Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 07.12.2006
LArbG Mainz: begriff, gehalt, anstellungsvertrag, ausnahme, arbeitsgericht, vergütung, bestandteil, berechnungsgrundlage, quelle, form
LAG
Mainz
07.12.2006
11 Sa 629/06
Auslegung von Pensionsordnung.
Aktenzeichen:
11 Sa 629/06
8 Ca 515/06
ArbG Mainz
Entscheidung 07.12.2006
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, Aktz. 8 Ca 515/06, vom 14.06.05
wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Bezüglich des unstreitigen Tatbestandes sowie des Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird
gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Ergänzend wird auf den Anstellungsvertrag des Klägers vom 27.08.1996 sowie auf die Ergänzung des
Anstellungsvertrages vom 28.09.1994 verwiesen.
Im Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1986 haben die Parteien unter § 2 geregelt:
"§ 2 Vergütung:
1. Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Brutto-Vergütung von DM 10.371,-…
2. Die Bezahlung des Gehalts erfolgt monatlich nachträglich bargeldlos.
..".
In § 9 haben die Arbeitsvertragsparteien damals vereinbart, dass auf das Arbeitsverhältnis die
gesetzlichen und die im Betrieb der Arbeitgeberin gültigen Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung
Anwendung finden. Außerdem wurde in Satz 2 des § 9 vereinbart:
"Die Arbeitsordnung in der jeweils gültigen Fassung ist Bestandteil dieses Vertrages."
In der Arbeitsordnung, Stand 01.01.1982, war unter III der Anspruch auf Zahlung eines Weihnachtsgeldes
geregelt, in IV der Anspruch auf ein Urlaubsgeld und in VIII, dass der Kläger gemäß besonderem
Versorgungsplan eine zusätzliche Altersversorgung seitens seines Arbeitgebers gewährt bekomme.
In der Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1994 haben die Parteien auf Blatt 2
unter dem Spiegelstrich 4 vereinbart:
"Sie haben die Möglichkeit, von der Dienstreisenregelung nach dem Cafeteriasystem Gebrauch zu
machen."
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In den Gründen seines Urteils hat es ausgeführt, dass § 15
der Pensionsordnung auszulegen sei, da der dort verwendete Begriff "Grundgehalt" nicht eigenständig
definiert und auch kein Fachbegriff mit einer feststehenden Bedeutung sei. Bei der Auslegung habe sich
ergeben, dass die Beklagte in ihrer Pensionsordnung den rentenfähigen Arbeitsverdienst ausdrücklich
eng gefasst habe. Dies ergebe sich zum einen aus dem Begriff "Gehalt", zum anderen aus der weiteren
Einschränkung "Grundgehalt". Außerdem ergebe sich dies daraus, dass in § 15 Pensionsordnung
gewisse Zahlungen, wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Tantiemen sowie vermögenswirksame
Leistungen ausdrücklich ausgenommen worden seien. Aus der weiteren Einschränkung, dass "sonstige
einmalige und laufende Zahlungen" ebenfalls ausgeschlossen worden sind, ergebe sich, dass die
Auflistung der ausgeschlossenen Vergütungsbestandteile nicht abschließend sei. Durch die
Beschränkung des ruhegehaltsfähigen Verdienstes auf das "Grundgehalt" sei eine vereinfachte,
generalisierte und vom Arbeitnehmer nicht zu beeinflussende Berechnung ermöglicht worden.
Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Klägerprozessbevollmächtigten am 12.07.2006 zugestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 11.08.2006, beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangen, hat der Kläger
gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 12.10.06 am 12.10.06 begründet.
Der Kläger trägt vor,
die Überlassung des Dienstwagens habe Entgeltcharakter gehabt. Diese sei steuer- und
abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts gewesen. Aus dem Umstand, dass in § 15
Pensionsordnung bestimmte genannte Vergütungsbestandteile ausgenommen worden seien, nicht
jedoch ausdrücklich der geldwerte Vorteil durch die Gestellung des Dienstwagens ergebe sich, dass
dieser bei der Berechnung des rentenfähigen Arbeitsverdienstes zu berücksichtigen sei. Die Auslegung
des Begriffs "Grundgehalt" in § 15 Pensionsordnung ergebe daher, dass dieser alle
Vergütungsbestandteile mit Ausnahme der ausgenommenen Bestandteile umfasse.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 14.06.2006 - Aktenzeichen 8 Ca 515/06 -,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 22.270,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz aus Euro 17.3374,50 seit Rechtshängigkeit sowie aus 5.346,00 Euro seit dem
14.06.2006 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab Juni 2006 über den von der Beklagten
anerkannten Anspruch in Höhe von monatlich Euro 3.332,09 brutto hinaus eine betriebliche
Altersversorgung in Höhe von monatlich weiteren Euro 1.336,50 brutto, fällig jeweils am letzten des
Monats, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor,
das Arbeitsgericht habe den Begriff "Grundgehalt" zutreffend ausgelegt. Bereits die Verwendung des
Begriffs "Gehalt" stehe der Berücksichtigung eines Dienstwagens bei der Berechnung nach der
Rechtsprechung des BAG (BAG 14.08.1990, Ap Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Berechnung) entgegen. Erst recht
gelte dies für die weitere Einschränkung "Grundgehalt". Der Ausschluss bestimmter Sonderleistungen in §
15 Pensionsordnung sei nicht abschließend zu verstehen.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in der zweiten Instanz wird auf die eingereichten
Schriftsätze sowie das Sitzungsprotokoll vom 07.12.2006 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64
Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet
worden.
