Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 18.02.2011

LArbG Mainz: beratung, sozialarbeiter, anerkennung, anteil, verwaltung, kindeswohl, zusammenarbeit, gefährdung, arbeitsgericht, diplom

LAG
Mainz
18.02.2011
9 Sa 538/10
Eingruppierung eines Diplom-Sozialarbeiters in Entgeltgruppe S 14 TVöD BT-V
Aktenzeichen:
9 Sa 538/10
10 Ca 971/10
ArbG Koblenz
Entscheidung vom 18.02.2011
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.08.2010 - Az.: 10 Ca
971/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin ist Diplom-Sozialpädagogin und seit dem 20.07.1998 im Sachgebiet Bezirkssozialarbeit im
Allgemeinen Sozialdienst im Jugendamt der Beklagten als Angestellte tätig.
Nach der von der Beklagten erstellten Arbeitsplatzbeschreibung vom 15.9.2009 (Bl. 28 ff. d.A.) sind
folgende, nach Ansicht der Beklagten jeweils als Arbeitsvorgänge zu bewertende Tätigkeiten
auszuführen:
Arbeitsvorgang
Zeitanteil in %
3.1.1. Förderung der Erziehung in der Familie
30 %
3.1.1.1. Formlose Betreuungen und Beratung, unter Beachtung des
Schutzauftrages, insbesondere in erzieherischen Fragen, in Fragen der Versorgung
und Betreuung von Kindern/ Jugendlichen; Hilfen anbieten, einleiten und begleiten
von Hilfen; Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung, sowie
des Umgangsrechts
3.1.2. Vormundschafts- und Familiengerichtshilfen
15 %
3.1.2.1. Erarbeiten von, am Kindeswohl orientierten, Stellungnahmen zu
Anträgen auf: Entzug der elterlichen Sorge/Regelung der elterlichen Sorge bei
Getrenntleben bei gemeinsamer elterlicher Sorge/Sorgerechtsregelung auf Antrag
des Vaters bei alleiniger elterlicher Sorge der Mutter / zur Regelung des
Umgangsrechts;Stellungnahmen zur Überprüfung gerichtlicher Anordnungen;
3.1.3. Einleitung, Umsetzung und Steuerung von Hilfen zur Erziehung
25 %
Erste Prüfung der Erfordernis einer HzE/Beratung über
Hilfearten/ eitere Beratung und Aufnahme eines Antrages auf HzE/Vorbe-reitung einer
Hilfeplankonferenz mit Erstellung einer Konferenzvorlage und Fallpräsentation in der
Hilfeplankonferenz/weitere Absprachen mit Antragstellern und Betroffenen/Auswahl
eines Trägers / Gewährung der Hilfe und Federführung im Hilfeplanverfahren
(Hilfeplanerstellung, Hilfeplanfortschreibung);
3.1.4. Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
15 %
3.1.4.1. Bearbeitung von Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung gemäß den im
Jugendamt geltenden Standards; Klärung mitgeteilter Sachverhalte einschl.
Risikoeinschätzung, Krisenintervention/Durchführung von Inobhutnahmen; Anrufung
des Familiengerichtes und Zusammenwirken mit dem Gericht und anderen relevanten
Kooperationspartnern;
3.1.5. Führung von Pflegschaften insbes. in den Bereichen: Personensorge,
5,0 %
Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge
3.1.6. Sonstige Aufgaben: Beratung bei: (drohender) Wohnungslosigkeit,
Meldungen über "Hilflose Personen", bei Pflegebedürftigkeit; Zusammen-
arbeit mit der ARGE
5,0 %
3.1.7. Sonstiges: Bereitschaftsdienst im Rahmen des Schutzauftrages während der
Dienstzeit; Teilnahme an Dienstbesprechungen, an Schulungs- und
Fortbildungsveranstaltung; Bearbeitung von Amtshilfeersuchen; Teilnahme an
Verhandlungen vor dem Stadtrechtsausschuss; Sichtung von Umläufen und
Fachliteratur;
5,0 %
Summe der Zeitaufwendung für alle Tätigkeiten
100 %
Mit Schreiben vom 16.03.2010 (Bl. 8,9. d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin anlässlich der Überleitung
des Arbeitsverhältnisses in die sog. S-Entgeltgruppen des Anhangs zur Anlage C zum TVöD (VKA) mit,
dass diese ab 01.11.2009 in die Entgeltgruppe S 12 eingruppiert sei. Der bei der Beklagten bestehende
Personalrat wurde an der Überleitung nicht beteiligt.
