Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 13.10.2004

LArbG Mainz: wirtschaftliche einheit, betriebsmittel, wartezeit, ordentliche kündigung, betriebsübergang, unterbrechung, arbeitsorganisation, erfüllung, ausführung, eigentum

LAG
Mainz
13.10.2004
10 Sa 519/04
Betriebsübergang bei Fortführung eines Dienstleistungsauftrages
Aktenzeichen:
10 Sa 519/04
2 Ca 1985/03
ArbG Koblenz
Verkündet am: 13.10.2004
Tenor:
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.02.2004,
AZ: 2 Ca 1985/03, wie folgt teilweise abgeändert:
1) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten
vom 15.05.2003 zum 31.05.2003 aufgelöst worden ist.
2) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auf Führung
und Leistung erstreckt.
3) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der Kläger war in der Zeit vom 01.08.2002 bis 30.11.2002 bei der Z GmbH als Staplerfahrer
beschäftigt. Die Tätigkeit der Z GmbH bestand ausschließlich in der Be- und Entladung von
Lastkraftwagen im Auftrag der Fa. C auf deren Betriebsgelände in K . Die Be- und
Entladetätigkeit der Z GmbH betraf ausschließlich Material, welches für die Unternehmungen der C -
Gruppe, die sich mit der Herstellung und dem Handel von Holzprodukten beschäftigt, vorgesehen war. Die
für die Durchführung dieser Arbeiten erforderlichen Flurförderfahrzeuge (Stapler) werden von der Fa.
C beschafft und von dieser dem jeweiligen Unternehmen, welches mit der Ausführung der
Ladetätigkeiten betraut ist, auf der Grundlage einer gesonderten Vereinbarung zur Verfügung gestellt. Die
Z GmbH beschäftigte ca. 30 Arbeitnehmer, die ausnahmslos als Staplerfahrer mit der Be- und
Entladung von Lastkraftwagen auf dem Gelände der Fa. C unter Verwendung der von dieser zur
Verfügung gestellten Staplern tätig waren.
Der Vertrag zwischen der Fa. C und der Z GmbH endete zum 30.11.2002. Mit Schreiben vom
15.11.2002 kündigte die Z GmbH allen Arbeitnehmern, so auch dem Kläger, zum 30.11.2002. In dem
an den Kläger gerichteten Kündigungsschreiben (Bl. 16 d. A.) wurde ihm zugleich mitgeteilt, dass
eventuelle Urlaubsansprüche von der Beklagten "übernommen" würden. Diesbezüglich hatte die Z
GmbH mit der Beklagten eine Vereinbarung getroffen, wonach sich diese zur Erfüllung noch bestehender
Urlaubsansprüche solcher Mitarbeiter verpflichtete, welche von ihr - der Beklagten - übernommen bzw.
neu eingestellt werden sollten. Die aus dieser Verpflichtung zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen
resultierenden Kosten wurden der Beklagten von der Z GmbH vereinbarungsgemäß erstattet.
Die Beklagte erhielt von der Fa. C mit Wirkung ab dem 01.12.2002 den Auftrag zur Ausführung der
zuvor von der Z GmbH durchgeführten Be- und Entladetätigkeiten. Zu diesem Zweck stellte sie 25 der
zuvor bei der Z GmbH beschäftigten Staplerfahrer, u. a. auch den Kläger, ab dem 01.12.2002 ein. Mit
diesen Arbeitnehmern führt die Beklagte seit dem 01.12.2002 die betreffenden Ladetätigkeiten für die Fa.
C auf deren Gelände und mit den von dieser zur Verfügung gestellten Staplern aus. Der zwischen
dem Kläger und der Beklagten geschossene Arbeitsvertrag vom 30.11.2002 (Bl. 5 bis 8 d. A.) enthält unter
Ziffer 3 die Vereinbarung einer sechsmonatigen Probezeit.
