Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 04.05.2010

LArbG Mainz: nebentätigkeit, ratio legis, gesetzliche frist, nebenberufliche tätigkeit, sparkasse, erblasser, teilzeitarbeit, konkurrenz, form, tarifvertrag

LAG
Mainz
04.05.2010
3 Sa 688/09
Untersagung einer Nebentätigkeit
Aktenzeichen:
3 Sa 688/09
6 Ca 548/09
ArbG Ludwigshafen
- AK Landau -
Urteil vom 04.05.2010
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein -
Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz - vom 13.10.2009 - 6 Ca 548/09 - wie folgt abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Bankkauffrau. Sie ist seit dem 15.08.1984 (- zuletzt als Filialdirektorin -) bei der Beklagten
beschäftigt (vgl. Arbeitsvertrag v. 02.02.1987, Bl. 7 f. d.A.). Im Anschluss an die Geburt ihres Kindes T. P.
(14.07.2008) befindet sich die Klägerin seit dem 21.09.2008 in Elternzeit. Aufgrund des
Verlängerungsantrages der Klägerin vom 25.11.2009 wird die (zunächst bis zum 31.03.2010 in Anspruch
genommene) Elternzeit nunmehr am 13.07.2011 enden. Nach näherer Maßgabe der Angaben, die im
Formularschreiben vom 23.02.2009 enthalten sind (Bl. 11 d.A.: "Anzeige einer Nebentätigkeit gemäß § 3
Abs. 3 TVöD"), teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie beabsichtige, ab dem 01.04.2009 eine
nebenberufliche Tätigkeit als Testamentsvollstrecker (gewerbliche Tätigkeit) auszuüben in einem
zeitlichen Umfang von maximal 20 Stunden monatlich.
Im Anschluss an ein Telefonat des Abteilungsdirektors C. mit der Klägerin (vom 03.04.2009) äußerte sich
die Klägerin mit dem Schreiben vom 21.04.2009 (Bl. 12 d.A.) gegenüber der Beklagten dahingehend,
dass sie ihren Antrag (vom 23.02.2009) aufrechthalte und um baldmögliche Entscheidung und Mitteilung
bitte (- s. zum Geschehensablauf/zur Behandlung des Antrages der Klägerin im Einzelnen die
Sachverhaltsdarstellung der Beklagten unter Ziffer I. des Schriftsatzes der Beklagten vom 15.01.2010 dort
S. 2 f. = Bl. 93 f. d.A.). Mit dem Schreiben vom 11.05.2009 (Bl. 48 f. d.A.) unterrichtete die Beklagte den
Personalrat darüber, dass die Beklagte beabsichtige, der Klägerin die angezeigte Nebentätigkeit zu
untersagen. Unter dem 18.05.2009 erteilte der Personalrat dazu seine Zustimmung (s. Bl. 50 d.A.). Mit
dem Schreiben vom 25.05.2009 (Bl. 13 f d.A.) untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung der (mit
dem Schreiben vom 23.02.2009) angezeigten Nebentätigkeit.
Ihren mit der Klage vom 08.06.2009 zunächst verfolgten Feststellungsantrag (s. Bl. 2 d..A.) hat die Klägerin
im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens so eingeschränkt, wie sich dies aus Seite 2 des Schriftsatzes
der Klägerin vom 30.09.2009 (Bl. 59 d.A.) ergibt.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird
gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom
13.10.2009 - 6 Ca 548/09 - (dort Seite 2 ff. = Bl. 71 ff. d.A.). Nach näherer Maßgabe des Urteilstenors (Bl.
71 d.A.) hat das Arbeitsgericht in dem vorbezeichneten Urteil (mit der aus Bl. 74 d.A. ersichtlichen
Begründung = S. 5 des Urteils) festgestellt, dass die Untersagung der Nebentätigkeit der Klägerin als
Testamentsvollstreckerin auf gewerblicher Basis während ihrer Elternzeit durch die Beklagte unwirksam
ist.
