Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 18.07.2005

LArbG Mainz: reisekosten, arbeitsgericht, gesetzesänderung, niedergelassener, stadt, aufwand, streichung, beschränkung, thüringen, rechtsmittelbelehrung

LAG
Mainz
18.07.2005
11 Ta 126/05
Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts
Aktenzeichen:
11 Ta 126/05
7 Ca 2195/04
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Entscheidung vom 18.07.2005
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige
Kammern Neuwied - vom 14.01.2005 (Az.: 7 Ca 2195/04) wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger dagegen, dass das Arbeitsgericht Koblenz ihm
mit Prozesskostenhilfebeschluss vom 14.01.2005 seinen Prozessbevollmächtigten nur unter Ausschluss
der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeld sowie der etwaigen Reisekosten vom Ort der
Kanzlei zum Gerichtsort (Ort des Gerichtstages) beigeordnet hat.
Mit seiner am 07.10.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der in A-Stadt wohnhafte Kläger
(Rest-)lohnansprüche und die Erstellung von Lohnabrechnungen sowie die Erteilung einer
Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III geltend gemacht. Gleichzeitig hat er die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines ebenfalls in A-Stadt ansässigen Prozessbevollmächtigten
beantragt. A-Stadt gehört nicht zum Gerichtsbezirk des Arbeitsgerichts Koblenz, sondern zu demjenigen
des Arbeitsgerichts Bonn.
Das Verfahren endete durch Prozessvergleich im Kammertermin vom 07.04.2005.
Mit Beschluss vom 14.01.2005, der weder eine Begründung noch eine Rechtsmittelbelehrung enthält,
noch dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten förmlich übermittelt wurde, hat das Arbeitsgericht
dem Kläger ab dem 07.10.2004 Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens
ohne Ratenzahlung bewilligt und ihm seinen Prozessbevollmächtigten mit den oben genannten
Einschränkungen beigeordnet.
Mit Schreiben vom 10.03.2005 (Bl. 18 d.A.), das gleichtägig beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der
Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 46 RVG beantragt festzustellen, dass die Reise seines
Prozessbevollmächtigten zu den Gerichtsterminen am 04.11.2004 und am 07.04.2005 erforderlich war
bzw. ist.
Mit Schriftsatz vom 08.04.2005, bei Gericht eingegangen am 11.04.2005, hat er darum gebeten, den
Schriftsatz vom 10.03.2005 als Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss zu betrachten und
auf eine Entscheidung des OLG Nürnberg (Beschl. vom 06.10.2004 – 10 WF 3403/04 -) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit einem ebenfalls nicht begründeten „Beschluss“ vom 17.05.2005 (Bl. 28 d.A.) der
„Beschwerde vom 11.04.2005“ nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
A. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Klägers ist im Ergebnis zulässig.
I. Gegen den angefochtenen Beschluss ist die sofortige Beschwerde das gemäß §§ 127 Abs. 2, 567, 569
ff. ZPO i.V.m. § 78 ArbGG statthafte Rechtsmittel.
II. Der Beschwerdewert gemäß §§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 511 ZPO ist erreicht, da der Streitwert der
Hauptsache 600 € übersteigt.
III. Es ist im Ergebnis davon auszugehen, dass das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt wurde.
Nach § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO beträgt die Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO einen Monat.
Nachdem der angefochtene Prozesskostenhilfebeschluss schon am 14.01.2005 ergangen ist und gemäß
Erledigungsvermerk bereits am 18.01.2005 (Bl. 11 des PKH-Heftes) sowohl an den Kläger als auch an
dessen Bevollmächtigten versandt wurde, spricht zwar vieles dafür, dass das als Beschwerde bezeichnete
und als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel nicht fristgerecht erfolgte und zwar unabhängig
davon, ob dieses bereits mit Schriftsatz vom 10.03.2005 oder erst mit Schriftsatz vom 08.04.2005 eingelegt
wurde.
Da das Arbeitsgericht es aber verabsäumt hat, eine förmliche Übermittlung des
Prozesskostenbeschlusses zu veranlassen, ist ein Fristablauf nicht nachweisbar.
Zudem hat das Arbeitsgericht dem eingeschränkten Prozesskostenhilfebeschluss entgegen § 9 Abs. 5
ArbGG auch keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt.