Mit Schreiben vom 17.03.2010 forderte die Klägerin die Beklagte auf, sie ab dem 01.11.2009 in die
Entgeltgruppe S 14 einzugruppieren, was die Beklagte mit Schreiben vom 29.03.2010 ablehnte.
Mit ihrer am 29.04.2010 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die
Feststellung, dass sie seit dem 01.11.2009 in der Entgeltgruppe S 14 des besonderen Teils –Verwaltung
bzw. Pflege- und Betreuungseinrichtungen- eingruppiert ist und, dass die Beklagte verpflichtet ist, die
Klägerin ab dem 01.11.2009 entsprechend dieser Entgeltgruppe S 14 zu vergüten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der
Parteien erster Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils
des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.08.2010, Az. 10 Ca 971/10 (Bl. 40 ff. d.A.).
Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung –
zusammengefasst- ausgeführt:
Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge erledige, die
den Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 genügen. Zwar bilde die Tätigkeit eines Sozialarbeiters häufig
einen Arbeitsvorgang. Entgeltgruppe S 14 knüpfe allerdings die Eingruppierung nicht an eine
Funktionsbezeichnung, sondern beinhalte zwei eigenständige Arbeitsvorgänge. Hieraus folge, dass
Tätigkeiten des sozialen Dienstes, die den Anforderungen der Entgeltgruppe S 14 nicht entsprechen, als
eigenständige Arbeitsvorgänge zu bewerten und nicht der Entgeltgruppe S 14 zurechenbar seien.
Die Klägerin sei dem Vorbringen der Beklagten zu ihren Arbeitsaufgaben nicht im Einzelnen
entgegengetreten, so dass feststehe, dass sie im Bereich der ihr zugewiesenen Tätigkeiten im Bereich der
Jugendhilfe und Erziehungshilfe nicht nur einen, auf ein Arbeitsergebnis gerichteten Arbeitsvorgang
erledige, sondern vielmehr neben den Schutzmaßnahmen auch Fördermaßnahmen durchzuführen seien.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 13.09.2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am
05.10.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese
innerhalb der mit Beschluss vom 15.11.2010 bis zum 14.12.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist
mit Schriftsatz vom 13.12.2010, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug
genommen wird (Bl. 78 ff. d.A.), macht die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen
geltend:
Ihre Aufgaben seien als einheitlich zu bewertende, dem Wohl und Schutz des Kindes dienende
Gesamttätigkeit zu werten und stellten einen Arbeitsvorgang dar. Eine Differenzierung in unterschiedliche
tarifliche Wertigkeiten sei nicht möglich, weil der Verlauf einer Betreuung bei ihrem Beginn nicht absehbar
sei und sich der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben im Laufe der Betreuung erheblich ändern könne.
Entgeltgruppe S 14 enthalte ein auf dem Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe S 11 aufbauendes
Heraushebungsmerkmal, so dass ausreiche, dass dieses Heraushebungsmerkmal in einem deutlich
wahrnehmbaren Ausmaß anfalle. Dies entspreche der Auffassung der Tarifvertragsparteien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.08.2010 - 10 Ca 971/10 - abzuändern und festzustellen,
dass die Klägerin seit dem 01.11.2009 in der Entgeltgruppe S 14 des Besonderen Teils - Verwaltung bzw.
