Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 10.03.2005

LArbG Mainz: allgemeine geschäftsbedingungen, arbeitsgericht, schlüssiges verhalten, zusage, anspruch auf beschäftigung, abrede, vertragliche arbeitszeit, ermessen, unterzeichnung, streichung

LAG
Mainz
10.03.2005
11 Sa 808/04
Verteilung der Arbeitszeit.
Aktenzeichen:
11 Sa 808/04
1 Ca 596/04
ArbG Ludwigshafen
Entscheidung vom 10.03.2005
Tenor:
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03.08.2004 (Az.: 1
Ca 596/04) wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die zuletzt in Teilzeit beschäftigte Klägerin einen Anspruch darauf hat,
nur an bestimmten Wochentagen (Dienstag bis Donnerstag) arbeiten zu müssen.
Die am 07.05.1954 geborene, verheiratete Klägerin ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin
seit dem 02.04.1976 im Verkauf zuletzt zu einem Bruttomonatsgehalt von 1.170 € beschäftigt.
Gemäß Arbeitsvertrag vom 01.04.1976 arbeitete sie zunächst in Vollzeit. Gemäß Änderungsvertrag vom
30.06.1990 wurde die Arbeitszeit auf Wunsch der Klägerin auf 87,22 % der tarifüblichen Arbeitszeit
herabgesetzt.
Mit Änderungsverträgen vom 28.08.1992 und 23.09.1993 erfolgte auf Wunsch der Beklagten eine weitere
Arbeitszeitreduzierung auf 84,56 % bzw. 73,76 %.
Nach diesen Arbeitsverträgen sollte die Klägerin ihre Arbeitsleistung an den Wochentagen montags bis
donnerstags sowie an „langen Samstagen“ erbringen.
Im Zuge von Personalreduzierungsmaßnahmen teilte die Beklagte der Klägerin und anderen
Mitarbeiterinnen im Jahr 1997 mit, dass weiter Stunden abgebaut werden müssten; sollten die Betroffenen
hiermit nicht einverstanden sein, müssten betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.
Die Klägerin hatte zunächst eine weitere Verkürzung ihrer Arbeitszeit mit der Begründung abgelehnt, sie
sei auf das Einkommen angewiesen, da sie sich zusammen mit ihrem Ehemann eine Eigentumswohnung
gekauft habe.
In einem Personalgespräch im Büro des damaligen Personalchefs, das wenige Tage vor der
Unterzeichnung des Arbeitsvertrages vom 28.01.1997 stattfand, stimmte die Klägerin dennoch einer
weiteren Arbeitszeitreduzierung zu, da sie nicht für den Verlust eines Arbeitsplatzes verantwortlich sein
wollte.
Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28.01.2997 wurde von der Klägerin und dem Geschäftsführer der
Beklagten unterzeichnet.
Er enthält u.a. folgende Regelung:
„3. Die Arbeitszeit beträgt 60,19 % der jeweiligen tariflichen Arbeitszeit; das sind derzeit durchschnittlich
97,50 Stunden im Monat.
Im Falle einer Verkürzung der tariflichen Wochenarbeitszeit für Vollbeschäftigte tritt damit automatisch eine
Verkürzung der effektiven Arbeitszeit ein.
Der Arbeitseinsatz sowie die Lage und Dauer der Arbeitszeit erfolgt entsprechend dem Arbeitsanfall.
Wird keine anderslautende mündliche oder schriftliche Weisung über den Arbeitseinsatz gegeben, gelten
nachfolgende Arbeits- und Pausenzeiten:
Tag von-bis Pause/Min. bez. Stunden
Montag
Dienstag 09.30 – 18.30 90 7.50
Mittwoch 09.30 – 18.30 90 7.50
Donnerstag 09.30. – 18.30 90 7.50
... .“
...
9. Mündliche Abreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, ausgenommen
Nr. 3 Satz 4, sind nur verbindlich, wenn sie von der Personalleitung oder von der zuständigen örtlichen
Geschäftsführung schriftlich bestätigt sind.“
Am 16.09.2003 trat die Beklagte erneut mit der Bitte um Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit
flexiblen Arbeitszeiten an die Klägerin heran.
Hintergrund für dieses Verlangen waren die zwischenzeitlich zwischen der Geschäftsleitung und dem
Betriebsrat der Beklagten abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen bezüglich eines flexiblen
Arbeitszeitsystems (vgl. Betriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung des elektronischen
Zeiterfassungssystems M in Verbindung mit arbeitsplatznaher Zeiterfassung vom 06.03.2002, Bl. 27 ff.
d.A.; Zusatzvereinbarung zur Betriebsvereinbarung „M“ vom 15.12.2003, Bl. 31 f. d.A. und
Betriebsvereinbarung „Flexibilität“ vom 15.12.2003, Bl. 33 f. d.A.).
Im Rahmen dieses neuen Arbeitszeitsystems wird u.a. die vertragliche Arbeitszeit bei Teilzeitkräften unter
Beachtung der tariflichen Vorschriften flexibel und anteilig auf maximal fünf Tage pro Woche verteilt, wobei
maximal an drei Samstagen im Monat gearbeitet werden muss.
Nachdem die Klägerin die Unterzeichnung des angetragenen Vertrages abgelehnt hatte, teilte die
Beklagte ihr mit Schreiben vom 17.12.2003 unter Hinweis auf Ziffer 3 des Anstellungsvertrages vom
28.01.1997 mit, dass sie die Klägerin ab dem 01.01.2004 unter Anwendung der Betriebsvereinbarungen
„M“ und „Flexibilität“ flexibel einplanen und einsetzen werde. Zugleich wies sie die Klägerin darauf hin,
dass diese bei Nichtbefolgung der Anweisung mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zur
Kündigung rechnen müsse.
Mit ihrer am 20.02.2004 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie
entsprechend dem Vertrag vom 28.01.1997 nur an den Wochentagen Dienstag bis Donnerstag arbeiten
müsse.
