Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 02.07.2009
LArbG Mainz: arbeitsgericht, auszahlung, flexible arbeitszeit, bad, anschlussberufung, vergütung, abgeltung, fälligkeit, datum, verfügung
LAG
Mainz
02.07.2009
11 Sa 202/09
Zeitkonto: Auslegung einer Betriebsvereinbarung; Günstigkeitsprinzip, Zeitpunkt der monatlichen
Lohnzahlung; betriebliche Übung
Aktenzeichen:
11 Sa 202/09
11 Ca 1174/08
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuznach -
Urteil vom 02.07.2009
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad
Kreuznach - vom 22.01.2009, Aktenzeichen 11 Ca 1174/08, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern
Bad Kreuznach - vom 22.01.2009, Aktenzeichen 11 Ca 1174/08, abgeändert und festgestellt, dass die
Beklagte verpflichtet ist, den monatlichen Lohn des Klägers diesem bis spätestens zum 05. des
Folgemonats auszuzahlen (Datum der Gutschrift auf dem Empfängerkonto).
3. Die Kosten des Rechtstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Vergütung für geleistete Überstunden sowie über den Zeitpunkt der
Entgeltzahlungen.
Der Kläger ist seit dem 01.07.1995 als Arbeiter bei der Beklagten beschäftigt.
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. § 3 des Arbeitsvertrages vom 21.01.2005
lautet:
Zeitkonto
Für den Mitarbeiter wird ein Zeitkonto geführt. Das Zeitkonto kann bis zu 150 Stunden ins Guthaben und
150 Stunden ins Minus geführt werden. Ab der gesetzten Grenze von 150 Stunden zahlt die Firma darüber
hinausgehende Überstunden an den Mitarbeiter aus. Zuschläge für Überstunden werden nicht gezahlt. In
das Konto fließen alle Mehrarbeitsstunden gemäß Betriebsvereinbarung.“
Die Betriebsvereinbarung „Flexible Arbeitszeit“ vom 30.11.2006 sieht folgende Regelungen vor:
"4. Behandlung des Zeitsaldos
4.1 Zeitguthaben und Zeitschuld
Mehrarbeitsstunden
anzusammeln; …
Minderstunden
150
4.2 Zeitguthaben aus Vorjahren
Zeitguthaben aus Vorjahren werden in das neue Jahr übertragen. Das zulässige Zeitkonto von 150 …
Stunden erhöht sich entsprechend. Ein evtl. bestehendes Guthaben aus den Vorjahren sollte bis zum
31.12. des Folgejahres abgebaut sein. Ist der Abbau dieses Guthabens bis zum 31.12. des Folgejahres
nicht möglich so erfolgt die Auszahlung dieses Guthabens zum 31.12. des Folgejahres, sofern das
Unternehmen im Auszahlungsjahr ein positives Jahresergebnis erreicht hat.
Kommt es aufgrund des Jahresergebnisses nicht zur Auszahlung der Guthabenstunden, so werden die
Guthabenstunden ins Folgejahr
übertragen und das laufende Freizeitkonto erhöht sich dementsprechend.“
Ende Dezember 2006 befanden sich auf dem Zeitkonto des Klägers 96,45 Guthabenstunden. Diese
wurden im Jahre 2007 nicht abgebaut, so dass der Kläger mit der vorliegenden Klage deren Abgeltung
verlangt. Der Stundenlohn des Klägers betrug im Jahre 2006 12,61 € brutto. Das Jahresergebnis der
Beklagten war im Jahre 2007 positiv. Ende Dezember 2007 hatte der Kläger 260 Guthabenstunden und
Ende Dezember 2008 152,5 Guthabenstunden, wovon 7,5 ausbezahlt wurden. Ferner hat der Kläger
Anspruch auf Abgeltung von 13,55 Überstunden aus dem Jahre 2007 à 12,80 € brutto erhoben.
§ 6 des Arbeitsvertrages lautet:
„Die Firma zahlt an den Arbeitnehmer monatlich, nachträglich, 12 x p.a..“
Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis Dezember 2008 erhielt der Kläger jeweils vor dem Monatsende
einen Abschlag von 1.000,00 € netto, seit Januar 2009 nur noch von 500,00 €. Der Restlohn wird im
folgenden Monat gezahlt, in den letzten Monaten meist erst nach der Monatsmitte.