Auch die (sofortige) Beschwerde stellt indes ein Rechtsmittel im Sinne des § 9 Abs. 5 ArbGG dar
(Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., vor § 567 Rn. 1). Daher begann die Frist zur Einlegung des Rechtsmittel
nicht zu laufen (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 9 Rz. 46; Schwab/Weth,
ArbGG, § 9 Rz. 27).
Damit ist die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde auch aus diesem Grund nicht verfristet.
B. Die mithin zulässige Beschwerde erweist sich im vorliegenden Fall im Ergebnis aber als unbegründet.
I. Weder der angefochtene Prozesskostenhilfebeschluss vom 14.01.2005 noch der
„Nichtabhilfebeschluss“ (Bl. 28 d.A.) vom 17.05.2005 ist mit einer Begründung versehen.
Fehlt indes dem angefochtenen Beschluss – wie hier – die Begründung, liegt hierin ein
Verfahrensmangel, wenn die Begründung sich nicht aus dem Gesetz oder dem Akteninhalt ergibt; der
Mangel kann jedoch dadurch geheilt werden, dass die fehlende Begründung im Nichtabhilfeschluss
nachgeholt wird.
Auch Letzteres ist vorliegend nicht erfolgt.
Trotz der dargestellten Verfahrensverstöße hat das Landesarbeitsgericht von einer Zurückverweisung
abgesehen, da es sich im Wesentlichen um die Entscheidung einer Rechtsfrage handelt und sich die
notwendigen Tatsachen aus dem Akteninhalt ergeben.
II. Die sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen
Entscheidung dem Kläger den nicht am Gerichtssitz ortsansässigen Prozessbevollmächtigten im Ergebnis
zu Recht nur zu den Bedingungen einer ortsansässigen Prozessvertretung beigeordnet.
Der Prozesskostenhilfebeschluss enthält zwar keine Begründung; er stützt sich aber offensichtlich auf §
121 Abs. 3 i.V.m. § 121 Abs. 4 ZPO.
1. Nach § 121 Abs. 3 ZPO kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur
beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Die gleichlautende Vorschrift des §
121 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. wurde auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren für entsprechend anwendbar
gehalten, obwohl es bei den Arbeitsgerichten keine besondere Zulassung von Rechtsanwälten gibt. Zwar
besteht für eine entsprechende Anwendung der Vorschrift im arbeitsgerichtlichen Verfahren kein Raum
mehr, nachdem § 121 Abs. 3 ZPO trotz der Änderung im Recht der Postulationsfähigkeit (§ 78 Abs. 1 ZPO)
unverändert geblieben ist. Weiterhin ist jedoch der Grundgedanke der Vorschrift, unnötige Reisekosten zu
vermeiden, zu beachten. Grundsätzlich kann ein nicht bei dem Prozessgericht niedergelassener
Rechtsanwalt nur dann beigeordnet werden, wenn dadurch keine weiteren Kosten entstehen (Thüringer
Landesarbeitsgericht vom 31.01.2005 - 1 Ta 137/03 – mit Hinweis auf LAG Schleswig-Holstein vom
26.03.2003 – 1 Ta 84/01 – NZA-RR 2004,212; Hessisches Landesarbeitsgericht Beschl. vom 01.09.2004
– 2 Ta 5/04 -).
Die Beschränkung der Beiordnung gemäß § 121 Abs. 3 ZPO betrifft nicht mehr den nicht am
Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt, sondern den Rechtsanwalt, der seine Kanzlei nicht am Sitz
des Prozessgerichts unterhält (Thüringer LAG Beschl. vom 31.01.2005 – 1 Ta 137/03 -; vom21.07.1997 –
8 Ta 100/97 – LAGE Nr. 4 zu § 121 ZPO).
Es stellt sich mithin die Frage, ob die dem beigeordneten auswärtigen Rechtsanwalt entstehenden
Reisekosten „Mehrkosten" im Sinne des § 121 Abs. 3 ZPO sind. Dies ist unter Umständen dann nicht der
Fall, wenn durch die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwalts die Kosten eines Verkehrsanwalts
eingespart werden (LAG Thüringer LAG vom 31.01.2005, a.a.O., m.w.N.).
