Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 24.09.2004
LArbG Mainz: arbeitsgericht, bestätigung, gerichtsakte, kopie, wohnkosten, auflage, urlaub, verfügung, rechtsgrundlage, quelle
LAG
Mainz
24.09.2004
5 Ta 184/04
Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages
Aktenzeichen:
5 Ta 184/04
6 Ca 1766/03
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Verkündet am: 24.09.2004
Tenor:
I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des ArbG Koblenz - Ausw.
Kammern Neuwied - vom 05.07.2004 - 6 Ca 1766/03 - aufgehoben.
II. Das PKH-Verfahren - 6 Ca 1766/03 - wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das
Arbeitsgericht zurückverwiesen, - wobei das Arbeitsgericht die aus den nachfolgenden Beschlussgründen
ersichtliche Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zu beachten hat.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Gemäß Schriftsatz vom 13.10.2003 (Bl. 56 ff, 60 d.A.) beantragt der Kläger,
ihm Prozesskostenhilfe (- für das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren - 6 Ca 1766/03 -) zu bewilligen und
ihm seine Prozessbevollmächtigten beizuordnen.
Der Antragsschriftsatz wurde neben der (ersten) PKH-Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse (s. Bl. 1 des PKH-Beiheftes) im Kammertermin vom 14.10.2003 zur
Gerichtsakte gereicht.
Nach näherer Maßgabe der schriftsätzlichen Ausführungen vom 29.10.2003 bittet die Beklagte darum,
den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zurückzuweisen.
Dazu nimmt der Kläger mit dem Schriftsatz vom 10.12.2003 Stellung.
Auf den richterlichen Hinweis vom 21.11./24.11.2003 (s. Bl. 86 R d.A.) reichte der Kläger mit dem
Schriftsatz vom 09.12.2003 (Bl. 94 d.A.) die "korrigierte Erklärung über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belege(n)" zur Gerichtsakte (s. PKH-Erklärung vom 01.12.2003, Bl. 2 d.
PKH-Beiheftes). Gleichzeitig bat er um einen weiteren gerichtlichen Hinweis, "sollten insoweit weitere
Angaben, ggf. unter Hinzufügung weiterer Belege, erforderlich sein". Im Zusammenhang mit der
Terminsbestimmung vom 19.12.2003 (- für die streitige Verhandlung vor der Kammer, Mittwoch
16.06.2004 -) wurde eine Wiedervorlagefrist für den 17.05.2004 ("PKH!") verfügt. Mit dem Schriftsatz vom
05.04.2004 reichte der Kläger im Zusammenhang mit seinem PKH-Antrag weitere Belege zur Gerichtsakte
(s. dazu Bl. 7 bis 9 des PKH-Beiheftes). Mit per Telefax übermittelter richterlicher Verfügung vom
10.06.2004, die der Geschäftsstelle am 11.06.2004 ausgehändigt wurde, erfolgte eine richterliche
Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers (- für den Termin vom 16.06.2004 -). Diese
Anordnung wurde am 14.06.2004 aufgehoben, nachdem der Kläger telefonisch mitgeteilt hatte, dass er
bis zum 28.06.2004 in Urlaub sei.
Daraufhin wandte sich die für die Bearbeitung des PKH-Gesuchs zuständige Richterin mit dem aus Bl.
106 d.A. ersichtlichen Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers. Im Termin vom 16.06.2004
wurde das Verfahren so beendet, wie sich dies aus der Sitzungsniederschrift vom 16.06.2004 - 6 Ca
1766/03 - (Bl. 107 ff d.A.) ergibt. Mit dem Beschluss vom 05.07.2004 - 6 Ca 1766/03 - wies das
Arbeitsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung zurück.
Mit dem am 19.07.2004 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 19.07.2004 legte der
Kläger gegen den Beschluss vom 05.07.2004 - 6 Ca 1766/03 -
sofortige Beschwerde
ein. Mit dem Beschluss vom 04.08.2004 - 6 Ca 1766/03 - half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab
und legte diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.
Mit dem Schriftsatz vom 12.08.2004 wandte sich der Kläger - wie aus Bl. 117 d.A. ersichtlich - an das
Arbeitsgericht und fügte dem Schreiben die Bestätigung der Y. C. vom 14.08.2004 (Bl. 119 d.A.) bei.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt
verwiesen.
II.
1.
Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt
worden. Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich mit der Maßgabe als begründet, dass das PKH-
Prüfungsverfahren an das Arbeitsgericht zurückverwiesen wird.
2.
