Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 05.06.2008

LArbG Mainz: abrechnung, steuerberater, lohnforderung, arbeitsgericht, erfüllung, nettolohn, aufrechnung, stadt, firma, baustelle

LAG
Mainz
05.06.2008
10 Sa 156/08
tarifliche Ausschlussfrist - Streitlosstellung der Lohnansprüche durch Lohnabbuchung
Aktenzeichen:
10 Sa 156/08
1 Ca 1510/07
ArbG Koblenz
Urteil vom 05.06.2008
Tenor:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.01.2008, Az.: 1 Ca
1510/07, aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 6.056,95 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.511,61 seit dem 13.01.2006, aus € 2.306,38 seit dem
13.02.2006 und aus € 2.238,96 seit dem 13.01.2007 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Zahlung der Löhne für die Monate Dezember 2005, Januar 2006 und
Dezember 2006.
Der Kläger (geb. am 11.09.1953) war seit dem 26.01.2005 im Betrieb der Beklagten als
Dachdeckergeselle zu einem Stundenlohn von € 14,17 brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand
der für allgemeinverbindlich erklärte Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im
Dachdeckerhandwerk vom 27.11.1990 (im Folgenden: RTV) Anwendung. § 54 RTV hat folgenden
Wortlaut:
1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in
Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber
der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden.
2. Lehnt die Gegenpartei den schriftlich geltend gemachten Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht
innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht
innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Die Beklagte bzw. ihr Steuerberater erstellten für die Monate Dezember 2005, Januar 2006 und
Dezember 2006 Lohnabrechnungen. Ausweislich der Abrechnungen stand dem Kläger folgender Lohn
zu:
für Dezember 2005 € 1.511,61 brutto € 1.162,02 netto
für Januar 2006 € 2.306,38 brutto € 1.449,91 netto
für Dezember 2006 € 2.238,96 brutto € 1.356,15 netto
Mit seiner am 02.07.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte der Kläger die Zahlung von
€ 6.056,95 nebst Zinsen geltend und legte als Anlage K 1 zur Klageschrift drei Lohnabrechnungen (Bl. 5 -
9 d. A.) vor.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 6.056,95 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz nach § 247 BGB aus € 1.511,61 ab 02.01.2006 und aus € 2.306,38 ab 01.02.2006 und
aus € 2.238,96 ab 02.01.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei unschlüssig, weil der Kläger die angeblichen Ansprüche
nicht substantiiert dargelegt habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass die vorgelegten Lohnabrechnungen
nicht von ihr stammen. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Ungeachtet des Umstandes, dass aus der
streitgegenständlichen Zeit keine Lohnansprüche des Klägers bestünden, seien sie auf jeden Fall nach
der zweimonatigen tariflichen Ausschlussfrist des § 54 RTV verfallen. Eine schriftliche Geltendmachung
sei nicht erfolgt. Es treffe nicht zu, dass der Kläger ihren Geschäftsführer mehrfach auf die ausstehenden
Löhne angesprochen habe. Dem Kläger sei dabei auch nicht jeweils erklärt worden, die Löhne würden
bezahlt.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 23.01.2008 (Bl. 50-56 d. A.) die Klage abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die geltend gemachten Lohnforderungen seien nach § 54 Ziffer
1 RTV verfallen. Die notwendige schriftliche Geltendmachung sei erstmals mit Schreiben des
Klägervertreters vom 01.06.2007 und damit nach Ablauf der zweimonatigen Ausschlussfrist erfolgt. Wegen
weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 4 -6 des Urteils (Bl. 53 -
55 der Akte) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil am 19.02.2008 zugestellt worden ist, hat am 19.03.2008 Berufung zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am Montag, dem 21.04.2008 beim Landesarbeitsgericht
eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.01.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an
ihn € 6.056,95 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
€ 1.511,61 seit dem 13.01.2006, aus € 2.306,38 seit dem 13.02.2006 und aus € 2.238,96 seit dem
13.01.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Auf den richterlichen Hinweis, dass nach der gefestigten
Rechtsprechung des BAG, eine Lohnforderung, die in einer schriftlichen Lohnabrechnung des
Arbeitgebers ausgewiesen sei, nicht noch einmal schriftlich geltend gemacht werden müsse, trägt sie vor,
die Abrechnungen, die der Kläger als Anlage K 1 zu seiner Klageschrift zur Gerichtsakte gereicht habe,
seien ihm nicht von ihr übergeben worden. Diese Abrechnungen habe sich der Kläger vielmehr bei ihrem
Steuerberater selbst besorgt. Dies habe der Kläger im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Koblenz
eingeräumt. Im Hinblick darauf, dass dem Kläger die Lohnabrechnungen nicht von ihr überreicht worden
seien, sei die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Lohnansprüche könnten nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 676/02) und
des LAG Schleswig-Holstein (1 Ta 184/06) nur durch die Übergabe der Abrechnung streitlos gestellt
werden.