2. In diesem Zusammenhang ist daher auch die Regelung in § 121 Abs. 4 ZPO zu beachten.
Nach dieser Vorschrift kann ausnahmsweise ein weiterer Rechtsanwalt zur Wahrnehmung eines Termins
zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem
Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden, wenn „besondere Umstände“ dies rechtfertigen.
Es ist daher denkbar, dass einer Partei, der – wie es der Regelfall ist – ein Rechtsanwalt am Ort des
Prozessgerichts beigeordnet wurde, aufgrund der Besonderheit des Einzelfalles zusätzlich ein
Rechtsanwalt zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Hauptbevollmächtigten beizuordnen ist.
Mit dieser Regelung ging bis zur Einführung des RVG die kostenrechtliche Regelung des § 126 BRAGO
einher.
War ein am Ort des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt beigeordnet worden, standen ihm
nach § 126 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BRAGO keine Reisekosten zu; dafür konnte in besonders gelagerten
Einzelfällen ein zusätzlicher Verkehrsanwalt beigeordnet werden. Wurde hingegen ein nicht am Ort des
Prozessgerichts niedergelassener Hauptbevollmächtigter beigeordnet, bestand kein Bedarf für die
Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts; dafür war der auswärtige Rechtsanwalt grundsätzlich
berechtigt, seine Reisekosten abzurechnen (vgl. § 126 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BRAGO; BGH Beschl. vom
23.06.2004 – XII ZB 61/04 – NJW 2004, 2749).
Vor diesem Hintergrund kam nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH vom
23.06.2004 – XII ZB 61/04 – a.a.O.), dem das Hessische und das Thüringer Landesarbeitsgericht insoweit
gefolgt sind (vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht Beschl. vom 01.09.2004 – 2 Ta 5/04 -, m.w.N.;
Thüringer Landesarbeitsgericht Beschl. vom 31.01.2005 – 1 Ta 137/03 -), die - hier vorliegende -
eingeschränkte Prozesskostenhilfebewilligung nur dann in Betracht, wenn auch sonst nur die Kosten
eines am Prozessgericht niedergelassenen Anwalts entstehen konnten, weil „besondere Umstände“ i.S.v.
§ 121 Abs. 4 ZPO nicht vorlagen. Demgemäß waren bei der Entscheidung über die Beiordnung eines
nicht am Prozessgericht niedergelassenen Rechtsanwalts stets die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4
ZPO zu prüfen.
Nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO nicht vorlagen, durfte das Gericht einen – wie
hier - von der Partei nach § 121 Abs. 1 ZPO gewählten auswärtigen Prozessbevollmächtigten „zu den
Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts“ mit den Folgen des § 126 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BRAGO
beiordnen (BGH vom 23.06.2004, a.a.O., zu 2 b a.E. der Gründe; vgl. Hessisches Landesarbeitsgericht
vom 01.09.2004, a.a.O.; Thüringer Landesarbeitsgericht vom 31.01.2005, a.a.O.).
a) Bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen des
Vorliegens besonderer Umstände erforderlich ist, ist zum Einen auf die rechtlichen und tatsächlichen
Schwierigkeiten des Rechtsstreits und die subjektiven Fähigkeiten der Parteien abzustellen (BGH v.
23.06.2004, a.a.O., m.w.N.). Besondere Umstände in diesem Sinne liegen z.B. dann vor, wenn die Partei
schreibungewandt ist und ihr auch eine Informationsreise zu einem Rechtsanwalt am Sitz des
Prozessgerichts nicht zugemutet werden kann (BGH, a.a.O., m.w.N.). Gleiches ist der Fall, wenn der Partei
eine schriftliche Information wegen des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung des Sache nicht
zuzumuten ist und eine mündliche Information unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde (BGH v.
23.06.2004, a.a.O., m.w.N.).
b) Darüber hinaus berücksichtigte die oben genannte Rechtsprechung im Rahmen der durch Art. 3 Abs. 1
GG i.V.m. dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip gebotenen weitgehenden Angleichung der Situation von
Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes (BVerfG vom 04.02.2004 – 1
BvR 596/03 -, NJW 2004, 1789) bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „besonderen
Umstände“ auch die neuere Rechtsprechung des BGH zur Erstattung von Kosten für Verkehrsanwälte,
wonach im Falle der Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes am Sitz des Gerichts auch die Zuziehung
eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwalts regelmäßig als
zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1
Hs. 2 ZPO anzusehen ist (BGH, a.a.O.; BGH vom 16.10.2002 – VIII ZB/30/02 -, NJW 2003, 898, m.w.N.).
Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der besonderen Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO
war nach dieser Rechtsprechung eine zusätzliche Beiordnung mithin auch dann geboten, wenn die
Kosten des weiter beizuordnenden Rechtsanwalts die sonst entstehenden Reisekosten des nicht am
Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nach § 126 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BRAGO nicht
wesentlich übersteigen.
3. Nach der Einführung des RVG ist nicht unumstritten, ob die vorstehend dargestellten
Rechtsprechungsgrundsätze weiterhin uneingeschränkt anzuwenden sind.
Dabei ist Folgendes zu beachten:
a) Bis zur Einführung des RVG fand die Kostenregelung des § 126 BRAGO (auf die auch der
Bundesgerichtshof in seiner Argumentation ausdrücklich Bezug nimmt) Anwendung.
§ 126 Abs. 1 BRAGO lautete:
„Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung
der Interessen der Partei nicht erforderlich waren. Nicht zu vergüten sind Mehrkosten, die dadurch
entstehen, dass der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich
das Prozessgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet; dies gilt nicht, wenn ein
Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist,
das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet.
Nach § 126 Abs. 1 S. 2 2. Hs. BRAGO sollten mithin die Terminreisekosten erstattungsfähig sein, was
jedoch mit § 121 Abs. 3 ZPO, wonach ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur
beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen, kollidierte. Auch wegen dieser
Konfliktlage hatte § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO zentrale Bedeutung (Gebauer/Schneider, RVG 2. Aufl., § 46
Rn. 1).
Zwischenzeitlich wurde die Vorschrift des § 126 BRAGO zusammen mit § 97 Abs. 2 BRAGO nunmehr in §
46 RVG zu einem einheitlichen Auslagentatbestand vereint.
Diese Gesetzesänderung enthält auch sachliche Neuerungen; insbesondere wurde § 126 Abs. 1 S. 2
BRAGO ersatzlos gestrichen.
§ 46 Abs. 1 RVG lautet nunmehr wie folgt:
„Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung
der Angelegenheit nicht erforderlich waren.“
Die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 200 zu § 46 RVG) erklärt die Streichung wie folgt:
„Die Regelung des § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO soll nicht übernommen werden, weil diese Vorschrift
wegen § 121 Abs. 3 ZPO entbehrlich erscheint. Nach dieser Vorschrift kann ein bei dem Prozessgericht
nicht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.“
b) Im Hinblick auf die Gesetzesänderung wird teilweise (Gebauer/Schneider, a.a.O., § 46 Rn. 2) die
Auffassung vertreten, es werde insoweit nach dem Grundsatz verfahren, „was nicht sein darf, nicht sein
kann“. Der Gesetzgeber scheine nämlich davon auszugehen, durch die Streichung das
Spannungsverhältnis zugunsten des § 121 Abs. 3 ZPO bereinigt zu haben. Das dürfte sich jedoch als
Trugschluss erweisen, da die Rechtsprechung nämlich dem sog. Distanzanwalt den Ersatz von
Terminreisekosten trotz des Verbots nach § 121 Abs. 3 ZPO zugebilligt habe, falls nicht Anhaltspunkte für
einen Verzicht vorlägen. Ob sich daran für den beigeordneten oder bestellten Anwalt im Verhältnis zur
Staatskasse etwas ändern werde, bleibe abzuwarten.
Demgegenüber hat das KG Berlin in seinem Beschluss vom 07.04.2005 (– 16 WF 21/05 –) ausgeführt, der
Senat folge der entgegenstehenden Ansicht (OLG Karlsruhe, FamRZ 91, 348; 98, 632) im Hinblick auf die
eindeutige Formulierung des § 121 Abs. 3 ZPO nicht. Dessen wesentliches Argument, der Rechtsanwalt
habe mit dem Ausspruch der Beiordnung bereits eine Rechtsposition nach § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO
erlangt, die ihm nicht durch eine nachfolgende Einschränkung wieder genommen werden dürfte, treffe auf
die aktuelle Rechtslage nicht mehr zu, da die Regelung des § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO nicht in § 46 RVG
übernommen worden sei.
