Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 12.02.2008
LArbG Mainz: arbeitsgericht, bedürftige partei, unterhalt, unterlassen, wohnkosten, abgabe, vergleich, quelle, beschwerdekammer, rechtsgrundlage
LAG
Mainz
12.02.2008
3 Ta 2/08
Aufhebung der Prozesskostenhilfe
Aktenzeichen:
3 Ta 2/08
1 Ca 2036/06
ArbG Ludwigshafen
Entscheidung vom 12.02.2008
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am
Rhein vom 17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - aufgehoben.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Zahlungen gemäß § 120 Abs. 1 S. 1
ZPO bewilligt. In der zuvor vorgelegten PKH-Erklärung vom 15.09.2006 (Erklärung der Partei über die
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) hatte der Kläger alle Fragen nach Einnahmen verneint.
In der Folgezeit - beginnend mit dem Schreiben vom 14.05.2007 - bat das Arbeitsgericht den Kläger
wiederholt, sich im Sinne des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO zu erklären (s. gerichtliches Schreiben Bl. 5 bis 11 d.
PKH-Beiheftes). Der Kläger gab die ihm abverlangte Erklärung nicht ab. Mit dem Beschluss vom
17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - (Bl. 13 f. d. PKH-Beiheftes) hob das Arbeitsgericht den Beschluss vom
17.10.2006 - 1 Ca 2036/06 - über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf. Gegen den am 21.09.2007
zugestellten Beschluss vom 17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - legte der Kläger am 22.10.2007 (Montag) mit
dem Schriftsatz vom 19.10.2007
Beschwerde
Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 19.10.2007 (Bl. 24 d. PKH-
Beiheftes) Bezug genommen. Der Kläger führt dort u.a. aus, dass er bei der P. GmbH ca. 900,-- EUR
monatlich netto verdiene. Seit kurzem sei er noch geringfügig in einem zweiten Arbeitsverhältnis
beschäftigt. Er rechne mit zusätzlichen monatlichen Nettoeinkünften von ca. 200,-- EUR. Er bezahle eine
monatliche Kaltmiete in Höhe von 250,-- EUR sowie 24,-- EUR Nebenkosten. Wegen seiner desolaten
wirtschaftlichen Situation habe er, der Kläger, die letzte Zeit keinen Unterhalt für seine drei minderjährigen
Töchter, denen er unterhaltspflichtig sei, gezahlt.
Der Beschwerdeschrift sind beigefügt:
Der Arbeitsvertrag vom 21.05.2007 nebst Zusatzvereinbarung sowie die Gehaltsabrechnung für Juli 2007
(Bl. 16 bis 23 d. PKH-Beiheftes).
Das Arbeitsgericht forderte den Kläger mit Schreiben vom 23.10.2007 auf, einen Nachweis über die
gezahlte Mietzinshöhe vorzulegen. Ferner bittet das Arbeitsgericht um Mitteilung, in welchem Umfange die
Unterhaltsleistungen für die Kinder des Klägers im Falle dessen Leistungsfähigkeit zu erbringen wären. Im
Anschluss an die Erinnerung vom 20.11.2007 half das Arbeitsgericht nach näherer Maßgabe des
Beschlusses vom 19.12.2007 - 1 Ca 2036/06 - der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht ab und legte
die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt
verwiesen.
II.
worden. Mit Rücksicht auf § 222 Abs. 2 ZPO endete die 1-monatige Beschwerdefrist des § 127 ZPO
bezüglich des am 21.09.2007 zugestellten Beschlusses vom 17.09.2007 am Montag, dem 22.10.2007.
Diese Frist hat der Kläger gewahrt.
Die Beschwerde erweist sich nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen auch als begründet.
