Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 22.03.2005
LArbG Mainz: befristung, arbeitsgericht, vertretung, unbefristet, zusage, erziehungszeit, arbeitsausfall, arbeitsstelle, beurteilungsspielraum, name
LAG
Mainz
22.03.2005
12 Ta 172/04
Befristung zur Vertretung
Aktenzeichen:
12 Ta 172/04
8 Ca 5119/03 KO
ArbG Koblenz
Verkündet am: 08.03.2005
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - 8
Ca 5119/03 - vom 1.7.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Ablehnung ihres
Prozesskostenhilfegesuchs.
Gegenstand des Klageverfahrens ist das Entfristungsverlangen der Klägerin. Sie ist 43 Jahre alt, mit
einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt und ledig. Sie war bei der
Beklagte als Angestellte für die Zeit vom 17.4.2001 bis zum 31.12.2003 befristet beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis fand der BAT und die ihn ergänzenden Vorschriften Anwendung. Die Erstbefristung
datierte vom 17.4.2001 und nahm gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 17.4.2001 die Vertretung von Frau
YY nach § 21 BerzGG in Bezug. Als Beendigungsdatum war der 9.3.2002 vorgesehen. Dieser Vertrag
wurde durch eine Zweitbefristung in der schriftlichen Abmachung vom 2.11.2001 abgeändert. Nach
diesem Vertrag wurde das Arbeitsverhältnis bis zum 31.12.2003 zur Vertretung von Frau XX (§ 21
BerzGG) befristet, deren Elternzeit bis November 2004 andauerte.
Die Beklagte hat im Juni/Juli 2002 über die Übernahme von befristet Beschäftigten in unbefristete
Arbeitsverhältnisse befunden. Sie übernahm dabei von 29 befristet beschäftigten Personen 13 in
unbefristete Arbeitsverhältnisse und 11 in befristete Verträge. 5 Personen sollten über das
Befristungsende hinaus nicht mit mehr weiterbeschäftigt werden. Die Beschwerdeführerin zählte zu
diesen 5 Personen. Der Auswahl war keine hausinterne Ausschreibung vorausgegangen.
Die Beschwerdeführerin meint, ihr Arbeitsverhältnis sei schon im Hinblick auf die Dauer der Elternzeit der
von ihr vertretenen Arbeitnehmerin XX nicht wirksam befristet gewesen. Vor Unterzeichnung des letzten
Vertrages sei ihr auch eine Befristung bis zum Ende der Elternzeit zugesagt worden. Die Beklagte habe
sie zu Unrecht nicht in den Kreis der weiterbeschäftigten Personen aufgenommen. Bei ihren
Feststellungsanträgen gehe es nicht nur um mögliche Schadensersatzansprüche, sondern auch um die
Bestätigung, dass die Verfahrensweise bei der Einstellung von Kräften, die nun dauerhaft beschäftigt
würden, fehlerhaft verlaufen sei. Eine solche Feststellung könne auch als Grundlage für eine
Weiterbeschäftigung bzw. Wiedereinstellung dienen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der
Befristung vom 17.4.2001 in Gestalt der Änderung vom 2.11.2001 zum 31.12.2003 beendet ist,
hilfsweise,
festzustellen, dass des Auswahlverfahren im Juni 2002 hinsichtlich der Besetzung von unbefristeten
Stellen durch Zeitarbeitskräfte fehlerhaft verlaufen ist,
ferner festzustellen, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens die
Beschwerdeführerin hätte berücksichtigt werden müssen zur Einstellung.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Befristung aus Vertretungsgründen sachlich gerechtfertigt
gewesen ist und dass kein Fehler in der Auswahl der unbefristet zu übernehmenden Mitarbeiter vorliege.
Die unbefristeten Einstellungen seien schließlich nach entsprechender Auswahl unter Beteiligung der
Leiter aller betroffenen hausinternen Behördenabteilungen, der Personalvertretung, der
Schwerbehindertenvertretung sowie der Gleichstellungsbeauftragten erfolgt. Als Auswahlgesichtspunkte
hätten leistungsbezogene Kriterien gedient. Sie seien mit allen an der Auswahl beteiligten Personen
beraten worden.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 1.7.2004 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt
unter Hinweis auf das Urteil vom 11.05.2004, mit dem es die Klage im Hauptantrag als unbegründet und
hinsichtlich der Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen hat. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Beschluss vom 1.7.2004 (Bl. 20 ff. der Beiakte) wie auch auf das Urteil vom 11.5.2004 (Bl. 65 ff. d. A.)
Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen ihr am 8.7.2004 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz vom
22.7.2004, eingegangen per Fax am gleichen Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat
dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1.
m. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 78 Satz 1 ArbGG i. V.
m. §§ 569, 572 Abs. 2 ZPO). Sie ist damit zulässig.
2.
a)
hinreichende Erfolgsaussicht besteht.
aa)
Bedürftigkeit eines Antragstellers weiterhin davon ab, dass seine Streitsache hinreichende Aussicht auf
Erfolg besitzt und zudem nicht als mutwillig zu bewertet werden kann. Hinreichende Aussicht auf Erfolg ist
dann zu bejahen, wenn der prozessuale Anspruch des Antragstellers nach seinem Vorbringen als
schlüssig und als gegebenenfalls beweisbar einzuschätzen ist. Die Erfolgsaussicht setzt ein gewisses
Maß an Wahrscheinlichkeit voraus, das jedoch hinter einer Erfolgsgewissheit zurück zu bleiben hat.
bb)
Erfolgsaussicht nicht. Nach ihrem eigenen Vorbringen war die die vertragliche Befristung der
Beschwerdeführerin vom 21.11.2001 durch die Erziehungszeit der Mitarbeiterin XX gedeckt. Zwar reichte
deren Dauer noch über das avisierte Befristungsende hinaus bis zum November 2004, jedoch hinderte
das die sachliche Rechtfertigung der Befristung nicht.
(1)
die Klageerhebung am 23.12.2003 noch gewahrt (vgl. § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. §§ 253, 169, 222 ZPO i.
V. m. §§ 187, 188 BGB)
(2)
für Aushilfsangestellte zum BAT (SR 2y BAT) bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags unter dem
Anwendungsbereich dieses Tarifvertrags eines sachlichen oder in der Person des Angestellten liegenden
Grundes (Protokollnotiz Nr. 1). Ferner muss dieser Rechtfertigungsgrund der Schriftformanforderung nach
Nr. 2 der Anlage SR 2y BAT genügen.
(3)
Vertretung zeitweilig ausfallender Mitarbeiter der beschäftigenden Körperschaft (vgl. KR/Lipke [6. Aufl.,
2002], § 620 BGB Rz. 183a ff.). Dieser Vertretungsfall setzt voraus, dass ein auf Zeit ausfallender
Arbeitnehmer durch eine einzustellende Kraft zeitlich begrenzt ersetzt werden muss. Weder setzt dies
aber im speziellen voraus, dass die Ersatzkraft auf genau derselben Arbeitsstelle der zu vertretenden Kraft
eingesetzt wird, noch dass die Befristungsdauer genau mit der Dauer des Vertretungserfordernisses
übereinstimmt. Vielmehr hat der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber insofern einen gewissen
Beurteilungsspielraum, inwieweit er den Vertretungsbedarf durch innerbetriebliche Dispositionen auffängt
und lediglich verbleibende (Rest-)Aufgaben an befristet beschäftigte, neu einzustellende Personen
ausgibt. Erforderlich ist dabei lediglich, dass ein kausaler Bezug von dem Arbeitsausfall an der Stelle der
zu vertretenden Arbeitnehmerperson zu dem zeitlich begrenzten Arbeitsanfall der Aushilfskraft besteht
(vgl. näher: BAG, 6.12.1999, NZA 2000, 721 [722]; 21.2.2001, NZA 2001, 1069; 23.1.2002, NZA 2002, 665
f.).
(4)
der Arbeitsausfall durch die Erziehungszeit der Mitarbeiterin XX vom November 2001 bis zum November
2004 abzudecken. Für die Zeit vom November 2001 bis zum Jahresende 2003 nahm dabei die
Beschwerdeführerin die Arbeitsaufgaben der ausgefallenen Mitarbeiterin wahr. Hingegen sollte in den
Folgemonaten die Beklagte den Vertretungsbedarf durch interne Arbeitsumverteilungen auf andere Weise
abdecken. Eine Vertretungskraft wurde für diesen Zeitraum nicht mehr benötigt und entsprechend
eingestellt. Mithin ist die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Beschwerdeführerin sowohl der Sache
nach als auch in seiner Dauer bereits nach dem Vorbringen der Klägerin für gerechtfertigt zu erachten.
Die Einwände der Klägerin gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts im Hinblick darauf, dass in den
Entscheidungsgründen des Urteils der Name "Spreitzer" erwähnt wird, verfangen schon deshalb nicht
mehr, weil das Arbeitsgericht insoweit ein Unrichtigkeit i. S. v. § 319 ZPO vorlag, die berichtigt wurde. Die
dagegen gerichtete Beschwerde der Klägerin ist durch unanfechtbaren Beschluss vom 22.02.2005 – 12
Ta 291/04 -zurückgewiesen worden.
cc)
auf die Frage der Rechtmäßigkeit der letztmaligen Befristung Bezug nehmen konnte, war im Rahmen
seiner Beurteilung über die Frage einer Fortbeschäftigungsberechtigung der Beschwerdeführerin wegen
vermeintlich fehlerhafter Personalauswahl nicht weiter zu befinden.