Mit Schreiben vom 15.05.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2003. Hiergegen
richtete sich die vom Kläger am 27.05.2003 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die
sechsmonatige Wartezeit des § 1 KSchG sei erfüllt, weil die Beklagte zum 01.12.2002 den Betrieb der
Z GmbH nach § 613 a Abs. 1 BGB übernommen habe und somit seine Beschäftigungszeit bei der
Z GmbH mit zu berücksichtigen sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten
vom 15.05.2003 zum 31.05.2003 nicht aufgelöst worden ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, welches sich auf Führung
und Leistung bezieht
.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger genieße keinen
Kündigungsschutz, da das Arbeitsverhältnis erst ab dem 01.12.2002 bestanden habe. Ein
Betriebsübergang von der Z GmbH auf sie - die Beklagte - habe nicht stattgefunden; es handele sich
insoweit um eine bloße Funktionsnachfolge.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.02.2004 dem auf die Erteilung eines Zwischenzeugnisses
gerichteten Klageantrag stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Abweisung der
Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen damit
begründet, der Kläger habe die sechsmonatige Wartezeit des § 1 KSchG nicht erfüllt. Dabei könne offen
bleiben, ob ein Betriebsübergang von der Z GmbH auf die Beklagte stattgefunden habe. Die Beklagte
sei jedoch jedenfalls deshalb nicht in die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses zwischen dem
Kläger und der Z GmbH eingetreten, weil dieses zum 30.11.2002 geendet habe und ein
Betriebsübergang erst am 01.12.2002 stattgefunden haben könne. Zum Zeitpunkt eines etwaigen
Betriebsübergangs habe somit kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, in dessen Rechte und Pflichten die
Beklagte eingetreten sei.
Gegen das ihm am 28.05.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.06.2004 Berufung beim
Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese am 28.07.2004 begründet.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts habe der
Betriebsübergang von der Z GmbH auf die Beklagte nicht erst am 01.12.2002 stattgefunden. Zwar
habe die Beklagte erst zu diesem Zeitpunkt ihre Tätigkeit aufgenommen, aus dem gesamten
Geschehensablauf ergebe sich jedoch, dass der Betrieb bereits vor dem 01.12.2002 auf die Beklagte
übergegangen sei.
Der Kläger beantragt,
das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien
nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 15.05.2003 zum 31.05.2003 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das mit der Berufung angefochtene Urteil und macht im Übrigen (weiterhin) im
Wesentlichen geltend, dass der vorliegende Sachverhalt nicht die Annahme eines Betriebsüberganges i.
S. v. § 613 a BGB rechtfertige.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 59 und 69 d. A.), auf
die Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 28.07.2004 (Bl. 86 bis 89 d. A.) sowie auf die
Berufungserwiderungsschrift der Beklagten vom 13.09.2004 (Bl. 100 bis 102 d. A.).
Entscheidungsgründe:
I.
Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das
hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
II.
Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene
ordentliche Kündigung vom 15.05.2003 zum 31.05.2003 nicht aufgelöst worden. Die Kündigung ist sozial
ungerechtfertigt und daher rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1, 2 KSchG).
1.
Die betrieblichen Voraussetzungen des Kündigungsschutzanspruches des Klägers (Anzahl der
Beschäftigten gemäß § 23 Abs. 1 KSchG) sind unstreitig erfüllt. Der Kläger hat auch fristgerecht im Sinne
des § 4 KSchG seine Klage erhoben.
Der Kläger hatte bei Kündigungsausspruch auch die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG
erfüllt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hatte am 15.05.2003 in demselben Betrieb ohne Unterbrechung
länger als sechs Monate bestanden. Zwar ist ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien erst mit Wirkung
ab dem 01.12.2002 zustande gekommen. Die vom Kläger bei der Z GmbH zurückgelegte
Beschäftigungszeit vom 01.08.2002 bis einschließlich 30.11.2002 ist jedoch bei der Berechnung der
Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu berücksichtigen, da die Beklagte den Betrieb der Z GmbH gemäß
§ 613 a BGB übernommen hat und keine für die Berechnung der Wartezeit rechtlich relevante
Unterbrechung des Bestands des Arbeitsverhältnisses des Klägers in dem Betrieb eingetreten ist.
a)
Der Betrieb der Z GmbH ist gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen.
