Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 11.01.2006
LArbG Mainz: bildende kunst, hochschule, ddr, arbeitsgericht, oberschule, unterricht, universität, beamtenverhältnis, realschule, werken
LAG
Mainz
11.01.2006
9 Sa 704/05
Rückgruppierung und Lehrer und TdL-Richtlinien
Aktenzeichen:
9 Sa 704/05
9 Ca 789/04
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Entscheidung vom 11.01.2006
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern
Neuwied - vom 01.06.2005, Az.: 9 Ca 789/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Wesentlichen um die zutreffende Eingruppierung nach dem
Bundesangestelltentarifvertrag (im Folgenden: BAT).
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen
Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des
Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 01.06.2005 (dort S. 3 bis 12 = Bl. 154 bis
163 d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Klägerin in die Vergütungsgruppe BAT III einzuordnen ist,
2. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.849,02 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2004 zu bezahlen,
3. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.854,19 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.03.2004 zu bezahlen,
4. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.854,19 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2004 zu bezahlen,
5. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.892,68 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2004 zu
bezahlen,
6. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.882,68 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2004 zu
bezahlen,
7. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 3.081,52 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2004 zu
bezahlen,
8. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2004 zu
bezahlen,
9. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2004 zu
bezahlen,
10. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2004 zu
bezahlen,
11. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 4.758,93 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.451,22
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2004 zu
bezahlen,
12. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR brutto zu bezahlen,
hilfsweise (für den Fall der Klageabweisung zu 1)
festzustellen, dass das beklagte Land nicht berechtigt ist, bis einschließlich Januar 2004 bezahlte
Vergütungen ganz oder teilweise zurückzufordern und zu verrechnen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat mit Urteil vom 01.06.2005 (Bl. 152 ff.
d.A.) das beklagte Land verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom Februar 2004 bis einschließlich April
2004 monatlich jeweils 403,43 EUR brutto, für die Monate Mai und Juni 2004 jeweils 707,45 EUR brutto
und für den Monat Juli 2004 347,81 EUR brutto nebst 5% Punkten über dem Basiszinssatz ab dem
jeweiligen Monatsende zu zahlen; im Übrigen hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der von der
Klägerin verfolgte Anspruch auf tarifgerechte Eingruppierung und Zahlung von Vergütungsdifferenzen
nach der Vergütungsgruppe III BAT ergebe sich nicht aus § 6 Satz 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom
02.01.2002. Soweit in diesem Vertrag festgestellt worden sei, dass die Klägerin in die Vergütungsgruppe
III BAT eingruppiert sei, handele es sich nicht um eine konstitutive Vereinbarung. Entsprechend der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes handele es sich bei einer solchen Vertragsklausel
regelmäßig nur um die nach § 22 Abs. 3 BAT erforderliche Angabe der Vergütungsgruppe im
schriftlichen Arbeitsvertrag. Im Falle der Eingruppierung von Lehrern werde nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes lediglich bei fehlender Inbezugnahme der Lehrer - Eingruppierungsrichtlinien in
der Angabe der Vergütungsgruppe im Vertrag eine konstitutive Regelung gesehen. Im gegebenen Fall
enthalte aber der vorliegende Arbeitsvertrag unter § 6 Satz 2 die Vereinbarung, dass die TdL-Richtlinien
in ihrer jeweiligen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar seien; mithin existiere ein Regelwerk mit
abstrakten Tätigkeitsmerkmalen, aus dem sich die maßgeblichen Eingruppierungsvoraussetzungen
ergeben würden. Die arbeitsvertragliche Verweisung auf die TdL-Richtlinien genüge auch den
Anforderungen aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da die für das Beschäftigungsverhältnis maßgeblichen
Vergütungsbestimmungen somit klar und deutlich, jederzeit ermittelbar benannt seien. Etwas anderes
folge auch nicht aus dem Umstand, dass in den TdL-Richtlinien das Qualifizierungssystem der
ehemaligen DDR nicht berücksichtigt sei. Hier wie dort sei nämlich zwischen Fachschulabschlüssen,
Fachhochschulabschlüssen und den Studiengängen an einer wissenschaftlichen Hochschule
unterschieden worden. Auch der Umstand, dass die Klägerin in einer dualen Oberschule beschäftigt sei,
führe nicht zur Unanwendbarkeit der TdL-Richtlinien. Bei der dualen Oberschule handele es sich nämlich
um eine Schule mit Mischcharakter zwischen Haupt- und Realschule. Beide Schulformen seien aber in
den TdL-Richtlinien geregelt, so dass von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Richtlinien auszugehen
sei. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes könne sich von einer rechtsfehlerhaften Tarifanwendung,
die nicht zur Entstehung vertraglicher Rechtsansprüche geführt habe, einseitig lossagen. Im vorliegenden
Fall ergebe sich unter Berücksichtigung der maßgeblichen Bestimmungen der TdL-Richtlinien keine
Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe III BAT.