Die Klägerin hat vorgetragen, in dem Gespräch mit dem (damaligen) Personalchef der Beklagten vor
Abschluss des Arbeitsvertrages vom 28.01.1997 habe sie, um Entlassungen von Kolleginnen zu
vermeiden, der Verkürzung ihrer Arbeitszeit nur unter der Bedingung zugestimmt, dass sie dafür ihre
Arbeitsleistung an drei festgelegten Wochentagen erbringen könne. Der damalige Personalchef habe ihr
daraufhin bestätigt, dass sie nur an den benannten „festen“ Tagen arbeiten müsse. Auf diese eindeutige
Zusage habe sie sich verlassen können.
Mithin habe eine gemäß § 305 b BGB vorrangige Individualabrede bestanden.
Bei der wenige Tage später erfolgten Unterzeichnung des Arbeitsvertrages habe sie zum einen den
Vertrag nicht richtig gelesen; zum anderen aber auch keinen Zweifel daran gehabt, dass die dort
aufgeführten Arbeitszeiten verbindlich seien.
Die einschränkenden Klauseln in § 3 Abs. 2, 3 und 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 28.01.1997 seien
wegen des vorangegangenen Gespräches als ausgesprochene Überraschungsklauseln im Sinne von
§ 305 c BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.
Aus persönlichen Gründen sei es ihr auch nicht möglich, ihre Arbeitsleistung zu den nunmehr geforderten
Arbeitszeiten zu erbringen.
Zum einen wolle sie zur Verbesserung ihres Einkommens eine Aushilfstätigkeit aufnehmen. Dies sei ihr
aber nur bei „festen“ Arbeitszeiten möglich.
Hinzu komme, dass sie wöchentlich ihre betreuungsbedürftige Mutter, die in einem betreuten Heim
wohne, versorgen müsse. Die zusätzlichen Betreuungsarbeiten könnten durch sie und ihren Mann, auf
deren Mithilfe sie angewiesen sei, nur an Samstagen wahrgenommen werden, da ihr Mann in der Woche
bis 16.30 Uhr arbeite und keine Fahrerlaubnis habe.
Die Klägerin hat beantragt:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin gemäß Arbeitsvertrag vom 28.01.1997 nur verpflichtet ist, für die
Beklagte an den Wochentagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag zu arbeiten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bestritten, dass der Klägerin „feste“, im Sinne von unveränderlichen Arbeitszeiten zugesagt
worden seien. Das sei auch unlogisch, da der Arbeitsvertrag vom 28.01.1997 das Ergebnis der
vorangegangenen Gespräche darstelle.
Jedenfalls hätten die Vertragsparteien eventuelle mündliche Abreden durch die Unterzeichnung des
Arbeitsvertrages ohnehin wieder abgeändert.
Ihr Betriebsrat und sie hätten ein berechtigtes Interesse daran, dass so viele Mitarbeiter wie möglich nach
dem nunmehr vereinbarten Arbeitszeitmodell arbeiteten. Nur dann könne das damit verfolgte Ziel der
Flexibilisierung, nämlich eine optimale Besetzung des Hauses entsprechend der jeweils zu erwartenden
Kundenfrequenz zu gewährleisten, erreicht werden. Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund, dass
gerade der Samstag der umsatzstärkste Tag sei und sie angesichts der örtlichen Konkurrenz,
insbesondere auch in Mannheim, alles tun müsse, um das Bestehen der Filiale dauerhaft zu sichern.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 03.08.2004, das der Klägerin am 01.09.2004 zugestellt worden ist,
die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin könne sich auf keine individuelle Abrede berufen, die Vorrang gegenüber dem am
28.01.1997 abgeschlossenen Arbeitsvertrag habe.
Der Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages sei eindeutig. Danach stünden die im Vertrag genannten
Arbeitszeiten unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass keine anders lautenden Weisungen über den
Arbeitseinsatz erfolgten. In Ziffer 3 des Arbeitsvertrages habe sich die Beklagte mithin ein Weisungsrecht
im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit vorbehalten.
Soweit sich die Klägerin auf eine – angebliche – Zusage anlässlich der Vertragsverhandlungen beziehe,
rechtfertige dies ihren Klageanspruch nicht. Entscheidend sei, welchen Inhalt der später abgeschlossene
Arbeitsvertrag habe.
Zudem sei zu beachten, dass sämtliche zwischen den Parteien geschlossenen Verträge schriftlich erfolgt
seien. Auch wegen der Wichtig- und Langfristigkeit des abzuschließenden Arbeitsvertrages habe die
Klägerin im Hinblick auf die beabsichtigte schriftliche Niederlegung aus etwaigen mündlichen
Erklärungen des Personalchefs nicht auf einen Rechtsbindungswillen schließen können. Nach den
Gesamtumständen hätten sich beide Parteien, auch die Klägerin, mithin erst durch den schriftlichen
Vertrag, der die Einzelheiten festgelegt habe, binden wollen.
Dies entspreche der gesetzlichen Wertung des § 154 Abs. 2 BGB. Beurkundung i.S.v. § 154 Abs. 2 BGB
sei auch die Errichtung einer privatschriftlichen Urkunde, wobei die Formabrede auch durch schlüssiges
Verhalten getroffen werden könne, z.B. durch die Herstellung einer Privaturkunde.
Es liege auch keine den Vertrag vom 28.01.1997 ergänzende oder abändernde Vereinbarung vor.
Vielmehr berufe sich die Klägerin auf einen Irrtum. Sie trage selbst vor, wegen der vorangegangenen
Vertragsverhandlungen habe sie bei der Unterschriftsleistung eine andere Vorstellung von dem Inhalt der
Erklärung gehabt. Zudem habe sie den Vertrag nicht richtig gelesen. Auswirkungen auf den Vertragsinhalt
habe dieser Irrtum indes nicht.