Pflege- und Betreuungseinrichtungen - des TVöD eingruppiert ist und die Beklagte verpflichtet ist, sie ab
dem 01.11.2009 entsprechend dieser Entgeltgruppe zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 04.01.2011 (Bl. 83
ff. d.A.) als zutreffend. Entgeltgruppe S 14 enthalte eigenständige Eingruppierungsmerkmale, so dass es
darauf ankomme, dass diese mit einem Zeitanteil von zumindest 50 % anfielen. Es handele sich weder um
Funktions-, noch Heraushebungsmerkmale. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung fielen auch
unterschiedliche, voneinander abgrenzbare Arbeitsvorgänge mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit
an. Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppe S 14 fielen nur mit einem deutlich unter 50 % liegenden
zeitlichen Anteil an.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch
form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Klägerin hat sich auch argumentativ mit den
tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinandergesetzt, so dass auch eine inhaltlich
ausreichende Berufungsbegründung vorliegt.
B. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
I. Die Feststellungsklage ist als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig. Insbesondere besteht
das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. etwa BAG 19.01.2000 -4 AZR
752/98- AP Nr. 11 zu § 4 TVG Bundespost).
II. Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet, da die Tätigkeit der Klägerin nicht der Entgeltgruppe S
14 des Anhangs zu Anlage C TVöD (VKA) unterfällt.
1. Gem. § 56 TVöD –Besonderer Teil –Verwaltung- (BT-V) gelten für die Eingruppierung der Beschäftigten
im Sozial- und Erziehungsdienst die Regelungen gem. Anhang zur Anlage C (VKA).
Soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Interesse lauten diese:
"S 11
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger
Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben.
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
S 12
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger
Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.
(Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1 und 11).
S 14
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher
Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des
Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht
Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten,
die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten
erforderlich sind (z. B. Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und
Landkreise).
(Hierzu Protokollerklärung Nr. 12).
Protokollerklärungen:
12. Unter die Entgeltgruppe S 14 fallen auch Beschäftigte mit dem Abschluss
Diplompädagogin/Diplompädagoge, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen
entsprechende Tätigkeiten von Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeitern bzw.
Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung ausüben, denen Tätigkeiten der
Entgeltgruppe S 14 übertragen sind.
Nach § 17 Abs. 1 des Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den
TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) gilt für die Eingruppierungen ferner u.a. § 22
BAT, so dass es nach § 22 Abs. 2 S. 1 BAT darauf ankommt, ob zeitlich mindestens zur Hälfte
Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen den Tätigkeitsmerkmalen der in Anspruch genommenen
Vergütungsgruppe unterfallen.
2. Der Begriff des "Arbeitsvorgangs" ist ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien
vorgegebener Rechtsbegriff, unter welchem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen,
vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich
selbstständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit
eines Angestellten zu verstehen ist. Hierbei kommt es entscheidend auf die auf die jeweiligen
Arbeitsergebnisse an, wobei tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit nicht zu
einem Arbeitsvorgang zusammengefasst werden können (BAG 20.2.2009 -4 AZR 20/08- AP Nr 310 zu 22,
23 BAT 1975). Zwar bildet die gesamte Tätigkeit eines Sozialarbeiters nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts häufig einen Arbeitsvorgang iSv. § 22 Abs. 2 Unterabsatz 2 Satz 1 BAT,
insbesondere wenn sie eine Leitungstätigkeit oder die Beratung, Betreuung bestimmter näher
bezeichneter Personengruppen zum Inhalt hat (BAG, Urteil vom 25.02.2009, aaO.). Dies gilt jedoch nicht
uneingeschränkt, wenn die Tarifvertragsparteien neben den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen bestimmte
Tätigkeiten ausdrücklich und selbstständig bestimmten Vergütungsgruppen zuordnen. Die Annahme
dieser selbstständigen Eingruppierungsmerkmale führt dazu, dass die Zusammenfassung tatsächlich
trennbarer Tätigkeiten zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang dann ausgeschlossen ist, wenn diese
Tätigkeiten eine unterschiedliche tarifliche Wertigkeit haben, d.h. die Voraussetzungen einer niedrigeren
Entgeltgruppe erfüllen (BAG 14.12.1994 -4 AZR 950/93-, AP Nr 10 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter.).