Die Klägerin erfülle nämlich zunächst einmal nicht die Vergütungsmerkmale der Fallgruppe 1 Abschnitt B
Unterabschnitt II der TdL-Richtlinien. Obwohl die Klägerin ein abgeschlossenen Studium an der
Universität X vorweisen könne, verfüge sie, aufgrund dieses Studiums, nicht über die Fähigkeit zum
Unterrichten in mindestens zwei Fächern. Sie habe nämlich lediglich einen Abschluss als Diplomlehrerin
für das Fach "Kunsterziehung" vorzuweisen, ein Abschluss in einem weiteren Fach fehle.
Auch die Eingruppierungsvoraussetzungen der Fallgruppe II Abschnitt B Unterabschnitt II der TdL-
Richtlinien seien nicht erfüllt, da die Klägerin nicht überwiegend in mindestens einem dem Studium
entsprechenden wissenschaftlichen Fach unterrichte. Um ein "wissenschaftliches Fach" im Sinne der TdL-
Richtlinien handele es sich dann, wenn dessen Abschluss durch ein Studium an einer wissenschaftlichen
Hochschule erworben worden sei. Für die Auslegung des Begriffs "abgeschlossenes Studium an einer
wissenschaftlichen Hochschule" gelte gemäß Protokollnotiz Nr. 1 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinie die
Protokollnotiz Nr. 1 zu Teil 1 der Anlage 1 a zum BAT; hiernach gelte jedoch das Fach "bildende Kunst"
nicht als wissenschaftliches Fach im Sinne der TdL-Richtlinien.
Die Klägerin habe allerdings während des Schuljahres 2003/2004, mithin für die Zeit vom August 2003 bis
Juli 2004 die Eingruppierungsmerkmale der Fallgruppe 3 Abschnitt B Unterabschnitt II erfüllt mit der Folge,
dass sie während dieser Zeit in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert gewesen sei. Während des
genannten Zeitraumes habe die Klägerin nämlich überwiegend in wissenschaftlichen Fächern, nämlich
den Fächern "Ethik" und "Praxis in der Schule" unterrichtet, wobei sie auch ein abgeschlossenes Studium
an einer Hochschule im Sinne von § 1 HRG nachgewiesen habe. Demgegenüber erfülle sie die Merkmale
der Vergütungsgruppe IV b BAT für die Schuljahre 2002/2003 und 2004/2005 nicht, zumal sie während
dieser Zeit überwiegend in den Fächern "Werken" und "Bildende Kunst" unterrichtet habe, mithin nicht in
wissenschaftlichen Fächern.
Der Klägerin stehe die geltend gemachte Nettoforderung für die Monate Februar bis April 2004 nicht zu,
da in Folge der von dem beklagten Land erklärten Aufrechnung die Nettovergütungsansprüche für diese
Zeit untergegangen seien. Dem stehe das Aufrechnungsverbot aus § 394 Satz 1 BGB nicht entgegen, da
die Klägerin ihren notwendigen Lebensunterhalt während dieser Monate mit der insoweit versehentliche
erfolgten Auszahlung in Höhe von 3.510,00 EUR netto im Monat Februar 2004 habe decken können;
diese Auszahlung entspreche in etwa dem der Klägerin zustehenden Nettoanspruch für die Monate
Februar bis April 2004. Der geltend gemachte Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB sei von der
Klägerin nicht schlüssig vorgetragen worden.
Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die Feststellung begehre, dass die bis einschließlich Januar
2004 bezahlten Vergütungen nicht ganz oder teilweise zurückgefordert oder verrechnet werden könnten,
habe dies keinen Erfolg. Das beklagte Land sei nämlich befugt, im Rahmen der tariflichen Ausschlussfrist
des § 70 BAT Rückforderungen insoweit geltend zu machen, zumal mit Schreiben vom 12.09.2003 der
Klägerin mitgeteilt worden sei, dass beabsichtigt sei, eine korrigierende Rückgruppierung vorzunehmen
und man um Verständnis für diese Entscheidung bitte. Hierin sei die definitive Ankündigung zu sehen,
dass innerhalb der Ausschlussfrist eine Rückforderung überzahlter Beträge erfolge.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 13 ff. des
Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 01.06.2005 (= Bl. 164 ff. d.A.)
verwiesen.
Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 20.07.2005 zugestellt worden ist, hat am
16.08.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 19.10.2005 ihr
Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 19.10.2005 verlängert
worden war.
Die Klägerin macht geltend,
entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes sei zwischen den Prozessparteien unter § 6 des
schriftlichen Arbeitsvertrages konstitutiv die Vergütungsgruppe III BAT als maßgeblich vereinbart worden.
Um eine deklaratorische Regelung könne es sich bei der Angabe einer tariflichen Vergütungsgruppe im
Arbeitsvertrag nur handeln, wenn ein Regelwerk mit abstrakten Tätigkeitsmerkmalen existiere, aus dem
sich letztendlich die zutreffende Eingruppierung ermitteln lasse. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da die
im Arbeitsvertrag ebenfalls erwähnten TdL-Richtlinien lückenhaft und auf die Klägerin nicht anwendbar
seien. Dies folge bereits daraus, dass die TdL-Richtlinien keine Regelung für duale Oberschulen
enthalten würden. Bei einer solchen Schule handele es sich nicht lediglich um eine Schule mit
Mischcharakter, vielmehr komme auch hinzu, dass dort eine berufsnahe Orientierung der Ausbildung
auch in theoretischen Fächern erfolge. Die TdL-Richtlinien seien auch nicht auf Abschlüsse, die in der
ehemaligen DDR gemacht worden seien, anwendbar, zumal Ausbildungsgänge und Abschlüsse in der
ehemaligen DDR nicht mit jenen der Bundesrepublik Deutschland vergleichbar seien. Nach Nr. 1 der
Protokollnotizen zu Anlage 1 BAT seien wissenschaftliche Hochschulen solche Hochschulen,
Universitäten, technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als
wissenschaftliche Hochschulen anerkannt seien. Dem Landesrecht sei aber die Ausbildung in der
ehemaligen DDR fremd, so dass auch die von der Klägerin absolvierte Ausbildung an der -Universität X
nicht erfasst werde. Nach Abs. 2 der Nr. 1 der Protokollnotizen zum Abschnitt B der TdL-Richtlinien gelte in
bestimmten Fällen die erste Staatsprüfung für das betreffende Lehramt an einer wissenschaftlichen oder
pädagogischen Hochschule als Nachweis des abgeschlossenen Studiums einer wissenschaftlichen
Hochschule. Die in der ehemaligen DDR praktizierte Lehrerausbildung habe aber weder mit der ersten
noch der zweiten Lehramtsprüfung abgeschlossen werden können.
Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass selbst wenn die arbeitsvertragliche Vereinbarung unter § 6
lediglich deklaratorischen Charakter hätte, die Klägerin dann in erster Linie nach Nr. 1 Abschnitt A der
TdL-Richtlinien in die Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert sei. Die Klägerin sei nämlich als Lehrkraft an
einer allgemein- bildenden Schule eingesetzt und erfülle die fachlichen und pädagogischen
Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis. Bei der Beurteilung, welcher
Besoldungsgruppe vergleichbare beamtete Lehrkräfte angehören, sei der Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 20.10.1999 zu berücksichtigen. Dieser verweise auf den Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 07.05.1993, wonach die Klägerin über eine Ausbildung gemäß Tabelle 3 der
Anlage 1 verfüge und demgemäß im Eingangsamt mit A 12 zu besolden sei. Es sei nicht nachvollziehbar,
wie das Arbeitsgericht zu der Annahme komme, der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
07.05.1993 sei am 31.12.1996 ausgelaufen.