Gegen das am 19.10.2009 zugestellte Urteil vom 13.10.2009 - 6 Ca 548/09 - hat die Beklagte am
13.11.2009 Berufung eingelegt und diese am 18.01.2010 (- innerhalb verlängerter
Berufungsbegründungsfrist; s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 24.11.2009, Bl. 90 d.A. -) mit dem
Schriftsatz vom 15.01.2010 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung
wird auf den Schriftsatz vom 15.01.2010 (Bl. 92 ff. d.A.) verwiesen.
Die Beklagte entnimmt dem von ihr dort vorgetragenen Verhalten der Klägerin, dass die Klägerin auf die
gesetzliche Frist des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG verzichtet habe. Darüber hinaus - so argumentiert die
Beklagte unter Bezugnahme auf BAG vom 26.06.1997 - 8 AZR 506/95 - weiter - entspreche das Ergebnis
des Arbeitsgerichts nicht dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 4 BEEG. Die Beklagte verweist darauf, dass
die Klägerin keinen Antrag bei der Beklagten gestellt habe, während der Elternzeit in Teilzeit tätig zu
werden. Die Klägerin beabsichtige auch nicht, bei einem anderen Arbeitgeber tätig zu werden. Daher - so
meint die Beklagte - bedürfe es der Einhaltung der vierwöchigen Frist in Fällen der vorliegenden Art nicht.
Sodann führt die Beklagte auf den Seiten 6 ff. der Berufungsbegründung (= Bl. 97 ff. d.A.) dazu aus, dass
die Untersagung (der Nebentätigkeit) rechtmäßig sei, - es würden Untersagungsgründe gemäß § 3 Abs. 3
S. 2 TVöD vorliegen. Die Beklagte macht insbesondere geltend, dass sich eine Nebentätigkeit der
Klägerin als Testamentsvollstreckerin negativ auf die Wahrnehmung der Sparkasse in der Öffentlichkeit
auswirken würde. Den Beschäftigten der Sparkasse würde auf Grund ihres Aufgabengebietes in der
Sparkasse möglicherweise mehr Vertrauen dahingehend entgegen gebracht, dass sie den Nachlass
ordnungsgemäß verwalteten. Dadurch könnten diese einen Wettbewerbsvorteil haben. Die Beklagte habe
ein Interesse daran, dass dieser Anschein vermieden werde. Setze ein Kunde der Sparkasse die Klägerin
in seinem Testament als Testamentsvollstreckerin ein, so hätte die Klägerin möglicherweise Kenntnis von
dessen Vermögen und könnte in ihrer Funktion als Filialdirektorin auf die Mehrung des Vermögens
hinwirken, da sich dadurch auch die Testamentsvollstreckervergütung erhöhen würde. In der Öffentlichkeit
könnte sich diese Fallgestaltung als negativ darstellen. Eine negative Wahrnehmung in der Öffentlichkeit
könnte weiter dadurch entstehen, dass der Anschein erweckt werde, die Sparkasse wirke durch die
Nebentätigkeit der Klägerin als Testamentsvollstrecker auf den Erblasser ein, weiteres Vermögen bei der
Sparkasse anzulegen. Insoweit könne es so aussehen, als ob sich die Beklagte die Nebentätigkeit der
Klägerin zu Nutze mache. Nach Eintritt des Erbfalles könnte der Eindruck entstehen, dass sich die
Beklagte durch die Nebentätigkeit der Filialdirektorin Vorteile verschaffe, in dem sie auf diesem Wege
neue Kunden gewinne. Setze ein Erblasser die Beschäftigte (Klägerin) als Testamentsvollstreckerin ein,
so könnte dieser sich Vorteile, z.B. bei Krediten oder sonstige bessere Konditionen, erhoffen. Dadurch
könnte das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit leiden. Schließlich führt die Beklagte auf den
Seiten 9 f. der Berufungsbegründung (= Bl. 100 f. d.A.) dazu aus, dass die von der Klägerin beabsichtigte
Nebentätigkeit geeignet sei, die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten der Klägerin zu
beeinträchtigen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Ausw. Kammern Landau in der Pfalz - vom 13.10.2009 - 6