Der Umstand, dass sie dem Kläger keine Abrechnungen übergeben habe, werde auch dadurch belegt,
dass sich in ihren Unterlagen Abrechnungen befänden, die für die Monate Dezember 2005 und Januar
2006 von der Firma S. B. GmbH mit der Anschrift G-Straße in A-Stadt ausgestellt worden seien (vgl. 129 -
130 d. A.). Sie - die Beklagte - sei zwar Rechtsnachfolgerin dieser Firma, sie habe jedoch erst im
Dezember 2006 umfirmiert und sei am 01.01.2007 in die C-Straße in A-Stadt umgezogen.
Dem Kläger seien € 1.500,00 in bar auf einer Baustelle in Heilbronn überreicht worden. Als Zeugen hierfür
benenne sie die Mitarbeiter B. und S., die nach wie vor bei ihr tätig seien. Im Übrigen hätten sich die
Parteien darauf verständigt, dass mit der Zahlung des Betrages von € 1.500,00 die Ansprüche erledigt
seien, weil eine Verrechnung mit Schadensersatzansprüchen stattgefunden habe. Der Kläger habe auf
vier verschiedenen Baustellen Schäden in einer Gesamthöhe von € 11.200,00 grob fahrlässig verursacht.
Es sei anzunehmen, dass die Verrechnungsvereinbarung im Januar 2006 getroffen worden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze und auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll vom 05.06.2008 sowie auf den
Inhalt der in der Sitzung überreichten Unterlagen (Bl. 124 - 130 d. A.), die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig.
II.
1.
arbeitsvertraglich geschuldeten Lohnes für die Monate Dezember 2005, Januar 2006 und Dezember
2006 in rechnerisch unstreitiger Höhe von € 6.056,95 brutto. Die geltend gemachten Zinsen rechtfertigen
sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 BGB). Nach § 27 RTV war der Lohn
spätestens am 10. Werktag des Folgemonats fällig, so dass für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender
bestimmt war.
2.
verfallen.
Nach seit langem gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. nur BAG Urteil vom
21.04.1993 - 5 AZR 399/92 - AP Nr. 124 zu § 4 TVG Ausschlussfristen, mit weiteren Nachweisen), der sich
die Berufungskammer anschließt, wird die in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers
ausgewiesene Lohnforderung streitlos gestellt und muss nicht noch einmal schriftlich geltend gemacht
werden. Begründet wird diese Ansicht mit dem Zweck der tariflichen Ausschlussfristen. Der Gläubiger soll
angehalten werden, die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen. Er soll den
Schuldner innerhalb der vereinbarten Fristen darauf hinweisen, ob und welche Ansprüche im Einzelnen
noch erhoben werden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können, nach Ablauf der tariflichen
Verfallfristen nicht mehr weiter in Anspruch genommen zu werden.
An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass der Arbeitgeber die Lohnabrechnung später
widerruft, Gegenansprüche erhebt oder aus anderen Gründen die Zahlung verweigert. Denn durch dieses
Verhalten wird der einmal erreichte Zweck der Ausschlussfrist nicht wieder rückwirkend beseitigt. Die in
einer Ausschlussfrist vorgeschriebene schriftliche Geltendmachung soll eine Hinweisfunktion erfüllen. Der
Gläubiger weist den Schuldner darauf hin, dass er noch bestimmte, näher bezeichnete Ansprüche erhebe.