Die Klägerin erfülle im Übrigen auch die Voraussetzungen der Fallgruppe 1, Unterabschnitt II Abschnitt B
der TdL-Richtlinien. Die Fähigkeit zum Unterricht in mindestens zwei Fächern müsse nämlich nicht
aufgrund eines Hochschulstudiums vorliegen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Tarifregelung sei
nur gefordert, dass die Fähigkeit zum Unterricht in mindestens zwei Fächern, aufgrund des Studiums,
erlangt worden sein müsse. Bei der von der Klägerin besuchten -Universität X handele es sich zweifellos
um eine Hochschule. Aufgrund des Studiums der Klägerin an dieser Hochschule besitze sie die Fähigkeit
zum Unterricht in mindestens zwei Fächern, nämlich Werken, Praxis in der Schule und Bildende Kunst.
Insbesondere die Lehrberechtigung zu den Fächern Praxis in der Schule und Bildende Kunst habe die
Klägerin ausschließlich augrund ihres Hochschulabschlusses in dem Fach Kunsterziehung erlernt. Sie sei
auch in ganz besonderer Weise für ihre Tätigkeit an der dualen Oberschule W qualifiziert, da die
Ausbildung in dem Fach Kunsterziehung in der ehemaligen DDR ausschließlich polytechnisch orientiert
gewesen sei.
Im Übrigen stehe es nicht im Ermessen des Arbeitsgerichtes, Fächer als wissenschaftlich zu bezeichnen
oder nicht. Insoweit seien ausschließlich die Protokollnotizen zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien
maßgeblich.
Des Weiteren erfülle die Klägerin auch die Voraussetzungen der Fallgruppen 2 und 3 Unterabschnitt II
Abschnitt B der TdL-Richtlinien. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Zuteilung von
Unterrichtsstunden in speziellen Fächern durch die Beklagte gegen § 242 BGB verstoße, falls sich
herausstellen sollte, dass die Klägerin in bestimmten Jahren die Voraussetzung für die Vergütung nach
der Vergütungsgruppe III BAT erfüllt habe, in anderen jedoch nicht. Wenn die Klägerin nämlich gewusst
hätte, dass nur der Unterricht in bestimmten Fächern zu einer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III
BAT führe, hätte sie selbstverständlich darauf bestanden, gerade in diesen Fächern überwiegend
eingesetzt zu werden.
Die in dem schriftlichen Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf die TdL-Richtlinien verstoße gegen §
307 Abs. 1 BGB, zumal diese Richtlinien auf Lehrkräfte, die ihre Ausbildung in der ehemaligen DDR
absolviert hätten, nur unter Anwendung aller juristischen "Interpretationskünste" anwendbar seien.
Die Nettoforderung der Klägerin für die Monate Februar bis April 2004 sei nicht durch Aufrechnung
erloschen, da dem das gesetzliche Aufrechnungsverbot gemäß § 294 Satz 1 BGB entgegenstehe.
Auch die rückwirkende Rückforderung überbezahlter Vergütungen sei nicht zulässig, da die Klägerin auf
die Richtigkeit der im Arbeitsvertrag mitgeteilten Eingruppierung habe vertrauen dürfen; die
Geltendmachung eines entsprechenden Rückzahlungsanspruches sei ebenfalls treuwidrig.
