Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 23.09.2010

LArbG Mainz: versetzung, arbeitsbedingungen, anspruch auf beschäftigung, treu und glauben, stadt, ermessen, arbeitsgericht, betriebsrat, kündigung, bestimmtheit

LAG
Mainz
23.09.2010
11 Sa 213/10
Reichweite des Direktionsrechts - "überflüssige" Änderungskündigung
Aktenzeichen:
11 Sa 213/10
9 Ca 1055/09
ArbG Mainz
Entscheidung vom 23.09.2010
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2010 - Az: 9 Ca 1055/09
- wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Versetzung und einer Änderungskündigung.
Der 1971 geborene, in A-Stadt wohnhafte Kläger ist bei der Beklagten seit 1991 zu einer Bruttovergütung
von zuletzt 2414,76 EUR monatlich beschäftigt. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
Die Beklagte führt Reinigungsarbeiten in Zügen und Bussen aus. Der Kläger war zunächst in B-Stadt
eingesetzt, zuletzt war er als Zugreiniger in Nachtschicht in M. tätig.
Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegt der schriftliche Arbeitsvertrag vom 06.06.1991 zugrunde, der
unter anderem als Beschäftigungsort durch handschriftliche Eintragung "B-Stadt" ausweist und die auf der
Rückseite des Vertragsformulars festgehaltenen allgemeinen Bestimmungen einbezieht. Diese lauten
auszugsweise:
"VERTRAGSBEDINGUNGEN
Die zwischen der ABCgesellschaft mbH und der GdED vereinbarten Tarifverträge werden ausdrücklich
Inhalt dieses Vertrags.
Der Arbeitnehmer unterliegt hinsichtlich seines Arbeitseinsatzes dem betrieblichen Direktionsrecht.
…"
Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 75 f. d.A. verwiesen.
Im Frühjahr 2009 strukturierte die Beklagte ihre Tätigkeit in M. um. Wegen mangelnder Auslastung in der
Fahrzeugreinigung wurde die bisher von ihren Mitarbeitern bearbeitete Tagschicht aufgelöst und an ein
Subunternehmen vergeben. Die Zahl der Nachtschichtstellen wurde von zehn auf zwei reduziert.
Eingesetzt wurden dort fünf Arbeitnehmer im Wechsel, die die Beklagte im Übrigen nach dem Ende des
Jahres 2008 erstellten Konzept bei der MVG in der Busreinigung einzusetzen beabsichtigte. Es handelt
sich insoweit um die Arbeitnehmer R., A., K. und Z., die sich nach zwei Informationsveranstaltungen im
Oktober und im Dezember 2008 bereit erklärt hatten, auf Kosten der Beklagten einen Busführerschein zu
erwerben. Darüber hinaus war für den weiteren Einsatz in M. der dort wohnende Mitarbeiter Mo.
vorgesehen, der über keinen Führerschein verfügt.
Der Kläger erhielt unter dem Datum des 15.04.2009 ein Versetzungsschreiben in die Fahrzeugreinigung
nach L. mit Wirkung zum 01.05.2009. Hiergegen richtete sich seine ursprünglich am 07.05.2009
eingereichte Feststellungsklage sowie Klage auf Weiterbeschäftigung.
Mit Klageerweiterung vom 18.06.2009, eingegangen am 19.06.2009 hat der Kläger die Feststellung der
Unwirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ihm im Gütetermin am
16.06.2009 übergebenen, mit dem 15.09.2009 datierten Änderungskündigung zum 31.12.2009 begehrt.
Gegenstand des Änderungsangebots, das der Kläger unter Vorbehalt annahm, war der Einsatz ab
01.01.2010 auf der Reinigungsstelle L. in der Fahrzeugreinigung mit unveränderter Eingruppierung.
Der Kläger hat die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrates sowohl nach § 99 BetrVG zur
Versetzung als auch nach § 102 BetrVG zur Änderungskündigung gerügt.
Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach-/Streitstandes wird im Übrigen gemäß
§ 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2010
(Bl. 127 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, ihn zur Fahrzeugreinigung nach L. zu versetzen,
die Beklagte zu verurteilen, ihn am Hauptbahnhof in M. in der Fahrzeugreinigung weiter zu beschäftigen,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der
Änderungskündigung vom 15.06.2009 unwirksam ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 15.01.2010 hat das Arbeitsgerichts Mainz die Klage insgesamt abgewiesen. Zur
Begründung hat es zusammengefasst ausgeführt:
Der Feststellungsantrag zu 1, der sich gegen die Berechtigung der Beklagten, den Kläger zu versetzen,
richte, sei zulässig aber nicht begründet. Die Beklagte sei nach dem Arbeitsvertrag in Verbindung mit §
106 GewO berechtigt, den Kläger nach L. zu versetzen. Es erscheine schon fraglich, die Erwähnung einer
Stadt als Beschäftigungsort als Festlegung des einzig möglichen Beschäftigungsorts zu verstehen.
Jedenfalls verdeutliche der Hinweis in den in Bezug genommenen Vertragsbedingungen auf das
betriebliche Direktionsrecht, dass dieses für das Arbeitsverhältnis gelte.
Dieses habe die Beklagte auch nach billigem Ermessen ausgeübt. Die Beklagte habe aufgrund des
Arbeitskräfteüberhangs in M. ein erhebliches betriebliches Interesse gehabt. Das dem
gegenüberstehende Interesse des Klägers habe die Beklagte hinreichend berücksichtigt. Bei der
Auswahlentscheidung im Rahmen des Direktionsrechts habe der Arbeitgeber nicht wie bei Ausspruch
einer Änderungskündigung nach § 2 KSchG eine soziale Auswahl in entsprechender Anwendung des § 1
Abs. 3 KSchG zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern durchzuführen. Im Einzelnen habe die Beklagte
bei der Auswahlentscheidung im Verhältnis zu Herrn Demir dessen Vorarbeiterstellung sowie die größere
Entfernung nach L. berücksichtigen dürfen, bei Herrn Mo. den fehlenden Führerschein, bei Herrn A. habe
die Beklagte berücksichtigen dürfen, dass sich für ihn der Arbeitsweg durch eine Versetzung etwa
versechsfacht hätte. Ebenso wenig sei zu beanstanden, dass Herr K. den Vorzug vor dem Kläger erhalten
habe, da dieser sich bereit erklärt habe, entsprechend dem Angebot der Beklagten eine Fahrerlaubnis
zum Führen von Bussen zu erwerben.
Hinsichtlich der Rüge der Betriebsratsbeteiligung nach § 99 BetrVG sei nach dem unwidersprochen
gebliebenen Sachvortrag der Beklagten der Betriebsrat im Vorfeld über die
Personalanpassungsmaßnahmen informiert worden. Der Vorsitzende habe an den
Informationsgesprächen zum Ende des Jahres 2008 teilgenommen. Von daher sei dem Betriebsrat
bekannt gewesen, dass eine Mehrzahl von Arbeitnehmern betroffen gewesen sei. Hätte er Angaben zu
den Sozialdaten für seine Entscheidung gewünscht, hätte er dies innerhalb der Wochenfrist auf der Basis
vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber zu erkennen geben müssen.
Aufgrund der Wirksamkeit der Versetzung mit Wirkung zum 01.05.2009 habe der Kläger keinen Anspruch
auf Beschäftigung in M..
Die zulässige Änderungsschutzklage (Ziffer 3 der Anträge) habe in der Sache keinen Erfolg, da ihre
Begründetheit voraussetzen würde, dass zu dem Termin, in dem die Änderungskündigung
ausgesprochen wurde, das Arbeitsverhältnis noch zu unveränderten Bedingungen bestanden hätte. Dies
sei aber angesichts der Änderung des Arbeitsorts durch Ausübung des Direktionsrechts nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf Bl. 129 ff. d.A.
verwiesen.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz ist dem Kläger am 07.04.2010 zugestellt worden. Er hat hiergegen
am 28.04.2010 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und die Berufung mit dem Schriftsatz vom
01.06.2010, gleichtätig eingegangen, begründet.