Bei einer Lohnabrechnung mit einem bestimmten Guthabensaldo des Arbeitnehmers sind die Ansprüche
des Gläubigers aber bereits genau bezeichnet und beziffert. Der Gläubiger ist jetzt schon so gestellt, wie
er stehen würde, wenn er seine Forderungen schriftlich dargelegt und der Schuldner sich dazu erklärt
hätte. Dieser, mit einem bestimmten Ergebnis endende Geschehensablauf kann nicht dadurch beseitigt
werden, dass der Schuldner später zu erkennen gibt, er wolle doch nicht zahlen. Ob diese Weigerung
sachlich berechtigt ist, bleibt eine Frage der materiellen Begründetheit eventuell erhobener
Gegenansprüche. Wollte man vom Gläubiger dagegen verlangen, seine in der Lohnabrechnung bereits
saldierte Forderung nun nochmals schriftlich geltend zu machen, so würde man ihm damit eine
überflüssige Förmlichkeit abverlangen. Denn dem Schuldner ist aufgrund seiner eigenen früheren
Lohnabrechnung genau bekannt, um welche Forderungen es geht. Eine dem Wesen der tariflichen
Ausschlussklausel entsprechende Hinweisfunktion könnte eine erneute schriftliche Geltendmachung nicht
mehr erfüllen. Wer aufgrund eigener Abrechnung eine Forderung kennt, braucht von seinem
Vertragspartner nicht noch einmal darauf hingewiesen zu werden, wie diese Forderung sich errechnet
und dass sie erhoben werden soll (so ausdrücklich: BAG Urteil vom 21.04.1993, a.a.O.).
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass der Kläger die hier streitige Forderung in Höhe von insgesamt
€ 6.056,95 brutto für die Monate Dezember 2005, Januar 2006 und Dezember 2006 nicht mehr schriftlich
geltend zu machen brauchte. Die Gesamtforderung unterlag nur noch den Vorschriften über die
Verjährung. Diese ist jedoch nicht eingetreten. Sowohl schriftliche Geltendmachung als auch
Klageerhebung waren nach der schriftlichen Lohnabrechnung überflüssig, sie wären nur unnütze
Förmelei gewesen.
Die Ansicht der Beklagten, es habe trotz der erteilten Abrechnungen einer schriftlichen Geltendmachung
der Lohnansprüche bedurft, weil sich der Kläger die drei Abrechnungen bei ihrem Steuerberater „besorgt“
habe, ist abwegig. Bedient sich die Beklagte zur sachgerechten Erstellung der Lohnabrechnungen eines
Steuerberaters, kann sie die Existenz der Abrechnungen nicht mit dem Argument leugnen, die
vorgelegten Abrechnungen stammten nicht von ihr. Die inhaltliche und rechnerische Richtigkeit der
Abrechnungen, die sich der Kläger bei ihrem Steuerberater besorgt haben mag, wird von der Beklagten
nicht in Abrede gestellt.
Die Argumentation der Beklagten, es sei eine Übergabe der Abrechnungen durch den Arbeitgeber
persönlich erforderlich, um den ausgewiesenen Lohn streitlos zu stellen, liegt neben der Sache. Wer
aufgrund der Abrechnung seines Steuerberaters die Forderung kennt, braucht nicht darauf hingewiesen
zu werden, wie diese Forderung sich errechnet und dass sie erhoben werden soll. Es ist deshalb auch
unerheblich, dass sich die Ausdrucke des Steuerberaters im Adressfeld von den Ausdrucken
unterscheiden, die die Beklagte in ihren Unterlagen aufbewahrt. Die nach § 108 Abs. 1 GewO
erforderlichen Angaben über die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts sind völlig identisch.
Schließlich verfängt auch der Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG und des LAG Schleswig-Holstein
(1 Ta 184/06) nicht. Der zitierten Entscheidung des BAG vom 05.11.2003 (5 AZR 676/02) lässt sich nicht
einmal ansatzweise entnehmen, dass eine Übergabe der Abrechnung durch den Arbeitgeber persönlich
erforderlich ist, um eine Lohnforderung streitlos zu stellen, die in einer vom Steuerberater erstellten
Abrechnung ausgewiesen und deren inhaltliche Richtigkeit unstreitig ist.
3.
brutto ist nicht teilweise durch Erfüllung in Höhe von € 1.500,00 erloschen.
Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz den Einwand der Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) in Höhe von
€ 1.500,00 netto erhebt, bleibt dies ohne Erfolg, da sie als darlegungsbelastete Partei die behauptete
Bargeldzahlung nicht substantiiert vorzutragen vermochte. Wenn eine Partei bei Bargeldleistungen schon
auf die Erteilung einer Quittung, wie dies im normalen Geschäftsverkehr üblich ist, verzichtet, so muss sie,
um mit Erfolg eine Erfüllung geltend machen zu können, zumindest konkret darlegen, wann sie welchen
Bargeldbetrag übergeben hat. Hieran fehlt es vorliegend.