Der Kläger hat vorgetragen:
Nach Ziffer 4.2 der Betriebsvereinbarung könne ein Zeitguthaben von maximal 150 Stunden einmalig ins
Folgejahr, aber nicht ins Folge-Folgejahr übertragen werden, so dass die Überstunden des Jahres 2006
zum 31.12.2007 auszuzahlen seien.
Die Beklagte sei vertraglich verpflichtet, die Monatsvergütung zum 01. des folgenden Monats
auszuzahlen. Zumindest seien die Abrechnungen so rechtzeitig vorzunehmen, dass das Geld ihm
spätestens bis zum 05. des folgenden Monats zur Verfügung stehe, was früher auch der Fall gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.398,67 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus
1.216,23 € seit dem 01.01.2008 und im Übrigen seit dem 21.07.08 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seinen monatlichen Lohn ihm spätestens zum 01.
des folgenden Monats auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Nach dem Text der Betriebsvereinbarung handele es sich lediglich um eine Sollvorschrift, so dass kein
Anspruch auf Auszahlung bestehe. Da zweimal von „Folgejahr“ die Rede sei, könne ein etwaiger
Auszahlungsanspruch allenfalls zum 31.12.2008 fällig sein. Dem stehe aber der zwischenzeitlich erfolgte
Abbau entgegen.
Eine Anspruchsgrundlage für den begehrten Auszahlungstermin gebe es nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des
Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.01.2009 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.216,23 € brutto nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten seit dem 01.01.2008 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger habe einen Anspruch auf Auszahlung der Guthabenstunden des Jahres 2006 aus § 3 des
Arbeitsvertrages in Verbindung mit Ziffer 4.2 der Betriebsvereinbarung. Da nach dem Wortlaut der
Betriebsvereinbarung bei Nichtabbau des Guthabens bis zum 31.12. des Folgejahres die Auszahlung
dieses Guthabens zum 31.12. des Folgejahres erfolgt, handele es sich nicht lediglich um eine
Sollvorschrift. Ferner sei immer nur von Folgejahr und nicht von einem dem Folgejahr nachfolgenden Jahr
die Rede, so dass nur dasselbe Jahr gemeint sein könne. Die 96,45 Guthabenstunden aus dem Jahre
2006, die im Laufe des Jahres 2007 nicht abgebaut worden seien, seien daher zum 31.12.2007
auszuzahlen. Der entstandene Auszahlungsanspruch habe durch den Freizeitausgleich im Jahre 2008
nicht mehr ausgeglichen werden können.
Vergütung für Überstunden des Jahres 2007 sei nicht geschuldet.
Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass ihm der monatliche Lohn spätestens zum 01. des
Folgemonats ausgezahlt wird. Der Arbeitsvertrag enthalte zur Fälligkeit des Lohnes keine Regelung.
§ 614 BGB sei abbedungen durch eine arbeitsvertragliche, nach der Behauptung der Beklagten sogar
eine betriebliche
Übung, wonach der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses im laufenden Monat 1.000,00 € netto
erhalte und den Rest einige Tage nach Beginn des Folgemonats. Zwar habe der Kläger behauptet, dass
sich die Restlohnzahlung in den letzten Monaten immer weiter nach hinten verschoben habe. Die
grundsätzliche Handhabung einer auf zwei Zeitpunkte verteilten Lohnzahlung habe er aber nicht
bestritten.
Der Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergebe sich aus §§ 286 Abs. 2,
288, 247 BGB.
Bezüglich des genauen Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz –
Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – 22.01.2009 verwiesen.