Der Gesetzgeber hat der Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die Verpflichtung auferlegt, sich
auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei (§ 120
Abs. 4 S. 2 ZPO). Vergleicht man die in § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO normierte Verpflichtung der Partei mit den
Verpflichtungen, die sich für die Partei aus § 117 Abs. 1, 2 und 4 ZPO ergeben, so fällt auf, dass es der
Gesetzgeber unterlassen hat, die Erklärungsfrist in § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO näher auszugestalten. (Auch)
wird in § 120 Abs. 4 ZPO nicht auf § 117 Abs. 2 ZPO verwiesen. Mit Rücksicht darauf dürfen an die
Erfüllung der Erklärungspflicht im Rahmen des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine zu strengen Anforderungen
gestellt werden. Aus diesem Grunde sieht die Beschwerdekammer die Erklärungen, die der Kläger
insoweit mit dem Schriftsatz vom 19.10.2007 abgegeben hat, als gerade noch ausreichend an. Bei der
Normierung des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat es der Gesetzgeber (weiterhin) unterlassen, eine Frist für die
Abgabe der gebotenen Parteierklärung zu normieren. (Auch) wird in § 120 Abs. 4 ZPO nicht auf § 118
Abs. 2 ZPO verwiesen. Aus diesem Grunde ist es anerkanntes Recht, dass die (bedürftige) Partei die
erforderliche Erklärung auch noch im Beschwerdeverfahren abgeben bzw. eine bereits abgegebene
Erklärung ergänzen und belegen kann. Dies erscheint unbefriedigend, - ist aber bei der
Rechtsanwendung aufgrund des Wortlautes des Gesetzes hinzunehmen.
Vorliegend hat der anwaltlich vertretene Kläger mit dem Schriftsatz vom 19.10.2007, dem Arbeitsvertrag
und Gehaltsabrechnung beigefügt waren, erklärt, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet.
Weiter hat er Angaben zu seinen Wohnkosten gemacht und dazu, dass er derzeit Unterhaltspflichten nicht
erfülle. Damit hat der Kläger der Erklärungspflicht gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO Genüge getan. Aufgrund
der abgegebenen Erklärung - in Verbindung mit den vom Kläger vorgelegten Unterlagen - konnte das
Arbeitsgericht eine Entscheidung darüber treffen, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Klägers wesentlich geändert hatten oder nicht, - ob und inwieweit also nunmehr die im
Beschluss vom 17.10.2006 - 1 Ca 2036/06 - enthaltene Entscheidung über (nicht) zu leistende Zahlungen
zu ändern war oder nicht. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss vom 17.09.2007 stützt die
Aufhebung der Prozesskostenhilfe-Bewilligung auf § 124 Nr. 2 (Alternative 2) ZPO. Die letztgenannte
Bestimmung stellt nach dem zuvor Ausgeführten jedoch deswegen keine ausreichende Rechtsgrundlage
für die PKH-Aufhebung dar, weil sich der Kläger ausreichend erklärt hat. Demgemäß musste der
Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 17.09.2007 aufgehoben werden.
Der vorliegende Beschluss hindert das Arbeitsgericht nicht an der Prüfung und Entscheidung darüber, ob
sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nunmehr im Vergleich zu der
Situation, wie sie sich im Zeitpunkt der PKH-Bewilligung vom 17.10.2006 darstellte, wesentlich geändert
haben. Sollte sich eine derartige Änderung feststellen lassen, ist das Arbeitsgericht durch den
vorliegenden Beschluss nicht daran gehindert, erstmals entsprechende Monatsraten bzw. sonstige zu
zahlende Beträge gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 1 ZPO festzusetzen (vgl. § 20 Nr. 4 c) - 1. Alternative - RPflG).
Soweit es in diesem Zusammenhang um die Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen des Klägers
geht, kann ergebnisoffen darauf hingewiesen werden, dass die entsprechende Absetzung von Beträgen
gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO voraussetzt, dass entsprechender Naturalunterhalt auch tatsächlich
gewährt wird oder entsprechende Unterhaltszahlungen tatsächlich erfolgen. Wird der Unterhalt nicht
gezahlt, vermindert er das Einkommen nicht (vgl. Musielak/Fischer 5. Aufl. ZPO § 115 Rz 20). Insoweit ist
es anerkanntes Recht, dass im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur die nachgewiesenen tatsächlichen
Unterhaltsleistungen durch Betreuung oder Unterhaltszahlung vom Einkommen abzusetzen bzw. als
Freibeträge zu berücksichtigen sind (OLG Karlsruhe, 11.11.2003 - 2 (20) WF 120/03 -).
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.