Ca 548/09 - im Kostenpunkt aufzuheben und im Übrigen wie folgt abzuändern:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der
Berufungsbeantwortung vom 12.02.2010 (Bl. 127 ff. d.A.), worauf verwiesen wird. Die Klägerin hält es dort
insbesondere für verfehlt, ihr jetzt (im Nachhinein) zu unterstellen, dass sie auf die parallel laufende
insbesondere für verfehlt, ihr jetzt (im Nachhinein) zu unterstellen, dass sie auf die parallel laufende
Zustimmungsfrist des § 15 Abs. 4 BEEG habe verzichten wollen. Sie, die Klägerin, habe damals in
tarifrechtlicher Hinsicht alles richtig machen wollen. Sie verweist darauf, dass der verwendete Vordruck
nach § 3 Abs. 3 TVöD keinerlei Bezug zu § 15 Abs. 4 BEEG hat. Die Klägerin meint, dass sie im Prinzip
dieses Formular gar nicht hätte verwenden dürfen oder müssen. Aus den von ihr weiter genannten
Gründen macht die Klägerin geltend, dass es nicht ihr anzulasten sei, wenn die Beklagte die 4-
Wochenfrist (des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG) versäumt habe. Sie habe keinerlei Anschein dafür gesetzt, dass
sie von der Einhaltung dieser Frist Abstand nehme. Die Gründe, wonach die Beklagte meine, dass § 15
Abs. 4 BEEG nach Sinn und Zweck auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu übertragen sei, hält die
Klägerin nicht für überzeugend. Die Klägerin macht geltend, dass die Grundsätze der BAG-Entscheidung
vom 26.06.1997 auch hier anwendbar seien. Die Klägerin verweist auf § 15 Abs. 2 S. 6 BEEG. Unter den
Ziffern 5. ff. (= S. 5 ff. der Berufungsbeantwortung = Bl. 131 ff. d.A.) führt die Klägerin dazu aus, dass
Untersagungsgründe gemäß § 3 Abs. 3 TVöD nicht vorliegen würden. Auf derartige Gründe komme es
allerdings wegen der Nicht-Einhaltung der gesetzlichen 4-Wochenfrist des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG aber
auch nicht an. Die Klägerin bringt dort u.a. vor, dass sie nicht als "Vertreterin der Sparkasse" am Markt
auftreten oder gar damit aktiv werben werde. Den entsprechenden Wettbewerbsvorteil werde die Klägerin
so nicht nutzen. Die Kunden der Beklagten würden von der Nebentätigkeit der Klägerin nichts erfahren.
Großaufträge mit hohem Nachlasswert würde die Klägerin wahrscheinlich überhaupt nicht bekommen.
Die Besorgnis, die Klägerin könne als Filialdirektorin auf eine Vermehrung des Vermögens hinwirken, weil
sie die Verhältnisse kenne, wenn sie Testamentsvollstreckung eines Kunden ausübe, besteht nach
Ansicht der Klägerin nicht. Gegebenenfalls über die Elternzeit hinausgehende Testamentsvollstreckungen
würden auf mögliche Interessenskollisionen geprüft und bei Bedarf gekündigt. Die Klägerin verweist
darauf, dass sie während der Elternzeit keinen Zugriff auf Kundendaten bei der Beklagten hat. Des
Weiteren sei es ausgeschlossen, dass sich die Beklagte die Nebentätigkeit der Klägerin zu Nutze machen
könnte, um hier Aufträge zur Vermögensanlage zu erhalten. Dazu führt die Klägerin unter
Berücksichtigung des Umstandes aus, dass der Wille des Erblassers bei der Anlage von Vermögen mit zu
berücksichtigen sei, soweit er sich äußere. Es dürfe in der Regel dort wieder angelegt werden, wo der
Erblasser seine Anlagen bereits begründet habe. Insofern bestehe gerade keine Verpflichtung der
Klägerin, das Geschäft aktiv an die beste Bank zu geben. Zur Problematik "mögliche Interessenkonflikte
beim Ankauf von Wertpapieren" äußert sich die Klägerin unter Punkt 7. der Berufungsbeantwortung (dort
Seite 8 - oben - = Bl. 134 d.A.).