Hilfsweise werde mit dem letzten Berufungsantrag geltend gemacht, dass die Klägerin jedenfalls einen
Anspruch auf die Vergütungsgruppe IV b BAT für die Zeit vom August 2003 bis Juli 2004, auch nach den
Feststellungen des Arbeitsgerichtes habe, so dass für diese Zeit jedenfalls nicht die Differenz zwischen
der Vergütungsgruppe V c BAT und der Vergütungsgruppe III BAT zurückverlangt werden könne. Die
dahingehende Entscheidung des Arbeitsgerichtes sei mit der vorausgegangenen Feststellung der
zeitweisen Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe IV b BAT nicht vereinbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin
vom 19.10.2005 (Bl. 195 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts vom 01.06.2005, Az.: 9 Ca 789/04 teilweise abzuändern und
1. festzustellen, dass die Klägerin in die Vergütungsgruppe BAT III einzuordnen ist,
2. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die 403,43 EUR brutto hinaus die Differenz zu
2.849,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.02.2004
zu bezahlen,
3. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 403,43 EUR brutto hinaus
die Differenz zu 2.849,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 15.03.2004 zu bezahlen,
4. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 403,43 EUR brutto hinaus
4. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 403,43 EUR brutto hinaus
die Differenz zu 2.854,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 15.04.2004 zu bezahlen,
5. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 407,45 EUR brutto hinaus
die Differenz zu insgesamt 2.892,68 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2004 zu bezahlen,
6. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 407,45 EUR brutto hinaus
die Differenz zu insgesamt 2.882,68 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.06.2004 zu bezahlen,
7. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 374,81 EUR brutto hinaus
die Differenz zu insgesamt 3.081,52 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.928,88 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.07.2004 zu bezahlen,
8. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 1.862,06 EUR brutto
abzüglich gezahlter 1.268,16 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 15.08.2004 zu bezahlen,
9. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin über die zugesprochenen 1.862,06 EUR brutto
abzüglich gezahlter 1.268,16 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 15.09.2004 zu bezahlen,
10. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.10.2004 zu
bezahlen,
11. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 4.758,93 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.451,22
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2004 zu
bezahlen,
12. das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 1.862,06 EUR brutto abzüglich gezahlter 1.268,16
EUR zu bezahlen,
hilfsweise
1. festzustellen, dass das beklagte Land nicht berechtigt war und ist, bis einschließlich Januar 2004
bezahlte Vergütungen ganz oder teilweise zurückzufordern und zu verrechnen,
2. dazu hilfsweise festzustellen, dass das beklagte Land nicht berechtigt ist, bis einschließlich Januar
2004 eine über die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe IV b BAT und der Vergütungsgruppe III BAT
geltend zu machen und ab Februar 2004 zu verrechnen.
Das beklagte Land beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das beklagte Land führt aus,
im Zusammenhang mit den von der Klägerin angeführten Beschlüssen der Kultusministerkonferenz sei
darauf hinzuweisen, dass die Regelungen aus dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
07.05.1993 mit Ablauf des 31.12.1996 ausgelaufen seien. Der Wechsel der Klägerin in den rheinland-
pfälzischen Schuldienst sei nicht im Lehrertauschverfahren erfolgt; dem habe nämlich
entgegengestanden, dass die Klägerin vor Abschluss des Arbeitsvertrages vom 02.08.2002 bereits mit
Schreiben vom 17.03.2002 ihr Anstellungsverhältnis beim Land V außerordentlich zum 03.04.2002
gekündigt habe.
Im Übrigen seien die Ausführungen des Arbeitsgerichtes im erstinstanzlichen Urteil nicht zu beanstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des beklagten Landes
vom 19.12.2005 (Bl. 215 ff. d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, das
Rechtsmittel ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Die Klägerin war lediglich während des Schuljahres 2003/2004, also für die Zeit vom August 2003 bis Juli
2004 in die Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert, so dass auch nur insoweit die vom Arbeitsgericht
zugesprochenen Restvergütungs- und Zinsforderungen entstanden sind. Die weitergehend von der
Klägerin verfolgten Feststellungs- und Zahlungsanträge sind zulässig, aber unbegründet. Das
Arbeitsgericht hat dies auf Seite 13 ff. seines Urteils vom 01.06.2005 (= Bl. 164 ff. d.A.) ins Einzelne
gehend rechtlich zutreffend dargelegt. Die Berufungskammer macht sich diese Ausführungen
vollumfänglich zu Eigen und verzichtet gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf eine wiederholende Darstellung.