Es könne auch nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber die Übernahme dieser Regelung
vergessen habe. Vielmehr ergebe sich ein Sinn dann, wenn man davon ausgehe, der Gesetzgeber habe
die verkürzte Regelung in § 46 RVG im Hinblick auf § 121 Abs. 3 ZPO für ausreichend erachtet, weil es bei
Beachtung dieser Vorschrift ohnehin nicht mehr zu den in § 126 Abs. 1 S. 2 BRAGO erwähnten
Mehrkosten kommen könne.
4. Für den vorliegenden Fall kann dahin stehen, ob auch nach der Gesetzesänderung der dargestellten
(auch zu § 126 BRAGO ergangenen) Rechtsprechung zu folgen ist.
Selbst wenn man hiervon zugunsten des Klägers ausgeht, erweist sich der angefochtene Beschluss im
Ergebnis als zutreffend.
a) Auch der Bundesgerichtshof geht von § 121 Abs. 3 ZPO, wonach durch die Beiordnung eines
auswärtigen Rechtsanwalts keine weiteren Kosten entstehen dürfen, aus.
Da bei der – grundsätzlich vorgesehen - Beiordnung eines ortsansässigen Rechtsanwalts, anders als bei
der Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten, grundsätzlich keine Reisekosten anfallen,
führt die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts damit regelmäßig zu Mehrkosten i.S.v. § 121 Abs.
3 ZPO. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Partei, hätte sie einen ortsansässigen Rechtsanwalt
beauftragt, zusätzlich ein Verkehrsanwalt beigeordnet werden müsste. Letzteres ist dann der Fall, wenn
„besondere Umstände“ i.S.d. § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen.
Liegen aber die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO nicht vor, bleibt es dabei, dass die Beiordnung
eines auswärtigen Rechtsanwalts gegenüber der Beiordnung eines ortsansässigen
Prozessbevollmächtigten grundsätzlich mit Mehrkosten, nämlich dessen Reisekosten verbunden ist, da
Kosten für einen Verkehrsanwalt nicht hätten entstehen können. Es kommt mithin eine Beiordnung eines
auswärtigen Anwalts zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts in Betracht.
Liegen indes die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO vor, wäre der Partei also ein zusätzlicher
Verkehrsanwalt beizuordnen, kann etwas anderes gelten. Zwar würden für den ortsansässigen
Rechtsanwalt Reisekosten eingespart, neben den übrigen Kosten für den ortsansässigen Anwalt würden
aber gleichzeitig Kosten für den Verkehrsanwalt ausgelöst. In diesen Fällen führt die Beiordnung eines
auswärtigen Rechtsanwalts mithin nicht notwendig zu Mehrkosten i.S.v. § 121 Abs. 3 ZPO.
Vor diesem Hintergrund ist daher stets zu prüfen, ob die – oben dargestellten – „besonderen Umstände“
i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO vorliegen, wobei der Bundesgerichtshofs unter Kostengesichtspunkten hiervon
auch dann ausgeht, wenn die Kosten des weiter beizuordnenden Verkehrsanwalts die sonst
entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nicht
wesentlich übersteigen (BGH Beschl. v. 23.06.2004, a.a.O.).
b) Im vorliegenden Fall liegen die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu
berücksichtigenden weiteren besonderen Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO, wonach eine
uneingeschränkte Beiordnung auch dann geboten ist, wenn die Kosten des Verkehrsanwalts die sonst
entstehenden Reisekosten des nicht am Prozessgericht zugelassenen Hauptbevollmächtigten nicht
wesentlich übersteigen (Unterstreichung durch das Gericht), nicht vor.
Vielmehr wären bei einem hier anzunehmenden Gegenstandswert von mindestens 3.830 € die Kosten für
die Hinzuziehung eines weiteren Verkehrsanwalts wesentlich höher als die Reisekosten i.H.v. 36 €, die
der Klägerbevollmächtigte vorliegend (vgl. Bl. 27 d.A.) geltend macht (vgl. zur Berechnung im Einzelnen
(Enders, JurBüro 2/2005, S. 62).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegen mithin aus diesem Gesichtspunkt keine
„besonderen Umstände“ i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO vor, die die zusätzliche Beiordnung eines
Verkehrsanwalts gerechtfertigt hätten.
