Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 22.08.2006
LArbG Mainz: ordentliche kündigung, arbeitsgericht, probezeit, ausschuss, betriebsrat, fehlerhaftigkeit, quelle, vollstreckbarkeit, kündigungsschutz, rechtsgrundlage
LAG
Mainz
22.08.2006
9 Ta 149/06
Prozesskostenhilfe und Erfolgsaussichten
Aktenzeichen:
9 Ta 149/06
2 Ca 913/06
ArbG Kaiserslautern
Entscheidung vom 22.08.2006
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom
25.07.2006, Az: 2 Ca 913/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 89,00 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger war bei der Beklagten während der Zeit vom 03.05.2006 bis 16.05.2006 im Rahmen einer
Maßnahme zur Eignungsfeststellung/Trainingsmaßnahme (§ 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. §§ 48 ff. SGB III)
tätig. Am 18.05.2006 schloss er mit der Beklagten einen schriftlichen Arbeitsvertrag für ein am 18.05.2006
beginnendes Beschäftigungsverhältnis; gem. § 2 Ziff. 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages beträgt die
Probezeit sechs Monate und das Arbeitsverhältnis kann von beiden Vertragspartnern während dieser Zeit
mit einer Frist von 14 Tagen ohne festen Termin gelöst werden.
Mit Schreiben vom 13.06.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2006.
Mit seiner am 7.07.2006 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereichten Klage hat der Kläger, vertreten
durch seine Prozessbevollmächtigte, beantragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau
Rechtsanwältin D. für folgende beabsichtigte Sachanträge zu bewilligen:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom
13.06.06, zugegangen am 17.06.06, beendet wurde, sondern über den 30.06.06 hinaus fortbesteht.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen
zur Einsicht zu überlassen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Weiterbeschäftigung des Klägers unter Berücksichtigung der
Arbeitszeitordnung zu organisieren und die Zeiterfassungsanlage funktionstüchtig zu gestalten.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 504,08 EUR brutto und 21,57 EUR netto zzgl. 5 % Zinsen
über dem Basiszins aus dem Gesamtbetrag ab 01.07.06 zu zahlen.
Zur Begründung des Antrages zu 3. hat der Kläger u. a. vortragen lassen, die Zeiterfassungsanlage bei
der Beklagten habe nicht korrekt funktioniert; die geleistete Arbeitszeit sei irgendwie automatisch auf
andere Zeiten verlegt worden, wobei die Summe der Arbeitszeiten jedoch zutreffe. Wegen der weiteren
Begründung der gestellten Anträge wird auf den Inhalt der Klageschrift Bezug genommen.
Die Beklagte ist der Klage in allen Punkten mit Schriftsatz vom 17.07.2006, auf dessen Inhalt verwiesen
wird, entgegengetreten.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Beschluss vom 25.07.2006 dem Kläger für die Zahlungsklage
Prozesskostenhilfe bewilligt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Darüber hinaus hatte es
hinsichtlich aller Sachanträge dem Kläger Frau Rechtsanwältin D. gemäß § 11 a ArbGG beigeordnet. Zur
Begründung des zurückweisenden Teiles seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht u. a. ausgeführt, es
fehle an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die Kündigungsschutzklage, da die Kündigung in der
Probezeit erfolgt sei. Darüber hinaus habe auch der Antrag, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die
einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zur Einsicht zu überlassen, keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg, da dieser Antrag unbestimmt und nicht vollstreckbar sei. Schließlich fehle es auch für
den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, die Weiterbeschäftigung des Klägers unter Berücksichtigung der
Arbeitszeitordnung zu organisieren und die Zeiterfassungsanlage funktionstüchtig zu gestalten, an einer
Rechtsgrundlage.
Der Kläger hat gegen die Teilabweisung der Prozesskostenhilfe am 28.07.2006 Beschwerde eingelegt.
Er macht geltend, es sei zwar zutreffend, dass er zur Erprobung eingestellt worden sei, jedoch könne hier
eine Umgehung des Kündigungsschutzes vorliegen. Die Vereinbarung einer zweiten Probezeit sei
unwirksam.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom
25.07.2006 ist gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch
nicht begründet. Unter Berücksichtigung von § 114 ZPO liegen im vorliegenden Fall die rechtlichen
Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der vom Kläger beabsichtigten
Sachanträge zu Ziffer 1. - 3. nicht vor. Nach dieser gesetzlichen Regelung erhält eine Partei nur dann
Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Dies ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragsstellers, aufgrund seiner
Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen, für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in
tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. BGH NJW 94,
1161 m. w. N.).
Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht Kaiserslautern für die Anträge der Klägerin zu 1. bis 3. zu
Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes verweigert, zumal
es insoweit an einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung fehlt.
Der Antrag zu 1. auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom
13.06.2006 beendet wurde, erscheint aussichtslos, da der Kläger, aufgrund seiner kurzen
Beschäftigungszeit, noch keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz im Zeitpunkt der
Kündigung in Anspruch nehmen konnte.
Die Fehlerhaftigkeit der Anhörung des Betriebsrates (§ 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG) ist vom Kläger nicht
schlüssig vorgetragen worden. Er beruft sich insoweit auf eine Information der Betriebsrätin Z., wonach
diese den Namen des Klägers nicht kenne und der Betriebsrat über die Probezeitvereinbarung sowie die
sozialen Belange des Klägers nicht informiert worden sei. Diese Auskünfte der Betriebsrätin Z. reichen
jedoch nicht aus, um die Fehlerhaftigkeit der Betriebsratsanhörung erkennen zu lassen. Denn nach dem
Vortrag der Beklagten ist in deren Betrieb ein Ausschuss im Sinne von § 28 Abs. 1 BetrVG errichtet, auf
den der Betriebsrat die Durchführung von Kündigungsanhörungen übertragen hat. Da die Betriebsrätin Z.
diesem Ausschuss nicht angehört, kommt es auf deren Kenntnis oder Unkenntnis von Einzelheiten der
Betriebsratsanhörung nicht an.
Soweit in dem Antrag zu 1. des weiteren die allgemeine Feststellung des unbefristeten Fortbestandes des
Beschäftigungsverhältnisses über den 30.06.2006 vom Kläger begehrt wird, fehlt es ebenfalls an der
hinreichenden Erfolgsaussicht, zumal durch die streitgegenständliche Kündigung das
Beschäftigungsverhältnis - selbst wenn § 622 Abs. 3 BGB nicht anwendbar sein sollte - gemäß § 622 Abs.
1 BGB spätestens zum 31.07.2006 beendet worden ist.
Der in der Klageschrift angekündigte Klageantrag zu 2. hat keine hinreichenden Erfolgsaussichten, da es
sich um einen unzulässigen Leistungsantrag handelt. Die vom Kläger herausverlangten Gegenstände
sind nicht hinreichend bestimmt ("… die einschlägigen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen …"), so
dass der Antrag auch nicht vollstreckbar wäre.
Gleiches gilt für den angekündigten Klageantrag zu 3. Die Bedingungen, zu denen der Kläger seine
Weiterbeschäftigung verlangt, sind nicht hinreichend bestimmt, zumal aus dem Antrag nicht ersichtlich ist,
welche konkreten Organisations- und Gestaltungsmaßnahmen von der Beklagten verlangt werden. Im
Falle einer Titulierung wäre auch insoweit eine Vollstreckbarkeit des Titels nicht gegeben.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde in Höhe der Gerichtskosten für die Klageanträge zu 1. bis 3.
festgesetzt.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von
§§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.