Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 12.03.2009
LArbG Mainz: fristlose kündigung, wichtiger grund, strafbare handlung, arbeitsgericht, rechtliches gehör, dienstwagen, abschreibung, entzug, fahrzeug, form
LAG
Mainz
12.03.2009
10 Sa 568/08
Unzureichende Berufungsbegründung
Aktenzeichen:
10 Sa 568/08
1 Ca 2409/07
ArbG Koblenz
Urteil vom 12.03.2009
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.09.2008, Az.: 1
Ca 2409/07, wird als unzulässig verworfen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von vier fristlosen Kündigungen der Beklagten, über
Vergütungsansprüche der Klägerin aus Annahmeverzug für die Monate von Oktober bis Dezember 2007,
über Schadensersatzansprüche wegen des Entzugs des Dienstwagens ab 12.11.2007 sowie über einen
Nettogehaltsabzug im September 2007.
Die Klägerin (geb. am 10.05.1954, geschieden) war seit dem 01.07.1998 in der Kanzlei der Beklagten als
Rechtsanwältin zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 3.667,00 angestellt. Ihr wurde ein Dienstwagen
der Marke BMW zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt. Der zu versteuernde geldwerte Vorteil betrug
nach der sog. Ein-Prozent-Regelung € 315,84 monatlich. Die Beklagte, die nicht mehr als fünf
Arbeitnehmer beschäftigt, kündigte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin am 28.09.2007 ordentlich zum
31.12.2007. Diese Kündigung hat die Klägerin nicht angegriffen. Sie war jedoch nicht mit einer
Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist einverstanden und beantragte deshalb den Erlass einer
einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag mit Urteil vom 09.10.2007
(3 Ga 37/07) stattgegeben. Im Anschluss kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 10.10.2007,
19.10.2007, 09.11.2007 und 15.11.2007 viermal fristlos. Am 12.11.2007 entzog sie der Klägerin den
Dienstwagen. Von Oktober bis November 2007 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld, seit dem 01.12.2007
steht sie in einem neuen Arbeitsverhältnis.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen
erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2
ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen und auf den Tatbestand des Teilurteils des
Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.09.2008 (dort S. 4-10 = Bl. 246-252 d. A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Teilurteil vom 03.09.2008 überwiegend stattgegeben und
festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die vier fristlosen Kündigungen der Beklagten nicht aufgelöst
worden ist. Weiterhin wurde die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum
31.12.2007 Annahmeverzugslohn (3 x € 3.667,00), abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes
(€ 827,45 und € 1.306,50) und des Zwischenverdienstes (€ 1.777,95 netto) zu zahlen. Für den Monat
September 2007 wurde die Beklagte zur Zahlung von restlichen € 161,13 netto verurteilt. Schließlich
erfolgte eine Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz für den Entzug der Privatnutzung des
Dienstwagens in Höhe von € 515,81 brutto und € 58,50 netto für Oktober und November 2007 sowie in
Höhe von € 302,51 brutto für Dezember 2007. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des
Arbeitsgerichts Koblenz wird auf Seite 10 bis 20 des Teilurteils (= Bl. 252-262 d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte, der das Teilurteil am 12.09.2008 zugestellt worden ist, hat am 07.10.2008 Berufung zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am 05.11.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem
Schriftsatz begründet.