Schließlich handele es sich bei Ziffer 3 Satz 4 des Arbeitsvertrages auch nicht um eine gemäß § 305 c
BGB unwirksame, weil überraschende Klausel.
Der Vorbehalt des Arbeitgebers, die Arbeitszeit anders zu verteilen, sei keine unübliche Regelung. Zudem
enthalte Ziffer 3 des Arbeitsvertrages, der die konkreten Wochentage und Arbeitszeiten nenne, selbst den
Hinweis auf den Vorrang anders lautender Weisungen über den Arbeitseinsatz. Zwar seien die
Wochentage und Arbeitszeiten, die für die Klägerin zunächst gelten sollten, drucktechnisch durch eine
etwas größere Schrift hervorgehoben. Allerdings könnten diese Angaben nicht losgelöst von dem
dazugehörigen Satz gesehen werden. Das Weisungsrecht sei mithin auch nicht an versteckter Stelle
geregelt.
Selbst wenn die Vorverhandlungen den von der Klägerin behaupteten Inhalt gehabt hätten, habe dies
nicht das Lesen des Arbeitsvertrages, zumindest in den die Arbeitszeit betreffenden zentralen Punkten,
überflüssig gemacht.
Die von der Beklagten nunmehr verlangten Arbeitszeiten entsprächen auch billigem Ermessen.
Es sei nicht ersichtlich, dass hierdurch die Unterstützung der Mutter der Klägerin unmöglich werde. Eine
ergänzende Betreuung sei zumindest ab dem späten Nachmittag und Abend in der Woche sowie
sonntags möglich. Auch der Wunsch der Klägerin eine Aushilfstätigkeit anzunehmen, rechtfertige keinen
Verzicht der Beklagten auf das vereinbarte Weisungsrecht.
Daher überwiege das Interesse der Beklagten, ihr Weisungsrecht entsprechend den
Betriebsvereinbarungen auszuüben und dadurch eine ausreichende Besetzung der Filiale entsprechend
der Kundenfrequenz zu gewährleisten, dasjenige der Klägerin an „festen“ Arbeitstagen.
Hiergegen richtet sich die am 29.09.2004 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangene
Berufung der Klägerin, die – per Fax vorab - mittels eines am 02.12.2004 eingegangenen Schriftsatz
begründet wurde, nachdem das Landesarbeitsgericht auf den am 19.10.2004 eingegangenen Antrag der
Klägerin mit gleichtägigen Beschluss im Hinblick darauf, dass der 01.11.2004 ein Feiertag war, die
Berufungsbegründungsfrist entsprechend verlängert hat.
Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor, da der Vertrag vom
28.01.1997 entgegen den vorherigen mündlichen Absprachen ein Weisungsrecht des Arbeitgebers
bezüglich der Festlegung der Arbeitszeiten enthalte, sei davon auszugehen, dass die Streichung dieser
Passage nur versehentlich unterblieben sei.
Der Personalleiter habe ihr in den Vorgesprächen ein konkretes Angebot (Arbeitszeitreduzierung bei
fester Zusage von Wochenarbeitstagen) gemacht, das sie mündlich angenommen habe. Der einige Tage
darauf abgeschlossene schriftliche Vertrag sei daher für beide Parteien nur eine Formalie gewesen.
Soweit der schriftliche Vertrag eine anderweitige Abrede enthalte, handele es sich nicht um das zwischen
den Parteien wirklich Gewollte.
Zudem liege insoweit entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts eine überraschende Klausel i.S.v. §
305 c BGB vor.
Dies folge schon daraus, dass bereits zuvor eine klare Absprache bestanden habe. Sie habe sich auf die
im Arbeitsvertrag ausgewiesenen Arbeitszeiten verlassen können und daher keinen Anlass gehabt,
diesen einer vollständigen Prüfung zu unterziehen.
Jedenfalls verstoße der von der Beklagten nunmehr angeordnete flexible Arbeitseinsatz gegen die
Grundsätze billigen Ermessens.
Dabei müsse die Vorgeschichte berücksichtigt werden. Es könne nicht angehen, dass sie sich zur
Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen gegen die Zusage fester Wochentage dazu habe
breitschlagen lassen, auf Arbeitszeit und damit auf einen Teil ihrer wirtschaftlichen Grundlage zu
verzichten, um jetzt nach einer gleichwohl stattgefundenen Personalreduzierung mit der reduzierten
Arbeitszeit doch wieder flexibel eingesetzt zu werden.
Zudem habe sie aufgrund ihres flexiblen Einsatzes keine Chance, eine von ihr gewollte Nebentätigkeit
aufzunehmen. Auch erfordere die notwendige Betreuung ihrer Mutter eine weitere Rücksichtnahme.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 03.08.04 (Az. 1 Ca 596/04) wird
festgestellt, dass die Klägerin gemäß Arbeitsvertrag vom 28.01.97 nur verpflichtet ist, für die Beklagte an
den Wochentagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag zu arbeiten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückgewiesen.
Sie trägt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vor, ihr damaliger Personalleiter habe der
Klägerin keineswegs eine Arbeitszeit mit unveränderlichen Arbeitstagen auch für alle Zukunft zugesagt.
Bei der Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrages habe es sich auch nicht um eine bloße
Formalie, sondern um die Begründung der vertragsrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien
gehandelt. Die Streichung ihres Weisungsrechts sei keineswegs versehentlich unterblieben. Unzutreffend
sei daher auch, dass es sich bei dem schriftlichen Vertrag nicht um das zwischen den Parteien wirklich
Gewollte handele. Allenfalls handele es sich um das von der Klägerin heute nicht mehr Gewollte.
Zutreffend sei die Auslegung des Arbeitsgerichts, wonach die vertragliche Abrede weder inhaltlich, noch
nach der konkreten Ausgestaltung gegen § 305 c BGB verstoße. Selbst wenn es die Klägerin im
Nachhinein reue, den Arbeitsvertrag unterzeichnet zu haben, müsse sie sich daran festhalten lassen.