Der Klägerin obliegt als klagender Partei im einem Eingruppierungsrechtsstreit die Darlegungs- und
Beweislast dafür, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der von ihr beanspruchten tariflichen
Eingruppierungsmerkmale erfüllt sind (vgl. etwa BAG 25.8.2010 -4 AZR 23/09-, juris).
3. Entgeltgruppe S 14 beschreibt Arbeitsvorgänge mit einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis. Soweit hier
von Interesse besteht das Arbeitsergebnis einer der Entgeltgruppe S 14 unterfallenden Tätigkeit darin,
Entscheidungen zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung zu treffen sowie darin, Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr (in Zusammenarbeit mit Familien- bzw. Vormundschaftsgericht) einzuleiten. Indem die
Tarifvertragsparteien diese Tätigkeiten gesondert bewertet haben, können die hiervon inhaltlich
abgrenzbaren fördernden und beratenden Tätigkeiten nicht mit ihnen zu einem einheitlichen
Arbeitsvorgang zusammengefasst werden.
Nach dem aus dem Wortlaut des S 14 zu entnehmenden Willen der Tarifvertragsparteien rechtfertigt nur
das Vorliegen einer Gefährdungslage für das Kindeswohl, eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14,
da diese die normalen Sozialdienste der Hilfestellung und Förderung von den zur Gefahrenabwehr
erforderlichen Maßnahmen und Entscheidungen unterscheidet. Tätigkeiten, welche nicht in
Zusammenhang mit einer Gefährdungslage erbracht werden, stellen allgemeine Tätigkeiten des
Sozialdienstes dar und werden von der Entgeltgruppe S 11 bzw. bei schwierigen Tätigkeiten von
Entgeltgruppe S 12 umfasst. Die unterschiedliche Wertigkeit der Tätigkeiten beruht demnach auf den
besonderen Anforderungen und der hohen Verantwortung und Bedeutung der Aufgaben, welche an
einen Sozialarbeiter in der Situation der Kindeswohlgefährdung gestellt werden. Entscheidend ist
demnach eine Unterscheidung zwischen Maßnahmen, welche dem Kindeswohl dienen und solchen,
welche eine Kindeswohlgefährdung abwenden
Hieran ändert letztlich auch nichts, dass Maßnahmen zur Förderung des Kindeswohls bereits im Vorfeld
von Gefährdungen konkrete Gefährdungen auszuschließen vermögen. Denn durch die klare Benennung
des Merkmals der Gefahrenabwehr als Grundlage für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe S 14
haben die Tarifvertragsparteien klargestellt, dass nur Arbeitsvorgänge, welche sich auf Maßnahmen
beziehen, bei denen die Schwelle zur Gefährdung überschritten wurde, von der Entgeltgruppe S 14
umfasst sein sollen (ArbG Solingen 29.10.2010 -4 Ca 506/10 lev- , juris).
4. Nach der von der Beklagten vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung, der die Klägerin nicht substantiiert
entgegengetreten ist, fallen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Maßnahmen bzw. Entscheidungen zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen nur mit einem zeitlichen Anteil von 15 % und damit nicht in einem
zeitlichen Ausmaß von zumindest der Hälfte der Arbeitszeit an.
Eine Zusammenfassung sämtlicher, in der Arbeitsplatzbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten/Aufgaben
zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang ist weder rechtlich, noch tatsächlich möglich. Eine rechtlich
einheitliche Bewertung scheidet –wie ausgeführt bereits deshalb aus, weil die Tarifvertragsparteien die in
Entgeltgruppe S 14 aufgeführten Tätigkeiten mit den damit zu erzielenden Arbeitsergebnissen einer
gesonderten tariflichen Bewertung in einer eigenen Entgeltgruppe zugeführt haben.