Nach der für die Auslegung des § 613 a BGB maßgeblichen Rechtssprechung des EuGH (Urteil vom
11.03.1997, AP Nr. 14 zu EWG-Richtlinie Nr. 77/187) setzt ein Übergang i. S. d. EWG - Richtlinie Nr.
77/187 des Rates vom 14.02.1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die
Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder
Betriebsteilen die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Der Begriff der
Einheit bezieht sich danach auf eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung
einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine Einheit übergegangen ist,
müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu
gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung namentlich die Art des betreffenden Unternehmens oder
Betriebes, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der
Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der
Hauptbelegschaft, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den
vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung
dieser Tätigkeit. Eine Einheit darf allerdings nicht nur als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität
der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer
Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden
Betriebsmitteln. Diesen Kriterien kommt je nach der Art des betreffenden Betriebes unterschiedliches
Gewicht zu.
Soweit in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, eine
Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden sind, eine
wirtschaftliche Einheit darstellt, kann eine solche Einheit ihre Identität über den Übergang hinaus
bewahren, wenn der neue Unternehmensinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern
auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger
gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. Hingegen stellt der bloße Verlust eines Auftrages an einen
Mitbewerber für sich genommen keinen Übergang i. S. d. Richtlinie dar. Das zuvor beauftragte
Dienstleistungsunternehmen verliert zwar einen Kunden, besteht aber weiter, ohne dass einer seiner
Betriebe oder Betriebsteile auf den neuen Auftragnehmer übertragen worden wäre. Ist zur Erfüllung des
jeweiligen Auftrages die Nutzung von durch den Auftraggeber gestellten Arbeitsmitteln und Einrichtungen
geboten, hat eine wertende Beurteilung zu erfolgen, ob diese dem Betrieb des Auftragnehmers als eigene
Betriebsmittel zugeordnet werden können. Nur dann sind sie in die Gesamtabwägung, ob ein
Betriebsübergang stattgefunden hat, einzubeziehen. Auch solche Gebäude, Maschinen, Werkzeuge oder
Einrichtungsgegenstände sind einem Betrieb als sächliche Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im
Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser aufgrund einer mit Dritten getroffenen
Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung seines Betriebszwecks einsetzen kann. Die Nutzungsvereinbarung
kann als Pacht, Nießbrauch oder als untypischer Vertrag ausgestaltet sein. Wesentlich ist, dass dem
Berechtigten Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung überlassen sind. Erbringt der
Auftragnehmer dagegen nur eine (Dienst-) Leistung an fremden Geräten und Maschinen innerhalb
fremder Räume, ohne dass ihm die Befugnis eingeräumt ist, über Art und Weise der Nutzung der
Betriebsmittel in eigenwirtschaftlichem Interesse zu entscheiden, können ihm diese Betriebsmittel nicht als
eigene zugerechnet werden. Maßgebliches Unterscheidungskriterium für die Frage, ob im Eigentum des
Auftraggebers stehende Arbeitsmittel Betriebsmittel des sie nutzenden Auftragnehmers sind, ist die Art der
vom Auftragnehmer am Markt angebotenen Leistung. Da eine wertende Zuordnung vorzunehmen ist, ist
eine typisierende Betrachtungsweise zulässig. Handelt es sich um eine Tätigkeit, für die regelmäßig
Maschinen, Werkzeuge, sonstige Geräte oder Räume innerhalb eigener Verfügungsmacht und aufgrund
eigener Kalkulation eingesetzt werden müssen, sind auch nur zur Nutzung überlassene Arbeitsmittel dem
Betrieb oder dem Betriebsteil des Auftragnehmers zuzurechnen. Ob diese Betriebsmittel für die Identität
des Betriebes wesentlich sind, ist Gegenstand einer gesonderten Bewertung. Wird hingegen vom
Auftragnehmer eine Leistung angeboten, die er an den jeweiligen Einrichtungen des Auftraggebers zu
erbringen bereit ist, ohne dass er daraus einen zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil erzielen und ohne
dass er typischerweise über die Art und Umfang ihres Einsatzes bestimmen könnte, so gehören diese
Einrichtungen nicht zu den Betriebsmitteln des Auftragnehmers (BAG, AP Nr. 171 und Nr. 174 zu § 613 a
BGB).
