Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 26.10.2007
LArbG Mainz: befristung, ablauf der frist, vertretung, arbeitsgericht, original, vertragsschluss, aufnehmen, beweislast, quelle, erschütterung
LAG
Mainz
26.10.2007
9 Sa 120/07
Befristeter Arbeitsvertrag - Vertretung -
Aktenzeichen:
9 Sa 120/07
8 Ca 2596/06
ArbG Ludwigshafen
Entscheidung vom 26.10.2007
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 29.01.2007, Az.: 8
Ca 2596/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis infolge der im Arbeitsvertrag vom 23.06.2005
vereinbarten Befristung seine Beendigung gefunden hat.
§ 1 des Arbeitsvertrages lautet:
"Die Angestellte wird mit Wirkung vom 01.07.2005 als Krankenschwester in ein befristetes
Arbeitsverhältnis eingestellt.
Die Befristung erfolgt zur Vertretung von Frau L. für die Dauer der Elternzeit bis 17.01.2007.
Das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Eine
stillschweigende Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nach § 625 BGB ist ausgeschlossen.
…"
Die in § 1 des Arbeitsvertrages genannte Mitarbeiterin der Beklagten befand sich in Elternzeit, wobei sie
diese bis 17.01.2007 beantragt hatte. Die im Arbeitsvertrag genannte Mitarbeiterin kehrte nach Ablauf der
Elternzeit nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurück.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie der wechselseitigen
erstinstanzlichen Behauptungen der Parteien wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den
Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 29.01.2007, Az.: 8 Ca 2596/06.
Mit dem genannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zusammengefasst zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, wobei hinsichtlich der Einzelheiten auf die
Entscheidungsgründe des genannten Urteils verwiesen wird:
Eine Befristung bleibe auch dann wirksam, wenn der Grund für die Befristung nach Abschluss des
befristeten Vertrages entfalle. Es komme allein darauf an, ob der Arbeitgeber im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses davon ausgehen durfte, er werde nur vorübergehend die Dienste der neu
einzustellenden Person benötigen. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt, da im
Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages mit der Klägerin davon auszugehen gewesen sei, dass die in §
1 des Arbeitsvertrages genannte Mitarbeiterin aus ihrer Elternzeit wieder in die Dienste der Beklagte
zurückkehren wolle. Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben.
Gegen dieses ihr am 07.02.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 16.02.2007 beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Zur
Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe des Schriftsatzes ihres
Prozessbevollmächtigten vom 08.02.2007, auf den Bezug genommen wird (Bl. 47 ff. d. A.)
zusammengefasst geltend: Nachdem die im Arbeitsvertrag genannte Mitarbeiterin in Elternzeit nach deren
Ablauf nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückkehre, müsse diese Stelle weitergehend besetzt werden
durch die jetzige Stelleninhaberin. Darüber hinaus habe die Beklagte zusätzliche Stellen geschaffen.
Auch sei die Stelle nach wie vor vakant. Das Arbeitsgericht habe auch den Inhalt ihrer erstinstanzlichen
Schriftsätze vom 15.01.2007 und 24.01.2007 unberücksichtigt gelassen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 29.01.2007, Az.: 8 Ca 2596/06 abzuändern und
festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis über den 17.01.2007 hinaus
zu unveränderten Bedingungen Fortbestand hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom
25.04.2007, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 80 ff. d. A.), als tatsächlich und rechtlich
zutreffend. Die Beklagte habe keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aufgrund dessen die Klägerin von
einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Fristablauf hinaus habe ausgehen können. Die
Klägerin habe nicht dargelegt, aus welchen Tatsachen sich ein solcher Vertrauenstatbestand ergeben
solle. Die Tatsache, dass die vertretene Mitarbeiterin nicht an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei,
berühre die Wirksamkeit der Befristung nicht und begründe auch keinen Weiterbeschäftigungsanspruch.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel der Berufung ist an sich statthaft. Die Berufung
wurde auch frist- und formgerecht eingelegt und (noch) ausreichend begründet.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Berufungskammer folgt der Begründung im
angefochtenen Urteil und stellt dies hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest. Unter
Berücksichtigung des Berufungsvorbringens und des Ergebnisses der Berufungsverhandlung sind
lediglich folgende ergänzende Ausführungen veranlasst:
1.
Die streitgegenständliche Befristung wurde formwirksam vereinbart. Gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG bdarf die
Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für eine Befristung
unter dem Gesichtspunkt der Vertretung während der Elternzeit eines anderen Arbeitnehmers i. S. d. § 21
Abs. 1 BErzGG (KR-KSchG/Lipke, 8. Aufl., § 21 BErzGG, Rz 10 a). Die Beklagte hat im Termin vor dem
Berufungsgericht vom 25.09.2007 das Original des schriftlichen Arbeitsvertrages vorgelegt (Kopie Bl. 101
d. A.). Hierbei konnte festgestellt werden, dass dieses Original die Unterschriften beider Parteien trägt. Die
gesetzliche Schriftform wurde damit gewahrt.
