Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 19.08.2000

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Arbeitsrecht
LAG
Mainz
19.08.2000
9 Sa 572/00
T e n o r:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom
28.02.2000, Az.: 3 Ca 2661/99 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.577,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich
ergebenden Nettobetrag seit dem 07.10.1999 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.577,50 DM festgesetzt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 02.01.1991 bei der Beklagten, die in einen Supermarkt betreibt, auf der
Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28.11.1999 (Bl. 37 ff.) beschäftigt.
Innerhalb des Supermarktes ist der Kläger im Bereich Warenannahme eingesetzt. Er erledigt dort
alle anfallenden Aufgaben, wie z. B. die Entgegennahme und vorläufige Lagerung der angelieferten
Ware, die Kontrolle von Art und Vollzähligkeit der Ware anhand des Lieferscheines, die Rückgabe von
Leergut und Retourenware sowie die Reinigung des gesamten Lagerbereiches. Bei der Kontrolle der
angelieferten non-food-Ware führt der Kläger lediglich eine Grobzählung durch. Für Ware, die während
der Zeit von 07.15 bis 08.00 Uhr abgeladen wird, nimmt der Kläger entsprechende Eintragungen in einer
Abladegenehmigungsliste vor; mit Hilfe dieser Liste wird die angelieferte Ware mit Lieferscheinen
nochmals überprüft. Ab 08.00 Uhr übernehmen die Mitarbeiter des Informationsbereiches die Führung der
Abladegenehmigungslisten.
Der Kläger ist neben seiner Tätigkeit in der Warenannahme, welche den überwiegenden Teil seiner
Arbeitszeit in Anspruch nimmt, in der Getränkeabteilung des Verbrauchermarktes eingesetzt.
Mit seiner beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingereichten Klage, welche der Beklagten am 25.10.1999
zugestellt worden ist, hat der Kläger die Zahlung der Differenz zwischen der von der Beklagten zuletzt
zugrundegelegten Gehaltsgruppe G III, 5. Tätigkeitsjahr des jeweils geltenden Gehaltstarifvertrages für
den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz (im folgenden: GTV) und der Gehaltsgruppe IV a GTV
für die Zeit vom Oktober 1998 bis August 1999 geltend gemacht. Darüber hinaus hat er die Leistung einer
tariflich vereinbarten Pauschalzahlung in Höhe von 65,00 DM brutto verlangt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Tatbestandes und hinsichtlich des erstinstanzlichen
Parteivorbringens wird auf die zusammenfassende Darstellung im Tatbestand des Urteils des
Arbeitsgerichtes Ludwigshafen vom 28.02.2000 (Seite 2 - 8 = Bl. 77 -83 d. A.) gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG,
543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.577,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus
ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 28.02.2000 die Beklagte verurteilt, an den Kläger die
tarifvertraglich vereinbarte Pauschalzahlung für das Jahr 1999 in Höhe von 65,00 DM brutto nebst Zinsen
zu zahlen. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen
ausgeführt, der Kläger habe eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV a GTV nicht schlüssig dargelegt.
Unter Berücksichtigung der tariflichen Regelung lasse sich eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III
unter Heranziehung der dort genannten Regelbeispiele "Lagererster" bzw. "selbständiger Sachbearbeiter
in dem Bereich Warenannahme" ebenso ansprechen wie eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe IV a
im Hinblick auf das dort genannte Regelbeispiel "Verwalter von Warenannahme". Angesichts dieser
Ausgangssituation habe es dem Kläger oblegen, jene Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der geltend gemachten Vergütungsgruppe IV a GTV entnehmen lassen.
Die vorgetragenen Einzeltätigkeit im Bereich Warenannahme würden lediglich den Rückschluss
zulassen, dass der Kläger eine Sachbearbeitung durchführe. Dies reiche aber nicht aus, um das
Tätigkeitsmerkmal "selbständige Tätigkeiten" bejahen zu können.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 9 ff. des
Urteils (= Bl. 84 ff. d. A.) verwiesen.
Der Kläger hat gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen, welche ihm am 03.05.2000
zugestellt worden ist, am 23.05.2000 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und
am 08.06.2000 sein Rechtsmittel begründet.