Sie führt aus, das Arbeitsgericht habe entschieden, dass für die fristlose Kündigung vom 10.10.2007
objektiv kein wichtiger Grund feststellbar sei. Immerhin sei es aber so, dass die Klägerin unstreitig Kopien
von Akten gefertigt und mitgenommen habe. Er dürfte nicht ausreichen, dass die Klägerin hierzu vortrage,
sie habe sich eine Mustermappe fertigen wollen. Ihre Vorgehensweise verstoße zumindest gegen
datenschutzrechtliche Vorschriften. Im Übrigen sei nicht hinnehmbar, wenn angestellte Rechtsanwälte
Mitarbeiterakten einer Sozietät kopieren und die Kopien mitnehmen. Die fristlose Kündigung vom
19.10.2007 sei gerechtfertigt, weil sich die Klägerin durch unrichtigen und unvollständigen Sachvortrag im
einstweiligen Verfügungsverfahren auf Beschäftigung den Titel erschlichen habe. Die außerordentliche
Kündigung vom 09.11.2007 sei gerechtfertigt, weil die Klägerin den Dienstwagen nicht mit Winterreifen
ausrüsten ließ, obwohl ihr ein Werkstatttermin vorgegeben worden sei. Ihre Weigerung, der Anweisung
nachzukommen, habe ihr Vermögen in erheblichem Umfang gefährdet. Soweit es die drei vorgenannten
Kündigungen betreffe, verweise sie auf den bisherigen Sachvortrag und die entsprechenden
Beweisangebote.
Nach ihrer Auffassung sei in jedem Fall die fristlose Kündigung vom 15.11.2007 gerechtfertigt. Die
Klägerin habe beim Amtsgericht Westerburg einen sachlich unrichtigen Kostenfestsetzungsbeschluss
erwirkt. Das Verhalten der Klägerin erfülle zumindest den Tatbestand des § 271 StGB. Eine strafbare
Handlung stelle einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Wäge man die Interessen
beider Parteien gegeneinander ab, so lasse sich nicht erkennen, womit das Fortsetzungsinteresse der
Klägerin bis zum 31.12.2007 begründet sein sollte.
Sie schulde der Klägerin weder € 515,81 brutto noch € 302,51 brutto an Schadensersatz für den Entzug
des Dienstwagens. Selbst wenn der Klägerin das Fahrzeug unberechtigt entzogen worden sein sollte,
lasse sich nicht erkennen, womit der ausgeurteilte Schadensbetrag gerechtfertigt sein solle. Es sei nicht
ersichtlich, warum die Klägerin ein Fahrzeug während der Winterzeit ohne Winterreifen nutzen solle.
Falsch sei auch, aus einem Fahrzeugwert von € 31.584,00 über die „Abschreibung“ diesen
Schadensbetrag zu errechnen. Auch die Berechnung für die Zeit vom 22. bis 30.11.2007 sei nicht
nachvollziehbar bzw. ihr sei der errechnete Betrag nicht in Rechnung zu stellen. Auch der monatliche
Wertverlust eines neuen Fahrzeugs, beispielsweise für den Monat Dezember 2007, in dem die Klägerin
bereits für den neuen Arbeitgeber tätig gewesen sei, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Für die Zahlung
eines Betrages in Höhe von € 58,50 netto für Benzin und Wagenpflege fehle es an einer
Rechtsgrundlage.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
05.11.2008 (Bl. 331- 338 d. A.) verwiesen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.09.2008, Az. 1 Ca 2409/07, aufzuheben und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Wegen der Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den
Schriftsatz der Klägerin vom 21.11.2008 (Bl. 347-351 d. A.) Bezug genommen.
Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 12.03.2009 (Bl. 360-362
d. A.) und den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akten 3 Ga 37/07 (10 SaGa 21/07),
1 Ga 38/07, 3 Ca 2439/07 (10 Ta 264/07) und 1 Ca 2747/08.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist unzulässig. Die
Berufungsbegründung entspricht nicht den Anforderungen des § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520
Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Sie greift das erstinstanzliche Urteil nur im Ergebnis an, lässt aber die gesetzlich
gebotene Auseinandersetzung mit den Gründen des Urteils vermissen.
I.
Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für
die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die
Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet wird, indem sie den Berufungsführer anhält, die Beurteilung des
Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit
welchen Gründen das angefochtene Urteil für unrichtig gehalten wird. Dadurch soll bloß formelhaften
Berufungsbegründungen entgegengewirkt und eine Beschränkung des Rechtsstoffs im
Berufungsverfahren erreicht werden. Demnach muss die Berufungsbegründung jeweils auf den Streitfall
zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher
Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Eine
schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die
Berufungsbegründung sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils
befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG Urteil vom 08.10.2008 - 5 AZR 526/07 - NZA 2008, 1429,
mit zahlreichen Nachweisen).