Zur Begründung seiner Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den
ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 154 ff. d.A.) zusammengefasst geltend:
Ein Versetzungsrecht der Beklagten ergebe sich weder aus dem Tarifvertrag noch aus der
einzelvertraglichen Klausel. § 2 Abs. 2 des Rahmentarifvertrags für die Bahnreinigung, der vorsehe, dass
ein Arbeitnehmer im "betriebsbedingten Bedarfsfall" auch an weiteren Arbeitsstätten eingesetzt werden
könne, sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Die tarifliche Regelung unterliege wegen der
arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel dem Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach der
tarifvertraglichen Regelung bleibe vollkommen unklar, welche Gründe für eine Versetzung in Betracht
kämen. Sowohl die tarifliche Bestimmung als auch die einzelvertragliche Regelung, wonach der
Arbeitnehmer "hinsichtlich seines Arbeitseinsatzes dem betrieblichen Direktionsrecht" unterliege, ließen
völlig im Dunkeln, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Gebiet (In- oder Ausland) eine
Versetzung möglich sein solle, sofern man den Arbeitsort überhaupt unter dem Begriff des
Arbeitseinsatzes subsumieren wollte. Nach Auffassung des Klägers unterfalle diesem Begriff lediglich die
Art der Tätigkeit. Es bestehe auch ein Widerspruch zu der Festlegung des Arbeitsortes auf der Vorderseite
des Arbeitsvertrages.
Die Unwirksamkeit der Versetzung gehe einher mit einem Weiterbeschäftigungsanspruch in M..
Die Änderungskündigung sei unwirksam. Mangels wirksamer Versetzung habe das Arbeitsverhältnis noch
zu den alten Arbeitsbedingungen bestanden. Als milderes Mittel zur Kündigung hätte der Kläger zurück an
seinen alten Arbeitsplatz nach B-Stadt versetzt werden können und müssen. Weiterhin sei bereits
erstinstanzlich die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG gerügt und der
ergänzende Sachvortrag der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 09.10.2009 hinsichtlich der
Betriebsratsanhörung vom Kläger bestritten worden. Das erstinstanzliche Gericht gehe in seinem Urteil
lediglich auf das Recht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG ein. Weiterhin ergebe sich die Unwirksamkeit
der Änderungskündigung aus der mangelnden Bestimmtheit des Änderungsangebots durch die
Formulierung "mit unveränderter Eingruppierung". Es bleibe offen, was mit Eingruppierung gemeint sei.
Weiterhin bleibe die Frage ungeklärt, ob auch im Übrigen die alten Arbeitsbedingungen, etwa die
Bezugnahme auf die geltenden Tarifverträge, gemeint seien. Gleichfalls unbeantwortet sei die Frage
geblieben, ob die Beklagte die Arbeitsbedingungen aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag anwenden
wollte oder aber die Arbeitsbedingungen aus dem schriftlichen Arbeitsvertragsangebot, das dem Kläger
per Ausspruch der Versetzung angeboten worden war. Fälschlich sei eine Tatsachenfeststellung zum
streitigen Vortrag der Betriebsratsanhörung unterblieben.
Der Kläger/Berufungskläger beantragt,
unter Abänderung des am 15.01.2010 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz (Az.: 9 Ca 1055/09)
festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, den Kläger zur Fahrzeugreinigung nach L. zu
versetzen.
Unter Abänderung des am 15.01.2010 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz (Az.: 9 Ca 1055/09),
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger am Hauptbahnhof in M. in der Fahrzeugreinigung weiter zu
beschäftigen.
Unter Abänderung des am 15.01.2010 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz (Az.: 9 Ca 1055/09)
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der
Änderungskündigung vom 15.06.2009 unwirksam ist.