Der Kläger macht geltend,
das Arbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass vor der Prüfung der allgemeinen
Tätigkeitsmerkmale eine Subsumtion anhand der zu den tariflichen Gehaltsgruppen genannten
Regelbeispiele versucht werden müsse. Da der Kläger sämtliche Aufgaben des Aufgabenbereiches
Warenannahme erledige, sei er als Verwalter der Warenannahme zu behandeln und mithin, allein
aufgrund dieses tariflich der Gehaltsgruppe IV a GTV zugeordneten Tätigkeitsbeispieles entsprechend zu
vergüten. Er arbeite im Übrigen täglich von 07.00 bis 14.00 Uhr in der Warenannahme und während der
restlichen Zeit in dem Getränkemarkt. Da er dort auch Warenbestelllisten ausfülle, welche dann direkt dem
Verkäufer zugeleitet würden, verfüge er auch über Einkaufsbefugnisse im Sinne des ersten
Tätigkeitsbeispieles der Gehaltsgruppe IV a GTV.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
08.06.2000 (Bl. 102 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 28.02.2000 - Az.: 3 Ca 2661/99 - abzuändern und die
Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.512,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus
ergebenden Nettobetrag seit dem 01.09.1999 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte führt aus,
die bei den Gehaltsgruppen III und IV GTV angeführten Tätigkeitsbeispiele "ständige Sachbearbeitung in
dem Bereich Warenannahme" und "Verwalten von Warenannahme" könnten nicht klar voneinander
abgegrenzt werden. Für beide Tätigkeitsbeispiele sei jedoch ein selbständiges Erarbeiten von
Arbeitsergebnissen unter Verwertung von Ermessens-, Entscheidungs-, Gestaltungs- oder
Beurteilungsspielräumen notwendig. Über eine Selbständigkeit in diesem Sinne verfüge der Kläger bei
seiner Arbeitstätigkeit nicht. Im Übrigen könne als "Verwalter" nur derjenige bezeichnet werden, der über
umfassende und weitreichende Entscheidungskompetenzen verfüge, mithin eine Leitungsfunktion
wahrnehme, ohne dass in erheblichem Umfang körperliche oder einfache Tätigkeiten auszuführen seien.
Über einen derartigen Entscheidungsspielraum verfüge der Kläger nicht. Organisation und Ablauf in der
Warenannahme der Filiale seien so einfach strukturiert, dass eine Verwaltungstätigkeit nicht
notwendig werde. Auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe IV a GTV würden vom
Kläger nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
12.07.2000 Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 511 ff. ZPO zulässig.
Darüber hinaus ist das Rechtsmittel auch begründet, da der Kläger über die erstinstanzlich bereits
rechtskräftig zugesprochene Forderung auf Nachzahlung von 65,00 DM brutto zuzüglich Zinseneinen
Anspruch auf Leistung von restlicher Arbeitsvergütung für die Zeit von Oktober 1998 bis August 1999 in
Höhe von 7.512,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem
07.10.1999 hat.
Er war während dieser Zeit nämlich in die Gehaltsgruppe IV a der kraft beiderseitiger Mitgliedschaft in den
Tarifparteien anwendbaren GTVe vom 09.07.1998 und 26.08.1999 eingruppiert und der hieraus
resultierende Differenzforderung zwischen geschuldetem und gezahltem Arbeitsentgelt in der unstreitigen
Höhe von 7.512,50 DM brutto ist nicht nach § 16 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 1 c des Manteltarifvertrages
für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz vom 06.08.1996 (im folgenden: MTV) verfallen.
I.
Der Kläger war während der Zeit von Oktober 1998 bis August 1999 in die Gehaltsgruppe IV a GTVe
eingruppiert.
Folgende Tarifvorschriften sind für diese Eingruppierung relevant:
§ 9 Ziffer 2 MTV:
Die Eingruppierung erfolgt entsprechend der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.
§ 9 Ziffer 3 Satz 1 MTV:
Werden dauernd mehrere Tätigkeiten zugleich ausgeübt, die unter verschiedene Tarifgruppen fallen, so
erfolgt die Eingruppierung entsprechend der zeitlich überwiegenden Tätigkeit in die höhere
höchstmögliche Tarifgruppe.
§ 3 GTVe Gehaltsgruppe II:
Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/oder technischer Tätigkeit, z. B. ... Angestellte mit einfachen
Tätigkeiten in den Bereichen Einkauf, Rechnungsprüfung, Warenannahme, ... .