Soweit die Beklagte rüge, die Klägerin habe keine Möglichkeit, ihre Aufgaben in der
Testamentsvollstreckung auf maximal 20 Stunden zu begrenzen, bewertet die Klägerin auch diesen
Einwand als nicht nachvollziehbar. Dabei geht sie auch an dieser Stelle davon aus, dass sie wohl die
großen Vermögensverwaltungen mit Abwicklung von Unternehmen etc. angesichts ihrer fehlenden
Berufserfahrung gar nicht erhalten werde. Es werde sich wahrscheinlich auf kleinere
Testamentsvollstreckungen beschränken. Sie werde daher wegen des noch nicht abzuschätzenden
Aufwandes, - da ihr auch Praxis fehle -, sicherlich nur einen oder zwei Fälle parallel annehmen. Sie
verweist auf die §§ 2202 und 2226 BGB, die 30-Wochenstunden-Grenze des § 4 S. 1 BEEG sowie darauf,
dass sie den Aufwand entsprechend steuern könne.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg.
I.
hiernach zulässige Berufung ist begründet.
II.
Antrages ergibt, dass sich dieser auf ein (Teil-)Rechts-verhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bezieht.
Das nach dieser Bestimmung weiter erforderliche rechtliche Interesse ist unter den gegebenen
Umständen, - die Beklagte ist als dem öffentlichen Dienst zugehörig anzusehen -, ebenfalls zu bejahen.
Die Erhebung einer Leistungsklage ist in einem Fall der vorliegenden Art nicht zwingend geboten (vgl.
Dörner/Erfurter Kommentar 10. Aufl. BEEG § 15 Rz 22 f.). Das Feststellungsinteresse ergibt sich jedenfalls
aus der (im Schreiben vom 25.05.2009 erklärten) Untersagung der Nebentätigkeit durch die Beklagte.
2.
Recht untersagt. Diese Untersagung ist nicht rechtsunwirksam. Sie hat vielmehr ihre Rechtsgrundlage in §
3 Abs. 3 S. 2 - 2. Alternative - TVöD. Die Nebentätigkeit ("Testamentsvollstreckungen") ist geeignet,
berechtigte Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen.
a)
Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133 und 157 BGB dahingehend auszulegen, dass
nach dem Inkrafttreten des TVöD nunmehr dessen Bestimmungen als einschlägige tarifliche Regelungen
auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sein sollen. Darüber haben die Parteien vorliegend zu
Recht nicht gestritten. Damit gilt für die von der Klägerin beabsichtigte Nebentätigkeit insbesondere auch
der tarifliche Verbotsvorbehalt des § 3 Abs. 3 S. 2 TVöD. Dieser tarifliche Verbotsvorbehalt besteht
rechtlich selbständig neben dem gesetzlichen Zustimmungserfordernis des § 15 Abs. 4 S. 3 und 4 BEEG.
Soweit sich aus § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG überhaupt eine "Erteilungsfiktion" ableiten lässt (- dahingehend,
dass die Zustimmung des Arbeitgebers zu einer Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder zu
einer selbständigen Tätigkeit des Arbeitnehmers nach Ablauf der 4-Wochenfrist als erteilt gilt -), erstreckt
sich eine derartige Erteilungsfiktion jedenfalls nicht auf das Erfordernis, das sich für die Nebentätigkeit
eines Beschäftigten/einer Angestellten gemäß § 3 Abs. 3 TVöD ergeben kann. Nach näherer Maßgabe
dieser tariflichen Regelung (TVöD § 3 Abs. 3 dort S. 2) kann der Arbeitgeber die Nebentätigkeit
untersagen oder mit Auflagen versehen. Diese tariflichen Befugnisse des Arbeitgebers (Untersagung;
Auflagen) werden durch § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt.