Die Beklagte/Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In der Berufungsbeantwortung vom 06.07.2010, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 177 ff.
d.A.), macht die Beklagte im Wesentlichen geltend:
Das Arbeitsgericht stelle zutreffend fest, dass die Bezeichnung "B-Stadt" als Beschäftigungsort keine
arbeitsvertragliche Festlegung beinhalte. Jedenfalls bestehe ein vertragliches Direktionsrecht, das die
Beklagte nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der wesentlichen Umstände des Falles korrekt
wahrgenommen und dabei die beiderseitigen Interessen, d.h. die betrieblichen Belange des
Unternehmens wie auch die des Arbeitnehmers, vertretbar gegenübergestellt habe. Entgegen der
Auffassung des Klägers verstoße die Bezugnahme auf die tarifvertraglichen Regelungen nicht gegen das
Transparentgebot, sondern entspreche der absoluten Üblichkeit in Arbeitsverträgen. Die tarifliche
Regelung sei leicht verständlich und ohne weiteres transparent. Zu der Prüfung der Ausübung des
Versetzungsrechts nach billigem Ermessen verweist die Beklagte auf die Ausführungen des
Arbeitsgerichts sowie darauf, dass der Kläger das Urteil insoweit auch nicht beanstande.
Damit werde auch ein Beschäftigungsanspruch in M. ausgeschlossen.
Auch der Berufungsantrag zu 3 sei unbegründet. Es hätte einer Änderungskündigung angesichts des
ausgeübten Direktionsrechts im Wege der Versetzung nicht mehr bedurft. Die Änderungskündigung laufe
faktisch ins Leere. Sie sei im Übrigen erkennbar für den Fall ausgesprochen worden, dass die zuvor
erteilte Versetzung sich als nicht rechtmäßig erweisen würde.
Ein milderes Mittel aufgrund einer Versetzungsmöglichkeit nach B-Stadt habe im Zeitpunkt des
Ausspruchs der Versetzungsanordnung nach L. nicht bestanden. Der Kläger widerspreche sich auch
insoweit, da eine Versetzung nach B-Stadt angesichts - wie von ihm behauptet - fehlenden
Versetzungsrechts dann ebenfalls nicht in Betracht kommen dürfte.
Sie trägt die Auffassung vor, der Kläger hätte seine Behauptung, der Betriebsrat sei hinsichtlich der
Änderungskündigung nicht ordnungsgemäß angehört worden, substantiieren müssen. Es gelte hier eine
abgestufte Darlegungs- und Beweislast.
Schließlich sei die Änderungskündigung auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit des
Änderungsangebots unwirksam. Der Kläger habe unzweifelhaft erkennen können, dass alle vertraglichen
Arbeitsbedingungen unverändert weiter gelten sollten mit der Maßgabe, dass er zukünftig in L. seine
Arbeitsleistung erbringen würde.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die protokollierten
Erklärungen der Parteien Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II.
1.
berechtigt, den Kläger zum 01.05.2009 zur Fahrzeugreinigung nach L. zu versetzen.
Die Entscheidung ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Nach § 106 S. 1 GewO kann der
Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese
Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines
anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. § 106 S. 1 GewO gilt auch für
Altverträge, die vor Inkrafttreten am 01.01.2003 geschlossen worden sind, aufgrund der
uneingeschränkten Anwendbarkeit gemäß § 6 GewO. Im Übrigen entspricht das Direktionsrecht nach §
106 GewO inhaltlich den bereits zuvor bestehenden Verpflichtungen zur Wahrung billigen Ermessens bei
der Leistungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 BGB, wie bereits das Arbeitsgericht in der erstinstanzlichen
Entscheidung ausgeführt hat.
1.1.