Die eingeschränkte Beiordnung ist damit nicht zu beanstanden.
c) Soweit das LAG Thüringen (Beschluss vom 31.01.2005, a.a.O.; vgl. auch Enders, JurBüro 2/2005,
m.w.N.) im Wege des erst-Recht-Schlusses die Zulässigkeit der Beschränkung der Prozesskostenhilfe
auch in Fällen, in denen - wie hier die – fiktiven - Kosten eines Verkehrsanwalts die Reisekosten des
Hauptbevollmächtigten wesentlich übersteigen, verneint hat, erscheint dies im Hinblick auf die
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und auf § 121 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 ZPO problematisch.
In diesen Fällen liegen nämlich die Voraussetzungen für die Beiordnung eines zusätzlichen
Verkehrsanwaltes nicht vor, so dass ohnehin nur die Kosten eines am Prozessgericht niedergelassenen
Anwalts entstehen konnten. Die Frage eines Kostenvergleichs zwischen den Kosten für einen
auswärtigen Rechtsanwalt und den Kosten für einen zusätzlichen Verkehrsanwalt, den das
Landesarbeitsgericht Thüringen angestellt hat, stellt sich nach hiesiger Auffassung erst sich gar nicht.
d) Einer entgültigen Entscheidung insoweit bedarf es indes nicht, da nach der Rechtsprechung des
Thüringer Landesarbeitsgerichts bei der Prüfung, ob die Beiordnung eines weiteren Verkehrsanwalts
nach § 121 Abs. 4 ZPO wegen besonderer Umstände erforderlich ist, jedenfalls auch auf die subjektiven
Fähigkeiten der Partei zur Information des am Sitz des Prozessgerichts ansässigen
Hauptbevollmächtigten abzustellen ist (vgl. Thüringer Landesarbeitsgericht, a.a.O.; BGH vom 23.06.2004,
a.a.O.).
Anders als in dem dort entschiedenen Fall hat der Kläger vorliegend auch unter Berücksichtigung der
rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Rechtsstreits und seiner subjektiven Fähigkeiten keine
besonderen Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO dargetan.
Soweit er eine Zahlungsklage erhoben hat, hat er selbst die geleistete Stundenzahl sowie den
Stundenlohn angegeben, so dass ihm durch eine einfache Multiplikation die Bezifferung des
Klageantrages (abzüglich der erfolgten Zahlungen) möglich war; auch die übrigen Klageanträge
(Ausfüllung der Bescheinigung gem. § 312 SGB III und der Lohnsteuerkarte sowie Erteilung einer
Lohnabrechnung) sind weder in rechtlicher, noch in tatsächlicher Hinsicht als schwierig anzusehen.
Darüber hinaus trägt der Kläger selbst nicht vor, er sei schreibungewandt bzw. ihm habe eine
Informationsreise zu einem Rechtsanwalt am Sitz des nach den Angaben des Klägerbevollmächtigten nur
ca. 30 km entfernten Prozessgerichts nicht zugemutet werden können (BGH v. 23.06.2004, a.a.O., m.w.N.).
Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger eine schriftliche Information
wegen des Umfangs, der Schwierigkeit oder der Bedeutung des Sache nicht zuzumuten gewesen wäre
bzw. eine mündliche Information unverhältnismäßigen Aufwand verursacht hätte (BGH v. 23.06.2004,
a.a.O., m.w.N.).
Mithin wäre auch nach den Grundsätzen des Thüringer Landesarbeitsgerichts die Entscheidung des
Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden.
e) Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des OLG Nürnberg (Beschl. vom 06.10.2004 – 10 WF
3403/04 –, Anwaltsblatt, 2005, 295; Bl. 24 d.A.) beruft, ergibt sich hieraus nichts anderes. Zwar scheint der
abgedruckte Leitsatz für die Auffassung des Klägers zu sprechen. Aus den Gründen ergeben sich indes
keine weiteren Gesichtspunkte; vielmehr ist ausdrücklich festgehalten, dass auch nach der
Gesetzesänderung grundsätzlich die zentrale Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO unberührt geblieben sei.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rnr.
39).
Mangels Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 48, 78 ArbGG) bestand keine Veranlassung die
Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung ist mithin kein Rechtsmittel gegeben.