Letztlich entspreche die Änderung der Arbeitszeiten auch billigem Ermessen, da sie insbesondere im
Hinblick auf die bestehenden Betriebsvereinbarungen zur flexiblen Arbeitszeit ein betriebliches Interesse
an der flexiblen Einsetzbarkeit der Klägerin habe. Demgegenüber habe die Klägerin auch in der
Berufungsinstanz keine durchgreifenden entgegenstehenden Interessen dargetan.
Ihre Behauptung, die Aufnahme einer Nebentätigkeit sei ihr unmöglich, sei weiterhin unsubstantiiert und
werde bestritten.
Es sei noch darauf hinzuweisen, dass gemäß Nr. 5 der Betriebsvereinbarung nterflex vom 06.03.2002 auf
Mitarbeiterwünsche Rücksicht zu nehmen sei, so dass die Klägerin im Rahmen der betrieblichen
Erfordernisse auf ihren Einsatz an bestimmten Tagen hinwirken könne.
Entscheidungsgründe:
A. Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft.
Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 511 ff. ZPO, form- und
fristgerecht eingelegt sowie im Hinblick auf §§ 188, 193 BGB rechtzeitig begründet worden.
B. Das Rechtsmittel ist indes unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht entschieden, dass die Klägerin
keinen Anspruch auf Beschäftigung nur an den Wochentagen von Dienstag bis Donnerstag hat.
Im Einzelnen:
I. Der Klageanspruch ergibt sich, insbesondere unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze (hierzu
unter 1.), nicht aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag vom
28.01.1997 (hierzu unter 2.). Einzelvertragliche (mündliche) Abreden, die dem schriftlichen Arbeitsvertrag
vorgehen, bestehen im Ergebnis nicht (hierzu unter 3.). Die Vereinbarung des Direktionsrechts der
Beklagten im schriftlichen Arbeitsvertrag ist auch nicht unwirksam (hierzu unter 4.).
1. Sofern die Lage der Arbeitszeit (Verteilung auf die einzelnen Wochentage sowie Festlegung von
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) nicht einzelvertraglich oder kollektivvertraglich festgelegt ist,
kann diese im Rahmen des Direktionsrechts einseitig durch den Arbeitgeber vorgegeben und verändert
werden (statt vieler Bundesarbeitsgericht Urteile vom 19.06.1985, AP BAT § 4 Nr. 11; vom 11.02.1998, AP
BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 54).
Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Direktionsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden
Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich um die Ausübung eines Rechts zur einseitigen
Leistungsbestimmung entsprechend § 106 GewO, § 315 BGB (vgl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom
17.12.1997, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 52).
Das arbeitgeberseitige Weisungs- und Direktionsrecht hat aber stets nur eine Konkretisierungsfunktion
hinsichtlich der im Arbeitsvertrag enthaltenen Rahmen-Arbeitsbedingungen; d.h. dann, wenn die Lage der
Arbeitszeit im Arbeitsvertrag eindeutig festgelegt ist, kann der Arbeitgeber insoweit nicht aufgrund seines
Direktionsrechts eine einseitige Änderung herbeiführen.
2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen die Kammer folgt, war die Beklagte
vorliegend nicht gehindert, die Lage der Arbeitszeit der Klägerin durch einseitige Anordnung zu ändern.
Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 28.01.1997 enthält keine eindeutige anderweitige Festlegung.
Die Klägerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass die von ihr als maßgebliche Arbeitszeit begehrten
Wochentage im Arbeitsvertrag, dort Ziffer 3, Satz 4, 2. Hs., ausdrücklich aufgeführt sind.
Es handelt sich indes nicht um eine eindeutige bzw. vorbehaltlose Zusage „fester“ Arbeitszeiten.
Abgesehen davon, dass es in Ziffer 3 Satz 3 des Arbeitsvertrages bereits ausdrücklich heißt: „Der
Arbeitseinsatz sowie die Lage und Dauer der Arbeitszeit erfolgt entsprechend dem Arbeitsanfall“, hat das
Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass auch die im Vertrag genannten Arbeitszeiten bzw. Wochentage
ausdrücklich unter der Einschränkung stehen, dass „keine anderslautende mündliche oder schriftliche
Weisung über den Arbeitseinsatz“ erfolgt (Ziffer 3 Satz 4, 1. Hs.).
Damit hat sich die Beklagte, wovon das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht ausgeht, ein Weisungsrecht
gerade auch im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit vorbehalten.
3. Dem Arbeitsgericht ist auch darin zu folgen, dass sich der mit der Klage verfolgte Anspruch auch nicht
aus einer – angeblichen – Zusage anlässlich eines Personalgesprächs im Rahmen von
Vertragsverhandlungen ergibt.
a) Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, in einem Gespräch mit dem damaligen
Personalchef der Beklagten einige Tage vor Abschluss des Arbeitsvertrages vom 28.01.1997 habe sie zur
Meidung von Entlassungen von Kolleginnen der Verkürzung ihrer Arbeitszeit nur unter der Bedingung
zugestimmt, dass sie dafür ihre Arbeitsleistung an drei festgelegten Wochentagen erbringen könne. Der
damalige Personalchef, Herr Scheithauer, habe ihr in seinem Büro bestätigt, dass sie nur an den
benannten „festen“ Tagen arbeiten müsse. Auf diese eindeutige Zusage habe sie sich verlassen können.
Das Arbeitsgericht hat diesbezüglich von einer Beweiserhebung abgesehen. Hiergegen hat die Klägerin
in der Berufungsinstanz bereits keine ausdrückliche Rüge erhoben.