Gegen das ihr am 10.03.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.04.2009, bei
Gericht eingegangen am gleichen Tage, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 20.04.2009, bei
Gericht eingegangen am gleichen Tage, begründet. Die Berufungsbegründung ist dem Kläger am
22.04.2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 22.05.2009, bei Gericht eingegangen am gleichen
Tage, hat der Kläger Anschlussberufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor:
Das Arbeitsgericht habe die Betriebsvereinbarung falsch ausgelegt. Ziffer 4.2 der Betriebsvereinbarung
spreche zunächst in Satz 1 von dem „neuen Jahr“; dies sei bezüglich der Überstunden des Jahres 2006
das Jahr 2007. Soweit Satz 3 sodann von „Vorjahren“ im Plural spreche, ergebe sich daraus, dass das
Folgejahr nicht das „neue Jahr“ im Sinne von Satz 2 sein könne, sondern das sich daran anschließende
Jahr, also das Jahr 2008. Es mache keinen Sinn, ein Ansammeln von generell bis zu 300 Stunden „im
Folgejahr (genauer: im „neuen Jahr“)“ zu ermöglichen, wenn gleichzeitig das Guthaben aus Vorjahren
abgebaut werden solle. Auch Satz 1 nenne „Vorjahre“ im Plural, was dafür spreche, dass unter
Umständen mehrere Jahre Zeit zum Abbau eines Guthabens zur Verfügung stünden, ohne dass eine
Ausgleichspflicht entstehe. Es sei auch einleuchtend, dass bei einer Erweiterung des zulässigen
Rahmens für das Ansammeln von Überstunden ein längerer Zeitraum für deren Abbau zur Verfügung
stehen müsse.
Weil der Kläger lediglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten beantragt habe, hätte das Arbeitsgericht
nicht Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zusprechen dürfen.
Aus technischen Gründen werde für die Abrechnung die Zeit bis zum jeweils 15. des Folgemonats
benötigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 22.01.2009, Az.:
11 Ca 1174/08, abzuändern, soweit der Klage stattgegeben wurde, und die Klage insgesamt
abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige
Kammern Bad Kreuznach – vom 22.01.2009, Az. 11 Ca 1174/08
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, seinen monatlichen Lohn ihm bis spätestens zum 05.
des Folgemonats,
hilfsweise bis spätestens zum 10. des Folgemonats,
äußerst hilfsweise bis zum 15. des Folgemonats,
auszuzahlen (Datum der Gutschrift auf dem Empfängerkonto).
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger nimmt Bezug auf seinen Vortrag erster Instanz und trägt weiter vor:
Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Auslegung der Betriebsvereinbarung sei die einzig wirtschaftlich
vertretbare. Folgte man der Auffassung der Beklagten, würde sich das zulässige Überstundenguthaben
von Jahr zu Jahr erhöhen und wäre nie zur Auszahlung reif.
Zwar bestehe bei der Beklagten seit Jahren die betriebliche Übung, Abschlagszahlungen im laufenden
Monat zu leisten. Dies besage allerdings nichts über die Fälligkeit der Gesamtlohnabrechnung eines
abgelaufenen Monats. Die einseitige Reduzierung der Abschlagszahlung stehe zudem in Widerspruch zu
der Behauptung einer betrieblichen Übung. Ohne sachliche oder technische Notwendigkeit würden die
Lohnabrechnungen bewusst so spät abgearbeitet, um der Beklagten einen Liquiditäts- bzw. Zinsvorteil zu
Lasten ihrer Mitarbeiter zu verschaffen. Für die Frage, welcher Auszahlungstermin angemessen und
zumutbar ist, könne auf den – unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbaren –
Manteltarifvertrag für die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz zurückgegriffen
werden, wonach die monatliche Lohnzahlung so vorzunehmen ist, dass die Arbeitnehmer bis zum 10. des
Folgemonats über ihr Arbeitsentgelt verfügen können, die Gehaltsempfänger sogar spätestens am letzten
Arbeitstag des ablaufenden Monats. Die Zeitlohnempfänger seien den Gehaltsempfängern
gleichzustellen, wenn wie hier die Abrechnungen über ein elektronisches Zeiterfassungssystem liefen und
die Höhe der monatlich abzurechnenden Soll-Stunden bereits für das ganze Jahr im Voraus feststünden,
so dass der Arbeitgeber keine zusätzliche Zeit benötige, um den konkreten Monatslohn für einen
abgelaufenen Monat zu ermitteln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die
Schriftsätze der Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Sowohl die Berufung der Beklagten als auch die Anschlussberufung des Klägers sind nach § 64 Abs. 1
und 2 lit. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520, 524
ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweisen sich auch sonst als zulässig.
