Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 16.07.2004
LArbG Mainz: abmahnung, personalakte, arbeitsgericht, volumen, kopie, markt, datum, form, quelle, fürsorgepflicht
LAG
Mainz
16.07.2004
11 Sa 233/04
Entfernung einer Abmahnung
Aktenzeichen:
11 Sa 233/04
4 Ca 731/03
ArbG Kaiserslautern
- AK Pirmasens -
Verkündet am: 15.07.2004
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern
Pirmasens - vom 17.12.2003 - 4 Ca 731/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Entfernung zweier Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Kraftfahrer tätig und beliefert nach einem festen Tourenplan die
Märkte der Beklagte mit Waren. Die Waren sind auf Transportbehälter - entweder auf Paletten oder
Rollbehälter - gepackt. Die Aufgabe des Fahrers besteht darin, die Transportbehälter auf dem dafür
vorgesehenen Platz in der Anlieferstelle abzustellen und leere Transportbehälter sowie Transportbehälter
mit Leergut zu laden und in das Logistikzentrum zurück zu fahren.
Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 31.01.2003 eine Abmahnung, weil er sich am 20.12.2002
geweigert habe, Leergut von einem Markt in der Innenstadt von VV mitzunehmen. Am 15.01.2003 habe er
sich wiederum geweigert, einen Rollbehälter mit leeren Dosen zurückzunehmen (Kopie der Abmahnung
vom 31.01.2003 als Anlage zum Berufungserwiderungsschriftsatz der Beklagten vom 01.07.2004).
Mit Schreiben vom 17.04.2003 (in Kopie als Anlage zur Klageschrift) erklärte die Beklagte dem Kläger
gegenüber, sie nehme die Abmahnung "in der vorliegenden Form" zurück und entferne sie aus der
Personalakte. Unter demselben Datum erteilte sie dem Kläger wegen der genannten Vorwürfe je eine
Abmahnung, wegen deren Inhalt auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 14.05.2003 zur Akte gereichten
Kopien Bezug genommen wird.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe sich zu keiner Zeit geweigert, Leergut mitzunehmen. Wenn er am
20.12.2002 keine Leergutbehälter zurückgenommen haben sollte, dann einzig und allein deshalb, weil
keine vorhanden gewesen seien. Soweit er sich an den 15.01.2003 erinnern könne, habe ihn die Zeugin
UU gebeten, einen Rollbehälter mit Dosen zurückzunehmen, nachdem er schon den LKW wieder
verschlossen gehabt habe. Es habe sich um einen riesigen Plastiksack mit zurückgenommenen
Pfanddosen gehandelt, der ein wesentlich größeres Volumen gehabt habe als die normalen Rollbehälter.
Die Zeugin UU sei auf seine Bitte einverstanden gewesen, dass er diesen erst bei der nächsten
Anlieferung mitnehme.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 17.04.2003 zurückzunehmen und aus der
Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung
Sie hat vorgetragen, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten des Marktes in VV, der keinen Abstellplatz für
leere Rollbehälter und Leergut habe, würde das vorhandene Leergut auf Rollbehälter direkt vor den Markt
gestellt, wenn eine neue Lieferung erwartet werde, sodass der Fahrer nur noch aufzuladen brauche. So
sei es auch am 20.12.2002 gehandhabt worden. Das vorhandene Leergut habe der Kläger nicht
übersehen können. Wegen der am 15.01.2003 mitzunehmenden Pfanddosen habe der Kläger die
Marktleiterin auf ihre Bitten seit Montag der Woche immer wieder auf den nächsten Tag vertröstet.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Zeugin UU - insoweit wird auf das Protokoll der Sitzung vom
17.12.2003 verwiesen - die Klage durch Urteil vom 17.12.2003 abgewiesen.
Gegen dieses Urteil, das ihm am 02.03.2004 zugestellt worden ist, wendet sich der Kläger mit seiner am
31.03.2004 eingegangenen und am 01.06.2004 - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
02.06.2004 - begründeten Berufung.
Der Kläger trägt vor, durch die Abmahnung vom 31.01.2003 und ihre Entfernung aus der Personalakte sei
der jeweils angesprochene Abmahnungssachverhalt verbraucht. Wenn er einmal kein Leergut
mitgenommen habe, dann ausschließlich aus Platzgründen. Die Zeugin UU habe in den jeweiligen Fällen
gar nicht feststellen können, ob für die in ihrem Markt vorhandenen Leergutbehälter überhaupt noch
ausreichend Platz im LKW zur Verfügung gestanden habe. So sei am 15.01.2003 die Mitnahme des bereit
gestellten überdimensionalen Plastiksacks mit den leeren Pfanddosen aus Platzgründen überhaupt nicht
möglich gewesen. Dementsprechend habe die Zeugin in ihrer Vernehmung auch nicht bestätigen können,
dass überhaupt die Möglichkeit für ihn - den Kläger - bestanden hätte, die angeblich vorhandenen
Leergutbehälter aufzuladen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom
17.04.2003 zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen.
Die Beklagte beantragt
Zurückweisung
In ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 01.07.2004, auf den Bezug genommen wird, verteidigt sie
unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das arbeitsgerichtliche Urteil.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß
§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 516, 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie
begründet worden. Die Berufung ist somit insgesamt zulässig.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen,
weil die angegriffenen Abmahnungen berechtigt sind.
1.
Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber in entsprechender Anwendung der
§§ 242, 1004 BGB einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung oder sonstiger missbilligender
Äußerungen aus der Personalakte, wenn diese unrichtige Tatsachenangaben enthalten und geeignet
sind, den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und in seinem beruflichen Fortbringen zu beeinträchtigen
(ErfK/Dieterich Art. 2 GG Rn 102). Der Arbeitgeber muss im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dafür Sorge
tragen, dass die Personalakten des Arbeitgebers ein richtiges Bild von diesem in dienstlicher und
persönlicher Hinsicht vermitteln (BAG 15.04.1999 - 7 AZR 716/97 - NZA 1999, 1037, 1038).