Auch in der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre – von der Beklagten bestrittene - Behauptung in
zeitlicher Hinsicht nicht eindeutig konkretisiert.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag zwar durchaus ergibt, dass
die Beklagte der Klägerin im Gegenzug für deren Bereitschaft zur weiteren Arbeitszeitreduzierung eine
Beschäftigung an bestimmten Arbeitstagen zugesagt hat. Streitig und streitentscheidend ist indes, ob
diese Zusage auch bezüglich zukünftiger Entwicklungen vorbehaltlos erfolgte. Insoweit lässt das
Vorbringen der Klägerin bereits nicht erkennen, ob die von ihr behauptete Zusage tatsächlich auch
dauerhaft, d.h. ohne jede Einschränkung, insbesondere auch ohne Rücksicht auf die spätere betrieblich
Entwicklung, gemacht wurde oder ob hierüber überhaupt gesprochen worden ist. Es bestehen daher
bereits durchgreifende Bedenken an einer ausreichenden Substantiierung des Tatsachenverbringens.
Die Erhebung eines Ausforschungsbeweises ist den Gerichten für Arbeitssachen indes untersagt. Damit
ist die für eine vom schriftlichen Arbeitsvertrag abweichende Abrede darlegungs- und beweisbelastete
Klägerin (§ 416 ZPO) insoweit bereits beweisfällig geblieben.
b) Ergänzend weist die Kammer zudem auf Folgendes hin:
aa) Das Arbeitsgericht hat zutreffend hervorgehoben, dass in der Vergangenheit sämtliche zwischen den
Parteien abgeschlossenen Verträge schriftlich erfolgten.
Aus diesem Umstand und wegen der Wichtig- und Langfristigkeit des neu abzuschließenden
Arbeitsvertrages hat das Arbeitsgericht sodann mit einer überzeugenden Begründung darauf geschlossen
(vgl. Palandt/Heinrichs, ZPO, 64. Aufl., § 154 Rz 4), dass sich beide Parteien - auch die Klägerin – unter
Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles erst durch den schriftlichen Vertrag, der die
wesentlichen Einzelheiten festgelegt hat, binden wollten. Zutreffend weist das Arbeitsgericht darauf hin,
dass dies der gesetzlichen Wertung des § 154 Abs. 2 BGB entspricht.
Nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB ist im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen, solange sich die Parteien nicht
über alle Punkte eines Vertrages geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine
Vereinbarung getroffen werden soll. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend,
wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
Nach § 154 Abs. 2 BGB ist dann, wenn eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages verabredet
worden ist, im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt.
Dabei stellt auch die Errichtung einer privatschriftlichen Urkunde (§ 416 ZPO) eine Beurkundung i.S.d. §
154 Abs. 2 BGB dar (Palandt/Heinrichs, aaO., m.w.N.).
Das Arbeitsgericht führt zudem zutreffend aus, dass eine Formabrede i.S.v. § 154 Abs. 2 BGB auch durch
schlüssiges Verhalten getroffen werden kann; etwa – wie vorliegend – durch die Herstellung einer
Privaturkunde.
Nur dann, wenn die Beurkundung nur zu Beweiszwecken dienen soll, ist § 154 Abs. 2 BGB nicht
anwendbar. Für einen solchen Willen müssen aber konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Ein solcher ist bei
wichtigen und langfristigen Verträgen indes im Zweifel nicht anzunehmen; vielmehr ist eine Formabrede in
diesen Fällen widerleglich zu vermuten (Palandt/Heinrichs, aaO., m.w.N.).
Nach alledem ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall Erklärungen
mit Rechtsbindungswillen erst in dem schriftlichen Vertrag vom 28.01.1997 abgegeben wurden.
bb) Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin, die von ihr behauptete und von der
Beklagten ausdrücklich bestrittene Zusage „fester“ Arbeitszeiten schon vor Abschluss des schriftlichen
Arbeitsvertrages abgegeben worden sein soll.
Selbst wenn man daher – entgegen den obigen Ausführungen - zugunsten der Klägerin eine
abweichende vorherige mündliche Abrede unterstellen würde, würde dies zu keinem anderen Ergebnis
führen.
Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass nach den allgemeinen Grundsätzen, wonach eine
neuere Abrede die ältere ersetzt, der später abgeschlossene schriftlichen Arbeitsvertrag als zuletzt
maßgebliche Vereinbarung grundsätzlich eine eventuell früher erfolgte Abrede abgelöst hat.
Dies gilt vorliegend umso mehr, weil die vertragsschließenden Parteien in Ziffer 9 Satz 1 des
Arbeitsvertrages ausdrücklich geregelt haben, dass mündliche Abreden nicht bestehen.
Der schriftliche Arbeitsvertrag sieht aber - wie dargelegt - bezüglich der Arbeitszeit ein Weisungsrecht der
Beklagten vor.
4. Die streitgegenständlichen Regelungen des schriftlichen Arbeitsvertrages sind auch nicht aus anderen
Gründen unwirksam.
a) Soweit die Klägerin vorträgt, bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages habe sie den Vertrag nicht
richtig gelesen und auch keinen Zweifel daran gehabt, dass die dort aufgeführten Arbeitszeiten
verbindlich seien, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis.
Die Klägerin hat den schriftlichen Arbeitsvertrag gemäß §§ 119, 121 BGB nicht, schon gar nicht rechtzeitig,
angefochten.
Abgesehen davon, dass die Anfechtungsfrist gemäß § 121 BGB schon längst verstrichen ist, stellt nur die
unbewusste Unkenntnis vom wirklichen Sachverhalt einen Irrtum i.S.d. § 119 BGB dar.
Demgegenüber liegt kein Irrtum vor, wenn der Erklärende eine Erklärung in dem Bewusstsein abgibt,
ihren Inhalt nicht zu kennen. Wer – wie vorliegend die Klägerin nach ihrem eigenen Bekunden - eine
Urkunde ungelesen unterschreibt, hat daher in der Regel kein Anfechtungsrecht (Palandt/Heinrichs, aaO.,
§ 119 Rz 9, m.w.N.).
