Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 26.06.2008

LArbG Mainz: wichtiger grund, arglistige täuschung, kündigung, arbeitsgericht, beendigung, abweisung, verzicht, anfechtung, aufhebungsvertrag, abmahnung

LAG
Mainz
26.06.2008
2 Sa 108/08
Anfechtung einer Aufhebungsvereinbarung
Aktenzeichen:
2 Sa 108/08
4 Ca 1179/07
ArbG Trier
Urteil vom 26.06.2008
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28.11.2007 - 4 Ca 1179/07 -
wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungsvereinbarung und
um die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger. Schadenersatz wegen Beendigung des
Berufsausbildungsverhältnisses zu zahlen. Die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich
aus dem umfangreichen und vollständigen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgericht Trier vom
28.11.2007 (4 Ca 1179/07), auf den gemäß § 69 Abs. 2 Bezug genommen wird. Der Streit geht im
Wesentlichen um die Frage, ob der Kläger wirksam eine von ihm am 19.07.2007 unterzeichnete
Aufhebungsvereinbarung über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 31.07.2007
angefochten hat und ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen vorzeitiger Beendigung des
Berufsausbildungsverhältnisses Schadenersatz zu leisten.
Der Kläger hat geltend gemacht, er sei mit einer unbegründeten Kündigungsabsicht konfrontiert worden,
das sei eine widerrechtliche Drohung, weil ein verständiger Arbeitgeber am 19.07.2007 an eine
Kündigung nicht hätte denken können, weil sämtliche Beanstandungsvorgänge abschließend abgemahnt
worden seien.
Der Kläger hat
1. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag der Parteien vom 19.07.2007 unwirksam ist und das
Ausbildungsverhältnis über diesen Termin hinaus fortbesteht.
Hilfsweise
2. dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz sämtlichen ihm entstehenden Schadens aus der Beendigung
des Ausbildungsverhältnisses zum 31.07.2007 verpflichtet ist.
Die Beklagte hat insoweit beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine widerrechtliche Drohung oder eine Täuschung bestritten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage des Klägers, soweit nicht ein Zeugnisanspruch anerkannt war,
abgewiesen und wesentlichen ausgeführt, der formwirksame Aufhebungsvertrag habe das
Berufsausbildungsverhältnis beendet. Er sei nicht anfechtbar, weil weder eine arglistige Täuschung
vorliege noch eine widerrechtliche Drohung. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte eine Kündigung
angedroht habe, jedenfalls sei eine Androhung nicht widerrechtlich. Ein verständiger Arbeitgeber durfte
eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Kündigungsgründe seien
insbesondere nicht verbraucht, weil die letztmalige Fehlzeit vom 19.07.2007 auch nicht durch den
Ausspruch einer Abmahnung "verbraucht" sei, sondern als eigenständiger Wiederholungsfall aufgegriffen
werden konnte. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Der Kläger habe eigene zur
außerordentlichen Kündigung berechtigende Gründe nicht dargetan. Selbst wenn Ausbildungszeiten
bisweilen über dem zulässigen Rahmen gelegen hätten, sei dies allenfalls dann ein Auflösungsgrund,
wenn auf die Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen gedrungen worden wäre oder deren Stetigkeit
oder Beharrlichkeit auf der Hand läge. Hierzu sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dem Anspruch stehe
auch weiter entgegen, dass für den Regelfall wirksame Aufhebungsvereinbarungen neben der Auflösung
des Ausbildungsverhältnisses zugleich auch ein wechselseitiger Verzicht auf Schadensersatzansprüche
zum Ausdruck bringen würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung
verwiesen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 25.01.2008 zugestellt. Er hat hiergegen am 25.02.2008 Berufung
eingelegt und seine Berufung am 25.04.2008 begründet, nachdem bis zu diesem Tag die Frist zur
Berufungsbegründung verlängert worden war.