II.
Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen,
dass der in § 15 Pensionsordnung zur Berechnung des rentenfähigen Arbeitsverdienstes verwendete
Begriff "Grundgehalt" nicht den geldwerten Vorteil der Zurverfügungstellung eines Dienstwagens umfasst.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst vollumfänglich auf die zutreffenden und gut
begründeten Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen seines Urteils gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG verwiesen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers wird ergänzend auf folgendes hingewiesen:
1.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21.08.2001 (3 AZR 746/00) ausgeführt, dass es
vom Inhalt einer Versorgungszusage abhängt, ob die erlaubte Privatnutzung eines Geschäftswagens bei
der Betriebsrentenberechnung zu berücksichtigen ist oder nicht.
Basiert die Versorgungszusage auf einer privatrechtlichen Vereinbarung ist, ausgehend von dem
gewählten Wortlaut, der tatsächliche Wille der Vertragsparteien gemäß den §§ 133, 157 BGB
festzustellen.
Wird als Berechnungsgrundlage für die Betriebsrentenberechnung auf den zuletzt bezogenen
"Bruttoverdienst" oder das zuletzt bezogene "Bruttoeinkommen" Bezug genommen - insofern werden
diese Begriffe regelmäßig synonym verwendet (BAG, a.a.O.) - spricht vieles dafür, dass der geldwerte
Vorteil durch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens bei der Betriebsrentenberechnung
einzubeziehen ist, sofern dieser Vergütungsbestandteil nicht ausdrücklich in der Versorgungszusage
ausgenommen worden ist. Insofern ist nämlich davon auszugehen, dass von einem "weiten
Einkommensbegriff" für die Berechnung der Betriebsrente seitens der Vertragspartner ausgegangen
worden ist (vgl. BAG a.a.O.).
Wird hingegen der Begriff des "Bruttogehalts" verwendet, spricht dies eher für einen engen
Vergütungsbegriff. Der Begriff "Gehalt" umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht die Überlassung
eines Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung (vgl. BAG 14.08.1990 - 3 AZR 321/89 -; LAG Köln 09.02.2006 -
10 Sa 1027/05 -). Unter dem Begriff "Gehalt" oder "Monatsgehalt" zählen nach allgemeinem
Sprachgebrauch nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile oder Sachleistungen. Bei der Frage
nach dem Gehalt wird üblicherweise der Geldbetrag genannt und etwaige Sachleistungen und geldwerte
Vorteile gesondert und zusätzlich ausgewiesen, um die Gesamtbezüge oder das Gesamteinkommen zu
bezeichnen (LAG Hessen, 08.09.2004 - 8 Sa 2110/03 -).
Im vorliegenden Fall stellt § 15 der Pensionsordnung hinsichtlich des zu berücksichtigenden
rentenfähigen Arbeitsverdienstes ausdrücklich auf das so genannte "Grundgehalt" im Durchschnitt der
letzten sechzig Monate ab. Allein die Verwendung des Begriffes "Gehalt" spricht dabei nach den oben
dargelegten Grundsätzen bereits gegen die Einbeziehung des geldwerten Vorteils eines Dienstwagens
für die Berechnung des rentenfähigen Arbeitsverdienstes. Erst recht gilt dies, wenn weiter einschränkend
in § 15 der Pensionsordnung nur auf das so genannte "Grundgehalt" abgestellt wird.
2.
Dieses vom zunächst gewählten Begriff ausgehende Auslegungsergebnis wird im vorliegenden Fall
sowohl durch die arbeitsvertragliche Vereinbarung als auch die bei der Beklagten geschlossenen
Betriebsvereinbarungen - auch wenn diese nicht unmittelbar auf den Kläger als leitenden Angestellten
Anwendung finden - gestützt.
a)
Bereits im Anstellungsvertrag aus dem Jahr 1986 haben die Arbeitsvertragsparteien zwischen einem
"Grundgehalt" und weiteren, seitens des Arbeitgebers zu leistenden, Vergütungsbestandteilen
differenziert, auch wenn sie dabei die Begriffe munter durcheinander gewürfelt haben.