Mit der Begründung, mit der das Arbeitsgericht seinen Beschluss versehen hat, kann der PKH- und RA-
Beiordnungsantrag des Klägers nicht vollständig zurückgewiesen werden.
a) Allerdings bestimmt das Gesetz in § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO:
Hat der Antragssteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seinen persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend
beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
insoweit
Dem Arbeitsgericht ist es hier im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Falles wegen
des - auch im PKH-Verfahren zu beachtenden - Grundsatzes des fairen Verfahrens verwehrt, die
Zurückweisung des PKH-Antrages auf § 118 Abs. 2 ZPO zu stützen. In diesem Zusammenhang kann nicht
unberücksichtigt bleiben, dass die entsprechende gerichtliche Auflage vom 16.06.2004 erst unmittelbar
vor der Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens (- bzw. nahezu zeitgleich damit -) erfolgt ist.
(Spätestens) bereits seit dem 06.04.2004 lag dem Arbeitsgericht aber ein prüfungsfähiger und
entscheidungsreifer PKH- und RA-Beiordnungsantrag des Klägers vor. Ausweislich des Akteninhalts
befanden sich damals jedenfalls folgende Unterlagen im PKH-Beiheft:
- Die (zweite) Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vom
01.12.2003,
- der Leistungsnachweis/die Entgeltbescheinigung des Arbeitsamtes Köln vom 21.10.2003,
- die Bestätigung der X. C. vom 01.12.2003 (Kopie) hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten
Wohnkosten,
- die Bestätigung des Arbeitsamtes vom 01.12.2003,
- der Kontoauszug der Postbank vom 12.11.2003,
- der Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes vom 05.12.2003 und
- der Änderungsbescheid des Arbeitsamtes von "Januar 2004".
Im Hinblick darauf hätte das Arbeitsgericht zumindest im Anschluss an den Schriftsatz des Klägers vom
05.04.2004 alsbald über das entscheidungsreife PKH-Gesuch entscheiden können und - bei Beachtung
des auch im PKH-Verfahren geltenden Beschleunigungsgebots - (auch) entscheiden müssen.
Die im gerichtlichen Schreiben vom 16.06.2004 erwähnten "Geschehnisse" sind nicht geeignet, die
Unterlassung der gebotenen PKH-Entscheidung nachträglich zu rechtfertigen. Soweit es um die
Wohnkosten geht, befand sich zum Zeitpunkt der richterlichen Verfügung vom 16.06.2004 die Kopie der
Bestätigung der X. C. vom 01.12.2003 bereits in der Gerichtsakte (= Bl. 4 des PKH-Beiheftes). Soweit es
um die Kosten des Urlaubs geht, hat der Kläger die entsprechende Erklärung zwar nicht innerhalb der ihm
bis zum 02.07.2004 gesetzten Frist abgegeben, aber doch immerhin am 18.08.2004. Dem an diesem Tag
bei dem Arbeitsgericht eingegangen Schriftsatz des Klägers vom 12.08.2004 war die entsprechende
Bestätigung der Y. C. beigefügt (s. Bl. 119 d.A.: Bestätigung den Urlaub vom 15.06. bis zum 26.06.2004
betreffend). Auf die insoweit gegebene Fristüberschreitung darf vorliegend aus rechtsstaatlichen Gründen
deswegen nicht abgestellt werden, weil sich das Gericht selbst bei der Sachbearbeitung nicht an das
Beschleunigungsgebot gehalten hat.
b) Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss des Arbeitsgerichts ist hiernach aufzuheben, da er
aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles in § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO keine
ausreichende Rechtsgrundlage hat. Eine eigene Sachentscheidung des Beschwerdegerichts kommt
vorliegend - ausnahmsweise - nicht in Betracht. Tatsächliche Feststellungen, auf denen insoweit eine
eigene Sachentscheidung des Beschwerdegerichts aufbauen könnte, enthalten die Beschlüsse des
Arbeitsgerichts vom 05.07.2004 und vom 04.08.2004 nicht. Das Arbeitsgericht wird nunmehr zu prüfen
haben,
- inwieweit die Rechtsverfolgung des Klägers im Zeitpunkt der Entscheidungsreife, d. h. hier am
06.04.2004, hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat und nicht mutwillig war;
- außerdem wird das Arbeitsgericht zu prüfen haben, inwieweit der Kläger im Zeitpunkt der
Entscheidungsreife (= 06.04.2004) nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die
Kosten der Prozessführungen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen konnte bzw. kann. Bei
seiner erneuten Entscheidung darf das Arbeitsgericht nicht - wie in seinen Beschlüssen vom 05.07.2004
und vom 04.08.2004 - darauf abstellen, dass der Kläger die Auflage vom 16.06.2004 nicht erfüllt habe.
3.
Einer Kostenentscheidung bedurfte es ebensowenig wie einer Streitwertfestsetzung.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.
Z.
Vorsitzender der 5. Kammer