Angebot der Beklagten vom 16.04.2003 (Bl. 6 d. A.) "Verkäufer mit Kassentätigkeit" und der angebotenen
Vergütung von 1.650,00 EUR, liegt eine Differenz von 590,00 EUR pro Monat vor. Bezogen auf einen
Vergleich des neuen Vierteljahresentgeltes von 4.950,00 EUR zu 8.400,00 EUR wirkt sich die
Gehaltseinbuße noch gravierender aus, wenn man zugleich noch die Anhebung der Wochenarbeitszeit
von 37,5 auf 40 Stunden berücksichtigt, sowie die Nichtgewährung von tariflichen Sonderleistungen wie
Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Es ergeben sich - von der Beklagten unwidersprochen -
Einkommenseinbußen von 1.150,00 EUR pro Monat. Die erstinstanzlich angedeutete Zahlung einer
Markterfolgsprämie neben einer unwesentlichen Stückprämie hatte zum Zeitpunkt der Abgabe des
Änderungsangebotes noch keine Gültigkeit und ist erst nach erfolgter Umgestaltung des Marktes aufgrund
einer Regelungsabrede sicher. Selbst wenn sie eine Höhe von 300,00 EUR pro Monat erreichte, wäre die
finanzielle Einbuße des Klägers so erheblich, dass sie unabhängig vom zugleich gegebenen
Statusverlust nach Meinung der Berufungskammer nicht mehr hinzunehmen war. Dies gilt auch vor dem
Hintergrund des gravierenden Ertragsrückganges der Beklagten. Die Änderungskündigung in der
beabsichtigten einschneidenden Form führt nach Meinung der Berufungskammer dazu, dass der
unterhaltspflichtige Kläger mehr oder weniger freiwillig seinen Arbeitsplatz aufzugeben gezwungen wäre.
Ob sich aus der Tatsache, dass die Umsetzung des unternehmerischen Konzepts bzw. dessen
Umsetzbarkeit in der Realität nur teilweise oder gar nicht gelingt, noch weitere zu Lasten der Beklagten
sprechende Umstände ergeben, bedarf angesichts des gefundenen Ergebnisses keiner weiteren
Befassung durch die Berufungskammer. Zweifel bestehen, weil von der Beklagten schriftlich mit
Mitarbeiterrundschreiben vom 19.05.2002 zur Kundenberatung und zu verstärkten Anstrengungen bei
Finanzierungen aufgefordert wurde, es zu Neueinstellungen seit der "Umbaumaßnahme" gekommen ist,
die - so die Behauptung des Klägers - auch über die Dauer des Umbaus hinaus Bestand haben und
schließlich noch auch erhebliche Zweifel aufgetaucht sind, ob alle Arbeitnehmer zu allen anfallenden
Tätigkeiten im Markt einschließlich der Kassentätigkeit in der Lage sind.
III.
Aus vorgenannten Gründen war das erstinstanzliche Urteil mit der sich aus § 91 ZPO ergebenden
Kostenfolge abzuändern. Für eine Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien
und der insoweit eindeutigen Rechtssprechung keine Notwendig.