Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 08.05.2009

LArbG Mainz: betriebsübergang, arbeitsgericht, höchstbetrag, kündigung, rückführung, quelle, form, abschlag, vergleich, luft

LAG
Mainz
08.05.2009
1 Ta 104/09
Wertfestsetzung - Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses nach Betriebsübergang
Aktenzeichen:
1 Ta 104/09
4 Ca 876/08
ArbG Kaiserslautern
- AK Pirmasens -
Beschluss vom 08.05.2009
Tenor:
1. Auf die Beschwerde beider Beschwerdeführer vom 02.04.2009 und vom 09.04.2009 wird der
Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern
Pirmasens - vom 24.03.2009 - 4 Ca 876/08 - wie folgt abgeändert:
"Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien wird auf
4.500,-- € festgesetzt".
2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Gründe:
Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes für einen
Feststellungsantrag.
Die Klägerin war seit dem 01.07.2008 als Küchenhilfe sowie zur Ableistung von Bürotätigkeiten in der
vormals von Herrn Andreas A. betriebenen Gastronomieeinrichtung im "Pirmasenser Luft- und Badepark
(W)" beschäftigt. Das Pachtverhältnis des ehemaligen Inhabers des Gastronomiebetriebes, Herrn A., mit
der Firma W. GmbH endete aufgrund Auflösungsvertrages zum 30.09.2008. Im Anschluss daran pachtete
die Beklagte denselben Gastronomiebetrieb und betrieb diesen ab dem 01.12.2008.
In dem von ihr geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht machte die Klägerin nunmehr gegenüber
dem neuen Pächter einen Betriebsübergang i. S. d. § 613 a BGB geltend und beantragte, festzustellen,
dass zwischen den Parteien seit dem 01.12.2008 ein Arbeitsverhältnis besteht mit dem Inhalt des
Arbeitsvertrages vom 30.06.2008 zwischen der Klägerin und Herrn Andreas A..
Das Verfahren endete durch Vergleich der Parteien.
Auf die Anträge der Prozessbevollmächtigten der Parteien hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom
24.03.2009 nach Anhörung der Beteiligten sowie der Bezirksrevisorin den Gegenstandswert der
anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Parteien auf 1.500,-- € festgesetzt.
Gegen diesen haben beide Prozessbevollmächtigte
Beschwerde
Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 4.500,-- € festzusetzen. Zur Begründung führten sie an,
der Rechtsstreit sei wie eine Kündigungsschutzklage zu behandeln, so dass gemäß § 42 Abs. 4 S. 1 GKG
höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgeltes maßgebend sei.
Die Festsetzung dieses Höchstbetrages sei im vorliegenden Fall auch deshalb gerechtfertigt, weil das
Arbeitsverhältnis bereits neun Monate bestanden habe und die Klägerin bei bezifferter Geltendmachung
ihrer Gehaltsansprüche mehr als 4.500,-- € hätte einklagen können.
Mit Beschluss vom 03.04.2009 hat das Arbeitsgericht den Beschwerden gegen den
Gegenstandswertbeschluss vom 24.03.2009 nicht abgeholfen und hat die Sache dem
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
II.
fristgerecht eingelegt, übersteigen den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,-- € und sind auch
sonst zulässig.
Die Rechtsmittel haben in der Sache auch Erfolg. Für den gestellten Feststellungsantrag war ein
Gegenstandswert von drei Bruttomonatsgehältern
(3 x 1.500,-- € = 4.500,-- €) festzusetzen.
Gemäß § 23 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die
Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften, soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten.
Nach § 42 Abs. 4 S. 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das
Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer
eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgeltes maßgebend. Im vorliegenden Fall richtete sich der
Antrag der Klägerin auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien, so
dass eine Rechtsstreitigkeit über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gegeben war, mit der Folge der
Anwendbarkeit des § 42 Abs. 4 S. 1 GKG.
Dabei Z.t die vorgenannte Vorschrift nur einen Höchstbetrag für die Gegenstandswertfestsetzung aus. Im
vorliegenden Fall besteht jedoch kein Grund einen Abschlag vorzunehmen und - wie seitens des
Arbeitsgerichts geschehen - für den Gegenstandswert nur ein Bruttomonatsgehalt anzusetzen.
Für die Festsetzung nur eines Bruttomonatsgehaltes kann insbesondere nicht auf den zum Zeitpunkt der
Klageeinreichung noch nicht 6-monatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses verwiesen werden. Zwar ist
nach der ständigen Rechtsprechung der für die Streitwert- und Gegenstandswertbeschwerden
ausschließlich zuständigen erkennenden Kammer des LAG Rheinland-Pfalz für die
Gegenstandswertfestsetzung bei einem Kündigungsrechtsstreit nach der Dauer des Bestandes des
Arbeitsverhältnisses zu unterscheiden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss v. 01.10.2008 - 1 Ta 181/08,
Beschluss v. 20.12.2007 - 1 Ta 293/07; Beschluss vom 26.11.2007 - 1 Ta 249/07). Danach ist der
Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in typisierender Betrachtungsweise bei einem Bestand des
Arbeitsverhältnisses von bis zu sechs Monaten grundsätzlich mit einem Bruttomonatsgehalt festzusetzen.
Die Rückführung auf ein Bruttomonatsgehalt rechtfertigt sich dadurch, dass bei einem Bestand des
Arbeitsverhältnisses unter sechs Monaten das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung findet
und das Arbeitsverhältnis somit einem geringeren Schutz unterliegt. Ein solches Arbeitsverhältnis hat sich
noch nicht so verfestigt wie ein mehrjährig bestehendes. Dies hat auch Auswirkungen auf die
wirtschaftliche Bedeutung eines solchen Verfahrens.
Diese für das Kündigungsschutzverfahren aufgestellten Grundsätze passen zur vorliegenden
Rechtsproblematik nicht. Zur Überprüfung stehen hier nicht die Vorschriften des
Kündigungsschutzgesetzes, vielmehr richtet sich der Erfolg der Klage allein danach, ob ein
Betriebsübergang auf die Beklagte stattgefunden hat (§ 613 a BGB). Diese Prüfung erfolgt unterschiedslos
von der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem
Betriebsübergang das Arbeitsverhältnis im Erfolgsfalle der Klage bestandsmäßig per se einen geringeren
wirtschaftlichen Wert haben soll.
Nach Ansicht der Kammer war daher beim vorliegenden Streitgegenstand der Gegenstandswert trotz des
kurzen Bestandes des Arbeitsverhältnisses auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen.
Der angegriffene Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss war entsprechend abzuändern.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.