Die von der Klägerin mit ihrer Berufung erhobenen Einwendungen rechtfertigen eine Abänderung des
erstinstanzlichen Urteiles nicht. Soweit sich nicht bereits aus den Ausführungen des Arbeitsgerichtes die
fehlende Rechtfertigung der zweitinstanzlich weitgehend lediglich wiederholten Einwendungen aus dem
erstinstanzlichen Verfahren entnehmen lässt, ist auf folgendes ergänzend hinzuweisen.
1.
Die Prozessparteien haben die Geltung der Vergütungsgruppe III BAT nicht (konstitutiv) vereinbart. Die
Benennung dieser Vergütungsgruppe beruht ausschließlich auf § 22 Abs. 3 BAT und hat mithin
deklaratorischen Charakter. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ihre Eingruppierung
nämlich aus den im schriftlichen Arbeitsvertrag ebenfalls vereinbarten Richtlinien über die Eingruppierung
der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte. Hiermit sind die TdL-Richtlinien gemeint, die im
Falle der Klägerin nicht lückenhaft sind. Die Klägerin leitet das Vorliegen einer Lücke in den TdL-
Richtlinien letztlich aus der Tatsache ab, dass sie, trotz ihrer in der ehemaligen DDR absolvierten
Lehrerausbildung nicht in die Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert ist. Es ist jedoch umgekehrt die
Frage zu stellen, ob die Klägerin die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Eingruppierung
mitbringt oder nicht. Falls dies, wie vorliegend, nicht der Fall ist, bedeutet dies nicht, dass eine Lücke in
den TdL-Richtlinien gegeben ist, zumal im letzten Satz des Unterabschnittes II Abschnitt B der TdL-
Richtlinien für Lehrkräfte an Realschulen ein Auffangtatbestand gebildet ist, der Lehrkräfte an
Realschulen erfasst, soweit sie nicht in die zuvor genannten Fallgruppen eingruppiert sind. Demnach
werden diese Lehrkräfte wie entsprechende Lehrkräfte an Grund- und Hauptschulen eingruppiert.
Die Klägerin ist eine Lehrkraft an einer Realschule, zumal sie an der dualen Oberschule W ausschließlich
im Realschulbereich eingesetzt ist. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die duale Oberschule einen
Mischcharakter hat und dort eine berufsnahe Orientierung der Ausbildung auch in theoretischen Fächern
vorgesehen ist. Denn hieraus folgt kein entscheidender Unterschied zu den Anforderungen, die an eine
Lehrkraft, welche an einer klassischen Realschule eingesetzt ist, gestellt werden.
Die TdL-Richtlinien enthalten auch nicht etwa deshalb eine lückenhafte Regelung, weil sie auf
Abschlüsse in der ehemaligen DDR nicht anwendbar wären. Vielmehr wurden gemäß § 37 Abs. 2 des
Einigungsvertrages vom 31.08.1990 durch die Kultusministerkonferenz Anerkennungsverfahren für
Lehramtsprüfungen geregelt. Dies geschah insbesondere in dem Beschluss der Kultusministerkonferenz
vom 07.05.1993. Voraussetzung für das dort vorgesehene Bewährungsfeststellungsverfahren war
allerdings die Teilnahme an einem Lehreraustauschverfahren. Unabhängig davon ist den weiteren
Beschlüssen der Kultusministerkonferenz, insbesondere jenem vom 27.02.1998 zu entnehmen, dass das
Bewährungsfeststellungsverfahren aus dem Beschluss vom 07.05.1993 mit dem 31.12.1996 entfallen ist.
Auch der des Weiteren von der Klägerin genannte Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
22.10.1999 betrifft ausschließlich das Lehreraustauschverfahren.
An diesem Verfahren hat die Klägerin aber nicht teilgenommen, da sie ihr Beschäftigungsverhältnis als
Lehrerin im Land V selbst fristlos gekündigt hat. Eine Bewährungsfeststellung auf der Grundlage der
Beschlüsse der Kultusministerkonferenz kann daher nicht stattfinden. Soweit die Klägerin im Anschluss an
ihre Kündigung im Land V einen neuen Arbeitsvertrag als Lehrerin im Land Rheinland-Pfalz
abgeschlossen hat, muss sie sich daher wie jeder andere Arbeitnehmer, der als Lehrkraft im Land
Rheinland-Pfalz beschäftigt werden will, behandeln lassen.
