Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 27.12.2004

LArbG Mainz: sozialhilfe, bedürftige partei, arbeitslosenhilfe, ratenzahlung, behörde, arbeitsgericht, familie, berechnungsgrundlage, miete, auflage

LAG
Mainz
27.12.2004
10 Ta 268/04
Berücksichtigung von Sozialhilfe bei der Prozesskostenhilfebewilligung
Aktenzeichen:
10 Ta 268/04
10 Ca 2660/04
ArbG Mainz
Entscheidung vom 27.12.2004
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.11.2004,
AZ: 10 Ca 2660/04, dahingehend abgeändert, dass der Kläger (derzeit) keine monatlichen Raten auf die
Prozesskosten zu leisten hat.
Gründe:
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde hat
in der Sache Erfolg.
Der Kläger verfügt über kein einzusetzendes Einkommen i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO, sodass die
Festsetzung einer Ratenzahlung nicht in Betracht kommt.
Ausweislich der Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
der eingereichten Belege erhält der Kläger derzeit Arbeitslosenhilfe in Höhe von 173,39 € wöchentlich,
woraus sich ein Monatseinkommen von 751,36 € ergibt (173,39 € x 52 Wochen : 12 Monate). Darüber
hinaus erhält der Kläger vom Sozialamt Hilfe zum Lebensunterhalt. Die Berücksichtigung dieser Leistung
im Rahmen der PKH - Bewilligung ist umstritten. Nach zutreffender Ansicht (LAG Rheinland - Pfalz,
Beschluss vom 17.06.1994, AZ: 3 Ta 113/94) gehört die vom Sozialamt gewährte laufende Hilfe zum
Lebensunterhalt (ebenso wie das staatlich gewährte Kindergeld; LAG Rheinland - Pfalz, Beschluss vom
22.07.1994, AZ: 11 Ta 122/94) nicht zu dem gemäß § 115 ZPO für die Ratenfestsetzung zu
berücksichtigenden Einkommen. Die §§ 114 ff. ZPO sollen die bedürftige Partei davor bewahren, einen
Prozess nur unter Gefährdung der für eine angemessene Lebensführung notwendigen wirtschaftlichen
Grundlage führen zu können. Daraus verbietet es sich, einer Partei bei der Prozesskostenhilfe die Mittel
wieder zu nehmen, die ihm an anderer Stelle der Staat zur Deckung des wirtschaftlichen Mindestbedarfs
zugewandt hat. Darin läge ein Wertungswiderspruch, der angesichts der engen Verzahnung von
Prozesskostenhilfe und Sozialhilfe nicht hingenommen werden kann. Aber auch soweit die Ansicht
vertreten wird, dass die Sozialhilfe als Einkommen i. S. v. § 115 Abs. 1 ZPO anzusehen ist, so wird
gleichwohl im Allgemeinen davon ausgegangen, dass einem Sozialhilfeempfänger regelmäßig ohne
besondere Prüfung PKH ohne Ratenzahlung bewilligt werden kann, sofern ein aussagekräftiger
Sozialhilfebescheid vorliegt, da die Bewilligung der Sozialhilfe strengeren Voraussetzungen als die PKH
unterliegt (vgl. Koch, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 5. Auflage, § 11 a ArbGG Rd-Ziffer 25 m. N.
a. d. Rspr.). Letztlich führt im Streitfall selbst eine volle Berücksichtigung der dem Kläger und seiner
Familie gewährten Sozialhilfe nicht zu einer Ratenzahlungsverpflichtung. Nach dem Inhalt des
Bescheides der Kreisverwaltung G. - G. vom 18.10.2004 beläuft sich die Sozialhilfe auf monatlich 269,08
€. Bei dem diesbezüglich vom Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss zu Grunde gelegten Betrag von
1.348,62 € handelt es sich lediglich um den seitens der Behörde errechneten Bedarf, mithin um die
Berechnungsgrundlage für die auszuzahlende Sozialhilfe. Bei Addition von Sozialhilfe und
Arbeitslosenhilfe ergibt sich ein Gesamtbetrag von 1.020,44 € (751,36 € Arbeitslosenhilfe + 269,08 €
Sozialhilfe). Unter Berücksichtigung der nach § 115 Abs. 1 ZPO bei dem gegenüber drei Personen zum
Unterhalt verpflichteten Kläger abzusetzenden Beträge, die bereits im angefochtenen Beschluss -
allerdings unter Außerachtlassung der vom Kläger zu zahlenden Miete - mit insgesamt 1.240,00 € beziffert
sind, verbleibt kein einzusetzendes Einkommen i. S. v. § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO.
Der angefochtene Beschluss war daher hinsichtlich der festgesetzten Ratenzahlungen abzuändern.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.