II. Die Berufung der Beklagten hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, wohl aber die Anschlussberufung
des Klägers.
1. Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht die Beklagte
verurteilt, an den Kläger Vergütung für 96,45 im Jahre 2006 geleistete Überstunden à 12,61 € brutto =
1.216,23 € brutto zu zahlen. Die Berufungskammer folgt in vollem Umfang der ausführlichen und
sorgfältigen Begründung des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG
ausdrücklich fest. Insoweit wird von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine
Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Im Hinblick auf das
Berufungsvorbringen der Beklagten sind lediglich die nachfolgenden Ergänzungen veranlasst:
Die Formulierung der Beklagten „im Folgejahr (genauer: im „neuen Jahr“)“ zeigt bereits, dass im
allgemeinen Sprachgebrauch die Begriffe sinngleich verwendet werden. Gegenüber dem Ausgangsjahr,
hier dem Jahr 2006, ist das neue Jahr das Folgejahr, also das Jahr 2007. Dass mit jeder Verwendung des
Wortes „Folgejahr“ wiederum ein späteres Jahr gemeint sein soll, lässt sich sprachlich nicht herleiten.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass jeweils das gleiche Jahr gemeint ist. Hieran ändert auch die
Tatsache nichts, dass von „Vorjahren“ im Plural die Rede ist. Denn schließlich ist die
Betriebsvereinbarung auf mehrere Jahre anzuwenden. Dass die Betriebsvereinbarung Ein- und Mehrzahl
nicht sauber trennt, ergibt sich im Übrigen daraus, dass auch die Beklagte nicht behauptet, die
Zeitguthaben mehrerer Jahre seien in demselben Jahr auszuzahlen, wie es Ziffer 4.2 Satz 3 der
Betriebsvereinbarung nahe legen würde.
Eine andere Auslegung von Ziffer 4.2 der Betriebsvereinbarung, deren Grenze ohnehin der mögliche
Wortsinn ist, ist auch nicht nach Sinn und Zweck geboten. „Neues Jahr“ in Satz 1 und „Folgejahr“ in den
weiteren Sätzen müssen identisch sein, weil ein Abbau der Guthabenstunden eine vorherige Übertragung
in das betreffende Jahr voraussetzt. Das Argument der Beklagten, eine weitere Ansammlung und ein
Abbau von Überstunden schlössen sich aus und könnten daher nicht in demselben Jahr stattfinden,
überzeugt ebenfalls nicht. Denn zum einen würde sich das von der Beklagten behauptete Problem bei
einer Übertragung in spätere Jahre ebenso stellen, und zum anderen können in Laufe eines
Kalenderjahres durchaus teils Überstunden anfallen und teils abgebaut werden. Nach der
Betriebsvereinbarung soll nach Möglichkeit ein Abbau der angesparten Überstunden im Jahr nach ihrem
Entstehen erfolgen, und für den Fall, dass dies nicht durchführbar ist, können weitere Überstunden bis zu
der gesetzten Grenze gesammelt werden. Hierbei handelt es sich um eine sinnvolle Regelung, die dem
Umstand Rechnung trägt, dass der Arbeitsanfall schwankt und nicht generell und abstrakt vorhersehbar
ist.
Schließlich lässt sich unabhängig von den bisherigen Überlegungen ein Anspruch des Klägers auch aus
§ 3 des Arbeitsvertrages herleiten. Nach dessen Satz 3 zahlt die Beklagte ab der Grenze von 150 Stunden
darüber hinausgehende Überstunden an den Mitarbeiter aus. Weitere Voraussetzungen werden an die
Auszahlung, anders als in der Betriebsvereinbarung, nicht geknüpft. Zwar verweist § 3 Satz 5 des
Arbeitsvertrages auf die Betriebsvereinbarung, aber nicht in vollem Umfang, sondern nur hinsichtlich der
Frage, welche Überstunden in welcher Weise in das Zeitkonto fließen. Im Verhältnis zwischen
Arbeitsvertrag und Betriebsvereinbarung gilt das Günstigkeitsprinzip, so dass sich der Kläger auf die ihm
günstigeren Auszahlungsregelungen des Arbeitsvertrages berufen kann. Ende Dezember 2007 befanden
sich auf dem Zeitkonto des Klägers 260 Gut-habenstunden, also sogar 110 mehr als 150.