Aber auch in tatsächlicher Hinsicht stellen die Tätigkeiten der Klägerin keinen auf ein einheitliches
Arbeitsergebnis gerichteten und damit einheitlich zu bewertenden Arbeitsvorgang dar. Neben den
Zuständigkeiten für Kinder- und Jugendschutzmaßnahmen bestehen mit zeitlich überwiegendem Anteil
Aufgaben der Förderung der Erziehung in der Familie, der Vormundschafts- und Familiengerichtshilfe, der
Hilfen zur Erziehung, der Führung von Pflegschaften sowie Beratungsaufgaben bei drohender
Wohnungslosigkeit. Diese Tätigkeiten sind als Förder- und Hilfsmaßnahmen inhaltlich deutlich von den
Maßnahmen zur Gefahrenabwehr abgrenzbar, richten sich auch an unterscheidbare Adressatenkreise
und haben unterschiedliche gesetzliche Grundlagen. Während bei den zuletzt genannten Aufgaben der
Aspekt der Beratung und Unterstützung im Vordergrund steht, geht es bei den Aufgaben im Rahmen der
Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen um die Maßnahmen unter Einschluss ihrer
vorbereitenden Tätigkeiten, die zur Gefahrenabwehr erforderlich sind.
5. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, Entgeltgruppe S 14 enthalte lediglich
Heraushebungsmerkmale und diese müssten nur in einem rechtserheblichen, deutlich wahrnehmbaren
Ausmaß vorliegen, teilt die Berufungskammer diese Auffassung nicht.
Heraushebungsmerkmale heben Tätigkeiten von der Ausgangsentgeltgruppe hervor, sofern diese eine
besondere Schwierigkeit bzw. schwierige Tätigkeiten aufweisen oder/und sich durch ihre besondere
Bedeutung aus einer Ausgangsentgeltgruppe hervorheben. Sie sind so gestaltet, dass sie die
Voraussetzungen der Ausgangsentgeltgruppe wörtlich wiederholen und ein zusätzliches
Qualifikationsmerkmal hinzufügen.
So beinhaltet die Entgeltgruppe S 12 das Heraushebungsmerkmal "schwierige Tätigkeiten", die
Entgeltgruppe S 15 Fallgruppe 7 das Merkmal "besondere Schwierigkeit und Bedeutung" und die
Entgeltgruppe S 18 Fallgruppe 2 das Merkmal der erheblich herausgehobenen Verantwortung.
Dagegen sind die Voraussetzungen und Aufgabenbereiche der Entgeltgruppe S 14 abschließend
beschrieben, diese enthält weder einen Bezug zu anderen Entgeltgruppen noch eine Qualifikation im
Sinne eines Heraushebungsmerkmals.
6. Soweit die Klägerin erstinstanzlich noch die Ansicht vertreten hat, Entgeltgruppe S 14 enthalte ein
Funktionsmerkmal, rechtfertigt auch dies keine abweichende rechtliche Beurteilung.
Bei sog. Funktionsmerkmalen (zB Arzt, Kassenleiter) ist die gesamte Tätigkeit des Angestellten in dieser
Funktion als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten. Denn die Tarifvertragsparteien haben durch die
Vereinbarung des Funktionsmerkmals als Tätigkeitsmerkmal mit für die Gerichte bindender Wirkung
bestimmt, dass bei diesen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen alle Tätigkeiten tarifrechtlich einheitlich
bewertet werden sollen und deshalb auch als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind (z.B. BAG 29.11.2001 -
4 AZR 736/00- AP Nr 288 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Entgeltgruppe S 14 enthält keine derartige, konkrete
Funktionsbezeichnung (wie etwa Entgeltgruppe S 13 Nr. 1).
7. Schließlich ist auch der von der Klägerin erstinstanzliche Verweis auf die unterbliebene Beteiligung des
Personalrats bei der Überleitung unerheblich. Selbst wenn eine Beteiligung rechtlich geboten gewesen
wäre, führt das Unterbleiben der Beteiligung nicht zu einer anderen Eingruppierung.
III. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Zulassung der Revision
beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.