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzung ist die wirtschaftliche Einheit "Ausführung von Be- und
Entladearbeiten im Auftrag der Fa. C auf deren Betriebsgelände" von der Z GmbH auf die
Beklagte übergegangen. Die Identität dieser wirtschaftlichen Einheit ist - bei Würdigung aller
maßgeblichen Umstände - gewahrt geblieben.
Die wirtschaftliche Einheit, mit welcher die Z GmbH die Be- und Entladearbeiten ausübte, bestand
nahezu ausschließlich aus dem eingesetzten Personal sowie den ihr von der Fa. C zur Verfügung
gestellten Flurförderfahrzeugen (Staplern). Diese Einheit hat auch nach Übernahme der betreffenden
Tätigkeiten durch die Beklagte unverändert fortbestanden.
Die Beklagte hat 25 von 30 der früher bei der Z GmbH beschäftigten Staplerfahrer und somit einen
nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil der bisher für die betreffenden Arbeiten eingesetzten
Arbeitnehmer übernommen und unverändert weiterbeschäftigt. Dabei ist unerheblich, dass durch den
übernommenen Teil der Arbeitnehmerschaft kein besonderes Fachwissen repräsentiert wird. Genügt
nämlich, wie vorliegend, für eine auf dem Markt angebotene Dienstleistung ein geringer
Qualifikationsgrad der Arbeitnehmer und sind diese leicht austauschbar, kommt deren "know-how" keine
entscheidende Bedeutung für die Identität der wirtschaftlichen Einheit zu. Solche Tätigkeitsbereiche sind
vielmehr geprägt von ihrer Arbeitsorganisation, der sich daraus ergebenden Aufgabenzuweisung an den
einzelnen Arbeitnehmer und dem in der Organisationsstruktur verkörperten Erfahrungswissen (BAG, AP
Nr. 172 zu § 613 a BGB). Die Identität bleibt insoweit gewahrt, als der neue Auftragnehmer - wie im
Streitfall - die Arbeitnehmer an ihren alten Arbeitsplätzen mit unveränderten Aufgaben weiterbeschäftigt.
Die Beklagte hat eine bestehende Arbeitsorganisation übernommen und keine neue aufgebaut.
Die Beklagte hat auch die für die Ausführung der Arbeiten notwendigen materiellen Betriebsmittel,
nämlich die zuvor von der Z GmbH verwendeten Flurförderfahrzeuge übernommen. Diese sind als
Betriebsmittel des sie nutzenden Auftragnehmers anzusehen. Für die Durchführung der zu erbringenden
Be- und Entladearbeiten ist zweifellos typischerweise die Nutzung der Stapler innerhalb eigener
Verfügungsmacht und aufgrund eigener Kalkulation notwendig. Es handelt sich dabei auch nicht um die
Erbringung einer Leistung an Einrichtungen des Auftraggebers sondern vielmehr um eine Leistung mit im
Eigentum des Auftraggebers stehenden Betriebsmitteln. Diese wurden der Beklagten, ebenso wie zuvor
der Z GmbH, unverändert auf vertraglicher Grundlage zur Verfügung gestellt.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Beklagte den bis zum 30.11.2002 von der Z GmbH
durchgeführten Auftrag unverändert mit nahezu demselben Personal unter Beibehaltung der
vorgegebenen Arbeitsorganisation und unter Verwendung derselben sächlichen Betriebsmittel seit dem
01.12.2002 ausführt. An der Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit bestehen
somit keinerlei Zweifel.