Gehaltsgruppe III:
Angestellte mit einer Tätigkeit die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert, z. B. ...
selbständige Sachbearbeiter in den Bereichen: Einkauf, Rechnungsprüfung, Warenannahme, ... .
Gehaltsgruppe IV:
Angestellte mit selbständiger Tätigkeit im Rahmen allgemeiner Anweisung und mit entsprechender
Verantwortung für ihren Tätigkeitsbereich
a) ohne oder mit in der Regel bis zu vier unterstellten vollbeschäftigten Arbeitnehmer/innen;
b) mit in der Regel mehr als vier unterstellten vollbeschäftigten Arbeitnehmer/innen
z. B. ... Verwalter/in von Warenannahme, ... .
Führen Tarifvertragsparteien im Anschluss an allgemeine Tätigkeitsmerkmale Beispielstätigkeiten an, die
sie mit "z. B." einleiten, sind die allgemeinen Merkmale nach dem Willen der Tarifvertragsparteien stets
dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine Beispielstätigkeit ausübt. Ist dies nicht der Fall, bleibt eine
Erfüllung der allgemeinen Merkmale zur Rechtfertigung einer höheren Eingruppierung möglich (BAG,
Urteil vom 21.07.1993 - 4 AZR 486/92 = AP-Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Luftfahrt).
Im vorliegenden Fall bedarf es unter Beachtung dieser Rechtsprechung entgegen der Auffassung des
Arbeitsgerichtes sowie der Beklagten nicht einer Überprüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der
Gehaltsgruppe IV a GTVe, da der Kläger zeitlich überwiegend die Beispielstätigkeit des "Verwalters einer
Warenannahme" während des streitgegenständlichen Zeitraumes ausübte.
Zur Bestimmung des Begriffes "Verwalter einer Warenannahme" ist den GTVen nichts konkret zu
entnehmen, so dass auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückzugreifen ist. Hiernach bedeutet
"Verwalten einer Sache": Alle mit einer Sache zusammenhängenden Angelegenheiten erledigen (vgl.
Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Ausgabe 1986 Seite 1380). Die Tätigkeit des Klägers in der
Warenannahme entspricht diesen Anforderungen, da er dort unstreitig im Wesentlichen alle Tätigkeiten,
die innerhalb des Supermarktes in diesem Bereich anfallen, ausgeführt hat. Die Beklagte vermochte
auch während der mündlichen Berufungsverhandlung auf Nachfrage des Gerichts keine weiteren
Aufgaben benennen, welche die Warenannahme betreffen und von einem anderen Mitarbeiter erledigt
werden. Der Kläger nimmt insbesondere die angelieferte Ware entgegen, kontrolliert diese und gibt den
Transporteuren Retouren- sowie Leergutware mit. Ob eine solche Tätigkeit den
Selbständigkeitsanforderungen der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale aus der Gehaltsgruppe IV a GTV
genügt, bedarf - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht der Erörterung. Dadurch dass die
Tarifparteien das Tätigkeitsbeispiel "Verwalter einer Warenannahme" der Gehaltsgruppe IV GTV a
zuordneten, haben sie zu erkennen gegeben, dass diese Tätigkeit den tariflichen Anforderungen, welche
in der Gehaltsgruppe IV a gestellt werden, genügt.
Soweit zwischen den Parteien Streit besteht, ob der Kläger fünf oder sieben Stunden täglich in der
Warenannahme arbeitet, bedarf dieser Punkt nicht der weiteren Klärung. Denn gem. § 9 Ziffer 3 Satz 1
MTV ist für die Eingruppierung die zeitlich überwiegende Tätigkeit maßgebend. Selbst wenn der Kläger -
wie von der Beklagten behauptet - lediglich fünf Stunden in der Warenannahme arbeitet, wird er zeitlich
überwiegend dort beschäftigt.