Vertragsbedingungen schließt nach der gebotenen Auslegung eine Veränderung des auf der Vorderseite
angegebenen Beschäftigungsortes ein und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen gilt folgendes:
a)
Erklärenden zu Grunde zu legen. Diese können aber nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie in der
Erklärung und dem Gesamtzusammenhang mit dem Vertragsschluss einen wahrnehmbaren Ausdruck
gefunden haben. Dabei kann auch auf die Interessenlage der vertragsschließenden Parteien und die
Zwecke des Arbeitsverhältnisses abgestellt werden. Die Auslegung ist so vorzunehmen, wie dies Treu
und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern und der Empfänger das Vertragsangebot
verstehen konnte (BAG 21.10.1992 - 4 AZR 156/92 - AP BAT § 23 a Nr. 27 zu I. 3. b der Gründe mwN).
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der vertraglichen Regelung "Der Arbeitnehmer unterliegt
hinsichtlich seines Arbeitseinsatzes dem betrieblichen Direktionsrecht." zunächst zu entnehmen, dass hier
das arbeitgeberseits auszuübende Direktionsrecht gemeint ist. Die Verwendung des bestimmten Artikels
"dem" vor den Worten "betrieblichen Direktionsrecht" spricht dafür, dass die Arbeitsrechtspraxis,
insbesondere die geltende gesetzliche Bestimmung (damals § 315 Abs. 1 BGB) in Bezug genommen
wird. In diesem Zusammenhang ist das Wort Arbeitseinsatz ausgehend von dem Wortsinn, der die
Elemente der Arbeit sowie des Einsetzens enthält, zu bestimmen. Im Arbeitsverhältnis setzt der
Arbeitgeber den Arbeitnehmer ein, indem er ihm eine bestimmte Arbeit zuweist. Diese Arbeitszuweisung
versteht sich nach dem Wortsinn als inhaltliche, zeitliche und örtliche Konkretisierung der
Arbeitsverpflichtung.
Demgegenüber ist eine Einschränkung der Bedeutung des Arbeitseinsatzes im konkreten
Zusammenhang der Vertragsbedingungen nicht zu entnehmen.
b)
rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist eine ausdrückliche Vereinbarung dahingehend, dass die
Versetzung entsprechend § 106 GewO nur nach billigem Ermessen erfolgen kann, nicht erforderlich. Nach
§ 315 BGB war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrages lediglich die Vereinbarung
eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechtes erforderlich; die Einschränkung, dass dieses
Bestimmungsrecht nach billigem Ermessen ausgeübt werden müsse, ergab sich unmittelbar aus dem
Gesetz und musste nicht zusätzlich erwähnt werden (§ 315 Abs. 1 BGB). Hieran hat sich durch die
Einführung des § 106 GewO nichts geändert. Die Klausel stellt damit lediglich die in § 106 GewO
vorgesehene gesetzliche Lage wieder her. Es handelt sich um eine sogenannte "unechte
Direktionsrechtserweiterung" (LAG München v. 13.01.2009 - 6 Sa 712/07 - LAGE § 106 GewO 2003 Nr. 6
mit Literaturhinweis).
Entgegen der Auffassung des Klägers verbleiben bei der von der Kammer vorgenommenen Auslegung,
die sich am Wortlaut orientiert und den Zusammenhang im vertraglichen Kontext berücksichtigt, keine
nach § 305 c II. BGB zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gehende Zweifel. Insbesondere irrt der
Kläger, soweit er davon ausgeht, es bestünde ein Widerspruch zwischen der Bestimmung eines
Beschäftigungsorts auf der Vorderseite des Arbeitsvertrages und dem Verständnis des dem
Direktionsrecht unterliegenden Arbeitseinsatzes unter Einbeziehung des Orts. Nach Auffassung des
Klägers hätte es den Parteien oblegen, durch die Wortwahl "Einsatzort" den lediglich vorübergehenden
Charakter deutlich zu machen. Die vom Kläger vorgeschlagene Formulierung ist allerdings keineswegs
zwingend, um das erkennbar gewünschte Ergebnis herbeizuführen. Vielmehr ergibt sich - wie oben
ausgeführt - gerade aus dem Verhältnis der Bestimmung eines Beschäftigungsortes und der
Vereinbarung einer allgemeinen Versetzungsklausel, dass die im Falle der fehlenden Vereinbarung eines
Beschäftigungsortes bestehende gesetzliche Lage, die von § 106 GewO (vormals § 315 Abs. 1 BGB)
vorgegeben ist, durch den Vorbehalt des Versetzungsrechts wieder hergestellt wird. Diese Technik ist in
Vertragsvereinbarungen nicht widersprüchlich, sondern vielmehr allgemein üblich, um dem Arbeitnehmer
einerseits den beabsichtigten Arbeitseinsatz zu benennen, und gleichzeitig die Flexibilität zu bewahren.