Der Kläger wiederholt seine Auffassung, die Beklagte habe widerrechtlich mit einer außerordentlichen
Kündigung des Ausbildungsverhältnisses gedroht, um den Kläger zum Abschluss der
Aufhebungsvereinbarung zu bringen. Die Drohung sei schon dann widerrechtlich, wenn keine Gründe,
die eine Drohung gerechtfertigt hätten, vorlägen. Ein wichtiger Grund zur Beendigung des
Berufsausbildungsverhältnisses könne nicht festgestellt werden. Die Kündigung am 19.07.2008 wäre
unwirksam gewesen, weil der Kläger eine Abmahnung erst an diesem Tag bekommen hatte und keine
Zeit hatte, sein Verhalten zu ändern. Erziehungsmittel des Auszubildenden im zumutbaren Rahmen seien
noch nicht zu Ende geführt worden. Außerdem habe die Beklagte den Kläger einfach direkt nach
Wiederankunft in den Betrieb überrumpelt. Die Beklagte habe dem Kläger des weiteren vorgespiegelt,
nächster Schritt sei ein Kündigungsausspruch gewesen. Dies stelle eine arglistige Täuschung dar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts vom 28.11.2007 - 5 Ca 1179/07 - wird abgeändert. Es wird nach den
Schlussanträgen zu 1 und 2 erster Instanz erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 26.06.2008.
Entscheidungsgründe:
I.
Soweit sich der Kläger mit seiner Berufung gegen die Abweisung im arbeitsgerichtlichen Urteil hinsichtlich
seines Schadensersatzanspruches wendet, liegt eine zulässige Berufungsbegründung nicht vor. Es
handelt sich um einen gegenüber dem Feststellungsantrag unterschiedlichen Streitgegenstand.
Bei der Zulässigkeit einer Berufung ist zu beachten, dass sich ein Rechtsmittel mit sämtlichen
Streitgegenständen auseinanderzusetzen hat, also eine Begründung erforderlich gewesen wäre,
weswegen die vom Arbeitsgericht gefundene Begründung zur Abweisung des Hilfsantrages fehlerhaft
sein sollte. Die Ausführungen sind nicht schon deswegen entbehrlich, weil sich der Kläger
zulässigerweise mit der Begründung des Arbeitsgerichts zur fehlenden Anfechtungsmöglichkeit der
Aufhebungsvereinbarung auseinandergesetzt hat. Das Arbeitsgericht hat die Abweisung des
Schadensersatzanspruchs auf verschiedene materiell-rechtliche Erwägungen gestützt, nämlich zum
einen, dass dem Kläger ein wichtiger Grund das Ausbildungsverhältnis selbst zu beenden, nicht zur Seite
stand und zum anderen durch eine wirksame Aufhebungsvereinbarung in der Regel ein stillschweigender
Verzicht auf Schadensersatzansprüche verknüpft ist. Diese beiden selbständig tragenden Erwägungen
hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht vollständig angegriffen. Damit erweist sich die
Berufung zum Teil als nicht zulässig begründet.
II.
begründet hat, ist sein Rechtsmittel ohne Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend ausgeführt, dass die
vom Kläger unterzeichnete Aufhebungsvereinbarung nicht nachträglich infolge wirksamer Anfechtung
zum Erlöschen gebracht wurde.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechterheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine
Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die
Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollumfänglich Bezug auf die Begründung des
angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest.
Die Berufungsbegründung geht von der unzutreffenden Prämisse aus, dass eine Drohung mit einer
außerordentlichen Kündigung, so sie die Beklagte tatsächlich ausgesprochen hat, nur dann als
widerrechtlich angesehen werden kann, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche
Kündigung ernsthaft nicht in Erwägung ziehen durfte. Wenn in der Berufungsbegründung ausgeführt wird,
eine Drohung sei bereits dann widerrechtlich, wenn eine außerordentliche Kündigung unwirksam
gewesen wäre, wird hier der Prüfungsmaßstab verschoben. Er ist bei der Überprüfung der Wirksamkeit
einer Drohungsanfechtung ein anderer. Dass ein verständiger Arbeitgeber angesichts der Vielzahl der
Verfehlungen des Klägers im Berufsausbildungsverhältnis eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in
Erwägung ziehen durfte, hat das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet. Die Kammer nimmt wie
dargestellt vollumfänglich hierauf Bezug. Der Anfechtungsprozess ersetzt nicht einen
Kündigungsschutzprozess, also ist insbesondere nicht festzuhalten, ob eine außerordentliche Kündigung,
wäre sie ausgesprochen worden, auch rechtsbeständig geblieben wäre.
Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich, insbesondere kann angesichts des Umstandes,
dass der Kläger im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung volljährig und damit voll
geschäftsfähig war nicht davon ausgegangen werden, dass eine etwaige Überrumpelung, die im übrigen
auch gesetzlich nicht speziell geregelt ist, die Aufhebungsvereinbarung zu Fall bringen könnte.
III.
bleiben.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 ArbGG nicht.