Mithin besteht kein Anlass, die im Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe III BAT als konstitutiv
vereinbarte Entgeltregelung aufzufassen.
2.
Die Klägerin ist auch nicht gemäß Abschnitt A der TdL-Richtlinien in die Vergütungsgruppe III BAT
eingruppiert. Dieser Abschnitt erfasst nur Lehrkräfte, bei denen die fachlichen und pädagogischen
Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllt sind. Die Klägerin verfügt aber nicht
über zwei abgeschlossenen Lehramtsprüfungen, welche Voraussetzung für die Übernahme in das
Beamtenverhältnis sind.
3.
Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichtes zu dem Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die
Vergütungsgruppe III BAT, gemessen an der Fallgruppe 1 Unterabschnitt II Abschnitt B der TdL-Richtlinien
sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat nämlich, aufgrund ihres Studiums, nicht die Fähigkeit, zum
Unterrichten in mindestens zwei Fächern. Sie hat lediglich ein Studium in dem Fach "Kunsterziehung"
absolviert, für die Fächer "Praxis in der Schule", "Ethik" und "Werken" liegt hingegen kein
Studienabschluss vor.
Darüber hinaus sind auch die Eingruppierungsmerkmale gemäß der Fallgruppe 2 Unterabschnitt II
Abschnitt B der TdL-Richtlinien gegeben, da die Klägerin nicht überwiegend Unterricht in mindestens
einem ihrem Studium entsprechenden wissenschaftlichen Fach erteilt. Ein wissenschaftliches Fach kann
nur dann vorliegen, wenn es Gegenstand eines abgeschlossenen Studiums an einer wissenschaftlichen
Hochschule war. Gemäß der Protokollerklärung Nr. 1 zu Abschnitt B der TdL-Richtlinien gilt für die
Auslegung des Begriffs "abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule" die
Protokollerklärung Nr. 2 der Anlage 1 a zum BAT. Hiernach sind wissenschaftliche Hochschulen
Universitäten, technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als
wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind. Die Universität X war aber jedenfalls zu der Zeit, als die
Klägerin ihre Ausbildung absolvierte, nicht nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschule
anerkannt.
4.
Soweit die Klägerin geltendmacht, es würde gegen § 242 BGB verstoßen, wenn sich herausstellen sollte,
dass sie in bestimmten Jahren die Voraussetzungen für die Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT
erfüllt habe und in anderen Jahren nicht, ist hierzu nichts auszuführen, zumal die Klägerin zu keinem
Zeitpunkt die Eingruppierungsmerkmale der Vergütungsgruppe III BAT erfüllt hat.
5.
Auch der Hilfsantrag, den die Klägerin in der Berufungsbegründung unter Ziffer II. 2. gestellt hat, ist nicht
begründet. Das Land hat - ausgehend vom Inhalt des erstinstanzlichen Urteiles - das Recht, auch für die
Zeit von August 2003 bis Juli 2004 die Differenz zwischen der Vergütungsgruppe V c BAT und der
Vergütungsgruppe III BAT zu verrechnen, obwohl die Klägerin während dieser Zeit in die
Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert ist. Denn die Klägerin hat die Zahlung von restlichem
Arbeitsentgelt für die Zeit vom August 2003 bis Juli 2004 in Höhe der Differenz zwischen der
Vergütungsgruppe V c BAT und der Vergütungsgruppe IV b BAT im erstinstanzlichen Urteil zugesprochen
erhalten. Sie kann nicht zusätzlich noch verlangen, dass trotz dieser vollstreckbaren
Restvergütungsforderungen auch die Verrechnung der Differenz zwischen den Vergütungsgruppen V b
BAT und III BAT unterbleibt. Ansonsten würde sie den Unterschied zur Vergütungsgruppe IV b BAT
letztendlich zweifach zugesprochen erhalten.
Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte
es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.