b)
beschaffen gewesen ist, dass sie als Antrag gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG die Frist des § 15 Abs. 4 S. 4
BEEG in Lauf setzen konnte. Gegen eine diesbezügliche Annahme könnte immerhin sprechen, dass es
der Klägerin seinerzeit selbst lediglich um die Erfüllung der tariflichen Anzeigepflicht des § 3 Abs. 3 S. 1
TVöD gegangen ist bzw. darum, "in tarifrechtlicher Hinsicht alles richtig" zu machen. Gerade weil der von
der Klägerin verwendete Vordruck keinerlei Bezug zu § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG hat, - dort vielmehr
ausdrücklich auf § 3 Abs. 3 TVöD verwiesen wird, spricht einiges dafür, dass auch die Beklagte vom
Empfängerhorizont aus die formularmäßige "Anzeige einer Nebentätigkeit gemäß § 3 Abs. 3 TVöD" (Bl. 11
d.A.) nicht als (elternzeitrechtliches) Zustimmungsgesuch im Sinne des § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG verstehen
musste bzw. verstanden hat (§ 133 BGB). Dagegen, dass mit der Anzeige vom 23.02.2009 die Frist des §
15 Abs. 4 S. 4 BEEG ausgelöst worden sein könnte, spricht (auch) die weitgehende Unbestimmtheit der in
der Anzeige vom 23.02.2009 enthaltenen Angaben. Zwar sieht an sich das Gesetz in § 15 Abs. 4 S. 3
BEEG - anders als gemäß § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG für die ablehnende Entscheidung des Arbeitgebers -
keine Begründung des Antrages vor, während der Elternzeit eine Teilzeitarbeit bei einem anderen
Arbeitgeber bzw. eine selbständige Tätigkeit ausüben zu wollen. Das Erfordernis einer derartigen
(zumindest knappen) Antragsbegründung könnte sich bei Beachtung des Zwecks der Vorschriften des §
15 Abs. 4 S. 3 und 4 BEEG (ratio legis) auf Grund teleologischer Auslegung jedoch aus dem Gesetz
(BEEG) ergeben:
Dem gesetzlichen Begründungserfordernis des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG kann der Arbeitgeber in der Regel
doch nur dann gerecht werden, wenn er Art und Gegen-stand bzw. Inhalt der vom Arbeitnehmer
angestrebten Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder der selbständigen Tätigkeit kennt. Es ist
deswegen anerkanntes Recht, dass der Arbeitnehmer im Rahmen eines Antrages gemäß § 15 Abs. 4 S. 3
BEEG konkret beschreiben muss, welcher Tätigkeit er mit welchem Inhalt nachgehen will (Dörner/Erfurter
Kommentar BEEG § 15 Rz. 20). Insoweit sind aber die in der Anzeige vom 23.02.2009 enthaltenen
Angaben der Klägerin relativ allgemein gehalten. Dass sie nur solche Testamentsvollstreckungen
übernehmen werde, bei denen Interessenkollisionen und eine damit verbundene Beeinträchtigung
betrieblicher Interessen der Beklagten nicht zu besorgen sei, gibt die Klägerin dort jedenfalls nicht an.
c) aa)
die Frist des § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG bereits vor dem Schreiben der Beklagten vom 25.05.2009 abgelaufen
gewesen sein sollte, ergibt sich daraus nicht, dass sich die Beklagte nicht mehr auf den Verbotsvorbehalt
des § 3 Abs. 3 S. 2 TVöD berufen darf. Die sich aus dem Fristablauf gemäß § 15 Abs. 4 S. 4 BEEG
ergebende Rechtsfolge beschränkt sich darauf, dass gegen die Aufnahme der von der Klägerin
beabsichtigten selbständigen Tätigkeit aus elternzeitrechtlichen Gründen keine Bedenken bestehen.
Sonstige Voraussetzungen für die Aufnahme dieser Tätigkeit bleiben von dem Fristablauf unberührt.
bb)
zu untersagen bzw. mit Auflagen zu versehen. Zwar sind bei der von der Klägerin beabsichtigten
selbständigen Tätigkeit deren Rechte zur freien Entfaltung der Persönlichkeit und zur freien Berufswahl
betroffen (Artikel 1, 2 und 12 GG). Beide Rechte sind jedoch innerhalb bestimmter (hier nicht
überschrittener) Grenzen durch Vertrag - insbesondere auch durch Tarifvertrag - einschränkbar. Dies ist
anerkanntes Recht. Die Tarifvertragsparteien besitzen für tarifliche Regelungen über Nebentätigkeiten die
erforderliche Rechtsetzungsmacht. Solche Regelungen betreffen Arbeitsbedingungen im Sinne des Art. 9
Abs. 3 GG und können deshalb grundsätzlich Gegenstand von Tarifnormen sein. Von dieser
Rechtssetzungsmacht haben die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes rechtswirksam in § 3 Abs.