II.
Einzelnen:
1.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung ausgeführt, der Vortrag der
Beklagten zum Kündigungsgrund „Fertigen von Aktenkopien“ sei unsubstantiiert. Die Beklagte habe
weder dargelegt, welche Akten die Klägerin kopiert haben soll, noch welchen Inhalt sie konkret kopiert
haben soll, noch woraus sie schließe, dass dies zum Abwerben von Mandanten geschehen sein soll. Das
Fertigen einer Mustermappe sei durchaus nachvollziehbar und nicht unüblich. Der weitere Vortrag der
Beklagten, die Kündigung sei auch aufgrund der Äußerungen der Klägerin in dem Verfahren 3 Ga 37/07
und vermeintlicher Vorfälle, die sich nunmehr herausgestellt hätten, erfolgt, sei unsubstantiiert.
Hierzu führt die Berufung aus, das Arbeitsgericht habe entschieden, dass für die fristlose Kündigung vom
10.10.2007 objektiv kein wichtiger Grund feststellbar sei. Immerhin sei es aber so, dass die Klägerin
unstreitig Kopien von Akten gefertigt und mitgenommen habe. Er dürfte nicht ausreichen, dass die
Klägerin hierzu vortrage, sie habe sich eine Mustermappe fertigen wollen. Ihre Vorgehensweise verstoße
zumindest gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Im Übrigen sei nicht hinnehmbar, wenn angestellte
Rechtsanwälte Mitarbeiterakten einer Sozietät kopieren und die Kopien mitnehmen. Außerdem verweise
sie auf den bisherigen Sachvortrag und die entsprechenden Beweisangebote. Anhand dieser
Berufungsbegründung ist nicht erkennbar, dass die Beklagte die Argumentation des Arbeitsgerichts, ihr
Vortrag sei unsubstantiiert, weil sie nicht im Einzelnen dargelegt habe, welche Akten und welche
Schriftstücke aus diesen Akten die Klägerin kopiert haben soll, überhaupt zur Kenntnis genommen hat.
Wieso der Sachvortrag, „die Klägerin habe zahlreiche Akten kopiert“, entgegen der Auffassung des
Arbeitsgerichts ausreichend gewesen sein soll, lässt sich der Berufungsbegründung nicht ansatzweise
entnehmen.
2.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung ausgeführt, die Beklagte werfe
der Klägerin vor, in ihrem Zwangsmittelantrag vom 16.10.2007 in dem einstweiligen Verfügungsverfahren
3 Ga 37/07 dem Gericht verschwiegen zu haben, dass ihr am 12.10.2007 die (erste) fristlose Kündigung
vom 10.10.2007 zugegangen sei. Dieser Vortrag genüge nicht, um die fristlose Kündigung vom
19.10.2007 hinreichend zu begründen. Bevor über einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln
entschieden werde, werde der Gegenseite rechtliches Gehör gewährt. Hier hätte die Beklagte einwenden
können, dass sie gegenüber der Klägerin eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen habe. Die
Beklagte habe nicht nachvollziehbar dargetan, warum ihr dies nicht möglich gewesen sein sollte. Im
Übrigen sei es das Recht der Klägerin, ihre Ansprüche auf dem gesetzlich vorgesehenen Weg zu
verfolgen. Hierzu gehöre auch die Einleitung eines Zwangsvollstreckungsverfahrens aus einem sie
begünstigenden Urteil.