2.
Die vereinbarte Befristung ist auch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Gem. § 21 Abs. 1 BErzGG
liegt ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, u. a. dann vor, wenn
ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer einer Elternzeit oder für Teile
davon eingestellt wird. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Arbeitnehmerin L. bis zum
17.01.2007 Elternzeit beantragt hatte. Ausweislich der Bezugnahme hierauf im Arbeitsvertrag war dies
auch für den Abschluss des vorliegenden befristeten Arbeitsvertrages kausal. Wie bei jeder Befristung aus
Gründen der Vertretung ist auch bei der Befristung von Arbeitsverträgen aus Gründen des § 21 BErzGG
eine Prognose des Arbeitgebers erforderlich. Diese hat sich nur auf den Wegfall des Vertretungsbedarfs,
d. h. die zu erwartende Rückkehr des zu vertretenen Mitarbeiters zu erstrecken (vgl. KR-Lipke, a. a. O., RZ
10 e m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung des BAG). Eine derartige Prognose war hier aufgrund des
entsprechenden Antrages der Mitarbeiterin L. für den fraglichen Zeitraum gerechtfertigt.
Anhaltspunkte dafür, dass schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages davon
auszugehen war, dass Frau L. nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren würde, bestehen nicht und werden
von der Klägerin auch nicht aufgezeigt.
Hinzuweisen ist darauf, das schlichte Zweifel, ob der zu Vertretene seine Arbeit tatsächlich wieder
aufnehmen wird, nicht ausreichen, um die Prognose des Arbeitgebers zu erschüttern. Anders ist es, wenn
der zu vertretene Arbeitnehmer sich vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der
Vertretungskraft verbindlich gegenüber dem Arbeitgeber geäußert hat, dass er die Arbeit nicht wieder
aufnehmen werde. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür obliegt im Prozess der befristet eingestellten
Vertretungskraft (BAG 02.07.2003 - 7 AZR 529/02, EzA § 620 BGB 2002 Nr. 6).
Die Tatsache, dass Frau L. nicht mehr an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt ist, ist nicht geeignet, eine
Erschütterung der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages geforderten Prognose zu
bewirken. Die Klägerin hat selbst ausgeführt, dass sich erst wesentlich nach Abschluss des befristeten
Vertrages herausgestellt hat, dass Frau L. nicht beabsichtigt, ihren Arbeitsplatz wieder einzunehmen.
Maßgeblich ist allein, ob zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Vertrages die entsprechende
Prognose gerechtfertigt war (KR-Lipke, a. a. O., § 14 TzBfG, RZ 35 m. w. N.), was - wie ausgeführt -
vorliegend der Fall war.
3.
Auch ein Wiedereinstellungsanspruch infolge der Nichtwiederaufnahme der Tätigkeit durch Frau L.
besteht nicht. Nach Ablauf eines wirksam befristeten Arbeitsverhältnisses besteht, sofern nicht
tarifvertraglich oder einzelvertraglich etwas anderes vereinbart ist, grundsätzlich kein Anspruch des
Arbeitnehmers auf Wiedereinstellung. Dies gilt auch dann, wenn sich entgegen der bei einem
Vertragsschluss gestellten Prognose aufgrund neuer Umstände eine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung
ergibt (vgl. ausführlich BAG 20.02.2002 - 7 AZR 600/00, EZA § 620 BGB Nr. 189). Eine abweichende
tarifvertragliche oder einzelvertragliche Regelung besteht vorliegend nicht.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes besteht kein Anspruch der Klägerin auf
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Ein solcher Anspruch kann gegeben sein, wenn der Arbeitgeber bei
Vertragsschluss oder während der Laufzeit des befristeten Vertrages in Aussicht gestellt hat, den
Arbeitnehmer über den an sich vereinbarten Zeitablauf hinaus weiterzubeschäftigen, was der
Arbeitnehmer im Streitfall darlegen und beweisen muss (vgl. KR-KSchG/Bader, § 17 TzBfG, RZ 64, 65 m.
w. N.).
Tatsachen, die darauf hindeuten, die Beklagte habe der Klägerin eine Weiterbeschäftigung ungeachtet
der vereinbarten Befristung in Aussicht gestellt, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im
Gegensatz zur Auffassung der Klägerin reicht hierfür die Ausschreibung von Stellen nicht aus. Hierin liegt
nicht ein an die Klägerin gerichtetes in Aussicht-Stellen einer Weiterbeschäftigung über das
Befristungsende hinaus.
III.
Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Grund,
der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der
Revision rechtfertigen würde, besteht nicht.