Auch der von der Klägerin angeführte Umstand, dass ihre Beschäftigung hätte bezuschusst werden
können, lässt die Befristung nicht unwirksam werden.
Schließlich folgt aus der von der Klägerin behaupteten Zusage einer Beschäftigung bis zum Ende der
Elternzeit von Frau XX nichts anderes. Wie die Beklagte zutreffend geltend gemacht hat, ist jedenfalls
durch die vorbehaltlose Unterschrift unter den Vertrag, welcher der behaupteten Zusage nicht
entsprochen und den die Klägerin vorbehaltlos unterschrieben hat, eine solche Zusage gegenstandslos
geworden. Es bedurfte deshalb seitens des Arbeitsgericht insofern auch keiner Beweisaufnahme.
b)
Erfolgsaussicht auf.
aa)
der Behörde der Beklagte fehlerhaft verlaufen sei, fehlt es schon an einem Rechtsverhältnis i. S. v.
§ 256 Abs. 1 ZPO
Ein Rechtsverhältnis ist die rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder
Sache. Kein Rechtsverhältnis i. d. S. sind bloße Tatfragen oder abstrakte Rechtsfragen (vgl nur
Zöller/Greger ZPO 25. A. § 256 Rn 3).
Die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, welche die Klägerin in ihrem ersten Antrag zur
Entscheidung stellen will, stellt kein derartiges Rechtsverhältnis dar. Es wird in diesem Antrag abstrakt zur
Überprüfung gestellt, ohne dass es um das konkrete Verhältnis der Klägerin zur Beklagten, um in diesem
Zusammenhang bestehende Rechte und Pflichten geht.
bb)
Beschwerdeführerin bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren zur Einstellung hätte berücksichtigt
werden müssen, die hinreichende Erfolgsaussicht.
(1)
Beschwerdeführerin nachzukommen. Die Klägerin begehrt die Feststellung, sie habe „zur Einstellung
berücksichtigt“ werden müssen. Da die Beklagte im Zuge des Auswahlverfahrens im Juni/Juli 2002 jedoch
nicht allein eine einzige Arbeitsstelle nachbesetzt hat, sondern deren 24 (11 befristet, 13 unbefristet), ist
nicht erkennbar auf welche Einstellung die Beschwerdeführerin sich zu Unrecht nicht berücksichtigt sieht.
Eine Eingrenzung wird allenfalls dahingehend erkennbar, dass sie wohl auf eine der unbefristet besetzten
Stellen abzielt, da sie im ersten Hilfsantrag sich auf das Auswahlverfahren bei den unbefristeten
Übernahmen bezieht, was aber keine hinreichende Bestimmtheit begründet.
(2)
nicht bejaht werden.
Das Arbeitsgericht hat insoweit zu Recht auf die allgemein vertretene Auffassung verwiesen, dass das
Feststellungsinteresse regelmäßig dann zu verneinen ist, wenn eine Klage auf Leistung nicht möglich
oder zumutbar ist (vgl nur Zöller/Greger aaO Rn 7a; BAG 17.04.2002 – AZR 458/00 – juris Rn 22). Es ist
nicht erkennbar und insbesondere auch von der insoweit für die maßgeblichen Tatsachen darlegungs-
und gegebenenfalls beweisbelasteten Klägerin (Zöller/Greger aaO Rn 7) auch im Beschwerdeverfahren
nicht dargetan worden, warum ihr eine Leistungsklage nicht möglich oder zumutbar sein sollte.
Die Klägerin hat lediglich erklärt, es sei ihr nicht nur um Schadensersatz – gemeint ist damit wohl
Geldersatz – gegangen, sondern die begehrte Feststellung könne auch als Grundlage für eine
Weiterbeschäftigung oder Wiedereinstellung dienen. Mit diesen Ausführungen hat die Klägerin aber keine
Tatsachen vorgetragen, die begründen könnten, warum es ihr nicht möglich oder zumutbar gewesen
wäre, diese unterschiedlichen Begehren, die der Sache nach allerdings jeweils
Schadensersatzansprüche wären, mit entsprechen Leistungsanträgen zu verfolgen.
Nach alldem ergibt sich, dass die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen war.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da Gründe im Sinne der §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG
nicht vorlagen. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung somit nicht gegeben.
ZZ
Vorsitzende der 12.