Hierzu führt die Berufung lediglich aus, die fristlose Kündigung vom 19.10.2007 sei gerechtfertigt, weil sich
die Klägerin durch unrichtigen und unvollständigen Sachvortrag im einstweiligen Verfügungsverfahren auf
Beschäftigung den Titel erschlichen habe. Außerdem verweise sie auf den bisherigen Sachvortrag und
die entsprechenden Beweisangebote. Die Berufung legt nicht ansatzweise dar, weshalb in den
Ausführungen des Arbeitsgerichts ein Fehler liegen soll, der das Urteil unrichtig macht. Konkrete
Einwendungen werden nicht erhoben. Die Ausführungen der Beklagten erschöpfen sich in der bloßen
Behauptung, die Klägerin habe sich einen Titel „erschlichen“. Soweit die Beklagte auf den bisherigen
Sachvortrag und die entsprechenden Beweisangebote verweist, reicht die bloße Bezugnahme auf das
erstinstanzliche Vorbringen nach gefestigter Rechtsprechung nicht aus. Die Erklärung, das Vorbringen
aus dem ersten Rechtszug werde wiederholt, genügt den gesetzlichen Anforderungen an die Darlegung
der Berufungsgründe nicht (BAG Urteil vom 15.08.2002 - 2 AZR 473/01 - AP Nr. 55 zu § 519 ZPO, m.w.N.).
3.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung ausgeführt, der Vorwurf der
Beklagten, die Klägerin habe den zur Winterreifenmontage vereinbarten Werkstatttermin am 09.11.2007
nicht wahrgenommen, rechtfertige keine fristlose Kündigung. Die Klägerin habe befürchtet, dass ihr der
Dienstwagen im Anschluss an die Reifenmontage nicht mehr ausgehändigt werde. Diese Befürchtung sei
Dienstwagen im Anschluss an die Reifenmontage nicht mehr ausgehändigt werde. Diese Befürchtung sei
nicht unbegründet gewesen. Die Beklagte habe auf die Bitte der Klägerin zu bestätigen, dass ihr das
Fahrzeug im Anschluss an die Reifenmontage wieder herausgegeben werde, nicht geantwortet. Zum
anderen habe die Beklagte den Dienstwagen am 12.11.2007 eigenmächtig mit einem Zweitschlüssel aus
der Tiefgarage der Klägerin entfernt, nachdem ihr Antrag auf Herausgabe des Fahrzeugs in dem
einstweiligen Verfügungsverfahren 1 Ga 38/07 abgewiesen worden sei. Die Klägerin habe jedoch einen
vertraglichen Anspruch auf Überlassung des Dienstwagens bis zum 31.12.2007 gehabt, weil das
Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen vom 10.10.2007 und vom 19.10.2007 nicht beendet
worden sei. Im Übrigen rechtfertige die einmalige Nichtbefolgung einer Weisung, nicht den Ausspruch
einer außerordentlichen Kündigung. Es wäre der Beklagten zumutbar gewesen, zuvor eine Abmahnung
auszusprechen.
Wenn die Berufungsbegründung demgegenüber lediglich ausführt, die außerordentliche Kündigung vom
09.11.2007 sei gerechtfertigt, weil die Klägerin den Dienstwagen nicht mit Winterreifen habe ausrüsten
lassen, obwohl ihr ein Werkstatttermin vorgegeben worden sei, ihre Weigerung, der Anweisung zur
Reifenmontage nachzukommen, habe das Vermögen der Beklagten in erheblichem Umfang gefährdet, so
kann darin bestenfalls eine zusammenfassende Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens
gesehen werden. Es ist anhand der Berufungsbegründung nicht erkennbar, dass die Beklagte die
Argumentation des Arbeitsgerichts überhaupt zur Kenntnis genommen hätte, geschweige denn, in
welchen Punkten und mit welchen Argumenten sie sie angreifen will. Mit der tragenden Erwägung des
Arbeitsgerichts, die Klägerin hätte aufgrund der im einzelnen ausgeführten Umstände damit rechnen
müssen, dass ihr der Dienstwagen bei Wahrnehmung des Montagetermins nicht mehr herausgegeben
worden wäre, geht die Berufungsbegründung mit keinem Wort ein. Ebensowenig setzt sich die Berufung
mit dem Argument des Arbeitsgerichts auseinander, dass eine Abmahnung als milderes Mittel ausgereicht
hätte.