In § 2 des Anstellungsvertrages, der die Überschrift "Vergütung" trägt, vereinbarten die
Arbeitsvertragsparteien seinerzeit unter 1 eine monatliche "Bruttovergütung" in Höhe von 10.371,00 DM.
Aus Ziffer 2 des § 2 ergibt sich allerdings, dass damit das monatlich, regelmäßig zu zahlende Gehalt
gemeint war. In § 2 wurde nämlich diese "Bruttovergütung" ausdrücklich als Gehalt bezeichnet.
Dass es neben diesem regelmäßig zu zahlenden Gehalt noch weitere Vergütungsbestandteile gab, ergibt
sich aus § 9 des Arbeitsvertrages. Hier nahmen die Arbeitsvertragsparteien ausdrücklich die bei der
Beklagten bestehende Arbeitsordnung in Bezug und vereinbarten sie verbindlich als Bestandteil des
Arbeitsvertrages. In der damals geltenden Arbeitsordnung, Stand 01.01.1982, waren weitere
Vergütungsbestandteile vereinbart. So stand dem Kläger nach III der Arbeitsordnung ein Weihnachtsgeld
zu, nach IV ein Urlaubsgeld und nach VII ein Essenszuschuss. Darüber hinaus war in VIII der
Betriebsordnung auch als weiterer Vergütungsbestandteil geregelt, dass der Kläger an der
Altersversorgung, so wie sie bei der Beklagten bestand, teilnehmen sollte. Die Art und Weise der
Altersversorgung war dann in der Pensionsordnung der Beklagten geregelt.
Aus der arbeitsvertraglichen Systematik ergibt sich daher, dass es sich bei der gewährten
Altersversorgung nicht um einen Teil der regelmäßigen "Grundvergütungsbestandteile", die in § 2 des
Arbeitsvertrages vereinbart wurden handelt, sondern um einen weiteren, zusätzlichen
Vergütungsbestandteil.
Wenn § 15 der Pensionsordnung daher auf das "vereinbarte Grundgehalt" für die Berechnung des
rentenfähigen Arbeitsverdienstes abstellt, ist damit auf das mit den Arbeitnehmern in den Arbeitsverträgen
individuell vereinbarte zu zahlende monatliche Bruttoarbeitsentgelt abgestellt worden, wie es beim Kläger
in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbart worden ist. Weitere Vergütungsbestandteile, die zum Beispiel in der
Arbeitsordnung geregelt sind oder ihren Grund in gesonderten individuellen Vereinbarungen haben, z.B.
Tantiemenzahlungen, sollen nach § 15 der Pensionsordnung nicht zur Berechnung des rentenfähigen
Arbeitsverdienstes herangezogen werden.
Hierbei ist die Ausnahme bestimmter Vergütungsbestandteile in § 15 der Pensionsordnung nicht als
abschließend zu verstehen, wie sich aus der letzten Ausnahme ergibt, in der "sonstige einmalige oder
laufende Zahlungen" ausgenommen worden sind, ohne dass diese im Einzelnen genau bezeichnet
worden sind. Deswegen stellt es auch keinen systematischen Bruch dar, wenn nicht im Einzelnen
gesondert aufgeführte Vergütungsbestandteile, wie z.B. die Gestellung eines Dienstwagens, nicht für die
Berechnung der Betriebsrente herangezogen werden.
3.
Die gewählte Auslegung des Begriffs "Grundgehalt" wird darüber hinaus dadurch bestätigt, dass auch die
Betriebspartner bei der Beklagten unter dem Begriff "Grundgehalt" das regelmäßig zu zahlende
Bruttomonatsgehalt verstanden haben.
Der Beklagtenvertreter hat im Kammertermin zwei Betriebsvereinbarungen aus den Jahren 1994 und
1998 zur Einsicht vorgelegt. In diesen Betriebsvereinbarungen haben die Betriebspartner im Einzelnen
geregelt, dass Gehaltserhöhungen, die sich auf das regelmäßig zu zahlende Bruttomonatsgehalt
beziehen, zukünftig nur noch teilweise zur Berechnung des "Grundgehalts" im Sinne des § 15
Pensionsordnung herangezogen werden sollten. Aus den Betriebsvereinbarungen ergibt sich damit, dass
auch die Betriebspartner bei der Beklagten den Begriff des "Grundgehalts" lediglich auf das regelmäßig zu
zahlende Bruttomonatsgehalt bezogen haben.
4.
Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Für
eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine
Veranlassung gegeben.