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Unwirksamkeit der streitgegenständlichen
Regelung des Arbeitsvertrages auch nicht aus § 305 c BGB.
aa) Gemäß EGBGB 229 § 5 Satz 1 gelten die §§ 305 ff. BGB grundsätzlich nur für Verträge, die nach dem
31.12.2001 abgeschlossen worden sind.
Für Dauerschuldverhältnisse gelten die §§ 305 ff. BGB gemäß EGBGB 229 § 5 Satz 2 erst seit dem
01.01.2003; sie erfassen auch die vor dem 01.01.2002 gegründeten Altdauerschuldverhältnisse.
Nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB sind bei der Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf Arbeitsverträge die im
Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen.
bb) Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach
den Umständen, insbesondere dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass
der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
(1) Voraussetzung ist mithin zunächst, dass es sich vorliegend überhaupt um Allgemeine
Geschäftbedingungen handelt.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten
Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss
eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des
Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in
welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.
Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen demgegenüber nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen
zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind (§ 315 Abs. 1 BGB).
In diesem Zusammenhang ist vorliegend bezüglich der Ziffer 3 des Arbeitsvertrages zunächst zu
beachten, dass nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin die Aufnahme „fester“ Arbeitszeiten und
„fester“ Wochentage auf einer einzelvertraglichen Abrede beruht.
Indes spricht Vieles dafür, dass im Übrigen allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB
vorliegen.
(2) Darüber hinaus muss es sich um eine „ungewöhnliche“ Klauseln handeln.
Ob dies der Fall ist, ist nach den Gesamtumständen zu beurteilen. Die Ungewöhnlichkeit kann sich aus
der Unvereinbarkeit mit dem Leitbild des Vertrages, der Höhe des Entgelts, einem Widerspruch zum
Verlauf der Vertragsverhandlungen, einer erheblichen Abweichung vom dispositiven Recht oder von den
üblichen Vertragsbedingungen, aber auch aus der Unvereinbarkeit mit dem äußeren Erscheinungsbild
des Vertrages ergeben (Palandt/Heinrichs, aaO., § 305 c Rz. 3 m.w.N.).
(3) Zu dem empirischen Tatbestandsmerkmal „ungewöhnlich“ muss als zweite normative Voraussetzung
hinzukommen, dass der andere Teil mit der Klausel „nicht zu rechnen braucht“. Zwischen den
Erwartungen des Verwendungsgegners und dem Klauselinhaber muss eine Diskrepanz bestehen; der
Klausel muss ein Überrumplungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen (Palandt/Heinrichs, ZPO, 64.
Aufl., § 305 c Rz 4, m.w.N.).
Dabei ist grundsätzlich ein durch objektive Umstände überlagerter genereller Maßstab anzuwenden. Ob
die Klausel überraschend ist, beurteilt sich daher in der Regel nach den Erkenntnismöglichkeiten des
typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden.
Das Ergebnis kann aber in beide Richtungen durch konkrete Umstände modifiziert werden. Eine generell
nicht überraschende Klausel kann daher unter Abs. 1 fallen, wenn sie z.B. nach dem Verlauf der
Vertragsverhandlungen keinesfalls zu erwarten war oder wenn sie im Vertragstext falsch eingeordnet und
dadurch geradezu „versteckt“ wird (Palandt/Heinrichs, aaO., m.w.N., z.B. BGH NJW 87, 2011).
cc) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze, denen die Kammer folgt, handelt es sich
vorliegend – wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht – nicht um eine gemäß § 305 c BGB unwirksame
Klausel.
(1) Eine ungewöhnliche Klausel in vorgenanntem Sinne liegt nicht vor.
Auszugehen ist dabei zunächst von den unter B. I. 1. dargestellten Grundsätzen, wonach bei fehlenden
eindeutigen einzel- oder kollektivvertraglichen Regelungen die Lage der Arbeitszeit (Verteilung auf die
einzelnen Wochentage sowie Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) im Rahmen des
Direktionsrechts (grundsätzlich) einseitig durch den Arbeitgeber vorgegeben und verändert werden kann
(statt vieler Bundesarbeitsgericht Urteile vom 19.06.1985, AP BAT § 4 Nr. 11; vom 11.02.1998, AP BGB §
611 Direktionsrecht Nr. 54).
Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag ausdrücklich ein
Direktionsrecht bezüglich der Lage der Arbeitszeit vorbehält. Ebenso wenig ist es ungewöhnlich, dass
sich auch ein Arbeitgeber, der – wie hier die Beklagte - (zunächst) den Wünschen des Arbeitnehmers
durch die Aufnahme konkreter Wochentagen nachkommt, dennoch vorbehält, zukünftig die Arbeitszeit
anders zu verteilen; er also nicht gänzlich auf sein Direktionsrecht auch für die Zukunft verzichtet.
(2) Zutreffend weist das Arbeitsgericht zudem darauf hin, dass hier auch im Hinblick auf die
Vertragsgestaltung keine überraschende Klausel vorliegt.
Es handelt es sich um einen kurzen, lediglich einseitigen und auch im Übrigen übersichtlich gestalteten
Arbeitsvertrag. Dieser enthält selbst sämtliche wichtigen Abreden, ohne auf Anlagen oder eine Rückseite
zu verweisen.
Der Hinweis auf den Vorrang anders lautender Weisungen über den Arbeitseinsatz ist darüber hinaus
gerade in Ziffer 3 des Arbeitsvertrages, also genau dort, wo auch die konkreten Wochentage und
Arbeitszeiten genannt sind, enthalten.
Er erfolgte mithin keineswegs an versteckter Stelle, sondern gerade dort, wo die für Klägerin nach ihren
eigenen Angaben besonders wichtige Abrede getroffen wurde. Es war daher davon auszugehen, dass die
Klägerin gerade auf diesen Vertragsteil ein besonderes Augenmerk haben würde.