Die Üblichkeit entspricht den Bedürfnissen, die sich gerade aus den Besonderheiten des
Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis ergeben, weil sich im Laufe des Vertragsverhältnisses aus
absehbaren oder nicht absehbaren Veränderungen ein Anpassungsbedarf ergeben kann.
c)
vorgelegten am 20.12.1991 und damit zu einem Zeitpunkt nach Abschluss des Arbeitsvertrags
abgeschlossenen Rahmentarifvertrag erfasst, und wie weit das in § 2 Abs. 2 des Tarifvertrags normierte
arbeitgeberseitige Direktionsrecht reicht, hatte angesichts des einzelvertraglich wirksam vereinbarten
Direktionsrechtes dahinzustehen.
1.2.
Ermessen ausgeübt.
Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles
abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Bei der
vorzunehmenden Abwägung ist auf die Interessenlage der Parteien im Zeitpunkt der Ausübung des
Direktionsrechts abzustellen (BAG 23.09.2004 - 6 AZR 567/03 - NZA 2005, 359 ff.).
Auf die ausführliche Darstellung der Würdigung der Interessenlage bei Ausübung des Direktionsrechtes
unter Einschluss der von der Beklagten getroffenen Auswahlentscheidung durch das erstinstanzliche
Urteil ist, da die Berufung keine Angriffe auf diese Bewertung enthält, nicht näher einzugehen. Das
Berufungsgericht stimmt der Bewertung des Arbeitsgerichts zu, das in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Unanwendbarkeit der sozialen Auswahlkriterien nach § 1
Abs. 3 KSchG bei der Auswahl im Rahmen des Direktionsrechts (BAG v. 23.09.2004 aaO) zurecht dem
Arbeitgeber zubilligt, bei seiner Auswahlentscheidung die Kriterien der individuellen Belastung der
einzelnen Arbeitnehmer durch die Verlängerung des Arbeitsweges sowie die Frage, welche Arbeitnehmer
als Ausdruck ihrer Motivation freiwillig bereit waren, eine Fortbildungsmaßnahme zu absolvieren, in den
Mittelpunkt seiner Entscheidung zu stellen.
1.3.
vorgetragenen Argument, bei der Versetzung sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nach § 99 BetrVG
beteiligt worden, auseinandersetzt, enthält die Berufung keine Angriffe hiergegen. Vielmehr ist der Angriff
der Berufung ausschließlich als Rüge der fehlenden Erörterung der Betriebsratsanhörung nach § 102
BetrVG bei der Änderungskündigung zu verstehen.
Insgesamt erweist sich damit die Versetzung zum 01.05.2009 als wirksame Bestimmung des Arbeitsortes.
2.
Beschäftigung in M. abgewiesen worden ist. Hierauf hat der Kläger keinen Anspruch.
3
abzuweisen war. Das Urteil des Arbeitsgerichts folgt dabei der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zur sogenannten "überflüssigen" Änderungskündigung (BAG 26.01.1995 - 2 AZR
371/94 - AP Nr. 36 zu § 2 KSchG 1969, 24.08.2004 - 1 AZR 419/03 - AP Nr. 77 zu § 2 KSchG 1969).
3.1.
Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses,
sondern nur um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geht. Die Änderungsschutzklage zielt auf die
Feststellung, dass für das Arbeitsverhältnis nicht die Arbeitsbedingungen gelten, die in dem mit der
Kündigung verbundenen Änderungsangebot des Arbeitgebers enthalten sind. Die Frage, ob diese
Arbeitsbedingungen gerade infolge der mit der Änderungskündigung angebotenen Vertragsänderung
gelten, ob es also zu ihrer Herbeiführung der Änderungskündigung bedurfte, oder ob die angebotenen
Arbeitsbedingungen bereits ohnehin Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind, ist daher nur ein Element
bei der Begründetheitsprüfung der Klage (BAG 26.01.1995 aaO) mit der Folge, dass es - so das
Bundesarbeitsgericht - einer sozialen Rechtfertigung nicht bedürfe, wenn die angebotenen
Arbeitsbedingungen z.B. wegen einer wirksamen Weisung oder einer Änderung des Tarifvertrags bereits
unabhängig hiervon eingetreten seien.
Auch die Berufungskammer teilt die Auffassung, dass es sachgerecht erscheint, den Streitgegenstand der
Änderungsschutzklage im Sinne von § 4 S. 2 KSchG nach der sich hieraus ergebenden Zielrichtung, die
die Parteien im Falle der "überflüssigen" Änderungskündigung mit der Antragstellung verfolgen, zu
bestimmen. Deshalb ist dem Bundesarbeitsgericht zuzustimmen, dass die Wirksamkeit der (Änderungs-
)Kündigung nicht Gegenstand einer Änderungsschutzklage ist. Hat der Arbeitnehmer die
Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen, geht es nicht um den Bestand des
Arbeitsverhältnisses, sondern um dessen Inhalt. Die Änderungsschutzklage zielt dementsprechend auf
die Feststellung, dass für das Arbeitsverhältnis nicht die Arbeitsbedingungen gelten, die in dem mit der
Kündigung verbundenen Änderungsangebot des Arbeitgebers enthalten sind (BAG 24.08.2004 - 1 AZR
419/03 - aaO). Eine derartige Feststellung kann auch in vorliegendem Fall einer überflüssigen
Änderungskündigung nicht getroffen werden. Hiergegen erhebt der Kläger in der Berufung ebenfalls
keine Einwände.
3.2.
ausdrücklich aufgrund der Unverhältnismäßigkeit der überflüssigen Änderungskündigung im Urteil vom
24.08.2004 aaO verneint hat) für den Erfolg der Änderungsschutzklage unerheblich, da der klagende
Arbeitnehmer mit dem Feststellungsantrag, dass für das Arbeitsverhältnis nicht die Arbeitsbedingungen
gelten, die Gegenstand des Änderungsangebots sind, unterliegen muss, so kommt es nicht darauf an, ob
die Kündigungserklärung selbst (zusätzlich) aus anderen Gründen, wie von der Berufung angeführt,
unwirksam ist.
Deshalb hat sich das Arbeitsgericht folgerichtig nicht mit weiteren Unwirksamkeitsgründen, insbesondere
der streitigen Unwirksamkeit der Änderungskündigung nach § 102 BetrVG auseinandergesetzt. Es hat
daher auch zutreffend keinen Beweis über den streitigen Tatsachenvortrag zur Betriebsratsanhörung
erhoben. Dieser Tatsachenstreit ist für die Entscheidung unerheblich.
In gleicher Weise sind auch die in der Berufung aufgeworfenen Fragen der Unverhältnismäßigkeit der
Änderungskündigung im Hinblick auf eine mögliche Versetzung nach B-Stadt ebenso wenig
entscheidungsrelevant wie die Frage, ob die Änderungskündigung aufgrund fehlender Bestimmtheit des
Änderungsangebotes durch die Worte "mit unveränderter Eingruppierung" unwirksam ist.
Die Berufung hat damit insgesamt keinen Erfolg.
III.
Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.