Soweit die Beklagte auf den bisherigen Sachvortrag und die entsprechenden Beweisangebote verweist,
reicht die bloße Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen nach gefestigter Rechtsprechung nicht
aus. Die Erklärung, das Vorbringen aus dem ersten Rechtszug werde wiederholt, genügt den gesetzlichen
Anforderungen an die Darlegung der Berufungsgründe nicht (BAG Urteil vom 15.08.2002 - 2 AZR 473/01,
a.a.O.).
4.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung ausgeführt, der Vorwurf der
Beklagten, die Klägerin habe beim Amtsgericht Westerburg in dem Rechtsstreit 41 F 658/02 einen
unrichtigen Kostenfestsetzungsbeschluss (Bl. 53/ 54 d. A.) über eine zu erstattende Vergütung in Höhe
von € 128,45 erwirkt und sich dadurch nach § 271 StGB strafbar gemacht, rechtfertige keine fristlose
Kündigung.
Die Klägerin habe am 15.08.2007 (Bl. 108 d. A.) beim Amtsgericht Westerburg unstreitig eine
Kostenfestsetzung gegen den eigenen Mandanten beantragt, der sie und Rechtsanwalt G. in Gesellschaft
bürgerlichen Rechts als Gläubiger ausweisen sollte. Mit diesem Antrag habe sie auf ein Anschreiben des
Rechtspflegers vom 29.06.2007 (Bl. 107 d. A.) reagiert, der darauf hingewiesen hatte, dass aus den
Schriftsätzen lediglich Rechtsanwalt G. und die Klägerin als Bevollmächtigte hervorgingen, während im
Kostenfestsetzungsbeschluss die Rechtsanwälte G., H. und die Klägerin in Gesellschaft bürgerlichen
Rechts als Gläubiger ausgewiesen werden sollten. Zum Zeitpunkt der Sachbearbeitung des betreffenden
Mandats im Jahre 2004 sei Rechtsanwalt H. unstreitig noch nicht Sozius des Rechtsanwaltes G. gewesen.
Die Klägerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass sie der Rechtspfleger des Amtsgerichts
Westerburg angerufen habe, um diesen Umstand zu problematisieren. Er habe darauf hingewiesen, dass
sich der Schuldner gegen die Kostenfestsetzung mit dem Argument wehren könnte, die nunmehr
aufgeführten Kostengläubiger seien im Rahmen der damaligen Sachbearbeitung nie beauftragt worden.
Vor diesem Hintergrund stelle der Kostenfestsetzungsantrag keinen wichtigen Grund zur fristlosen
Kündigung dar. Die Klägerin habe den Antrag in dieser Form gestellt, um unnötige Schwierigkeiten bei
der Zwangsvollstreckung zu vermeiden. Der Vorwurf der Beklagten, der Klägerin sei eine mittelbare
Falschbeurkundung nach § 271 StGB zur Last zu legen, sei nicht berechtigt. Die Beklagte habe den
Vortrag der Klägerin, der Rechtspfleger habe die Umstände mit ihr diskutiert und besprochen, nicht
bestritten. Damit sei der Rechtspfleger als Aussteller des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht bösgläubig
gewesen. Ihm seien die Hintergründe des Antrags vom 15.08.2007 vielmehr bekannt gewesen. Eine
mittelbare Falschbeurkundung scheitert daran.
Hierzu führt die Berufung aus, die fristlose Kündigung vom 15.11.2007 sei in jedem Fall gerechtfertigt. Die
Klägerin habe beim Amtsgericht Westerburg einen sachlich unrichtigen Kostenfestsetzungsbeschluss
erwirkt. Das Verhalten der Klägerin erfülle zumindest den Tatbestand des § 271 StGB. Eine strafbare
Handlung stelle einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Wäge man die Interessen
beider Parteien gegeneinander ab, so lasse sich nicht erkennen, womit das Fortsetzungsinteresse der
Klägerin bis zum 31.12.2007 begründet sein sollte.