Zu Recht geht das Arbeitsgericht auch davon aus, dass sich nichts anderes daraus ergibt, dass die
Wochentage und Arbeitszeiten, die für die Klägerin zunächst gelten sollten, drucktechnisch durch eine
etwas größere Schrift hervorgehoben wurden.
Dies folgt bereits – worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist - daraus, dass diese Angaben nicht
losgelöst von dem dazugehörigen Satz, der seinerseits den Vorbehalt des arbeitgeberseitigen
Direktionsrechts enthält, gesehen werden kann.
Zudem enthält der Vertrag in Ziffer 9 Satz 1 auch die ausdrückliche Regelung, dass keine mündliche
Nebenabrede erfolgte.
(3) Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles ergibt sich ein Verstoß gegen § 305 c
Abs. 1 BGB - worauf die Klägerin maßgeblich abstellt - auch nicht aus einem Widerspruch zwischen dem
von ihr behaupteten und von der Beklagten bestrittenen Verlauf der Vertragsverhandlungen.
Auch wenn man davon ausgeht, dass der damalige Personalchef der Klägerin anlässlich der 1997
angestrebten Vertragsänderung konkrete Arbeitszeiten an bestimmten Wochentagen zugebilligt hat,
konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, eine solche Zusage würde im Rahmen des angestrebten
Dauerschuldverhältnisses für alle Zukunft, insbesondere unabhängig von sich ändernden betrieblichen
Notwendigkeiten für die nächsten Jahrzehnte unantastbar gelten. Dass ausdrücklich eine solche zeitlich
uneingeschränkte Zusage erfolgt sei, hat die Klägerin – wie oben dargestellt – selbst nicht substantiiert
behauptet. Allein eine bei ihr eventuell vorliegende subjektive Einschätzung, aus der zunächst erfolgten
Zusage könne sie auf eine dauerhaft verbindliche Abrede schließen, rechtfertigt es nicht, die generell nicht
überraschende Klausel als unwirksam gemäß § 305 c BGB einzuordnen.
Auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles stellt mithin auch nach Überzeugung der
Berufungskammer der im schriftlichen Arbeitsvertrag enthaltene Vorbehalt keine nach dem Verlauf der
Vertragsverhandlungen keinesfalls zu erwartende Regelung dar.
Zu Recht weist das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass auch der von ihr
behauptete Inhalt der Vertragsverhandlungen das Lesen des kurzen und übersichtlichen Arbeitsvertrages
durch die Klägerin, zumindest in den die Arbeitszeit betreffenden zentralen Punkten, nicht überflüssig
gemacht hat.
Nach alledem fehlt es an dem gemäß § 305 c BGB notwendigen „Überrumplungs- bzw.
Übertölpelungseffekt“ (Palandt/Heinrichs, ZPO, 64. Aufl., § 305 c Rz 4, m.w.N.).
Soweit die Klägerin nunmehr – von der Beklagten bestritten - meint, eine Streichung des
streitgegenständlichen Vorbehalts sei lediglich versehentlich unterblieben, vermag auch dies nicht zu
überzeugen.
Dagegen spricht, dass der streitgegenständliche Arbeitsvertrag vom 28.01.1997 unter Ziffer 4 tatsächlich
eine Streichung enthält. Es ist mithin nicht ersichtlich, dass und weshalb eine von beiden Parteien
gewollte Streichung in Ziffer 4 zwar erfolgt ist, in Ziffer 3 des Arbeitsvertrages aber unterblieben sein soll.
Hierzu macht auch die Klägerin keine weiteren Angaben.
Nach alledem sind die Regelungen im schriftlichen Arbeitsvertrag wirksam und einschlägig.
II. Dem Arbeitsgericht ist auch darin beizupflichten, dass unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des
Einzelfalles die nunmehr verlangten Arbeitszeiten billigem Ermessen (§ 106 GewO i.V.m. § 315 BGB)
entsprechen.
1. Nach § 106 Abs. 1 GewO kann der Arbeitgeber (einseitig) Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach
billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag,
Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche
Vorschriften festgelegt sind.
Gemäß § 315 Abs. 1 BGB ist dann, wenn die Leistung durch einen der Vertragsschließenden bestimmt
werden soll, im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. Soll die
Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur
Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur
verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung
durch Urteil getroffen; das gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird (§ 315 Abs. 3 BGB).
Eine Leistungsbestimmung entspricht dann billigem Ermessen, wenn sie die wesentlichen Umstände des
Einzelfalles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt hat (statt vieler
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23.06.1993, EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 13).
2. Im Rahmen der mithin vorzunehmenden Interessenabwägung sind zunächst die von der Klägerin
angeführten Gründe (Betreuung der Mutter; Wunsch nach Aufnahme einer Nebentätigkeit) zu
berücksichtigen. Dabei gilt Folgendes:
a) Zu Recht weist das Arbeitsgericht darauf hin, dass nicht ersichtlich ist, dass und weshalb die
nunmehrige Veränderung der Arbeitszeit eine Unterstützung der Mutter durch die Klägerin unmöglich
macht.
Bereits aus dem eigenen Vortrag der Klägerin, sie müsse wöchentlich ihre in einem betreuten Heim
lebende, betreuungsbedürftige Mutter versorgen; die Betreuungsarbeiten würden durch sie und ihren
Ehemann, auf deren Mithilfe sie angewiesen sei, jeweils am Samstag wahrgenommen, da ihr berufstätiger
Ehemann keine Fahrerlaubnis habe, ergibt sich dies nicht.
Ausgehend davon, dass nach der Lebenserfahrung eine Vielzahl von Arbeitnehmern in der Generation
der Klägerin entweder noch (schulpflichtige) Kinder haben, bei denen eine Betreuung auch am Samstag
notwendig ist, und/oder aber Eltern oder sonstige nahe Angehörigen haben, die einer besonderen
Betreuung – ggf. auch in häuslicher Pflege – bedürfen, ist bereits nicht ersichtlich, weshalb gerade bei der
kinderlosen Klägerin, deren Mutter in einem betreuten Heim untergebracht ist und von ihr nicht in
häuslicher Pflege betreut wird, eine gegenüber anderen Mitarbeitern besondere Notsituation besteht.