2.
Das Arbeitsgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnungen nicht gegeben sind. Die
Abmahnungen enthalten keine unrichtigen Tatsachenangaben, wie das Arbeitsgericht auf der Grundlage
der Aussage der Zeugin festgestellt hat. Von dieser Feststellung hat auch die Berufungskammer gemäß
§ 529 Abs.1 S.1 ZPO auszugehen, da die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts nicht zu beanstanden und
deshalb nach der genannten Vorschrift kein Anlass für neue Feststellungen gegeben ist.
a)
welche die Beklagte mit Schriftsatz vom 16.09.2003 in Kopie (Bl. 17 und 21 d.A.) zur Akte gereicht hat,
bestätigt, dass der Kläger das bereit stehende Leergut nicht mitgenommen habe. Sie hat nämlich
angegeben, der Kläger habe mehrmals Leergut stehen gelassen und wegen der konkreten Daten, was im
Hinblick auf § 378 Abs. 1 ZPO zulässig ist, auf ihre Schreiben verwiesen.
Die Zeugin UU hat überdies das Vorbringen der Beklagten bestätigt, dass sie diese Beschwerdeschreiben
selbst erstellt hat. Dies geschah auch nicht auf Aufforderung des Fuhrparkleiters TT, sie möge sich doch
über den Kläger beschweren. Vielmehr hat sie lediglich nach mündlicher Beschwerde auf die
Aufforderung des Fuhrparkleiters TT hin die Beschwerde zur Dokumentation des Vorfalles schriftlich
wiederholt.
b)
aa)
einmal Leergut nicht mitgenommen habe, so könne dies nur daran gelegen haben, dass er keinen Platz
im LKW gehabt habe. So sei es beispielsweise am 15.01.2004 aus Platzgründen nicht möglich gewesen,
den bereit gestellten überdimensionalen Plastiksack mit Pfanddosen mitzunehmen. Dass tatsächlich es
möglich gewesen wäre, diesen einzuladen, habe die Zeugin nicht bestätigt.
Für den 20.12.2002 ergeben die eigenen Angaben des Klägers im Arbeitszeitnachweis, den die Beklagte
mit Schriftsatz vom 16.09.2003 zur Akte gereicht und dessen Inhalt sie in diesem Schriftsatz dargestellt
hat, dass die Mitnahme von Leergut nicht am fehlenden Platz gescheitert sein kann, denn ausweislich des
Arbeitszeitnachweises hatte er an den Abladestellen RR, QQ und VV insgesamt 23 Rollbehälter
abgeladen und lediglich 10 Rollbehälter und zwei große Gemüsekisten zurückgenommen. Wenn
angesichts dessen der Kläger behaupten will, auf dem LKW sei kein Platz gewesen, hätte er dieses
Vorbringen durch konkretes Eingehen auf das Vorbringen der Beklagten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO
konkretisieren müssen.
Im Ergebnis nichts anderes gilt aber hinsichtlich des 15.01.2004. Das Vorbringen des Klägers in diesem
Zusammenhang ist nicht nachvollziehbar. Zum einen steht es nicht in Übereinstimmung mit dem Vortrag
erster Instanz, der noch dahin ging, er habe sich mit der Zeugin UU darauf geeinigt, dass er im Hinblick
darauf, dass er den LKW schon verschlossen hatte, am nächsten Tag die Pfanddosen mitnehmen werde.
Von Platzmangel war hier nicht die Rede, lediglich hat der Kläger eben darauf verwiesen, dass der LKW
schon verschlossen war, was so zu verstehen ist, dass er nach - behaupteter - Vereinbarung mit der
Zeugin UU sich das erneute Öffnen des LKWs sparen durfte. Abgesehen davon aber hat zwar der Kläger
angegeben, dass der Plastiksack ein wesentlich größeres Volumen hatte als die normalen Rollbehälter.
Dennoch hätte der Kläger näher erklären müssen, warum in dem LKW, nach dem zuvor er doch etwas
entladen haben musste, kein Platz gerade für diesen Plastiksack gewesen sein soll, selbst wenn dieser
ein besonderes Volumen hatte.
Auf den Umstand, dass die Zeugin sich zur Frage, inwieweit auf dem LKW Platz für Leergut war, nicht
geäußert hat, kommt es mithin nicht an.
bb)
die Abmahnung vom 31.01.2004, die die hier in Rede stehenden Vorwürfe ebenfalls betraf, von der
Beklagten zurückgenommen hat. Abgesehen von dem zeitlichen Zusammenhang der Entfernung der
Abmahnung mit dem geführten Kündigungsschutzprozess und den dortigen Ausführungen des Gerichts,
wie sie die Beklagte geschildert hat, ergibt schon die Formulierung, mit der die Abmahnung aus der Akte
entfernt wurde, dass die Beklagte nicht darauf verzichten wollte, die Vorkommnisse als vertragswidrig zu
dokumentieren und für den Wiederholungsfall Konsequenzen anzudrohen. Hinzu kommt schließlich noch,
dass im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang die beiden neuen Abmahnungen in die Personalakten
aufgenommen wurden. Bei verständiger Würdigung konnte deshalb beim Kläger nicht der Eindruck
entstehen, die Beklagte wolle von einer Abmahnung dieser Vorwürfe absehen.
Nach alledem ergibt sich, dass die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen war.
Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien in § 72 ArbGG keine
Veranlassung.