Mit ihrem Berufungsvortrag wiederholt die Beklagte in verkürzter Form ihr erstinstanzliches Vorbringen,
ohne sich mit der ausführlichen Argumentation des Arbeitsgerichts auseinanderzusetzen. Den vom
Arbeitsgericht als entscheidend herausgestellten Punkt - nämlich das die Vorgehensweise der Klägerin
mit dem zuständigen Rechtspfleger des Amtsgerichts Westerburg abgesprochen war - übergeht die
Beklagte völlig. Die Ausführungen der Beklagten erschöpfen sich in der bloßen Behauptung, der Klägerin
sei eine Straftat zur Last zu legen. Weswegen die gegenteilige Meinung des Arbeitsgerichts unzutreffend
sein soll, legt die Berufungsbegründung nicht dar. Die Wirksamkeit einer Kündigung hängt nicht von der
strafrechtlichen Würdigung eines den Sachverhalt begründeten Verhaltens ab, sondern von der
Beeinträchtigung des für das Arbeitsverhältnis erforderlichen Vertrauens. Hier hat das Arbeitsgericht
ausgeführt, die Klägerin habe den Kostenfestsetzungsantrag in der von der Beklagten beanstandeten
Form gestellt, um unnötige Schwierigkeiten bei der Zwangsvollstreckung gegen den Mandanten zu
vermeiden. Zu den vom Arbeitsgericht im Einzelnen herausgestellten näheren Umständen der
Antragstellung und der Motivationslage der Klägerin verhält sich die Berufungsbegründung überhaupt
nicht.
5.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung ausgeführt, die Beklagte sei
verpflichtet, der Klägerin Schadensersatz für den unberechtigten Entzug der Privatnutzung des
Dienstwagens zu leisten, nachdem ihre Gesellschafter den BMW am 12.11.2007 unstreitig unter
Verwendung des Zweitschlüssels aus der Tiefgarage der Klägerin entfernt haben. Der Schaden berechne
sich wie folgt: Für die Zeit vom 12.11. bis zum 21.11.2007 sei der Wert des entzogenen Dienstwagens in
Höhe von € 31.584,00 auf dessen monatlichen Nutzungswert herunter zu rechnen. Hier sei die AfA-
Tabelle für allgemein verwendete Anlagegüter, dort laufende Nummer 4.2.1 für Personenkraftwagen,
anzuwenden. Unter Zugrundelegung einer sechsjährigen Abschreibung betrage der monatliche Wert
€ 438,17, was für die Zeit vom 12.11. bis zum 21.11.2007 einen Betrag von € 146,06 ergebe. Dem seien
die Mietkosten für die Zeit vom 22.11. bis zum 30.11.2007 für einen Smart in Höhe von € 279,00
hinzuzurechnen. Dieser Betrag sei in seiner Höhe unbestritten. Für die Zeit vom 22. bis zum 30.11.2007
seien weitere € 72,92 Wertverlust des neu erworbenen Privatfahrzeugs gemäß AfA-Tabelle zugrunde zu
legen. Auch hier sei wiederum eine sechsjährige Benutzungsdauer anzusetzen, sowie weitere € 7,32
Steuern und € 10,51 Versicherung. Hieraus ergebe sich ein Betrag von insgesamt € 515,81 brutto für den
Monat November 2007. Für den Monat Dezember 2007 sei ein monatlicher Wertverlust des neuen
Fahrzeugs von € 243,06 zugrunde zu legen. Dies ergebe sich aus einer sechsjährigen Abschreibung des
Kaufpreises von € 17.500,00, der seitens der Klägerin nachgewiesen worden sei. Des Weiteren seien
€ 24,42 Steuern sowie € 35,03 Versicherung in Ansatz zu bringen. Die Klägerin könne für Dezember 2007
somit insgesamt € 302,51 brutto beanspruchen.