3 TVöD Gebrauch gemacht. Diese tarifliche Regelung soll erkennbar dazu dienen, die Beeinträchtigung
berechtigter (dienstlicher) Interessen des Arbeitgebers zu verhindern. Entsprechendes galt bereits für die
Vorgängerregelung des § 3 Abs. 3 TVöD, also für § 11 BAT in Verbindung mit den für die Beamten des
Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen. Im BEEG klingt nicht genügend an, dass der Gesetzgeber
die entsprechende Rechtssetzungsmacht der Tarifvertragsparteien beschränken wollte. Aus der
grundsätzlichen Unabdingbarkeit des Anspruchs auf Elternzeit ergibt sich nichts anderes. Zwar kann
gemäß § 15 Abs. 2 S. 6 BEEG der Anspruch auf Elternzeit nicht durch Vertrag (- nach h.M. auch nicht
durch Tarifvertrag -) ausgeschlossen oder beschränkt werden. Um den Anspruch der Klägerin, Elternzeit
gemäß § 15 Abs. 1 bis 3 BEEG in Anspruch zu nehmen, geht es vorliegend jedoch nicht. Es geht auch
nicht um etwaige nachteilige Auswirkungen auf die arbeitsrechtliche Stellung der Klägerin vor oder nach
der Elternzeit, - etwa hinsichtlich der Berechnung von Leistungen oder Vergütungen. Vorliegend geht es
darum, ob die Klägerin die von ihr beabsichtigte selbständige Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin
ausüben darf. Die entsprechenden Voraussetzungen ergeben sich insoweit aber nicht lediglich aus § 15
Abs. 4 BEEG, sondern eben auch aus § 3 Abs. 3 TVöD. Die Gesetzgebungsgeschichte des BErzGG und
des BEEG sowie die entsprechenden Gesetzgebungsmaterialien geben keinen hinreichenden Aufschluss
darüber, dass der Gesetzgeber tarifliche Regelungen von Nebentätigkeiten des Arbeitnehmers durch die
gesetzlichen Bestimmungen im BErzGG und im BEEG modifizieren bzw. einschränken wollte.
d) aa)
unterworfen zu sein, prüfen, ob sie in Bezug auf die von der Klägerin beabsichtigte Nebentätigkeit von
dem tariflichen Verbotsvorbehalt des § 3 Abs. 3 S. 2 TVöD Gebrauch machte oder nicht. Der vorliegende
Fall ist nicht so gestaltet, dass festgestellt werden könnte, die Beklagte habe die entsprechende
Ausübungsbefugnis gemäß § 242 BGB verwirkt. Die mit dem Schreiben vom 25.05.2009 erfolgte
Untersagung der Nebentätigkeit erfolgte rechtzeitig.
bb)
von der Klägerin angezeigt bzw. beantragt worden ist - ablehnen, d.h. untersagen. Insoweit kommt dem
Umstand, dass der Antrag der Klägerin denkbar weit gefasst ist, besondere Bedeutung zu. Die Anzeige
vom 23.02.2009 erstreckt sich auf alle Arten von Testamentsvollstreckungen, zu denen es bei
entsprechenden Ernennungen der Klägerin gemäß den §§ 2197 ff. BGB kommen kann. Eine
Einschränkung hat die Klägerin im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens lediglich dahingehend
vorgenommen, dass es ihr nur um die Zeit des Ruhens des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit
geht. Alleine dadurch wird den berechtigten Interessen der Beklagten jedoch noch nicht genügend
Rechnung getragen. Ob derartige berechtigte Interessen des Arbeitgebers (im Sinne des § 3 Abs. 3 S. 2
TVöD) nicht beeinträchtigt sind, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, - d.h. hier: nach den
besonderen Umständen der jeweiligen Testamentsvollstreckung, die die Klägerin erledigen will, zu
entscheiden. Insoweit ist aber festzustellen, dass die Aufgaben, mit denen ein Testamentsvollstrecker
betraut sein kann, eine beträchtliche Verschiedenartigkeit aufweisen kann. Es lässt sich nur schwer eine
typische Form der Testamentsvollstreckungsleistung ausmachen. Die Aufgaben eines
Testamentsvollstreckers reichen von der Verwaltung eines Vermögens über die bloße Verteilung von
Beträgen oder beweglichen oder unbeweglichen Sachen bis hin zur Wahrung immaterieller Interessen.