Die geltend gemachten 96,45 Guthabenstunden waren demnach zum 31.12.2007 zur Auszahlung fällig.
Die weitere Entwicklung des Zeitkontos, namentlich die Reduzierung der Guthabenstunden im Laufe des
Jahres 2008, ist unerheblich und hatte auf den entstandenen Anspruch des Klägers keinen Einfluss.
Auf die Rüge der Beklagten, das Arbeitsgericht hätte mangels entsprechenden Antrags des Klägers nicht
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zusprechen dürfen, ist festzustellen, dass
das Arbeitsgericht im Tenor lediglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ausgeurteilt hat, dass in den
Entscheidungsgründen aber von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz die Rede ist. Da die
Urteilsformel richtig ist, war die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen. Klargestellt wird,
dass eine weitergehende Verurteilung der Beklagten gemäß § 308 Abs. 1 Satz 2 ZPO ausgeschlossen ist.
2. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Abgeltung der Überstunden des Jahres 2007, den
das Arbeitsgericht abgewiesen hatte, ist das erstinstanzliche Urteil rechtkräftig geworden.
3. Der Kläger kann auch verlangen, dass die Beklagte ihm seinen monatlichen Lohn bis spätestens zum
05. des Folgemonats auszahlt. Das Urteil des Arbeitsgerichts war insoweit abzuändern.
Der Anspruch ergibt sich aus § 6 des Arbeitsvertrages, der inhaltlich mit § 614 BGB übereinstimmt.
Danach ist die Vergütung nach dem Ablauf eines jeden Monats, d.h. am ersten Tag des Folgemonats zu
entrichten (BAG, Urteil vom 15.05.2001, 1 AZR 672/00). Ob auch ohne entsprechende individual- oder
kollektivrechtliche Vereinbarung der Zeitpunkt der Auszahlung nach hinten verschoben werden kann,
wenn sie dem Arbeitgeber zum Monatsersten nicht möglich ist, bedurfte keiner Entscheidung. Denn die
Beklagte hat zwar in der mündlichen Verhandlung behauptet, zum 01. des Folgemonats die
Entgeltabrechnungen nicht fertig stellen zu können, sie hat dies aber nicht überprüfbar begründet.
Vielmehr dürfte es bei Verwendung eines elektronischen Zeiterfassungssystems und unter
Zugrundelegung der vorgegebenen Sollstundenzahl ohne Weiteres möglich sein, die Abrechnungen
zeitnah zum Monatsende oder kurz danach zu erstellen.
Mit der in der Berufungsinstanz vorgenommenen Einschränkung des Klageantrags und dementsprechend
der Verurteilung auf den 05. des Folgemonats ist dem Umstand Rechnung getragen, dass sich der
Zeitpunkt der Fälligkeit gemäß § 193 BGB auf den nächsten Werktag verschiebt, wenn der Fälligkeitstag
auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen Feiertag fällt (BAG, a.a.O.).
Eine abweichende betriebliche Übung ist jedenfalls nach den Darlegungen in der Berufungsinstanz nicht
feststellbar. Offen bleiben konnte dabei, ob die Vorgehensweisen der Beklagten hinsichtlich Abschlägen
und Restlohnzahlungen isoliert voneinander oder als Einheit anzusehen sind und ob in letzterem Fall
eine insgesamt günstigere Regelung für die Arbeitnehmer vorliegt. Denn jedenfalls fehlt es an einer
regelmäßigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers. Seit Januar 2009 zahlt die
Beklagte nicht mehr 1.000,00 €, sondern nur noch 500,00 € Abschlag an den Kläger. Wie sich aus der
vom Kläger vorgelegten Auflistung, deren Inhalt die Beklagte nicht bestritten hat, ergibt, wird zudem der
Restlohn nicht zu einem feststehenden Termin ausgezahlt, sondern nach Gutdünken um die Monatsmitte
herum. Wegen der wechselnden Handhabung konnte ein Vertrauenstatbestand nicht entstehen (BAG,
Urteil vom 28.02.1996, 10 AZR 516/95).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Gründe, die gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision gebieten würden, sind nicht ersichtlich.