Die Beklagte hat die wirtschaftliche Einheit auch durch Rechtsgeschäft übernommen.
Für die Anwendung des § 613 a BGB genügt ein Bündel von Rechtsgeschäften, wenn diese in ihrer
Gesamtheit auf die Übernahme eines funktionsfähigen Betriebes gerichtet sind (BAG, AP Nr. 43, Nr. 72
und Nr. 118 zu § 613 a BGB). Dabei kommt es nicht auf das Vorliegen unmittelbarer rechtsgeschäftlicher
Beziehungen zwischen dem Betriebsveräußerer und dem Betriebsübernehmer an (KR-Pfeiffer, 6. Auflage,
§ 613 a BGB, Rd-Ziffer 85 m. N. a. d. Rspr.). Im Streitfall hat die Beklagte kraft eigenen
Willensentschlusses mit nahezu sämtlichen Arbeitnehmern der Z GmbH einvernehmlich deren
Weiterbeschäftigung zur unveränderten Durchführung des Auftrages der Fa. C vereinbart, was
hinsichtlich der Übernahme des Personals ein Rechtsgeschäft i. S. v. § 613 a BGB darstellt (BAG, AP Nr.
172 zu § 613 a BGB). Die Möglichkeit zur Nutzung der erforderlichen sächlichen Betriebsmittel, d. h. der
Flurförderfahrzeuge, hat die Beklagte durch vertragliche Vereinbarung mit der Fa. C und somit
ebenfalls aufgrund eines Rechtsgeschäfts erlangt. Der Übergang der wirtschaftlichen Einheit vollzog sich
somit insgesamt durch Rechtsgeschäft im Sinne von § 613 a BGB.
2.
Die Beschäftigungszeiten des Klägers bei der Z GmbH und diejenigen bei der Beklagten sind bei der
Berechnung der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG zu addieren mit der Folge, dass die Wartezeit bei
Kündigungsausspruch zurückgelegt war.
Bei einem Betriebsinhaberwechsel sind die beim Betriebsveräußerer erbrachten Beschäftigungszeiten bei
der Berechnung der Wartezeit für eine vom Betriebsübernehmer ausgesprochene Kündigung zu
berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs das Arbeitsverhältnis
kurzfristig unterbrochen war, die Arbeitsverhältnisse aber in einem engen sachlichen Zusammenhang
stehen (BAG, AP Nr. 15 zu § 1 KSchG 1969 Wartezeit).
Im Streitfall hatte zwar die bestandskräftige Kündigung der Z GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers
zum 30.11.2002 rechtswirksam aufgelöst. Dadurch ist jedoch keine für die Berechnung der
Beschäftigungsdauer rechtlich relevante Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses des Klägers in dem
Betrieb eingetreten. Der Kläger ist nämlich in unmittelbarem Anschluss an die Kündigung und das
Beendigungsdatum von der Beklagten als Betriebsinhaberin ab dem 01.12.2002 weiterbeschäftigt
worden. Schon aufgrund der nahtlosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am bisherigen Arbeitsplatz
des Klägers liegt ein hinreichend enger innerer Zusammenhang zwischen den beiden - rechtlich
getrennten - Arbeitsverhältnissen vor (BAG, AP Nr. 62 zu § 622 BGB).
3.
Das Vorliegen von Gründen i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG, die geeignet sein könnten, die streitbefangene
Kündigung zu rechtfertigen, hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Die Kündigung ist somit
rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1, 2 KSchG).
III.
Der Kündigungsschutzklage war daher unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien
keine Veranlassung.