Die Behauptung der Beklagten, dem Kläger seien auf einer Baustelle in Heilbronn € 1.500,00 in bar
überreicht worden, genügt nicht. Es kommt deshalb auch keine Vernehmung der benannten Zeugen B.
und S. in Betracht. Die Beklagte hat weder dargelegt, wer dem Kläger das Bargeld übergeben noch wann
die fragliche Geldübergabe stattgefunden haben soll. Es fehlt auch jedweder Tatsachenvortrag dazu, dass
ein in Anwesenheit der Zeugen womöglich übergebener Bargeldbetrag gerade auf den Lohn für
Dezember 2005 oder Januar 2006 oder Dezember 2006 gezahlt worden sein soll.
4.
Selbst wenn der Beklagten gegen den Kläger Schadensersatzansprüchen zustünden, wofür vorliegend
überhaupt nichts spricht, wären die Ansprüche nicht vollständig erloschen (§§ 388, 389 BGB). Eine
Aufrechnung mit etwaigen Schadensersatzansprüchen ist rechtsunwirksam, soweit der Pfändungsschutz
nach § 850 c i.V.m. § 850 Abs. 2 ZPO und damit das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB greift.
§ 394 Satz 1 BGB schließt eine Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese nicht der Pfändung
unterworfen ist. Bei Arbeitseinkommen bestimmt sich der pfändbare Teil gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach
Maßgabe der § 850 a ZPO bis § 850 i ZPO. Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers und
seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen regelt § 850 c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren
Grundbetrag. Er ist entsprechend den Unterhaltspflichtigen des Arbeitnehmers gestaffelt und nach oben
begrenzt. Für den Teil des Arbeitseinkommens, der diesen Grundbetrag übersteigt, gelten die weiteren
Pfändungsbeschränkungen des § 850 c Abs. 2 ZPO.
Nach den vorliegenden Abrechnungen wurde das Einkommen des Klägers nach Steuerklasse I (ohne
Kinderfreibeträge) versteuert, so dass keine Unterhaltspflichten bestanden haben dürften. Nach der
Tabelle zu § 850 c ZPO ist bei einem Nettolohn von € 1.162,02 laut Abrechnung für Dezember 2005 ein
Betrag von € 161,00 pfändbar, bei einem Nettolohn von € 1.449,91 laut Abrechnung für Januar 2006 ein
Betrag von € 357,00 und bei einem Nettolohn von € 1.356,15 laut Abrechnung für Dezember 2006 ein
Betrag von € 294,00 pfändbar. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Beklagte - wenn überhaupt - gegen
den Gesamtnettolohnanspruch des Klägers in Höhe von € 3.968,08 höchstens mit Gegenforderungen in
Höhe von € 812,00 hätte aufrechnen dürfen.
Schadensersatzansprüche gegen den Kläger hat die Beklagte jedoch nicht ansatzweise dargelegt. Ihre
bloße Behauptung, der Kläger habe auf insgesamt vier verschiedenen Baustellen Schäden in einer
Gesamthöhe von € 11.200,00 grob fahrlässig verursacht, ist völlig unsubstantiiert. Das Gericht wird nicht in
die Lage versetzt, die behauptete Schadensersatzforderung einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Zu
einem schlüssigen Sachvortrag gehört ein Mindestmaß zu Grund und Höhe der Forderung. Die Beklagte
liefert nicht einmal den Anschein einer sachlichen Begründung.
Überdies wären etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger nach § 59 Ziffer 1
RTV verfallen. Von der Ausschlussklausel werden alle mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehenden
Ansprüche erfasst. Dazu zählen u.a. auch Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers.
Soweit die Beklagte schließlich behauptet, sie habe mit dem Kläger eine „Verrechnungsvereinbarung“
getroffen, fehlt auch hierzu jedweder substantiierte Sachvortrag. Zudem besteht kein Anhaltspunkt dafür,
dass der Kläger auf unstreitig entstandene Lohnansprüche verzichten wollte.
III.
Umfang stattzugeben.
Die Beklagte hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie in vollem
Umfang unterlegen ist.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.