Hiervon abgesehen ist auch nicht nachvollziehbar, dass und weshalb eine ergänzende Betreuung der
Mutter durch die „nur“ zu ca. 60 % der tarifüblichen Arbeitszeit teilzeitbeschäftigte Klägerin nicht möglich
sein soll.
Die Klägerin hat keine konkreten Angaben über die Art und den zeitlichen Umfang der angeblich
notwendigen und von ihr tatsächlich auch erbrachten Betreuungsleistungen gemacht. Sie hat
insbesondere auch nichts dafür vorgetragen, dass und weshalb eine ihren nunmehr flexiblen
Arbeitszeiten entsprechende zeitlich flexible Betreuung nicht möglich wäre; etwa dass und weshalb,
welche Betreuungsleistung nur an einem Samstag erbracht werden kann.
Auch bei einem flexiblen Arbeitseinsatz ist mithin davon auszugehen, dass eine entsprechend flexible
Betreuung in der arbeitsfreien Zeit, etwa an arbeitsfreien Tagen oder arbeitsfreien Vor- bzw. Nachmittagen
sowie in der Woche abends oder an Sonntagen möglich ist.
b) Auch der Wunsch der Klägerin eine Aushilfstätigkeit anzunehmen, rechtfertigt keinen Verzicht der
Beklagten auf das im Arbeitsvertrag vorgesehene Weisungsrecht.
Die Klägerin hat lediglich pauschal behauptet, sie strebe eine Nebentätigkeit an, was ihr nunmehr gerade
wegen der flexiblen Arbeitszeitgestaltung nicht (mehr) möglich sei. Dieses Vorbringen ist indes – was die
Beklagte zu Recht rügt – auch in der Berufungsinstanz unsubstantiiert. Konkrete Angaben darüber, dass
sie sich tatsächlich, wann, auf welche Arbeitsstelle beworben und dass sie gerade wegen der
nunmehrigen flexiblen Arbeitszeit eine Absage erhalten hat, fehlen völlig.
Dies wäre jedoch insbesondere deswegen notwendig gewesen, weil die Klägerin nach ihrem eigenen
Vorbringen bereits 1997 das Ansinnen der Beklagten nach einer weiteren Reduzierung der Arbeitszeit
zunächst mit der Begründung abgelehnt hat, ihr Verdienst sei zur Finanzierung der Eigentumswohnung
notwendig. Damit bestand nach den eigenen Angaben der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt ein
entsprechendes finanzielles Bedürfnis.
Wenn dies aber so war und die Beklagte der Klägerin – unstreitig - seit 1997 feste Arbeitszeiten gewährte,
stellt sich unwillkürlich die Frage, warum die Klägerin nicht bereits ab diesem Zeitpunkt eine – nach ihrem
eigenen Vorbringen mögliche - Nebentätigkeit aufgenommen hat, sondern erst mehrere Jahre später
behauptet, sie wolle gerade jetzt eine solche aufnehmen, was ihr nun aber unmöglich sei.
c) Gegenüber den wenig überzeugenden Gründen der Klägerin überwiegt das Interesse der Beklagten,
ihr Weisungsrecht entsprechend den mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung
auszuüben. Die Beklagte hat ein berechtigtes Interesse daran, eine Besetzung des Hauses entsprechend
der erwarteten Kundenfrequenz zu gewährleisten und dabei in Anwendung der betrieblichen Regelungen
alle Arbeitnehmer einzubinden.
Dies ist schon aus Gründen des Betriebsfriedens und der Gleichbehandlung geboten.
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Arbeitszeitregelung vom 28.01.1997 durchaus auch auf einem
Entgegenkommen der Klägerin beruhte. Indes hat die Beklagte die Klägerin trotz des vereinbarten
Direktionsrechts mehrere Jahre zu festen Arbeitszeiten an den drei Wochentagen beschäftigt und damit
deren Entgegenkommen gewürdigt.
Ihre nunmehrige anderweitige Anordnung beruht auch nicht auf sachfremden Erwägungen, sondern auf
den zwischenzeitlich mit dem Betriebsrat vereinbarten betriebsüblichen Regelungen
(Betriebsvereinbarungen), denen grundsätzlich alle Mitarbeiter unterworfen sind und die sie zu Recht jetzt
auch in Bezug auf die Klägerin anwendet.
Nach alledem erweist sich die Berufung als unbegründet, da die Beklagte die Klägerin bereits aufgrund
des arbeitsvertraglichen Weisungsrechts entsprechend den nunmehr gültigen Betriebsvereinbarungen
flexibel einsetzen kann.
In diesem Zusammenhang weist die Kammer daher lediglich ergänzend darauf hin, dass nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht selbst bei tatsächlich fest vereinbarten Arbeitszeiten sogar
eine Änderungskündigung möglich ist, um z.B. Teilzeitkräfte an arbeitsintensiven Zeiten einzusetzen
(Kittner/Zwanziger, KSchR, § 2 Rnr. 164 a; Bundesarbeitsgericht Urteil vom 24.04.1997, NZA 97, 1047;
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 03.12.1998, DB 99, 487; Bundesarbeitsgericht Urteil vom 18.12.1997 – 2
AZR 709/95 -). Dabei wird in der Rechtssprechung insbesondere ein durch Interessenausgleich bzw.
Betriebsvereinbarung eingeführtes Arbeitszeitsystem als eine Rechtfertigung für die Änderungskündigung
arbeitsvertraglicher Arbeitszeitfestlegungen anerkannt (LAG Berlin, Urt. vom 31.03.1998, NZA, 98, 1061).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
IV. Mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 ArbGG war die Zulassung der Revision nicht
veranlasst.