Aufgrund dessen, dass der Kläger mit seiner Arbeitstätigkeit ein Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe IV
GTV erfüllt, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob er in hinreichend schlüssiger Weise die Erfüllung der
allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Gehaltsgruppe vorgetragen hat. Im Übrigen wird der Kläger nach
Überzeugung des Berufungsgerichts auch nicht als Sachbearbeiter tätig, zumal er nicht einen begrenzten
Sachbereich aus dem Gebiet der Warenannahme erledigt, sondern dort alle Sachbereiche letztlich
abdeckt. Dass diese Sachbereiche nicht sonderlich zahlreich sind und unter Umständen auch keine so
großen Leistungsanforderungen stellen wie dies in den Warenannahmen großer Supermärkte notwendig
ist, ist unerheblich. Selbst wenn im Übrigen davon ausgegangen wird, dass der Kläger - wie vom
Arbeitsgericht angedeutet - sowohl das Tätigkeitsbeispiel des "selbständigen Sachbearbeiters in der
Warenannahme" (Gehaltsgruppe III GTV) als auch das Tätigkeitsbeispiel "Verwalter von Warenannahme"
(Gehaltsgruppe IV GTV) erfüllt, so wäre er entsprechend der höchstdotierten Gehaltsgruppe, deren
Richtbeispiel er erfüllt, zu vergüten.
II.
Die Forderung auf Nachzahlung der Gehaltsdifferenz für die Zeit vom Oktober 1998 bis August 1999, in
der unstreitigen Höhe von 7.512,50 DM brutto ist nicht gem. § 16 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 1 c MTV
verfallen. Nach dieser tariflichen Regelung verfallen Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb der genannten
Frist oder in der vorgeschriebenen Form erhoben werden. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem
Arbeitsverhältnis, die nicht unter § 16 Nr. 1 Buchst. a und b MTV aufgeführt sind, sind innerhalb einer Frist
von sechs Monaten schriftlich geltend zu machen.
Demnach wäre ein Teil des vom Kläger erstmals mit der Zustellung seiner Klage am 07.10.1999 schriftlich
geltend gemachten Differenzlohnanspruches verfallen, zumal die Restforderungen mit Erteilung der
Monatsvergütungsabrechnungen zum Monatsende (§ 9 Nr. 11 MTV) fällig geworden sind.
Dieser teilweise Anspruchsverfall trat aber unter Berücksichtigung von § 16 Nr. 2 Satz 2 MTV nicht ein.
Demnach gibt es keinen Verfall von Ansprüchen von Arbeitnehmer/innen gegenüber dem Arbeitgeber,
falls dieser die nach § 2 Ziffer 1 und § 17 Ziffer 4 MTV obliegenden Pflichten nicht erfüllt hat. Nach § 2
Ziffer 1 MTV bedarf der Arbeitsvertrag der Schriftform und muss die vorgesehene Tätigkeit, die
entsprechend der Eingruppierung, tariflich oder zusätzlich vereinbarte Zulagen, die ihrer Art nach genau
zu bezeichnen sind, Pauschalabgeltungen für Mehrarbeit sowie die beiderseitigen Kündigungsfristen
enthalten. Diesen Anforderungen genügt der zwischen den Prozessparteien am 28.11.1990
abgeschlossene schriftliche Arbeitsvertrag nicht, da er weder die Höhe von tariflichen Zulagen noch die
konkrete Angabe der beiderseitigen Kündigungsfrist enthält.
Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass die hier streitige tarifliche Eingruppierung in dem Arbeitsvertrag
unter § 5 Ziffer V. VII ausdrücklich dokumentiert ist. Hierdurch werden aber nicht nur dem Wortlaut nach
die tariflichen Anforderungen an einen schriftlichen Arbeitsvertrag nicht erfüllt, vielmehr liegt auch ein
Verstoß gegen Sinn und Zweck des tariflichen Formzwanges vor. Durch den Formzwang wird nämlich
unter anderem erreicht, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, mit einem Blick in seinen schriftlichen
Arbeitsvertrag die wesentlichen Grundlagen der Arbeitsvertragsmodalitäten zu erkennen. Da für die
Entscheidung über die Geltendmachung eines Rechtes durch den Arbeitnehmer oftmals auch relevant ist,
welche übrigen Rechte bestehen oder auch nicht bestehen, muss ein schriftlicher Arbeitsvertrag alle
Rechte welch ein § 2 Nr. 1 MTV aufgeführt sind, schriftlich wiedergeben. Denn nur dann hat der
Arbeitnehmer eine brauchbare Entscheidungsgrundlage für die etwaige Geltendmachung von einzelnen
Rechten.
Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Nach alledem war das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen teilweise abzuändern. Die
Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Für die Zulassung der Revision bestand unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG kein gesetzlich
begründeter Anlass.
Rechtsmittelbelehrung