Es geht um die Umsetzung des Willens des Erblassers, was Verwaltungstätigkeiten, Rechtshandlungen
und einen großen Fächer tatsächlicher oder rechtlicher Vorgänge umfassen kann (vgl. EuGH v.
06.12.2007 - C-401/06 -). Allerdings liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers auf
der Besorgung wirtschaftlicher Belange.
cc)
auch im Schreiben der Beklagten vom 25.05.2009 (dort S. 2) heißt - zu den unterschiedlichsten
Fallkonstellationen und damit verbundenen Konflikten (auch Interessenkonflikten) kommen. Auch wenn
die Hauptpflicht (Arbeitspflicht) der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis während der Elternzeit ruht, so
bleibt sie doch auch während dieser Zeit Arbeitnehmerin der Beklagten. Der elternzeitrechtliche Ruhens-
Tatbestand ist nur vorübergehend (hier: bis zum 13.07.2011 befristet) gegeben. Keineswegs liegt hier der
Tatbestand eines dauerhaft (bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses) ruhenden Arbeitsverhältnisses
(ohne Rückkehrmöglichkeit der Klägerin) vor.
Jedenfalls dann, wenn sich die Klägerin als Testamentsvollstreckerin vor die Frage gestellt sieht, ob sie
den Nachlass oder Teile davon bei der Beklagten oder bei einem Konkurrenz-Bankinstitut anlegt, ist dies
eine Situation, in der berechtigte Interessen der Beklagten beeinträchtigt sein können. Umstände, die
geeignet sind, die berechtigten Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen, können (auch) darin
begründet sein, dass der Erblasser und/oder die potentiellen Erben Kunden der Beklagten oder aber
Kunden eines Konkurrenz-Bankinstituts sind bzw. gewesen sind. Zutreffend stellt die Beklagte insoweit auf
die Außenwirkung auf ihre Kunden bzw. die Nichtkunden und auf mögliche Reaktionen in der
Öffentlichkeit ab. So wie die Klägerin die von ihr beabsichtigte Nebentätigkeit angezeigt hat, sind auch
Testamentsvollstreckungen erfasst, die von der Klägerin unter Umständen durchzuführen wären, die
geeignet sind, berechtigte Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen. Die Klägerin hat ihren Antrag
nicht derart eingeschränkt, dass sie sich nur auf solche Testamentsvollstreckungen beschränken will, bei
denen nicht die Gefahr besteht, dass berechtigte Interessen der Beklagten beeinträchtigt werden. Den
allgemein gehaltenen Antrag der Klägerin durfte die Beklagte - wie im Schreiben vom 25.05.2009
geschehen - aus den dort genannten Gründen ablehnen. Die dort aufgezeigten Bedenken entfallen nicht
deswegen, weil die Klägerin die Testamentsvollstreckertätigkeit lediglich während der Dauer ihrer
Elternzeit ausüben möchte. Zwar ruht insoweit ihre Hauptpflicht (als Filialdirektorin) aus dem
Arbeitsverhältnis. Sonstige Pflichten/Nebenpflichten, wie insbesondere die Loyalitätspflicht
(Treupflicht/Interessenwahrnehmungspflicht) gemäß § 241 Abs. 2 und § 242 BGB, bleiben jedoch
bestehen.
dd)
rechtfertigen lässt, der der Regelung des § 99 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 - 2. Alternative - BBG zugrunde liegt
(- ähnlich § 73 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 3 - 2. Alternative LBG Rheinland-Pfalz -).
Danach liegt ein Versagungsgrund i.S.d. § 99 Abs. 2 S. 1 BBG insbesondere (auch) dann vor, wenn die
Nebentätigkeit in einer Angelegenheit ausgeübt wird, "in der die Behörde, der der Beamte angehört", tätig
werden kann. Die Möglichkeit, auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung tätig zu werden, dürfte
(jedenfalls) nach dem Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG vom 12.12.2007) aber auch
der Beklagten eröffnet sein.
e)
Beklagte - was die Klägerin nicht bestreitet (s. S. 7 des Schriftsatzes der Klägerin vom 30.09.2009, dort
unter Ziffer 7. = Bl. 64 d.A.) - beachtet.
III.
Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.
Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung
der Revision.