In der Berufungsbegründung wird dazu ausgeführt, die Beklagte schulde der Klägerin weder € 515,81
noch € 302,51 brutto an Schadensersatz für den Entzug des Dienstwagens. Es lasse sich nicht erkennen,
womit der ausgeurteilte Schadensbetrag gerechtfertigt sein solle. Es sei nicht ersichtlich, warum die
Klägerin ein Fahrzeug während der Winterzeit ohne Winterreifen nutzen solle. Falsch sei auch, aus einem
Fahrzeugwert von € 31.584,00 über die „Abschreibung“ diesen Schadensbetrag zu errechnen. Auch die
Berechnung für die Zeit vom 22. bis 30.11.2007 sei nicht nachvollziehbar bzw. ihr sei der errechnete
Betrag nicht in Rechnung zu stellen. Auch der monatliche Wertverlust eines neuen Fahrzeugs,
beispielsweise für den Monat Dezember 2007, in dem die Klägerin bereits für den neuen Arbeitgeber tätig
gewesen sei, könne nicht zu ihren Lasten gehen.
Dieses Vorbringen enthält keine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils.
Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des
erstinstanzlichen Urteils genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung
nicht. Die Begründung muss zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder
rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen
im einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des
erstinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält. Es reicht nicht aus, die
tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Erstgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen. Die
Auseinandersetzung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil beschränkt sich vorliegend auf die Bemerkung,
das Arbeitsgericht habe die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen des Entzugs
der Privatnutzung des Dienstwagens fehlerhaft über die Abschreibung errechnet, die Berechnung sei
nicht nachvollziehbar, der monatliche Wertverlust könne nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Die Rüge,
die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils seien „nicht nachvollziehbar“ und „falsch“, genügt
den dargestellten Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht. Die Beklagte legt mit ihren
schlagwortartigen Beanstandungen nicht dar, was an der Berechnung der Schadenshöhe konkret zu
beanstanden ist und warum sie die ausführlich dargestellten Erwägungen des Arbeitsgerichts nicht für
zutreffend hält. Die Beklagte ist auch jedwede Erklärung dafür schuldig geblieben, weshalb die (lediglich)
situationsbedingte Winterreifenpflicht bei winterlichen Straßenbedingungen (§ 2 Abs. 3a S. 1, 2 StVO)
einem Schadensersatzanspruch per se entgegenstehen sollte.
6.
Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe weitere € 58,50 netto an die Klägerin zu zahlen.
Diesen Betrag begehre die Klägerin für Benzin sowie Wagenpflege im Monat November 2007. Die
betreffenden Kosten habe die Beklagte nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin stets
beglichen.
Hierzu führt die Berufung lediglich aus, für die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 58,50 netto für
Benzin und Wagenpflege fehle es an einer Rechtsgrundlage. Diese Begründung enthält keine
argumentative Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts. Sie bringt nicht zum
Ausdruck, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen das erstinstanzliche Urteil in diesem Punkt
unzutreffend sein soll. Mit der tragenden Erwägung des Arbeitsgerichts, dass die Treibstoffkosten und die
Kosten der Wagenpflege von der Beklagten in der Vergangenheit - unstreitig - stets übernommen worden
seien, setzt sich die Berufungsbegründung nicht ansatzweise auseinander.
7.
Das Arbeitsgericht hat zur Begründung der stattgebenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die
Beklagte habe nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie der Klägerin im September 2007 ein um
€ 161,13 geringeres Nettogehalt ausgezahlt habe. Es sei nicht verständlich, weshalb die Beklagte in der
Septemberabrechnung einen Quartalsbeitrag für die Provinzial-Berufshaftpflichtversicherung abgezogen
habe, obwohl die Klägerin seit dem 01.06.2007 - unstreitig - nicht mehr bei dieser Gesellschaft versichert
sei.
Mit der Begründung des Arbeitsgerichts zu diesem Einzelanspruch befasst sich die Berufung mit keinem
Wort. Wenn im arbeitsgerichtlichen Urteil - wie hier - über mehrere Ansprüche im prozessualen Sinne
entschieden worden ist, dann muss sich die Berufungsbegründung mit jedem Einzelanspruch
auseinandersetzen (vgl. Schwab/ Weth, ArbGG, 2. Auflage, § 64 Rz. 162, m.w.N.).
III.
zu verwerfen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.